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Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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== Helius Eobanus Hessus: Allgemein zum Briefwechsel ==
== Helius Eobanus Hessus: Allgemein zum Briefwechsel ==
Für Camerarius ist es typisch, dass er schriftlich mit Briefpartnern kommuniziert, die sich andernorts aufhalten. Das passt auch mit seiner Praxis zusammen, wichtige Dinge eher nicht dem Papier anzuvertrauen, sondern mündlich zu erledigen. Wissenschaftliche Themen werden in seinen Briefen sowieso ausgespart. Allgemeine Neuigkeiten muss er vor Ort nicht schreiben, da sie sich schnell verbreiten, und Zeitenklage kann er auch persönlich vorbringen. Deutlich wird dies am Baumgartner-Briefwechsel: für die gemeinsamen Jahre in Nürnberg sind es keine (edierten) Briefe erhalten, sondern  erst ab C.‘ Übersiedelung nach Tübingen bzw. Leipzig.
'''Hochgeladen bis auf einen Teil zur Theokrit-Edition'''
Die Briefe des Hessus sind ganz anders gestaltet: Oft beinhalten sie eine Einladung zum Essen, häufig in Gedichtform, auch einige Rätselgedichte sind darunter.<ref>Siehe die Schlagworte [[Schlagwort::Einladung]], [[Schlagwort::Briefe/Briefgedichte]] und [[Schlagwort::Rätselgedicht]].</ref> Wenn er von einem anderen Ort schreibt, nutzt er Briefe als Begleitschreiben für seine literarischen Werke, die er zur Korrektur an C. schickt. Entsprechend blib eine große Anzahl von Briefen des Hessus erhalten, die aus gemeinsam verbrachten Zeiten stammen, wohl überwiegend aus der Nürnberger Zeit (1526–1533). Auf ihnen ist in der Regel kein Datum verzeichnet.
=== Verhältnis der Briefpartner ===
Im Rückblick betrachtet C. seinen Freund Hessus als ''princeps'' unter seinen Freunden (siehe [[Erwähntes Werk::OCEp 0347]]).<ref>Vgl. [[Camerarius, Epistolae doctorum, 1568]], Bl. A3v: ''Inter omnes autem quod magnifeci et amicos, familiares, necessarios habui illis temporibus, princeps fuit Eobanus Hessus, et sua excellentia, et consuetudinis nostrae diuturnitate''.</ref> Der inzwischen 68-Jährige betonte die Dauer einer Freundschaft, die maximal 22 Jahre (1518 bis 1540) gedauert hatte, von denen beide weniger als die Hälfte (1518–21 und 1526–33) am selben Ort verbracht hatten. In den wenigen Briefen, die aus gemeinsamen Erfurter Jahren (1518–1521) erhalten sind, zeigt sich entsprechend ein Hierarchiegefälle: Auf der einen Seite der hochgeehrte Dichter Hessus, auf der anderen der aufstrebende junge Gelehrte.<ref>Die Verehrung für den Dichterfürsten durch den heranwachsenden C. verdeutlicht dieser in der [[Erwähntes Werk::Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553|Narratio]], Kapitel 11.</ref> Schon damals aber muss sich die Freundschaft herausgebildet haben.<ref>Vgl. ebda., Kapitel 2: '' incredibilis animorum beneuolentia existeret''.</ref> Das wird auch deutlich durch die Aufforderung an C., H. als Gleichrangigen anzusprechen.<ref>[[Erwähntes Werk::OCEp 0090]].</ref> Wenn H. Befehle gegenüber C. erteilt,<ref>Z.B. in [[OCEp 0013]].</ref> ist das kein Ausdruck einer echten Hierarchie, sondern einer humanistischen Spielerei, bei der H. sich als König (der Dichter) aufführte.<ref>Die Bezeichnung stammt von [[Erwähnte Person::Johannes Reuchlin]], der H. in Anlehnung an ein [[Erwähnte Person::Kallimachos]]-Zitat (Kallimachos, Hymnus auf Zeus, V. 66: οὔ σε θεῶν ἑσσῆνα πάλοι θέσαν, ἔργα δὲ χειρῶν) als ἑσσῆνα, König, bezeichnete. H. griff dies auf und vergab an seinen Freundeskreis Titel wie in einem Hofstaat: Vgl. [[Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553]], Bl. Cr und [[Burkard/Kühlmann 2003]], S. 88f.</ref> Problematisch ist, dass viele Briefe überhaupt nicht datiert sind. Über die Postulierung einer aymmetrischen Beziehung in [[Erfurt]]er Zeiten, die in Nürnberg zu einer Freundschaft auf Augenhöhe wurde, wurden viele der undatierten Briefe in diese oder jene Epoche datiert. Dieses Vorgehen birgt aber einige Risiken. In Nürnberg war C. als Schulleiter des [[Erwähnte Körperschaft::Egidiengymnasium (Nürnberg)|Egidiengymnasiums]] zwar der Vorgesetzte von Hessus, doch scheint das ihre Freundschaft nicht zu beeinflussen.
 
=== Gemeinsame Erfurter Zeit 1518–1521 ===
Hessus war der Star der Erfurter Humanistenszene, als Camerarius 1518 in die Stadt kam. Der „König“, wie er sich nennen ließ, war bestens vernetzt, hatte [[Erwähnte Person::|Erasmus von Rotterdam]] und [[Erwähnte Person::Johannes Reuchlin|Reuchlin]] persönlich kennengelernt und war ein berühmter Dichter, der auch (letztlich erfolglos) nach der Dichterkrone strebte.<ref>Den Lorbeer trug er sogar in seinem Wappen: Vgl. [[Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553]], Kapitel 31.</ref> Seine lateinischen Dichtungen, die sich nicht auf bloße Nachahmung antiker Vorbilder beschränkten, verschafften ihm Geltung auch über Fachkreise hinaus. Der Kreis um Hessus umfasste auch den Altmeister [[Conradus Mutianus Rufus]], [[Crotus Rubianus]], [[Euricius Cordus]] und [[Adam Krafft]], der Hessus um 18 Jahre überlebte und dem C. die Hessus-Biographie widmete. Auch [[Leonhard Crispinus]], Widmungsempfänger der [[Camerarius, Epistolae Eobani, 1561|Briefedition 1561]], gehört wohl zu diesem Kreis: Darunter waren hessische Landeskinder, die in Erfurt studierten und von denen einige anschließend wieder nach Hessen gingen, um dort theologisch oder humanistisch tätig zu werden.
=== Wanderjahre des Camerarius ===
Während C. 1521 an die [[Erwähnte Körperschaft:: Universität (Wittenberg)]] wechselte, sich hin und wieder in [[Bamberg]] aufhielt und Reisen nach [[Bretten]] und [[Basel]] (1524) sowie Preußen (Herbst 1525) einschob, blieb Hessus in Erfurt und fristete dort sein bescheidenes Humanistendasein. Sein einst blühender Zirkel verblühte ebenso wie seine Universität, weil viele seiner einstigen Getreuen Erfurt verließen.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. I, S. 384f.</ref> Mit [[Johann Lange (Theologe)]] entzweite er sich,<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. I, S. 362–370.</ref> als einziger Freund blieb ihm [[Georg Sturtz]], der sich jedoch oft in [[Annaberg]] aufhielt. Aus dieser Zeit stammen die Briefe [[OCEp 0352]], [[OCEp 0353]], [[OCEp 0354]] und [[OCEp 0006|ein Nachruf auf Nesen]]. Durch wirtschaftliche Not gedrängt, wandte der Dichter sich sogar dem Studium der Medizin zu, jedoch nicht für lange, denn mit der Gründung der Nürnberger Hohen Schule bot sich ihm eine verlockende neue Perspektive.
 
=== Nürnberger Jahre 1526–1533 ===
==== Das "Egidiengymnasium" ====
Im Jahr 1526 wurde in Nürnberg, auf Betreiben [[Erwähnte Person::Hieronymus Baumgartner d.Ä.]] und unter tatkräftiger Unterstützung [[Philipp Melanchthon]]s, das Egidiengymnasium als städtische Schule gegründet. Einige Stationen auf dem Weg dahin können mit Hilfe von Melanchthons Briefwechsel erschlossen werden: Bereits am 31.10.1524 sinniert er in einem Brief<ref>[https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=350 MBW Nr. 350].</ref> darüber, Hessus mit einer Aufgabe zu betrauen, die er selbst nicht übernehmen könne. Aus dem parallelen Brief<ref>[https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=348 MBW Nr. 348].</ref> sowie dem Vorgängerbrief<ref>[https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=347 347]</ref> wird deutlich, dass Melanchthons Berufung ans Gymnasium gemeint ist. Die wiederholte Ablehnung seines Rufs in [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=357 MBW Nr. 357] macht deutlich, dass Baumgartner sich mit der ersten nicht zufriedengegeben hatte. Es ist nicht klar, ob hier schon die Schulleitung thematisiert wird; Camerarius wird in diesem Kontext erst in [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=422 MBW Nr. 422] (26.9.1525) ins Spiel gebracht.
Im Herbst reisten C. und M. nach dem 21.10.<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=428 MBW Nr. 428].</ref> für die weiteren Verhandlungen nach Nürnberg, wo sie vor dem 15.11.<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=429 MBW Nr. 429].</ref> eintrafen. Danach kehrte C. zunächst nach Bamberg zurück, während M. auf dem Weg nach Wittenberg in Erfurt Station machte. Im Gepäck hatte er einen Brief des Camerarius ([[Erwähntes Werk::OCEp 0007]]) und ein offizielles Schreiben des Nürnberger Stadtrats. Melanchthons Verhandlungen mit Hessus<ref>Nach dem 2.12. und vor dem 20.12., vgl. [https://www.aerztebriefe.de/id/00013024 www.aerztebriefe.de/id/00013024] und [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=432 MBW Nr. 432].</ref> waren erfolgreich, wie man in [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=438 MBW Nr. 438.2] und dem Parallelbrief des Hessus<ref>[[Hessus, Epistolae familiares, 1543]], S. 38</ref> an B. sieht: Hessus trat für ein Gehalt von 150 Gulden<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=438 MBW Nr. 438].1</ref> in den Schuldienst ein und widmete der am 23.5.1526 mit einer Rede Melanchthons eingeweihten Anstalt eine Elegie.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 8f.</ref>
Die Berufung Sigmund Gelens als Lehrer gelang nicht;<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=474 MBW Nr. 474] und [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=457 MBW Nr. 457].</ref> stattdessen wurden [[Michael Roting]] und [[Johannes Schöner]] als Lehrkräfte gewonnen. Wenig wissen wir über den Hebräischlehrer Johann Böschenstein.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 12.</ref>
Aus der Nürnberger Zeit sind sehr viele Briefe von Hessus an Camerarius erhalten. Die Schule wird darin fast nie erwähnt, sondern wir erleben einen heiteren Austausch von dichterischen Spielereien und wissenschaftlichen Erörterungen.
Von geschäftlichen Verrichtungen sprechen [[OCEp 0066]] und [[OCEp 0067]].
In der ersten Zeit hatte Hessus noch ein ungetrübtes Verhältnis zu seiner Schule; so ehrte er sie auch durch [[Hessus, Elegiae tres, 1526|Elegien]]. Bald schon aber taten sich erste Wolken am Himmel auf.<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=494 MBW Nr. 494.5].</ref>
 
==== Die Spanienreise ====
C. begab sich im Gefolge des Grafen Albrecht von Mansfeld im Spätjahr 1526 auf eine Reise nach Spanien, bei der er als Lateindolmetscher dienen sollte. Die Reise endete jedoch in [[Erwähnter Ort::Esslingen]], wahrscheinlich wegen des dortigen Fürstentags: 18 Fürsten berieten über die Ereignisse in Ungarn (Schlacht von Mohács) und beschlossen, die Gesandtschaft an [[Erwähnte Person::Karl V. (HRR)]] nicht abzusenden. Als Begründung gegenüber dem Kaiser wurde angegeben, dass das freie Geleit durch Frankreich nur auf vier Monate begrenzt, diese Zeit aber bereits durch die Vorbereitung verstrichen war. So wurde die Angelegenheit auf den nächsten Reichstag verschoben.<ref>Vgl. Kurfürsten und Fürsten an Karl V. (wegen der zu Speyer beschlossenen Gesandtschaft) – Esslingen, 1526 Dezember 19. In: Deutsche Reichstagsakten unter Karl V. Der Reichstag zu Augsburg 1525. Der Reichstag zu Speyer 1526. Der Fürstentag zu Esslingen 1526. Bearbeitet von Rosemarie Aulinger. München 2011 (Deutsche Reichstagsakten, jüngere Reihe, fünfter/sechster Band), S. 100f. und 955f.</ref> Es ist nicht klar, warum C. so kurz nach Beginn seiner Schulleitertätigkeit und vor seiner Eheschließung so begierig darauf war, diese Reise zu unternehmen. In seiner Abwesenheit übertrug er Hessus die Leitung der Schule.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0008]].</ref> H. verabschiedete C. mit dem Brief [[Erwähntes Werk::OCEp 0028]]. Ein Geleitgedicht ([[Erwähntes Werk::OCEp 0029]]) war nicht rechtzeitig fertig geworden, so dass er es überarbeitete und dem Zurückgekehrten zusammen mit [[Erwähntes Werk::OCEp 0098]] zusandte. Außerdem begrüßte er ihn nach der Rückkehr mit [[Erwähntes Werk::OCEp 0034]]. Dagegen ist nicht klar, ob [[Erwähntes Werk::OCEp 0030]] im Kontext der Spanienreise entstanden ist oder nur eine von vielen Einladungen zum Schachspiel darstellt, die H. in Nürnberg an C. schickte.
 
==== Eheglück und Familienpein ====
Am 7.3.1527 heiratete Camerarius die Nürnbergerin [[Erwähnte Person::Anna Truchseß von Grünsberg]], die mütterlicherseits aus der berühmten Patrizierfamilie der Muffel stammte. Vermittelt wurde die Hochzeit durch den Ratsherrn Christoph Führer.<ref>Der Termin am 7.3. wird gestützt durch [[Walter 2024]], S. 89f. [[Vredeveld 2020]], S. 211 und [[Rhein 2024]], S. 128 sowie [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=527 MBW Nr. 527]. Die biographischen Notizen der Camerarius-Söhne datieren die Hochzeit dagegen auf den Mai, vgl. [https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00111092?page=40,41|BSB Clm 10376].</ref> Frau Camerarius tritt in den Briefen immer wieder auf: Oft grüßt sie den Empfänger eines Briefes, und in manchen Einladungsschreiben wird ihre Gegenwart angekündigt. Einige Male hat sie demnach an den Treffen der Sodalität teilgenommen ([[Erwähntes Werk::OCEp 0103]]). Auch die von ihr zubereiteten Speisen werden bisweilen angesprochen. Doch einmal vermutet H. (im Scherz), Anna sei verantwortlich dafür, dass ihr Mann so selten zu Besuch komme ([[Erwähntes Werk::OCEp 1385]]). In den fast 50 Ehejahren bis zu Annas Tod 1573 wurden neun Kinder geboren, die alle das Erwachsenenalter erreichten.<ref>Vgl. [[Stammbaum]].</ref> Zur Hochzeit verfasst H. einige Gedichte, darunter [[Erwähnte Person::OCEp 1379]]. Zwei andere Dichtungen gab er in einem [[Hessus, Venus triumphans, 1527|Werkverbund (Venus triumphans)]] heraus, zu dem C. selbst eine [[Erwähntes Werk::Camerarius, Querela adversus Venerem, 1527|Klage an die Liebesgöttin]] beisteuert.<ref>Vgl. [[Vredeveld 2020]], S. 211-215, und [[Walter 2024]].</ref> Getrübt wurden die Feierlichkeiten allerdings durch die Verhaftung des Bruders [[Erwähnte Person::Hieronymus Camerarius]] am 11.2.1527 auf Veranlassung des Bamberger Bischofs [[Erwähnte Person::Weigand von Redwitz]].<ref>Vgl. [[Kolde 1911]], S. 232–233 und den dort abgedruckten Brief von C. und anderen an Wilhelm Guß von Gussenberg und Gleth.</ref> In dieser Angelegenheit reiste C. im Juni 1527 nach [[Erwähnter Ort::Donauwörth]] zum Tag des Schwäbischen Bundes, von dem er sich Unterstützung erhoffte. Unterwegs verfasste C. [[Erwähntes Werk::OCEp 0129|eine Elegie]], die er an Hessus schickte. Gleichzeitig gab dieser sein Epithalamion auf C. in den Druck.<ref>Vgl. [https://www.aerztebriefe.de/id/00013046 Hessus an Sturtz, 22.06.1527].</ref>
 
==== Nürnberger Freundeskreis und Sodalität ====
Zu den prominentesten Freunden der Briefpartner gehörte der Maler [[Erwähnte Person::Albrecht Dürer]]. <ref>Vgl. [[Huber-Rebenich 2006]], S. 78. Eine Übersicht über Hessus‘ Nürnberger Freunde findet sich bei [[Krause 1879]], Bd. II, S. 41–54.</ref> Im Briefwechsel kommt er aber gar nicht vor. Über seine Beziehung zu den beiden erfahren wir im Fall des C. durch die [[OC 0116|Einleitung zur Symmetrieschrift]], im Fall des Hessus durch dessen Epicedien.<ref>Vgl. [[Hessus, Epicedia, 1531]], Bl. A7r-B4r.</ref> Vom berühmten Dürer-Gemälde „Die vier Apostel“ dachte man lange Zeit, es würde Hessus und Camerarius zeigen (neben Melanchthon und Roting). Diese These gilt aber heute als sehr umstritten.<ref>Vgl. [[Rhein 2024]], S. 118.</ref> Der Ratsherr [[Erwähnte Person::Hieronymus Baumgartner d.Ä.]] ist für beide nicht nur als Dienstvorgesetzter sehr wichtig. Wir wissen, dass sein Verhältnis zu seinem Jugendfreund C. sehr gut war;<ref>Siehe [[Mährle 2024]], den Baumgartner-Briefwechsel sowie die Biographie in [[Erwähntes Werk::OCEp 1519|„De notis numerorum“]].</ref> in den eher privat gehaltenen Briefen taucht er allerdings kaum auf.<ref>Erwähnungen finden wir nur in [[Erwähntes Werk::OCEp 0092]], [[Erwähntes Werk::OCEp 0087]], [[Erwähntes Werk::OCEp 0111]] und [[Erwähntes Werk::OCEp 0067]].</ref> Es ist nicht klar, ob er wegen seiner Position kaum Zeit hatte für geselligen Umgang mit seinen Freunden oder ob er aus Rücksicht auf seine Ämter nicht erwähnt wurde.<ref>Seine freundschaftliche Unterstützung Eobans wird kurz beschrieben in der [[Erwähntes Werk::OC 0591|Narratio de Helio Eobano Hesso]], Bl. C6v und [[Burkard/Kühlmann 2003]], S. 112-115</ref>
 
Hessus und C. bildeten den Kern eines [[Erwähnte Körperschaft::Sodalität (Nürnberg)|Gelehrtenzirkels]].<ref>Literatur zur Sodalität: [[Erwähntes Werk::OC 0591|Narratio de Helio Eobano Hesso]], Bl. C6v-C7r, [[Burkard/Kühlmann 2003]], S. 114–117; [[Gindhart 2017]], S. 202–208, [[Kunkler 2000]], S. 114–120; [[Ludwig 2002a]], S. 19–22 und 29–31 (in: Baier 2003).</ref> Wichtige Mitglieder waren der Ratskonsulent [[Erwähnte Person::Johann Mylius]]<ref>Mylius war Initiator der Sodalität und auch Gastgeber einiger Treffen: So fand in seinem Garten die Sitzung statt, die in den „Norica“ geschildert wird.</ref> und der Latinist [[Erwähnte Person::Michael Roting]], auch dessen Verwandter [[Erwähnte Person::Johann Seiler]] wurde dazu eingeladen sowie der Schulmeister und Musiker [[Erwähnte Person::Wilhelm Breitengraser|Wilhelm „Musicus“ (Breitengraser)]].<ref> Vgl. [[Burkard/Kühlmann 2003]], S. 158 (Anm. 88) und 161.</ref> Dagegen gibt es keinen Hinweis auf Teilnahme des Lehrerkollegen [[Erwähnte Person::Johannes Schöner]] an den Treffen.<ref>Vgl. [[Gindhart 2017]], S. 203, Anm. 19.</ref> Häufig traf man sich zu Speis und Trank sowie wissenschaftlichen Diskussionen.<ref>Vgl. [[Heerwagen 1868]], S. 6-8.</ref> Die Zusammenkünfte fanden reihum bei den Mitgliedern statt und die Teilnehmer zahlten ein Kostgeld. Einladungen wurden oft als personalisiertes Briefgedicht versandt, von denen einige erhalten sind. Daraus geht auch hervor, dass zumindest gelegegentlich auch die Ehefrauen partizierten. Bezeichnend für die Lebhaftigkeit der Diskussionen ist der Streit um die Frage, ob nur [[Erwähnte Person::Cicero]] als klassischer Autor zu gelten habe oder ob auch Plinius diese Ehre zukomme. Letzteres war die Position des Hessus. Der Streit eskalierte derart, dass Camerarius die Veranstaltung verließ; in einigen Briefen wird das Problem noch gewälzt.<ref>[[Erwähntes Werk::OCEp 0014]], [[Erwähntes Werk::OCEp 0015]] und [[Erwähntes Werk::OCEp 0009]]; vgl. außerdem [[Krause 1879]], Bd. II, S. 37–39.</ref> Bei einigen Personen ist nicht klar, ob sie zum Zirkel gehörten, weil sie nur gelegentlich in Briefen erwähnt werden, nämlich [[Erwähnte Person::Thomas Venatorius]] oder [[Erwähnte Person::Sebastian Groß]]. [[Erwähnte Person::Daniel Stiebar von Rabeneck]] war mitunter als auswärtiger Besucher dabei. Für die Bedeutung des Zirkels kann es nicht hoch genug geschätzt werden, dass C. und H. mit vielen Personen aus dem [[Erwähnte Körperschaft::Stadtrat (Nürnberg)|Nürnberger Rat]] Umgang pflegten.
 
Nicht nur Freunde vereinten die beiden Briefpartner, sondern auch Gegner: So lieferte sich Hessus einen durchaus polemischen Wettkampf mit dem Nürnberger Privatgelehrten [[Erwähnte Person::Vincentius Opsopoeus]]: Dieser hatte sich im Herbst 1526 über H. lustig gemacht, der versehentlich einen siebenhebigen Hexameter geschrieben hatte.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0084]] und [[Erwähntes Werk::OCEp 0057]].</ref> In [[Erwähntes Werk::OCEp 0019]] reagiert H. sehr heftig auf O.‘ Homerübersetzung, mit deren Qualität er nicht zufrieden ist. Auch C. hat diese offensichtlich ungewöhnlich harsch attackiert. Möglicherweise war O. noch nachtragend, weil er nicht ans Egidiengymnasium berufen worden war (vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=494 MBW 494.3]), dagegen wird aber in [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=488 MBW 488.3] deutlich, dass er daran gar nicht interessiert war. Aus [[Erwähntes Werk::OCEp 0892]] wird ersichtlich, dass C. Streit mit O. hatte, der aber beigelegt werden konnte. Auch H. ließ sich wieder mit O. versöhnen und widmete ihm eine seiner "Sylven".<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 20. In [[Erwähntes Werk::OCEp 0428]] kündigt C. sogar einen Besuch mit Hessus in [[Erwähnter Ort::Ansbach]] bei Opsopoeus an.</ref>
 
==== Theokritedition und gemeinsame literarische Projekte ====
==== Theokritedition und gemeinsame literarische Projekte ====
Das Verhältnis zwischen H. und C. in dieser Zeit schildert C. rückblickend in seiner [[OC 0591|Narratio de Helio Eobano Hesso]]<ref>Cap. XXIII</ref>: Der eine hätte ohne den anderen keine wissenschaftliche Arbeit begonnen. In diese Zeit fallen daher einige wichtige literarische Kooperationen, wobei der Übersetzung des Theokrit besonders große Aufmerksamkeit zukommt.<ref>C. besorgte außerdem eine [[Theokrit, Εἰδύλλια, 1530|griechische Ausgabe]], in der er Textlücken mit Supplementen füllte. Vgl. dazu [[Weise 2018]]. Zur Beschäftigung des Camerarius mit Theokrit vgl. auch [[Weise 2024]], S. 184-186.</ref> Sie nimmt einen weiten Raum in der Korrespondenz der Nürnberger Zeit ein. Hessus pflegte einzelne Idylle in lateinische Verse zu übertragen und dann an C. zur Korrektur zu senden. So beschreibt H. im Widmungsbrief seinen Freund mit den Worten, er sei sein Studiengefährte und ihm an Begabung ebenbürtig.<ref>[[Theokrit, Idyllia, 1530/31]], Bl. A3r: ''Hic Ioachimus erat, Camerarius ille meorum Et studii consors, et comes ingenii.''</ref> Die Widmung richtete sich an den Ratsherrn [[Hieronymus Ebner]]. Dieser war von 1524 bis zu seinem Tod 1532 Erster Losunger der Stadt [[Nürnberg]].<ref>Vgl. [[Fleischmann 2008]], S. 363.</ref> Seine klassische Bildung ist nicht zu bezweifeln, denn er studierte in [[Ingolstadt]] und verfasste selbst ein lateinisches Epigramm für die Edition.<ref>Zur Person vgl. [[Fleischmann 2008]], S. 361–363. Zum Studium vgl. Hieronymus Ebner von Eschenbach (RAG-ID: ngBR9S274AJ07qxzvB4q5ZnE2AE), [https://resource.database.rag-online.org/ngBR9S274AJ07qxzvB4q5ZnE2AE], 31.07.2023. Hessus schrieb auf ihn Epitaphien: [[Vredeveld 1990]], S. 486 – 487 und 490 – 499. Sein Sohn [[Erasmus Ebner]] war Schüler [[Philipp Melanchthon]]s.</ref> Auch der Förderer [[Hieronymus Baumgartner d.Ä.]] bekommt von Hessus ein Gedicht gewidmet, das sich um die Theokrit-Übersetzung dreht.<ref>[[Hessus, Sylvae, 1535]], Bl. PP3r-PP4r.</ref>
Das Verhältnis zwischen H. und C. in dieser Zeit schildert C. rückblickend in seiner [[OC 0591|Narratio de Helio Eobano Hesso]]<ref>Cap. XXIII</ref>: Der eine hätte ohne den anderen keine wissenschaftliche Arbeit begonnen. In diese Zeit fallen daher einige wichtige literarische Kooperationen, wobei der Übersetzung des Theokrit besonders große Aufmerksamkeit zukommt.<ref>C. besorgte außerdem eine [[Theokrit, Εἰδύλλια, 1530|griechische Ausgabe]], in der er Textlücken mit Supplementen füllte. Vgl. dazu [[Weise 2018]]. Zur Beschäftigung des Camerarius mit Theokrit vgl. auch [[Weise 2024]], S. 184-186.</ref> Sie nimmt einen weiten Raum in der Korrespondenz der Nürnberger Zeit ein. Hessus pflegte einzelne Idylle in lateinische Verse zu übertragen und dann an C. zur Korrektur zu senden. So beschreibt H. im Widmungsbrief seinen Freund mit den Worten, er sei sein Studiengefährte und ihm an Begabung ebenbürtig.<ref>[[Theokrit, Idyllia, 1530/31]], Bl. A3r: ''Hic Ioachimus erat, Camerarius ille meorum Et studii consors, et comes ingenii.''</ref> Die Widmung richtete sich an den Ratsherrn [[Hieronymus Ebner]]. Dieser war von 1524 bis zu seinem Tod 1532 Erster Losunger der Stadt [[Nürnberg]].<ref>Vgl. [[Fleischmann 2008]], S. 363.</ref> Seine klassische Bildung ist nicht zu bezweifeln, denn er studierte in [[Ingolstadt]] und verfasste selbst ein lateinisches Epigramm für die Edition.<ref>Zur Person vgl. [[Fleischmann 2008]], S. 361–363. Zum Studium vgl. Hieronymus Ebner von Eschenbach (RAG-ID: ngBR9S274AJ07qxzvB4q5ZnE2AE), [https://resource.database.rag-online.org/ngBR9S274AJ07qxzvB4q5ZnE2AE], 31.07.2023. Hessus schrieb auf ihn Epitaphien: [[Vredeveld 1990]], S. 486 – 487 und 490 – 499. Sein Sohn [[Erasmus Ebner]] war Schüler [[Philipp Melanchthon]]s.</ref> Auch der Förderer [[Hieronymus Baumgartner d.Ä.]] bekommt von Hessus ein Gedicht gewidmet, das sich um die Theokrit-Übersetzung dreht.<ref>[[Hessus, Sylvae, 1535]], Bl. PP3r-PP4r.</ref>
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C. erledigte die Aufgabe des Korrekturlesens allerdings nicht immer im von Hessus gewünschten Tempo, was letzteren häufiger ([[OCEp 0075]], [[OCEp 1380]]) zur Eile mahnen ließ. Entsprechend seiner genialischen und ungeduldigen Natur scheint es Hessus schwergefallen zu sein, längere Zeit konzentriert an einem Werk zu arbeiten, was C. zu mancherlei List greifen ließ, wie er in der Biographie selbst zugibt.<ref>Vgl. [[OC 0591|Narratio de Helio Eobano Hesso]], Cap. XXII.</ref>
C. erledigte die Aufgabe des Korrekturlesens allerdings nicht immer im von Hessus gewünschten Tempo, was letzteren häufiger ([[OCEp 0075]], [[OCEp 1380]]) zur Eile mahnen ließ. Entsprechend seiner genialischen und ungeduldigen Natur scheint es Hessus schwergefallen zu sein, längere Zeit konzentriert an einem Werk zu arbeiten, was C. zu mancherlei List greifen ließ, wie er in der Biographie selbst zugibt.<ref>Vgl. [[OC 0591|Narratio de Helio Eobano Hesso]], Cap. XXII.</ref>


Mehr als 20 Briefe befassen sich mit dieser Thematik, was deren Bedeutung für die Freundschaft der beiden Briefpartner aufzeigt. Diese weitgehend undatierten Briefe in eine relative Reihenfolge zu bringen, stellt ein Desiderat der Forschung dar. Die behandelten Idylle verteilen sich folgendermaßen auf die Briefe, wobei eine Zuordnung nicht immer möglich ist. Das liegt auch daran, dass zwar häufig Titel von konkreten Idyllen genannt werden, es sich aber auch um Partes pro toto für die Dichtungen allgemein handeln kann. [[OCEp 0056]] und [[OCEp 0017]] scheinen den Beginn der Editions- bzw. Übersetzungstätigkeit zu bilden; [[OCEp 0062]] behandelt die Pharmaceutia (Idyll 2); die Syracusiae (15) sind Thema in [[OCEp 0071]], [[OCEp 0072]] und [[OCEp 0171]]; [[OCEp 0076]]: Syrinx (29/separat), Piscatores (25/21), Dioscuri (27/22), Heracliscus (31/24); [[OCEp 0073]]: Thalysia (7) und Epitaphium Bionis (19/##) oder eine Schrift des Bion; [[OCEp 0169]]: Cupido Mellilegus (21 bei Hessus/19 bei Farrar Gow); [[OCEp 0170]], [[OCEp 0074]] und [[OCEp 0075]]: Piscatores (Idyll 21 bei Hessus/25 bei Farrar Gow); [[OCEp 1380]]: Rücksendung der Fischer (21/25) und Übersendung der Megara (26); [[OCEp 0035]]: Dioscuri (27/22), Erastes (28/23) und Syrinx (29: Das ist ein Hinweis darauf, dass Hessus in der Reihenfolge der Edition übersetzt hat); [[OCEp 1381]]: möglicherweise Hodoepori (5) und Fistula (29/Syrinx); [[OCEp 1382]]: evtl. Thalysia (7) oder verallgemeinernd; [[OCEp 1083]]: ungenannte Idylle sollen zurück an H. geschickt werden; [[OCEp 1384]] Bitte um Korrektur.  [[OCEp 0059]]: Widmungsfragen, also wahrscheinlich kurz vor Drucklegung. In [[OCEp 0305]] schickt Hessus einen unfertigen (investem) Theokrit an C.: Die Arbeit ist also weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Allgemein zu Theokrit, aber nicht bestimmten Gedichten oder Phasen des Entstehungsprozesses zuzuordnen sind [[OCEp 0021]] und [[OCEp 0061]].
Mehr als 20 Briefe befassen sich mit dieser Thematik, was deren Bedeutung für die Freundschaft der beiden Briefpartner aufzeigt. Diese weitgehend undatierten Briefe in eine relative Reihenfolge zu bringen, stellt ein Desiderat der Forschung dar. Die behandelten Idylle verteilen sich folgendermaßen auf die Briefe, wobei eine Zuordnung nicht immer möglich ist. Das liegt auch daran, dass zwar häufig Titel von konkreten Idyllen genannt werden, es sich aber auch um Partes pro toto für die Dichtungen allgemein handeln kann. [[OCEp 0056]] und [[OCEp 0017]] scheinen den Beginn der Editions- bzw. Übersetzungstätigkeit zu bilden;  
 
'''Unfertig, daher nicht hochgeladen: [[OCEp 0062]] behandelt die Pharmaceutia (Idyll 2); die Syracusiae (15) sind Thema in [[OCEp 0071]], [[OCEp 0072]] und [[OCEp 0171]]; [[OCEp 0076]]: Syrinx (29/separat), Piscatores (25/21), Dioscuri (27/22), Heracliscus (31/24); [[OCEp 0073]]: Thalysia (7) und Epitaphium Bionis (19/##) oder eine Schrift des Bion; [[OCEp 0169]]: Cupido Mellilegus (21 bei Hessus/19 bei Farrar Gow); [[OCEp 0170]], [[OCEp 0074]] und [[OCEp 0075]]: Piscatores (Idyll 21 bei Hessus/25 bei Farrar Gow); [[OCEp 1380]]: Rücksendung der Fischer (21/25) und Übersendung der Megara (26); [[OCEp 0035]]: Dioscuri (27/22), Erastes (28/23) und Syrinx (29: Das ist ein Hinweis darauf, dass Hessus in der Reihenfolge der Edition übersetzt hat); [[OCEp 1381]]: möglicherweise Hodoepori (5) und Fistula (29/Syrinx); [[OCEp 1382]]: evtl. Thalysia (7) oder verallgemeinernd; [[OCEp 1083]]: ungenannte Idylle sollen zurück an H. geschickt werden;'''
 
[[OCEp 1384]] Bitte um Korrektur.  [[OCEp 0059]]: Widmungsfragen, also wahrscheinlich kurz vor Drucklegung. In [[OCEp 0305]] schickt Hessus einen unfertigen (investem) Theokrit an C.: Die Arbeit ist also weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Allgemein zu Theokrit, aber nicht bestimmten Gedichten oder Phasen des Entstehungsprozesses zuzuordnen sind [[OCEp 0021]] und [[OCEp 0061]].
Bei [[OCEp 0060]] und [[OCEp 0052]] geht es auch um Fragen der Widmung, wobei nicht eindeutig ist, ob es um Theokrit oder [[Hessus, Bucolicorum Idyllia, 1528|Hessus‘ eigene Idylle]] geht. Diese Entscheidung fällt auch in [[OCEp 0064]] schwer. [[OCEp 0063]] scheint sich auf beide Werke zu beziehen, wobei die Hessus-Idylle wohl schon fertig sind, da C. das Widmungsgedicht bereits gelesen hat, und das dritte Theokrit-Idyll (Comastes) ebenfalls.  
Bei [[OCEp 0060]] und [[OCEp 0052]] geht es auch um Fragen der Widmung, wobei nicht eindeutig ist, ob es um Theokrit oder [[Hessus, Bucolicorum Idyllia, 1528|Hessus‘ eigene Idylle]] geht. Diese Entscheidung fällt auch in [[OCEp 0064]] schwer. [[OCEp 0063]] scheint sich auf beide Werke zu beziehen, wobei die Hessus-Idylle wohl schon fertig sind, da C. das Widmungsgedicht bereits gelesen hat, und das dritte Theokrit-Idyll (Comastes) ebenfalls.  


Eine [[Hessus, Epicedia, 1531|gemeinsame Epicedien-Ausgabe]], wohl von H. verantwortet, wirft ein Licht auf den gemeinsamen Freundeskreis: Von beiden Dichtern besungene Verstorbene<ref>Zu beachten ist, dass es sich nicht nur um Freunde handelt: Nachrufe werden auch auf Hochstehende Persönlichkeiten verfasst, die man ehren möchte. Zu Eobans Nachrufen vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 50.</ref> sind u.a. [[Albrecht Dürer]], [[Caspar Nützel I.]],<ref>Epitaph auf ihn: [[OC 0049]].</ref> [[Wilhelm Nesen]], [[Willibald Pirckheimer]], Mutian und Reuchlin. Relevant war auch der Ratsschreiber [[Lazarus Spengler]],<ref>[[OCEp 0111]]</ref> der sie – zusammen mit Hieronymus Baumgartner – auch politisch unterstützte.
Eine [[Hessus, Epicedia, 1531|gemeinsame Epicedien-Ausgabe]], wohl von H. verantwortet, wirft ein Licht auf den gemeinsamen Freundeskreis: Von beiden Dichtern besungene Verstorbene<ref>Zu beachten ist, dass es sich nicht nur um Freunde handelt: Nachrufe werden auch auf Hochstehende Persönlichkeiten verfasst, die man ehren möchte. Zu Eobans Nachrufen vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 50.</ref> sind u.a. [[Albrecht Dürer]], [[Caspar Nützel I.]],<ref>Epitaph auf ihn: [[OC 0049]].</ref> [[Wilhelm Nesen]], [[Willibald Pirckheimer]], Mutian und Reuchlin. Relevant war auch der Ratsschreiber [[Lazarus Spengler]],<ref>[[OCEp 0111]]</ref> der sie – zusammen mit Hieronymus Baumgartner – auch politisch unterstützte.
C. war für H. ein Ratgeber in vielen Fragen, so bei der Auswahl von Widmungsempfängern.<ref>Vgl. [[OCEp 0052]], [[OCEp 0063]], [[OCEp 0059]], [[OCEp 0060]].</ref> In [[OCEp 1411]] kommt diese Ehre Camerarius gar selbst zu: Hessus widmet ihm ein ganzes Buch seiner [[Hessus, Sylvae, 1535|Sylvae]].
C. war für H. ein Ratgeber in vielen Fragen, so bei der Auswahl von Widmungsempfängern.<ref>Vgl. [[OCEp 0052]], [[OCEp 0063]], [[OCEp 0059]], [[OCEp 0060]].</ref> In [[OCEp 1411]] kommt diese Ehre Camerarius gar selbst zu: Hessus widmet ihm ein ganzes Buch seiner [[Hessus, Sylvae, 1535|Sylvae]].
=== Zeit der Trennung ===
1533 verließ Hessus die Stadt Nürnberg, in der er nie richtig zurechtgekommen war.<ref>Zu seinem Weggang vgl. [[Krause 1879]], S. 122-139.</ref> Er ging zunächst zurück nach Erfurt und ab 1536 nach [[Erwähnter Ort::Marburg]] in den Dienst des Landgrafen [[Erwähnte Person::Philipp I. (Hessen)]].
Das hier entstehende Spätwerk des Hessus wurde auch von C. begleitet: Er begutachtete und korrigierte Übersetzungen und Editionen, die Hessus erstellt hatte, zu den Werken "Colluthus" (Raub der Helena) und "Clipeus".<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0105]], [[Erwähntes Werk::OCEp 0110]], [[Erwähntes Werk::OCEp 0107]] und [[Erwähntes Werk::OCEp 0177]].</ref> Auch nachdem Camerarius 1535 nach Tübingen übergesiedelt war, setzte er den Austausch mit seinem Freund fort. Die Briefe aus dieser Zeit sind datiert bzw. datierbar, (überwiegend) in Prosa verfasst und behandeln viel konkretere Themen als die der Nürnberger Zeit. So geht es neben der Hilfe bei Editionsprojekten auch um Ratschläge bei Entscheidungen, z.B. die Diskussion, ob C. nach dem Tod [[Erwähnte Person::Georg Hoppel]]s dessen Nürnberger Stadtschreiberstelle annehmen solle.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 172. Das vertraute Verhältnis zu Hoppel wird auch deutlich im Epitaph des Hessus ([[Vredeveld 1990]], S. 488-491) und im Brief Spenglers [[Erwähntes Werk::OCEp 0433]].</ref> Entsprechend fehlt den Hessus-Briefen auch der unbeschwerte Charakter früherer Zeiten. Neben der Notwendigkeit, die Briefe als Informationsträger zu verwenden, spielt möglicherweise auch die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Dichters eine Rolle.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0122]] und [[Erwähntes Werk::OCEp 0123]].</ref> Dagegen berichtet [[Erwähntes Werk::OCEp 0121]] von einer guten Gesundheit.
Camerarius äußerte seine Kritik an Werken des Hessus durchaus zurückhaltender, als gut gewesen wäre. Die Übersetzung des "Colluthus" ist ein schönes Beispiel dafür: H. hatte den sprachlichen Wert dieses Stücks viel zu hoch angesetzt.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 169-172.</ref>
Die Frequenz der Briefe nimmt in dieser Zeit ab, dafür steigt der Informationsgehalt. Wir finden Entschuldigungen für seltenes Schreiben,<ref>[[Erwähntes Werk::OCEp 0179]], [[Erwähntes Werk::OCEp 0121]].</ref> aber auch Vorwürfe: So behauptet Hessus in [[Erwähntes Werk::OCEp 0120]], Camerarius habe ihm Säumigkeit vorgehalten. Ein entsprechendes Schreiben C.' liegt aber nicht mehr vor: Da der letzte Brief von C. an H. [[Erwähntes Werk::OCEp 0180]] vom 14.3.1537 ist, weist dies auf mindestens einen verlorenen Brief hin. Ebenso hatte C. jeweils vor [[Erwähntes Werk::OCEp 0121]] und [[Erwähntes Werk::OCEp 0122]] an Hessus geschrieben.
Die Freunde sollten, ihren Hoffnungen zum Trotz,<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0179]].</ref> einander nicht mehr zu Gesicht bekommen. Der Wert ihrer Freundschaft zeigt sich aber an der literarischen Produktion, die Camerarius dem Dichter postum zukommen ließ.
=== Nachleben der Freundschaft ===
Hessus war neben [[Erwähntes Werk::Camerarius, Narratio de Georgio principe Anhaltino, 1555|Georg von Anhalt]] und [[Erwähntes Werk::Camerarius, Vita Philippi Melanchthonis, 1566|Melanchthon]] der erste von nur drei Weggefährten des Camerarius, dem dieser eine komplette Buchbiographie widmete.<ref>Weitere Kurzbiographien sind Bestandteil größerer Werke.</ref> Sie wird durch eine Auswahl an Briefen angereichert, die aus Korrespondenzen zwischen Camerarius und Hessus, aber auch aus anderen Briefwechseln Eobans stammen. In diesem Werkverbund zeichnet er das Bild eines genialen, aber nicht fehlerfreien Dichters. Menschliche Schwächen, etwa sein Hang zum Trunke, kommen ebenso zum Ausdruck wie sprachliche Unzulänglichkeiten im Griechischen. Hier fühlt sich Camerarius der Wahrheit verpflichtet und zeichnet ein naturalistisches Bild.<ref>Vgl. [[Stählin 1936]], S. 14f.</ref>
Den modernen Leser mag überraschen, dass die schulischen Tätigkeiten überhaupt keine Rolle spielen. Daran erkennt man die besondere Schwerpunktsetzung von Humanistenbriefen.<ref>Es fällt auf, dass auch in der [[OCEp 1519|Biographie für Baumgartner]] das Egidiengymnasium nicht erwähnt wird: Vgl. [[Mährle 2024]], S. 74f.</ref> Man wird sich Hessus auch nicht als Pädagogen im heutigen Sinne vorstellen dürfen, da er nicht als Vorbild taugt. Die Briefeditionen, neben der "Narratio" auch die Ausgaben von [[Camerarius, Epistolae Eobani, 1557|1557]], [[Camerarius, Epistolae Eobani, 1561|1561]] und [[Camerarius, Epistolae doctorum, 1568|1568]], enthalten aber auch Briefe, die bereits von Hessus selbst ([[Hessus, Sylvae, 1535|1535]]) oder von [[Erwähnte Person::Johannes Draconites]] ([[Hessus, Epistolae familiares, 1543|1543]]) ediert worden waren. Diese mögen nicht immer zu dem Hessus-Bild passen, das C. erreichen wollte.<ref>Vgl. [[Huber-Rebenich 2001]].</ref> So sammelte dieser eine Anzahl an Briefen des verstorbenen Freundes, andere ließ er sich von gemeinsamen Weggefährten zusenden. [[Erwähnte Person::Adam Krafft]], [[Erwähnte Person::Georg Sturtz]]<ref>Vgl. [[Burkard 2003]], S. 36f. = [[OC 0591|Narratio de Helio Eobano Hesso]], Bl. A5r.</ref> und [[Erwähnte Person::Leonhard Crispinus]] waren ihm dabei eine große Hilfe. C. gestaltete seine Briefeditionen solcherart, dass sie Briefe aus H.‘ Freundeskreis enthalten. In der Edition von 1568 kommen allerdings auch Briefpartner dazu, die zu jung waren, um H. noch gekannt zu haben, z.B. [[Erwähnte Person::Petrus Lotichius Secundus]]. Viele ihrer enthaltenen Briefe sind gedichtet, was ihre Aufnahme ins Corpus erklären kann.
Ein weiteres Denkmal setzt C. dem Freund auch in aller Öffentlichkeit, nämlich bei der Gedenkrede zum 7. Todestag von Kurfürst [[Nachruf auf::Moritz (Sachsen)]] im Jahr 1560. Hier<ref>In der Oratio quinta, [[OC 0828|gehalten von Johannes Schirmer]], [[Camerarius, Orationes funebres, 1569]], S. 127.</ref> zitiert er die Verse 15 – 21 aus dem 17. Idyll in der Hessus-Übersetzung und geht kurz auf seinen verstorbenen Freund ein.
('''Vinzenz Gottlieb''', 23.10.2023)
=== Fußnoten ===
<references/>
=== Editionen, Literatur und weiterführende Links ===
* [[Hessus, Sylvae, 1535]] (Edition von Hessus-Gedichten)
* [[Hessus, Epistolae familiares, 1543]] (Edition von Briefen aus Hessus' Umfeld, hgg. von [[Erwähnte Person::Johannes Draconites]])
* [[Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553]] (die [[Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553]] bildet die Biographie des Camerarius über Hessus, mit Edition von Briefen)
* [[Camerarius, Epistolae Eobani, 1557]] (Briefe von und an Hessus)
* [[Camerarius, Epistolae Eobani, 1561]] (Briefe von und an Hessus)
* [[Camerarius, Epistolae doctorum, 1568]] (Briefe von und an Hessus sowie Dichtungen zu seinen Ehren)
* [[Kreyssig 1843]] (späte Ausgabe der Narratio)
* [[Krause 1879]] (Biographie über Hessus)
* [[Stählin 1936]] (Literatur zu biographischen Werken C.')
* [[Weiss 1980]], S. 148–156 (zu C.' biographischen Schriften)
* [[Bauer 1999]], S. 258–261
* [[Huber-Rebenich 2001]] (zum Briefwechsel)
* [[Burkard/Kühlmann 2003]] (Ausgabe der Narratio mit Übersetzung)
* [[Robert 2004]] (Rezension von [[Burkard/Kühlmann 2003]])
* [[Bernstein 2014]] (zum Erfurter Humanistenkreis)
* [[Schlegelmilch 2017]] (zum Briefwechsel)
=== Überlieferung und statistische Übersicht ===
Insgesamt wurden {{#ask: [[Kategorie:Briefwechsel-Helius Eobanus Hessus]]| format=count}} Briefe in die Datenbank aufgenommen. Davon wurden
* '''{{#ask: [[Kategorie:Briefwechsel-Helius Eobanus Hessus]][[Absender::Joachim Camerarius I.]]| format=count}} von Camerarius''' verfasst.
* '''{{#ask: [[Kategorie:Briefwechsel-Helius Eobanus Hessus]][[Empfänger::Joachim Camerarius I.]]| format=count}} an Camerarius''' geschrieben.
Im Rahmen des Projektes wurden nur die zeitgenössisch (bis ca. 1600) gedruckten Briefe erfasst. Die folgenden statistischen Daten bilden daher nur einen Ausschnitt des ohnehin nicht vollständig überlieferten Briefwechsels ab und dienen somit eher der Orientierung. Um sie aufzurufen, drücken Sie bitte unten auf "Semantic Drilldown".


== "Praktische Theologie und Pädagogik" ==
== "Praktische Theologie und Pädagogik" ==
'''Hochgeladen in den Theologie-Artikel'''
noch überarbeiten und einbauen:
==== Polemisches ====
Camerarius wirkt normalerweise wie ein sehr konstruktiver und irenischer Mensch. Bei einigen wenigen Gelegenheiten aber zeigte er durchaus seine Zähne. Den Hintergrund bilden, abgesehen von persönlichen Angriffen auf ihn,<ref>Dazu zählen vor allem [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam]] (vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0111]], [[Heerwagen 1868]], S. 18-20) und der Bamberger Bischof [[Erwähnte Person::Weigand von Redwitz]], der den Kammermeistern seit dem [[Bamberger Bürgeraufstand (1525)]] feindlich gesinnt war: Seit der Inhaftierung von C.' Bruder [[Erwähnte Person::Hieronymus Camerarius]] stellte er eine solche Bedrohung für die Familie dar, dass Camerarius sich sogar einen kaiserlichen Schutzbrief für seine bedrohten bambergischen Lehen ausstellen ließ (vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0512]] und [[Woitkowitz 2003]], S. 89f., 142,148).</ref> vor allem theologisch motivierte Kontroversen. Konkret involviert war er in den Adiaphoristischen Streit und die Auseinandersetzungen um Andreas Osiander. In den Antitrinitarischen Streit rutschte er eher unfreiwillig hinein: So bekennt er, dass eine seiner Aussagen in antitrinitarischem Sinne missverstanden worden sei.<ref>Vgl. [[OC 0878]]. Er hatte sich kritisch zur Autorschaft des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses geäußert, was ihm als Infragestellung des Inhalts ausgelegt wurde. Vgl. ↑ [[Theologie (CamLex)#Trinitätslehre]]</ref> Gegen solche Auslegung verwahrt er sich und macht seine Position wiederholt deutlich durch Positionierung gegen Antitrinitarier, Wiedertäufer und Schwenckfeldianer.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 1036]].</ref> In der Abendmahlsfrage bekennt er sich zwar klar zum Laienkelch, vermeidet aber in der Regel Aussagen, die ihn im Abendmahlsstreit zwischen lutherischem und calvinistischem Lager zu deutlich auf eine bestimmte Parteinahme festlegen würden.


=== Vorbemerkungen ===
Als Kind seiner Zeit thematisiert Camerarius oft die Gefahr durch äußere Feinde. Insbesondere die Bedrohung durch türkische Heere in Ungarn erscheint in zahlreichen Briefen (vgl. Schlagwort [[Türkenkriege/Türkengefahr]]) und auch einige Werke beschäftigen sich mit diesem Thema. In einer suasorischen Rede ([[Erwähntes Werk::OC 0412|Oratio senatoria de bello Turcico]]) fordert Camerarius ein einiges Zusammenstehen der Fürsten gegen die Gefahr, auch über Konfessionsgrenzen hinweg. Diese Denkschrift widmete er [[Widmungsempfänger::Eberhard von der Tann]], einem sächsisch-ernestinischen Rat, der im Schmalkaldischen Bund eine bedeutende Stellung einnahm. Somit war Camerarius daran gelegen, gerade auf protestantischer Seite die (religiöse) Verständigungsbereitschaft zu fördern. Die Rede erschien im Frühjahr 1542, bevor Herzog [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)|Moritz]] auf den Kriegszug nach Ungarn aufbrach.
Eine enge thematische Verzahnung bei Camerarius bewirkt, dass sich Pädagogik, Philologie und Theologie nicht immer strikt trennen lassen: So betont er wiederholt, das oberste Ziel des Unterrichts sei die religiöse Ausbildung, den Weg dorthin bilde aber die Philologie.<ref>Dazu Baier, Thomas, in: Helleno(ger)mania (in Vorbereitung), S. 17: "Sprache hat als Verständigungsmittel eine dienende Funktion, ist die ''ancilla'' des Inhalts. Erasmus und Camerarius haben jedoch auch ihre gestaltende Fertigkeit zur vollen Wirkung entfaltet, ihr mithin eine königliche Funktion zugewiesen im Sinne einer ''philologia regina''." Vgl. auch [[Kunkler 2000]], S. 203-206. Auch schreibt Camerarius im [[Erwähntes Werk::OCEp 1473|Widmungsbrief]] seiner [[Plautus, Comoediae sex, 1549|Plautus-Edition]]: ''Manemus in sententia studia utriusque linguae excolenda esse, et esse hanc viam ad scientiam & veritatem, quibus & cultus Dei & hominum communitas continetur ac durat'' (A7v).</ref> Insofern haben wir die pädagogischen und die katechetischen Schriften zusammengefasst. Diese Konstruktion erscheint uns deshalb berechtigt, weil man von systematischer Pädagogik im Sinne einer Wissenschaft erst mit Comenius zu sprechen pflegt<ref>So [[Kunkler 2003]], S. 162.</ref> – bei Camerarius findet man allerdings erste Vorläufer.<ref>Einen Versuch, die Pädagogik des Camerarius als eigenes System zu etablieren, hat Stephan Kunkler unternommen, wobei der Begriff der ''doctrina'' (Lehre) eine zentrale Stellung einnimmt: Vgl. [[Kunkler 2000]], S. 143-146 und [[Kunkler 2003]], S. 263-267. Ein Manko seiner Arbeiten ist allerdings, dass er die Theologie des Camerarius unter Aussparung von dessen katechetischem Hauptwerk, der Katechesis, betrachtet: [[Kunkler 1998]], S. 262f. Zu anderen Schwächen von Kunklers Arbeiten vgl. [[Mundt 2002]].</ref> So haben wir dieses Teilgebiet als "Praktische Theologie und Pädagogik" bezeichnet – im Wissen, dass der Begriff anachronistisch ist: Erst seit dem 19. Jahrhundert gilt Praktische Theologie als wissenschaftliche Disziplin. Daher ist unser Titel nicht als Fachbegriff zu verstehen, sondern als Umschreibung.<br>
Obwohl die Theologie und die Gotteserkenntnis bei Camerarius das oberste Ziel der Bildung ist, bildet die Philologie das Mittel seiner Wahl, um zum Ziel zu gelangen. So finden sich schon in seinen frühesten philologischen Schriften pädagogische Gedanken auch ohne theologische Bezugnahme, wie im [[Erwähntes Werk::OC 0001|Lukian-Prooem]]. Solche Werke erscheinen nicht bei der Theologie, sondern auf der Lexikonseite "Philologie".
 
=== Katechismen ===
Zu den wichtigsten pädagogischen Texten bei Camerarius gehören die Katechismen, die zur Anwendung in Schulen, teilweise vielleicht auch in Universitäten bestimmt waren.<ref>Zur Geschichte der Katechismen in Sachsen vgl. [[Reu 1911]] I/2,1. Abdruck mitteldeutscher Katechismen in [[Reu 1911]] I/2. Katechismen des Spätmittelalters hat [[Leppin 2023]] untersucht.</ref> Üblicherweise behandeln sie die Zehn Gebote (Dekalog), das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis.<ref>Vgl. [[Schultz 1890]], S. 5, unter Berufung auf ein Visitationsprotokoll von 1528.</ref> Wir legen den Begriff etwas weiter aus und behandeln die katechetischen Schriften des Camerarius in chronologischer Reihenfolge. Ein intertextueller Vergleich steht noch aus, wäre aber notwendig, um den je eigenen Zweck zu bestimmen.
 
Camerarius hat einige Katechismen verfasst; der erste erschien unter dem Titel [[Erwähntes Werk::OC 0007|„Capita sacrosanctae fidei“]], gedruckt in Melanchthons [[Melanchthon, Institutio puerilis literarum Graecarum, 1525|„Institutio puerilis“]], und wurde früher dem „Präzeptor Germaniae“ zugeschrieben. [[Walter 2017|Jochen Walter]] hat aufgezeigt, dass dieses Werk höchstwahrscheinlich von Camerarius stammt, und begründet dies durch Übereinstimmungen mit den [[Erwähntes Werk::OC 0455|Κεφάλαια Χριστιανισμοῦ]] von 1545.<ref>In einem [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10989034-1 Exemplar der BSB] sind auf dem Frontispiz alle Namen getilgt (Camerarius, Melanchthon, Nicolaus Gerbel und der Drucker Johannes Setzer). Gustav Kawerau (vgl. [[Schultz 1890]], S. 7) zählt dieses Werk nicht zu den Katechismen, sondern zu den Schullesebüchern.</ref>
Während Luthers kleiner Katechismus einfache Anweisungen an (weniger gebildete) Pädagogen/Hausväter gibt, bietet die Katechesis des Camerarius längere (wissenschaftliche) Traktate für den gebildeteren Lehrer bzw. Schüler.<ref>So auch [[Kunkler 1998]], S. 262; vgl. Th. Baier, Gräzist (noch nicht veröffentlicht).</ref> Das zeigt sich schon an der Wahl von Griechisch als Sprache gegenüber der Wahl des Deutschen bzw. Lateinischen bei Luther und anderen Autoren. Möglicherweise handelt es sich um den ersten aus der Reformation hervorgegangenen griechischen Katechismus: Die Texte dienen so neben der theologischen Bildung durch den Inhalt auch der besseren Erlernung der Sprache.<ref>Die Bedeutung des Griechischen zeigt Cam. auch in seiner [[Erwähntes Werk:: OC 0580|Einleitung zur Katechesis]] auf.</ref> Die CPERC (Capita pietatis) sind direkt an die Schüler gerichtet. Die Wahl einer dichterischen Sprache, die sich teils an [[Erwähnte Person::Homer]], teils auch an andere dichterische Formen anlehnt, ist sicher bewusst getroffen worden.<ref>So [[Walter 2017]], S. 34-36.</ref>
 
Die Zahl evangelischer Katechismen der Reformationszeit ist kaum zu überschauen.<ref>Neben Martin Luthers Kleinem und Großem Katechismus sei hier auf verwiesen auf Ferdinand Cohrs (Hrsg.): Die evangelischen Katechismusversuche vor Luthers Enchiridion. 5 Bde., Berlin 1900-1907, Nachdruck Hildesheim/New York 1978[https://archive.org/details/dieevangelische00cohrgoog/page/n66/mode/2up?view=theater][https://archive.org/details/dieevangelische02cohrgoog/page/54/mode/2up?view=theater] und [[Reu 1911]].</ref> Sie miteinander zu vergleichen kann hier nicht geleistet werden. Doch ein Blick in einige evangelische Schulordnungen soll zeigen, wo die Benutzung von Katechismen ausdrücklich gefordert wird: Bereits in [[Luther, An die Ratherren aller Städte deutsches Lands, 1524|Luthers Ratsherrenschrift]] finden sich Anforderungen an die religiöse Erziehung und schulische Bildung der Jugend. Hierbei wird die Verantwortung für (religiöse) Bildung den Städten auferlegt. So begannen diese schon vor den Landesfürsten mit eigenständigen Bildungsreformen und Neugründungen von Schulen. Die unter Melanchthons Mitwirkung entstandene Ordnung der [[Erwähnter Ort::Eisleben]]er Schule des [[Erwähnte Person::Johannes Agricola]]<ref>Die [[Erwähnter Ort::Magdeburg]]er Stadtschule (seit 1524) ist die möglicherweise "erste protestantische Schulgründung"; die Eislebener, im Frühjahr 1525 begründet, hat "die älteste gedruckte Schulordnung des neuen Kirchenwesens ([[Paulsen 1919]], S. 276f.).</ref> von 1525 sieht die Behandlung der Pädologie des [[Erwähnte Person::Petrus Mosellanus]][http://data.onb.ac.at/rep/1097F195] für das erste Lehrjahr vor. Ob man diese als Katechismus bezeichnen kann, darüber lässt sich streiten: So erscheinen in den Dialogen nur vereinzelt religiöse Themen. Christliche Schriften sieht die Ordnung erst fürs dritte Lehrjahr vor: Dann sind das Vaterunser, das Apostolische Glaubensbekenntnis, die Zehn Gebote, einige Psalmen und verschiedene Schriftstellen zu lernen.<ref>''Et universae scholae interpretabitur praeceptor aut unum ex Euangelistis aut aliquam Pauli epistolam aut Solomonis gnomas. Id fiet simplicissime, ne adsuefiant ad rixandum adulescentes, sed ut religionem quam purissimam addiscant et a simulatione pietatis possint discernere, ut ad timorem dei, ad fidem, postremo ad bonos mores inuitentur. Et ut acuatur cura discendorum sacrorum in pueris, non sufficiet his multa praelegisse. Sed cogentur ediscere orationem dominicam, Symbolum Apostolorum, Decalogum, lectissimos Psalmos et certos alios locos scripturae, que ne e memoria excidant, exiget tanquam pensum diei Dominici praeceptor, ut recenseantur ordine memoriter.'' Vgl. [[Hartfelder 1892]], S. 3 und 5f.</ref>
Die Ordnung der [[Erwähnte Körperschaft::Egidiengymnasium (Nürnberg)|Höheren Schule zu Nürnberg]], der Camerarius von 1526 bis 1535 vorstand, enthielt auch Vorgaben zur katechetischen Unterweisung: So sollten die einzelnen Schüler bereits in den Grammatikschulen einmal am Tag den Dekalog, das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis aufsagen. Auch eine Auslegung dieser Texte sollte ihnen gegeben werden, und sie sollten einige Psalmen rezitieren lernen.<ref>''Unus dies singulis hebdomadis est in tractationem elementorum religionis collocandus, ubi praeceptor audiat ordine singulos discipulos recitantes Decalogum, orationem dominicam, symbolum Apostolorum, nam haec pueris effluunt ex animis, nisi saepe recitare cogas. Est et enarratio puerilis addenda, quam praeceptores saepe reposcant a pueris. Subinde etiam Psalmi planiores, et qui summam religionis continent, proponantur ediscendi, ut una cum literarum elementis doctrina Christiana teneris animis inseratur.'' [[Hartfelder 1892]], S. 9f.; deutsche Übersetzung in [[Heerwagen 1860]], S. 28f.</ref> Lateinische Lehrbücher dieses Inhalts existierten bereits. Für höhere Klassen ist an die Verwendung der "Capita sacrosanctae fidei" zu denken, die aufgrund der anspruchsvollen griechischen Sprache zur Wiederholung des Inhalts und zum Erlernen der griechischen Dichtersprache geeignet war.<ref>Ähnlich wie die "Capita pietatis" von 1545: Vgl. [[Walter 2017]], S. 40-42.</ref> Auch in späteren Schulordnungen von Nürnberg und Altdorf nahm die religiöse Unterweisung einen wichtigen Platz ein.<ref>Vgl. [[Saubert 1673]], Bl. C4v-D1v und [[Saubert 1633]], Bl. F3r-G1r: Hier wird auch Luthers Katechismus in deutscher und lateinischer Sprache erwähnt.</ref>Die Nürnberger Schulordnung weckte bald auch das Interesse des [[Erwähnter Ort::Breslau]]er Lehrers [[Erwähnte Person::Johannes Metzler]], der Camerarius [[Erwähntes Werk::OCEp 0302|in einem Brief]] um deren Zusendung bat. Es ist aber nicht klar, ob sie Einfluss auf die Schulordnung des Breslauer Gymnasiums hatte.<ref>Vgl. [[Bauch 1898]], S. 72.</ref><br>
Die Bedeutung der Schulen für die Erlernung christlicher Werte und der biblischen Sprachen betont auch Luther in seiner [[Erwähntes Werk::Luther, An die Ratherren aller Städte deutsches Lands, 1524|Ratsherrenschrift]], Bl. D3r/v: Man brauche die Bibel nicht nur in Deutsch, sondern auch in Latein, Griechisch und Hebräisch. Das Vorhandensein gut ausgebildeter Lehrer und guter Bücher hebt er als Desiderat hervor. Luther betonte auch die Bedeutung des Musikunterrichts. Entsprechend war auch im Lehrplan des Egidiengymnasiums täglich eine Stunde Musik vorgesehen. Dieses Fach füllte wohl der Komponist [[Erwähnte Person::Wilhelm Breitengraser]] aus.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 50f., neben [[Burkard 2003]], S. 158, Anm. 88.</ref> Von Camerarius selbst sind allerding kaum musikalische Aktivitäten oder Kompetenzen bekannt.<ref>Vgl. McDonald 2013, S. 629, und McDonald 2012, S. 100, Anm. 82. In [[Erwähntes Werk::OCEp 1426]] sagt Camerarius, dass er selbst gesungen hat.</ref> Ein erst kürzlich entdeckter musikhistorischer Traktat ([[Erwähntes Werk::OC 1037|"In musicae laudem"]]) berichtet von der Bedeutung der Musik in der Kulturgeschichte seit dem mythischen Griechenland. Ähnliche Gedanken schreibt Camerarius auch in der [[Erwähntes Werk::OC 0828|Rede zum 7. Todestag]] des [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)|Kurfürsten Moritz]], wonach Achill das Harfenspiel von Chiron gelernt habe, um seine Emotionen zu kontrollieren.<ref>Vgl. [[Camerarius, Oratio funebris anniversariae memoriae causa de principe Mauricio (1560), 1569]], S. 135.</ref> Besondere Bedeutung erlangte schließlich Camerarius' Gebet [[Erwähntes Werk::OC 0597|"In tenebris"]], das oft vertont wurde und möglicherweise die Vorlage für [[Erwähnte Person::Paul Eber]]s deutsche Dichtung "Wenn wir in höchsten Nöten sein" bildet, die ins Evangelische Kirchengesangbuch aufgenommen wurde.
 
==== Die Capita sacrosanctae fidei von 1524 und die Capita pietatis von 1545 ====
Die [[Erwähntes Werk::OC 0007|Capita sacrosanctae fidei]] (CSF) sind Teil eines von Melanchthon herausgegebenen Lehrwerks, der [[Erwähntes Werk::Melanchthon, Institutio puerilis literarum Graecarum, 1525|Institutio puerilis]], das schon fünf Jahre vor [[Martin Luther]]s Großem und Kleinem Katechismus (ab 1529) entstand und sich von diesen sich auch in der Wahl der Sprache unterscheidet: Während Luther seine Katechismen in Deutsch abfasste und auch lateinische Versionen drucken ließ, existiert die "Institutio puerilis" nur als Werk in teils lateinischer, teils griechischer Sprache mit deutschen Einsprengseln (und einem hebräischen Teil). All diese Schriften sind als Leitfaden für Lehrkräfte konzipiert<ref>Kleiner Katechismus: ''für die gemeine Pfarrherrn und Prediger/pro parochis et concionatoribus''; im Großen Katechismus werden gelegentlich Hausväter erwähnt.</ref> und zum Selbstlernen eher ungeeignet.
 
Im Anhang befindet sich eine hebräische Grammatik des Wittenberger Hebraisten [[Erwähnte Person::Matthäus Aurogallus]], die weitgehend wörtlich mit dessen „Compendium hebreae chaldeaeque grammatices“[http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10184079-3] aus dem selben Jahr übereinstimmt. Das Compendium enthält zusätzlich einen Abschnitt über hebräische Zahlen, ein Kapitel über Unterschiede der hebräischen und chaldäischen/aramäischen Sprache sowie Briefe und hebräische Texte. Durch dieses Buch hatte auch Camerarius Gelegenheit, mit der hebräischen Sprache in Kontakt zu kommen. Über seine Kenntnisse dieser Sprache ist kaum etwas bekannt; allerdings zeigt er sie in der [[Camerarius, Sententiae Jesu Siracidae, 1551|Jesus-Sirach-Ausgabe 1551]].<ref>Dort S. 13f., 136f. 146, 160, 172,179, 198 und 203.</ref>
 
[[Walter 2017|Jochen Walter]] hat überzeugend dargelegt, dass die CSF von Camerarius verfasst und 1545 in den [[Erwähntes Werk::OC 0455|Κεφάλαια Χριστιανισμοῦ]] in erweiterter Form erneut herausgegeben wurden: So gibt es versweise wörtliche Übereinstimmungen, aber der Umfang der Κεφάλαια ist mit 222 gegenüber 131 Versen erheblich größer. Das Griechisch der Capita weist sprachliche Besonderheiten auf, die teils der homerischen Dichtersprache, teils der Bukolik und anderen Gattungen entstammen.<ref>Vgl. [[Walter 2017]], S. 26ff. und 34ff.</ref> Auch hier kommt das Prinzip des Camerarius zum Tragen, sprachliche und inhaltliche Lernziele miteinander zu verbinden. Der sprachliche Aspekt erweist sich auch an anderen Werken des Drucks: So ist ein Gedicht Martin Luthers über das Buch Salomo (wohl die Weisheit Salomons) enthalten, das Cam. in lateinischer und griechischer Übersetzung (versifiziert) präsentiert. Einen Hinweis auf die Zielgruppe gibt das Gedicht des [[Erwähnte Person::Johann Stigel]] (C5r-C8v) mit einer Widmung an [[Erwähnte Person::Philipp Camerarius]]: Dieser war damals ca. 8 Jahre alt und wurde noch privat unterrichtet.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 1475|Brief an Joh. Malleolus von 1544]].</ref> Man wird an eine Verwendung in den 1543 gegründeten Fürstenschulen [[Schulpforta]] und [[Meißen]] denken. Dafür spricht, dass die 1. Auflage schnell ausverkauft war und Cam. im Folgejahr [[Camerarius, Capita pietatis, 1546|eine 2. drucken ließ]], ergänzt um eine [[Erwähntes Werk::OC 0481|lateinische Übersetzung]] der "Capita".<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 1445]].</ref> Die  Ansicht ist synoptisch (griechischer Text auf dem Verso, lateinischer Text auf dem gegenüberliegenden Recto, mit versgenauer Entsprechung); Übersetzung ist "ausgangssprachenorientiert und versucht, bis in die Wortstellung hinein den griechischen Text abzubilden."<ref>[[Walter 2017]], S. 30.</ref> Das Missverhältnis zwischen einem eher trivialen Inhalt und der anspruchsvollen Dichtersprache lässt darauf schließen, dass Camerarius hier einen Primat der philologischen gegenüber der theologischen Bildung verfolgt hat: Die sprachlichen Kenntnisse sollten von den bereits bekannten Inhalten profitieren.<ref>Vgl. [[Walter 2017]], S. 41f.</ref> Eine weitere lateinische Übersetzung nahm [[Erwähnte Person::Johannes Fux]] vor, der die Κεφάλαια in elegische Distichen übersetzte. Er fügte sie ein in [[Fux, Ioel propheta, 1553|ein eigenes Lehrbuch]], das auch Versifikationen von einigen der kleinen Propheten sowie einen weiteren Katechismus enthält. Von Fux' Übersetzung existiert [[Camerarius, Capita pietatis, 1555a|ein Nachdruck]] in Kombination mit anderen Versifikationen des Übersetzers. Damit hielten die "Capita" auch in ein katholisches Lehrbuch Einzug.
 
Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zur 1550 entstandenen griechischen Κατήχησις des Siebenbürger Sachsen [[Erwähnte Person::Valentin Wagner]], mit dem Cam. in Freundschaft verbunden war.<ref>Vgl. [[Groß 1929]], 2. Stück: Valentin Wagners Katechesis, S. 3-5.</ref>


==== Praecepta vitae puerilis 1536 ====
Die Reaktionen des Camerarius auf polemische Schriften konnten durchaus konziliant ausfallen. Ein Beispiel dafür bildet [[Erwähntes Werk::OC 0459|"De invocatione sanctorum"]]. Dieses Werk gehört in den Kontext der Reformation des Kölner Erzbistums unter [[Erwähnte Person::Hermann V. von Wied|Hermann von Wied]], bei der Melanchthon involviert war (Frühjahr und Sommer 1543). Im Druck bezieht sich C. neben einer [[Erwähntes Werk::OCEp 1476|Warnung vor Heiligenverehrung]] auch auf die Polemik des orthodoxen Christen [[Erwähnte Person::Antonios Eparchos]], der den Protestanten vorwirft, sie leisteten der türkischen Expansion Vorschub durch die Uneinigkeit. Das zielt aber nicht auf innerprotestantische Streitigkeiten, sondern auf die Abspaltung von der römischen Kirche. Camerarius [[Erwähntes Werk::OCEp 1459|schreibt an Irenäus]], dass man die Position der Orthodoxen verstehen müsse, auch wenn man sie nicht teile. Gleichzeitig fährt er aber eine scharfe Attacke auf die Papstkirche. Dies ist für den Camerarius der 1540er Jahre nicht ungewöhnlich; kennzeichnend ist auch, dass nicht der Briefpartner angegriffen wird, sondern eine dritte, nicht explizit genannte Partei.<ref>Vgl. [[Camerarius, De invocatione sanctorum (gr., Druck), 1545]], Bl. C8v-Dr: Dort werden die Gegner nur allgemein οἱ δὲ ἐναντίοι bzw. οἱ δ'ἕτεροι bezeichnet.</ref>
Ein [[Camerarius, Praecepta vitae puerilis (Druck), 1536|1536 in Tübingen entstandener Druck]] vereint mehrere Erziehungsratgeber: In den [[Erwähntes Werk::OC 0188|"Praecepta vitae puerilis"]] gibt C. ganz praktische Ratschläge zur Erziehung. Im Mittelpunkt steht dabei die sittliche Unterweisung. Camerarius beschreibt und begründet zunächst verschiedene Erziehungsziele, um anschließend den Heranwachsenden konkrete Handlungsmaximen an die Hand zu geben. Die gleichen Inhalte transportiert das beigefügte Gedicht [[Erwähntes Werk::OC 0187|"Praecepta honestatis atque decoris puerilis"]]. Auf spielerisches Lernen zielt der Dialog [[Erwähntes Werk::OC 0185|"De gymnasiis"]]. Darin wird die Bedeutung von Sport und Spiel dargelegt. Als Widmungsbrief ist ein Schreiben des jungen Studenten [[Christoph Coler (Sohn)]] an seinen Bruder beigegeben, in dem der Lehrer gelobt wird, also Camerarius.<ref>[[Schultheiß 2017]], S. 205 sieht diese fiktive Urheberschaft "als Teil einer Publikationsstrategie", um "Camerarius durch die lobenden Äußerungen eines eigenen Studenten als Pädagogen zu profilieren": Der eigentliche Autor ist natürlich Camerarius selbst.</ref> Der Bezug zu seinem Tätigkeitsfeld [[Erwähnter Ort::Tübingen]] wird deutlich. Die Einbeziehung der [[Erwähnter Ort::Nürnberg]]er Patrizierfamilie Coler zielt vielleicht auch darauf ab, weitere Söhne der Stadt an die einzige protestantische Universität Süddeutschlands locken.<ref>Zum Anstieg der Zahl fränkischer Studenten in [[Erwähnte Körperschaft::Universität (Tübingen)|Tübingen]] siehe das Kapitel "Tätigkeit in Tübingen (1535-1541)".</ref><br>


Die "praecepta" wurden im 16. Jahrhundert noch häufiger aufgelegt, vor allem ab 1544 in [[Leipzig]]. Als Grund dafür gesteht Camerarius den von ihm wahrgenommenen Sittenverfall ein, der ihn in Angst um die Zukunft versetze.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius an Megel, 23.05.1544]]: ''Nam tanta dissolutio vitae ac morum nunc passim existit, ut saepe quid denique futurum sit, vehementer metuam''.</ref> Er wolle durch die Ausbildung des Verstandes dagegenhalten und die Urteilsfähigkeit stärken: Dies sei auch für Erwachsene noch möglich, wenn man es in der Kindheit vernachlässigt habe. Hierzu bedient er sich auch antiker Weisheitslehren: Das lateinische [[Erwähntes Werk::OC 0439|Spiel der sieben Weisen]] ist vielen Ausgaben beigefügt. Statt konkreter Handlungsanweisungen werden hier sentenzenhaft Maximen der Lebensführung vermittelt. Das Werk hatte großen Erfolg und wurde mehrmals in die Volkssprache übertragen.<ref>Vgl. [[Hubrath 2003]].</ref>
Deutlich wird Camerarius wiederholt mit Seitenhieben gegen die Papstkirche. Dieses Konfliktfeld bedient er vor allem in den Jahren 1540 bis 1543, wobei er nur selten einzelne Personen direkt attackiert.<ref>Eine Ausnahme ist ein schon älteres [[Erwähntes Werk::OC 0081|Satirisches Epicedion]] auf [[Erwähnte Person::Julius II. (Papst)|Papst Julius II.]], das er möglicherweise im Rahmen des Erfurter Humanistenkreises verfasste. Für den Hinweis darauf danke ich meinem Kollegen Alexander Hubert. Bei der Ekloge [[Erwähntes Werk::OC 0808|"Moeris"]] ist die Entstehungszeit umstritten, wird aber von einigen Forschern auf 1521 angesetzt, womit der Kontroverstheologe und Drucker [[Erwähnte Person::Hieronymus Emser]] die Zielscheibe des Spottes ist.</ref> Meist stört er sich am Amt bzw. dem jeweiligen Amtsverständnis des Papstes. Heftig ist sein Angriff auf die Papstkirche in den [[Erwähntes Werk::OC 0431|"Synodica"]], die er in Erwartung des (mehrmals vertagten) Trienter Konzils verfasste. Camerarius übersetzt dabei [[Erwähntes Werk::Melanchthon, Die fürnemisten Unterscheid, 1539|Vorarbeiten Melanchthons]], und stellt Positionen des Evangeliums und der Päpste kontrastiv gegenüber. Gleichzeitig beklagt er aber die Streitsucht vieler Theologen (z.B. [[Erwähnte Person::Johannes Eck]], den er sogar namentlich benennt) und empfiehlt Bildung als Mittel dagegen.<ref>Gedanken zum Konzil und Klagen über päpstliche Allmachtsansprüche äußert Camerarius auch in der [[Erwähntes Werk::OC 0827|Rede zum 5. Todestag]] des Kurfürsten [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)]]: Vgl. [[Camerarius, Orationes funebres, 1569]], S. 103-105 sowie [[OC 0573]], S. 4f.</ref>


==== Capita Christianismi (Puerilis doctrina) 1538 ====
In seinem "Reformationseklogenpaar" ([[Erwähntes Werk::OC 0376|"Dirae seu Lupus"]] und [[Erwähntes Werk::OC 0377|"Querela sive Agelaeus"]]) von 1540 teilt er gegen altgläubige Theologen aus und beklagt den "Diebstahl" eines Kelches, der mit dem Laienkelch identifiziert werden kann.<ref>Vgl. [[Mundt 2004]], S. XXXII.</ref> Warum diese ungewöhnlich harschen Töne? Damals wirkte Camerarius noch in [[Erwähnter Ort::Tübingen]], aber sichtlich unzufrieden mit seiner Situation. Die Verhandlungen Melanchthons über die Berufung seines Freundes nach Leipzig hatten noch nicht begonnen.<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=2782 MBW Nr. 2782] vom 4.8.1541.</ref> Zum Hintergrund ist festzustellen, dass die Protestanten, trotz der Schwierigkeiten Philipps von Hessen wegen seiner Doppelehe (symbolisiert durch den verstümmelten Hirtenhund) damals eine starke Position hatten, wie sie erst durch den Fürstenaufstand 1552 wieder errungen werden konnte: Der Schmalkaldische Bund hatte großen Zulauf und wurde von [[Erwähnte Person::Ferdinand I. (HRR)| König Ferdinand]] für die Türkenhilfe umworben.<ref>Vgl. [[Wolgast 2003]], S. 20-23.</ref> Seine Unzufriedenheit mit dem Vorankommen der Religionsgespräche und mit falscher Einflussnahme (u.a. auf den Kaiser) drückt Camerarius auch in [[Erwähntes Werk::OC 0429|"Peri Iolla"]] aus, indem er vor "falschen Hirten" warnt. Nach 1543 werden die Polemiken seltener und verändern ihre Gestalt: So argumentiert Camerarius zunehmend aus der Kirchengeschichte heraus<ref>Eines der frühesten Beispiele dafür ist [[Erwähntes Werk::OC 0573]] eine Schrift über Konzilien, die er im Rahmen der Wiederaufnahme des Trienter Konzils 1551/52 verfasste.</ref> und zeigt Fehlentwicklungen auf, besonders in der Antike: In der [[Erwähntes Werk::OC 0618|"Narratio de autore"]] (1555) zeigt er an der Figur des Synesius und dessen Zeitgenossen auf, wohin Machtstreben der Kirche führen könne. Die Gründe dieses Stilwandels liegen im Dunklen; aber es ist auffällig, dass im albertinischen Sachsen unter Herzog [[Moritz (Sachsen)]] sehr wenige polemische Schriften entstanden sind, im Unterschied zum ernestinischen Sachsen und der Stadt [[Erwähnter Ort::Magdeburg]]. Dazu passt, dass Moritz selbst keine offensive Publizistik betrieb; ob er Eigeninitiative seiner Professoren direkt verbot, ist nicht bekannt. Seine Parteinahme für den altgläubigen Kaiser [[Erwähnte Person::Karl V. (HRR)|Karl V.]], beginnend mit der Unterstützung im Türkenkrieg, in Nordfrankreich und schließlich im Schmalkaldischen Krieg<ref>Vgl. [[Winter 2022]], S. 273-275.</ref> kann aber erklären, warum seine Untertanen (darunter Camerarius) sich künftig antikatholischer Propaganda enthielten.<ref>Zu Moritzens Publikationsstrategien vgl. [[Haug-Moritz 2007]].</ref>  
Ein [[Camerarius, Capita Christianismi, 1538|weiterer Katechismus]] erschien im Jahr 1538 im Druck: [[Johannes Brenz]] schreibt aber im Vorwort, dass [[Erwähntes Werk::OC 0216|dieser Katechismus]] bereits in [[Tübingen]] vorher in Verwendung gewesen ist. Er sorge nun dafür, dass er auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehe. Enthalten sind Ausführungen zum Dekalog, zu Sakramenten und Gebeten. Der Katechismus ist lange Zeit der Autorschaft des Theologen [[Erwähnte Person::Thomas Lindner]] zugeschrieben worden, weil von diesem ein einleitendes Gedicht enthalten ist. Inzwischen ist die überwiegende Forschungsmeinung, dass Camerarius die Schrift verfasst hat.<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=2018 MBW Nr. 2018.3]. Camerarius war in Tübingen auch für das Pädagogium zuständig (vgl. [[Schultheiß 2017]], S. 205 und [[Hofmann 1982]], S. 15).</ref>
 
Der damalige Freiberger Lehrer [[Erwähnte Person::Adam Siber]] berichtete im Mai 1541, dass er bei [[Erwähnte Person::Wolfgang Meurer]] ein Buch mit dem Titel "Institutio doctrinae puerilis" gesehen habe, und bittet um dessen Zusendung.<ref>Vgl. [https://www.aerztebriefe.de/id/00006831 www.aerztebriefe.de/id/00006831] und [https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/62101/449].</ref> Möglicherweise handelt es sich um die Schrift des Camerarius.
 
==== Die Confessio Augustana graece ====
Camerarius hatte bereits beim Augsburger Reichstag 1530 seinen Freund Melanchthon unterstützt, indem er eine Mitschrift von der Verlesung der Confessio Augustana anfertigte.<ref>Vgl. [[Peters 2014a]], S. 230–236 und [[Gindhart/Hamm 2024]], S. 20 m. Anm. 59.</ref> Auch später noch beschäftigte er sich mit der Bekenntnisschrift: In einem Brief von 1547<ref>[https://melanchthon.hadw-bw.de/regesten.html?reg_nr=4870 MBW - Regesten online], Nr. 4870.4.</ref> äußert Melanchthon seine Freude darüber, dass C. die Confessio Augustana ins Griechische übersetzte. Von diesem Werk hat sich aber außer diesem Brief keine Spur mehr gefunden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass sie mit der Schrift identisch ist, die der [[Erwähnter Ort::Halle (Saale)|hallische]] Schulrektor [[Erwähnte Person::Paul Dolscius]] (mit Melanchthons Mitwirkung)<ref>Vgl. [[Benz 1971]], [[Wenz 2010]], S. 199-219. Zu den griechischen Katechismen der Reformatoren vgl. [[Flogaus 2015]].</ref> 1559 herausgegeben hat. Gegen Mitwirkung des Camerarius spricht, dass es sich offensichtlich um eine Übersetzung der Confessio Augustana Invariata handelte, während C. und Melanchthon die Variata bevorzugten.<br> Aufgrund dieser Anhaltspunkte wurde gemutmaßt, dass die Übersetzung ins Griechische nur geplant war, aber nie durchgeführt wurde.<ref>Vgl. Kretschmar, Georg: Die Confessio Augustana graeca. In: Kirche im Osten 20 (1977), S. 11-39, hier S. 16.</ref>
 
==== Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ 1552====
Nach den [[Erwähntes Werk::OC 0455|Κεφάλαια Χριστιανισμοῦ]] erstellte Camerarius 1552 mit der [[Erwähntes Werk::OC 0579|Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ]] einen kompletten Katechismus in griechischer Sprache, den man als sein pädagogisches Hauptwerk bezeichnen kann. Hier ist sein Ziel nicht die sprachliche Bildung seiner Schüler, sondern die Verbreitung der Glaubenslehre.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0582]].</ref> Man hat daraus gefolgert, dass er eine Wiederherstellung der Kircheneinheit mit den griechischen Christen im Sinn hatte.<ref>Vgl. [[Reu 1911]], Bd. 2.1, S. 96; vgl. Baier, Helleno(ger)mania (in Vorbereitung), S. 5.</ref> Die [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1562|2. Auflage von 1562]] unterscheidet sich nur unmerklich von der ersten. 1563 publizierte Camerarius zudem eine [[Erwähntes Werk::Camerarius, Catechesis, 1563|lateinische Ausgabe]]. Während die griechische mit originalen Formulierungen der Kirchenväter arbeitete und deren Stil nachahmte, hatte die lateinische das Ziel, in Deutschland verstanden zu werden.<ref>Bl. §8v. Allerdings unterlässt Camerarius in der lateinischen Ausgabe den Hinweis auf seinen Zweifel an Alter und Autorschaft des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses, der ihm Kritik eingetragen hatte. In der 2. griechischen Auflage dagegen wird der Zweifel aufrechterhalten.</ref>
 
Vom Aufbau und Inhalt her gibt es kaum Unterschiede der verschiedenen Ausgaben: Der 1. Teil enthält die Definition des christlichen Katechismus und einen Abschnitt über Sünden und Gesetz (mit ausführlicher Behandlung des Dekalogs); im 2. Teil werden das Glaubensbekenntnis, das Evangelium, die christliche Kirche (''catholica Ecclesia'') und die Sakramente besprochen. Der 3. Teil behandelt das Gebet;<ref>Vgl. [[Schultheiß 2024]], S. 201-201.</ref> den 4. Teil bildet ein erneuter Abdruck der [[Erwähntes Werk::OC 0455|"Capita pietatis"/"Κεφάλαια Χριστιανισμοῦ"]].
Beeinflusst wurde das Werk möglicherweise durch [[Erwähnte Person::Valentin Wagner]]s 1550 erschienenen griechischen Katechismus.<ref>Vgl. [[Müller 2000]], S. 36f. und 206 sowie [[Groß 1929]], Teil II, S. 5.</ref> Mit diesem siebenbürgischen Theologen stand er in engem Kontakt.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0898]] und [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=7084 MBW Nr. 7084].</ref> Allerdings erfolgten die persönlichen Zusammentreffen erst im Jahr 1554 und beide Werke zeigen eigenständigen Charakter. Andreas Müller hat beide miteinander verglichen und weist auf deutliche Unterschiede in inhaltlicher wie formaler Hinsicht hin.<ref>[[Müller 2000]], S. 204-210.</ref>
 
Die Katechesis des Camerarius gehörte zu den wirkmächtigsten griechischen Schriften dieser Art und gilt wegen seiner Verbreitung im griechischen Kulturraum vielleicht als der "bedeutendste griechisch geschriebene Text der Reformationszeit".<ref>[[Müller 2000]], S. 204. Vgl. auch Müller, Andreas: Protestantische Drucke des 16. Jahrhunderts auf dem Berg Athos, in: Ostkirchliche Studien 47 (1998), S. 124-138. Druckexemplare gibt es u.a. im Katharinenkloster auf dem Sinai, in Vatopedi, 2. Stock der Bibliothek Nr. 2998 (unter falschem Namen und Titel); Iviron, Sig. A 276 (unvollständig und schlecht erhalten); Athen, Gennadius-Bibliothek. Alle Angaben (nicht überprüft) laut [[Müller 2000]], S. 204.</ref> Auch in Sachsen wurde der Katechismus (in beiden Sprachen) noch 1571 in Universitäten,<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=6307 MBW Nr. 6307.3].</ref> Kirchen und Schulen verwendet.<ref>So schreibt [[Erwähnte Person::Nikolaus Selnecker]]  in seiner  "Commonefactio" (1571): ''Nobis catechismi verba, quae in ecclesiis et scholis Misnicarum regionum et aliis multis in locis adhuc Dei beneficio sonant, loco confeßionis esse debent'' und zitiert anschließend aus der griechischen (S. 379f. und 384) sowie der lateinischen (S. 325f. und 327) Catechesis: Vgl. [[Dingel 2008]], S. 316. Dies geht einher mit Kritik an Camerarius: Dieser hatte eine Bibelstelle (Apostelgeschichte 3,21) passivisch übersetzt und somit zu Selneckers Missfallen Anklänge an Melanchthons späte Abendmahlslehre erkennbar werden lassen.</ref>
 
'''Inhalte der Katechesis sind auch im Kapitel Systematische Theologie bei den jeweiligen Themen aufgeführt.'''
 
==== Der Wittenberger Katechismus ====
In Kursachsen war aber auch der Katechismus des Melanchthonschülers [[Erwähnte Person::David Chyträus]] in zahlreichen Auflagen verbreitet. Die Auflagen von [[Erwähntes Werk::Chyträus, Catechesis, 1568|1568 (Leipzig)]] und [[Erwähntes Werk::Chyträus, Catechesis, 1569|1569 (Wittenberg)]] stießen wegen einiger "flacianischer" Stellen auf Ablehnung: Die Schulvisitatoren, darunter auch Camerarius, beschlossen die Ersetzung durch ein eigenes Werk.<ref>Vgl. [[Hasse 2000]], S. 87: Chyträus sei in den Punkten der "Communicatio idiomatum" und des freien Willens von Melanchthon abgewichen.</ref> Der Katechismus wurde ersetzt durch den von [[Erwähnte Person::Christoph Pezel]] anonym erstellten [[Erwähntes Werk::Pezel, Wittenberger Katechismus, 1571|Wittenberger Katechismus]]. Zwar unterzeichneten die Vertreter der Theologischen Fakultät Wittenberg dessen "Praefatio", doch durch das Verschweigen des Verfassers kam der Verdacht auf, es handle sich um eine calvinistische Schrift. Es ist nicht klar, welchen Anteil Camerarius an Erstellung und Verbreitung dieser Schrift hatte. Durch ein Schreiben bestätigte er aber dem Hofprediger [[Erwähnte Person::Christian Schütz]], dass Leipziger und Wittenberger Theologen den Wittenberger Katechismus einmütig unterstützten. Der Theologieprofessor [[Erwähnte Person::Johann Pfeffinger]] schloss sich dem Brief an.<ref>Vgl. [[Dresden, HStA]], 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10312/01: Wittenberger Katechismus und andere Religionshändel; Innentitel: "Schriften über den von der Theologischen Fakultät zu Wittenberg begriffenen und im Druck gefertigten lateinischen und deutschen Katechismus, was durch denselben, wie auch andere Schriften, für Religionsstreit erregt", Bl. 19f.: Schreiben vom 27.8.1571; [[Calinich 1866]], S. 71f.; [[Hasse 2000]], S. 94 m. Anm. 112.</ref> Dieser sollte jedoch im Jahr 1574 zu bedeutenden religionspolitischen Veränderungen in Sachsen führen, die zum Sturz, zur Verhaftung oder Ausweisung vieler Melanchthon-Schüler führten. Camerarius entging diesem Schicksal durch seinen Tod im April desselben Jahres.<br>
(Vinzenz Gottlieb)
 
=== Homiletisches ===
Einige von Camerarius gehaltene Reden haben beinahe Predigtcharakter, so die [[Erwähntes Werk::OC 0829|Weihnachtsansprache]] zum Tod des Kurprinzen [[Erwähnte Person::Alexander (Sachsen)]] 1565, die an der [[Erwähnte Körperschaft::Universität (Leipzig)]] gehalten wurde. Auch die [[Erwähntes Werk::OC 0615|Rede zum Tod]] des Leipziger Theologen und Hebraisten [[Nachruf auf::Bernhard Ziegler]] enthält Elemente einer Predigt, wie zahlreiche Zitate aus den Paulinischen Briefen. Camerarius gab sie zusammen mit [[Erwähntes Werk::OC 0613|den Predigten]] seines Freundes [[Erwähnte Person::Georg III. (Anhalt-Plötzkau)]] bald nach dessen Tod heraus. Aus ihnen zieht Camerarius verschiedene Lehren und skizziert eine Art Theorie der Predigt. Von Bedeutung ist die richtige Wahl des Stoffes, der auf die Betroffenen und ihre Lebenswelt abgestimmt sein sollte. Bei anderen Gelegenheiten sprach Camerarius selbst in Kirchen, doch sind seine Leichenreden auf [[Nachruf auf::Eberhard I. (Württemberg)|Eberhard im Bart]]<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0202]].</ref> und [[Nachruf auf::Moritz (Sachsen)|Kurfürst Moritz]]<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0587]].</ref> in Humanistenmanier verfasst, so dass sie eher dem Bereich der Rhetorik als der Homiletik zuzurechnen sind. Sie laden zur Nachahmung der Vorbilder ein und bedienen einige christliche Topoi: Im Zentrum steht das christliche Sterben, das an die Tradition der ''ars moriendi'' angelehnt ist. Unter den gerühmten Tugenden spielt die ''pietas'' eine wichtige Rolle. Neun weitere Reden zu Jahresfeiern von Moritzens Tod verfasste Camerarius bis 1569, die von anderen Rednern vorgetragen wurden.<ref>[[Camerarius, Orationes funebres, 1569]].</ref> In ihnen liegt der Schwerpunkt mehr auf dem Ruhm des Herrschers und seiner Memoria. Nicht immer ist es möglich, eine scharfe Trennungslinie zwischen Predigt und humanistischer Rede zu ziehen. Einem ganz anderen Zweck, nämlich der sprachlichen Übung und der religiösen Unterweisung für die (bereits erwachsenen) Camerarius-Söhne, diente [[Erwähntes Werk::OC 0900|eine Predigtsammlung]]<ref>Vgl. Vorwort des [[Erwähnte Person::Ludwig Camerarius]], ebda. S. 2: ''quasi homiliae compositae fuere, simul ad linguae graecae, simul ad simplicis ac purae veritatis celestis cognitionem conciliandam fratribus meis natu maioribus''.</ref> zu Evangelientexten. Da sie in griechischer Sprache (mit lateinischer Übersetzung) verfasst sind, ist kein Gebrauch im Gottesdienst vorgesehen gewesen. Die Publikation erfolgte erst 1573 durch [[Ludwig Camerarius]].<br>
(Vinzenz Gottlieb)
 
=== Polemisches ===
Camerarius war normalerweise ein sehr konstruktiver und irenischer Mensch. Bei einigen wenigen Gelegenheiten aber zeigte er durchaus seine Zähne. Den Hintergrund bilden, abgesehen von persönlichen Angriffen auf ihn<ref>Dazu zählen vor allem [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam]] (vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0111]] [[Heerwagen 1868]], S. 18-20) und der Bamberger Bischof [[Erwähnte Person::Weigand von Redwitz]], der den Kammermeistern seit dem [[Bamberger Bürgeraufstand (1525)]] feindlich gesinnt war: Seit der Inhaftierung von C.' Bruder [[Erwähnte Person::Hieronymus Camerarius]] stellte er eine solche Bedrohung für die Familie dar, dass Camerarius sich sogar einen kaiserlichen Schutzbrief für seine bedrohten bambergischen Lehen ausstellen ließ (vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0512]] und [[Woitkowitz 2003]], S. 89f., 142,148).</ref>, vor allem theologisch motivierte Kontroversen. Konkret involviert war er in den Adiaphoristischen Streit und die Auseinandersetzungen um Andreas Osiander. In den Antitrinitarischen Streit rutschte er eher unfreiwillig hinein: So bekennt er, dass eine seiner Aussagen in antitrinitarischem Sinne missverstanden worden sei.<ref>Vgl. [[OC 0878]]. Er hatte sich kritisch zur Autorschaft des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses geäußert, was ihm als Infragestellung des Inhalts ausgelegt wurde.</ref> Gegen solche Auslegung verwahrt er sich und macht  seine Position wiederholt deutlich durch Positionierung gegen Antitrinitarier, Wiedertäufer und Schwenckfeldianer.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 1036]].</ref> In der Abendmahlsfrage bekennt er sich zwar klar zum Laienkelch, vermeidet aber in der Regel Aussagen, die ihn im Abendmahlsstreit zwischen lutherischem und calvinistischem Lager zu deutlich festlegen würden.
 
Als Kind seiner Zeit thematisiert Camerarius oft die Gefahr durch äußere Feinde. Insbesondere die Bedrohung durch türkische Heere in Ungarn erscheint in zahlreichen Briefen (vgl. Schlagwort "Türkenkriege/Türkengefahr") und auch einige Werke beschäftigen sich mit diesem Thema. In einer suasorischen Rede ([[Erwähntes Werk::OC 0412|Oratio senatoria de bello Turcico]]) fordert Camerarius ein einiges Zusammenstehen der Fürsten gegen die Gefahr, auch über Konfessionsgrenzen hinweg. Diese Denkschrift widmete er [[Widmungsempfänger::Eberhard von der Tann]], einem sächsisch-ernestinischen Rat, der im Schmalkaldischen Bund eine bedeutende Stellung einnahm. Somit war Camerarius daran gelegen, gerade auf protestantischer Seite die (religiöse) Verständigungsbereitschaft zu fördern. Die Rede erschien im Frühjahr 1542, bevor Herzog [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)]] auf den Kriegszug nach Ungarn aufbrach.
 
Die Reaktionen des Camerarius auf polemische Schriften konnten durchaus konziliant ausfallen. Ein Beispiel dafür bildet "De invocatione sanctorum". Dieses Werk gehört in den Kontext der Reformation des Kölner Erzbistums unter Hermann von Wied, bei der Melanchthon involviert war (Frühjahr und Sommer 1543). Im Druck bezieht sich C. neben einer [[Erwähntes Werk::OCEp 1476|Warnung vor Heiligenverehrung]] auch auf die Polemik des orthodoxen Christen [[Erwähnte Person::Antonios Eparchos]], der den Protestanten vorwirft, sie leisteten der türkischen Expansion Vorschub durch die Uneinigkeit. Das bezieht sich aber nicht auf innerprotestantische Streitigkeiten, sondern auf die Abspaltung von der römischen Kirche. Camerarius [[Erwähntes Werk::OCEp 1459|schreibt an Irenäus]], dass man die Position der Orthodoxen verstehen müsse, auch wenn man sie nicht teile. Gleichzeitig fährt er aber eine scharfe Attacke auf die Papstkirche. Dies ist für den Camerarius der 1540er Jahre nicht ungewöhnlich; kennzeichnend ist auch, dass nicht der Briefpartner angegriffen wird, sondern eine dritte, nicht explizit genannte Partei.<ref>Vgl. [[Camerarius, De invocatione sanctorum (gr., Druck), 1545]], Bl. C8v-Dr: Dort werden die Gegner nur allgemein οἱ δὲ ἐναντίοι bzw. οἱ δ'ἕτεροι bezeichnet.</ref>
 
Deutlich wird Camerarius wiederholt mit Seitenhieben gegen die Papstkirche. Dieses Konfliktfeld bedient er vor allem in den Jahren 1540 bis 1543, wobei er nur selten einzelne Personen direkt attackiert.<ref>Eine Ausnahme ist ein schon älteres [[Erwähntes Werk::OC 0081|Satirisches Epicedion]] auf [[Erwähnte Person::Julius II. (Papst)]], das er möglicherweise im Rahmen des Erfurter Humanistenkreises verfasste. Für den Hinweis darauf danke ich meinem Kollegen Alexander Hubert. Bei der Ekloge [[Erwähntes Werk::OC 0808|Moeris]] ist die Entstehungszeit umstritten, wird aber von einigen Forschern auf 1521 angesetzt, womit der Kontroverstheologe und Drucker [[Erwähnte Person::Hieronymus Emser]] die Zielscheibe des Spottes ist.</ref> Meist stört er sich am Amt bzw. dem jeweiligen Amtsverständnis des Papstes. Heftig ist sein Angriff auf die Papstkirche in den [[Erwähntes Werk::OC 0431|Synodica]], die er in Erwartung des (mehrmals vertagten) Trienter Konzils verfasste. Camerarius übersetzt dabei [[Erwähntes Werk::Melanchthon, Die fürnemisten Unterscheid, 1539|Vorarbeiten Melanchthons]], und stellt Positionen des Evangeliums und der Papstkirche kontrastiv gegenüber. Gleichzeitig beklagt er aber die Streitsucht und empfiehlt Bildung als Mittel dagegen.<ref>Gedanken zum Konzil und Klagen über päpstliche Allmachtsansprüche äußert Camerarius auch in der [[Erwähntes Werk::OC 0827|Rede zum 5. Todestag]] des Kurfürsten [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)]]: Vgl. [[Camerarius, Orationes funebres, 1569]], S. 103-105 sowie [[OC 0573]], S. 4f.</ref>
 
In seinem "Reformationseklogenpaar" ([[Erwähntes Werk::OC 0376|Dirae seu Lupus]] und [[Erwähntes Werk::OC 0377|Querela sive Agelaeus]]) von 1540 teilt er gegen altgläubige Theologen aus und beklagt den "Diebstahl" eines Kelches, der mit dem Laienkelch identifiziert werden kann.<ref>Vgl. [[Mundt 2004]], S. XXXII.</ref> Warum diese ungewöhnlich harschen Töne? Damals wirkte Camerarius noch in [[Erwähnter Ort::Tübingen]], aber sichtlich unzufrieden mit seiner Situation. Die Verhandlungen Melanchthons über die Berufung seines Freundes nach Leipzig hatten noch nicht begonnen.<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=2782 MBW Nr. 2782] vom 4.8.1541.</ref> '''Die Wirksamkeit der Eklogen und eventuelle Reaktionen darauf müssten noch untersucht werden.''' Zum Hintergrund ist festzustellen, dass die Protestanten, trotz der Schwierigkeiten Philipps von Hessen wegen seiner Doppelehe (symbolisiert durch den verstümmelten Hirtenhund) damals eine starke Position hatten, wie sie erst durch den Fürstenaufstand 1552 wieder errungen werden konnte: Der Schmalkaldische Bund hatte großen Zulauf und wurde von [[Erwähnte Person::Ferdinand I. (HRR)| König Ferdinand]] für die Türkenhilfe umworben.<ref>Vgl. [[Wolgast 2003]], S. 20-23.</ref> Seine Unzufriedenheit mit dem Vorankommen der Religionsgespräche und mit falscher Einflussnahme (u.a. auf den Kaiser) drückt Camerarius auch in [[Erwähntes Werk::OC 0429|Peri Iolla]] aus, indem er vor "falschen Hirten" warnt. Nach 1543 werden die Polemiken seltener und verändern ihre Gestalt: So argumentiert Camerarius zunehmend aus der Kirchengeschichte heraus<ref>Eines der frühesten Beispiele dafür ist [[Erwähntes Werk::OC 0573]] eine Schrift über Konzilien, die er im Rahmen der Wiederaufnahme des Trienter Konzils 1551/52 verfasste.</ref> und zeigt Fehlentwicklungen auf, besonders in der Antike: In der [[Erwähntes Werk::OC 0618|"Narratio de autore"]] (1555) zeigt er an der Figur des Synesius und dessen Zeitgenossen auf, wohin Machtstreben der Kirche führen könne. Die Gründe dieses Stilwandels liegen im Dunklen; aber es ist auffällig, dass im albertinischen Sachsen unter Herzog [[Moritz (Sachsen)]] sehr wenige polemische Schriften entstanden sind, im Unterschied zum ernestinischen Sachsen und der Stadt [[Erwähnter Ort::Magdeburg]]. Dazu passt, dass Moritz selbst keine offensive Publizistik betrieb; ob er Eigeninitiative seiner Professoren direkt verbot, ist nicht bekannt. Seine Parteinahme für den altgläubigen Kaiser [[Erwähnte Person::Karl V. (HRR)|Karl V.]], beginnend mit der Unterstützung im Türkenkrieg, in Nordfrankreich und schließlich im Schmalkaldischen Krieg<ref>Vgl. [[Winter 2022]], S. 273-275.</ref> kann aber erklären, warum seine Untertanen (darunter Camerarius) sich künftig antikatholischer Propaganda enthielten.<ref>Zu Moritzens Publikationsstrategien vgl. [[Haug-Moritz 2007]].</ref>  


Nach dem Schlachtentod des Kurfürsten 1553 richtet Camerarius seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Gegner: Aus Enttäuschung über den Hader innerhalb des protestantischen Lagers und zur Verteidigung des attackierten Freundes Melanchthon verfasste er gegen die "Gnesiolutheraner" Invektiven wie die [[Erwähntes Werk::OC 0596|"Querela Lutheri"]] von 1554. In das literarische Gewand eines Traumbildes nach Vorbild von Ciceros "Somnium Scipionis" kleidet er (in anonymer Form) seine eigenen Klagen über die Zerrissenheit des reformatorischen Lagers und spricht durch den Mund des verstorbenen [[Erwähnte Person::Martin Luther]]. Dass Camerarius mit dieser Schrift einen Streit vom Zaun brechen wollte, darf man wohl bezweifeln; allerdings hatte er wohl den Finger in die Wunde gelegt, denn die Gegenschriften von [[Erwähnte Person::Nikolaus Gallus]], [[Erwähnte Person::Johann Stoltz]] und anderen nahmen C. scharf aufs Korn und bestätigten so den von ihm erhobenen Vorwurf der Streitlust.<ref>Zu den Konfliktfeldern vgl. [[Schäfer 2003]], [[Döring/Schäfer 2013]] und [[Dall'Asta 2024]].</ref> Der Adiaphoristische Streit, der den Rahmen für diese Ereignisse bildet, war die "Initialzündung" für die weiteren innerprotestantischen Streitigkeiten.<ref>Vgl. [[Koch 2006]], S. 179.</ref> Insofern scheint es nachvollziehbar, dass Camerarius nach diesen Erfahrungen weitere kontroverse Stellungnahmen in der Öffentlichkeit scheute. Er ruderte zurück in der Schrift [[Erwähntes Werk::OC 0616|"Onar hypar"]] und rechtfertigte sich: Griechisch und Latein sei besser für logische Argumentation geeignet als das Deutsche, und Bildung sei sehr wichtig. Ein härterer Tonfall sei dann angebracht, wenn er durch das Aufzeigen von Fehlern zu Verbesserungen beitragen könne. Angriffe gegen Menschen seien aber zu unterlassen, und statt ''maledicentia'' solle man sich der ''correctio'' bedienen. Ein Schlusswort zieht Camerarius im [[Erwähntes Werk::OC 0617|Epilogus zur Querela]]. Diese griechische Schrift ist einigen wenigen Querela-Ausgaben beigebunden. Wir sehen hier ein Rückzugsgefecht des verletzten Humanisten, der einsieht, gegen die Schärfe der theologischen Dogmatiker nicht anzukommen. Diese Resignation zeigt sich auch darin, dass Camerarius danach kaum noch Polemiken publizierte, mit Ausnahme des [[Erwähntes Werk::OC 0698|Trauergedichts]] auf [[Erwähnte Person::Johann Stigel]], in dem er noch einen Seitenhieb auf vergangene Streitigkeiten unternimmt. Statt einer neuen Attacke ist es aber eher ein "Abgesang auf die Reformationsfabel".<ref>[[Mundt 2004]], S. 281. Zwischen 1561 und 1567 entspannte sich das Verhältnis zwischen Ernestinern und Albertinern auch auf theologischer Ebene, nachdem Flacius in [[Erwähnter Ort::Jena]] entlassen worden war. Somit war es für Camerarius weniger gefährlich, polemisch zu werden. Ein neuer Konflikt scheint sich hier nicht mehr zu entfalten, wozu sicher auch die Wahl der griechischen Sprache beitrug. Somit diente das Gedicht vielleicht weniger einer öffentlichen Polemik, sondern "eher der Identitätsbildung und Stärkung des Zusammenhalts innerhalb einer kleineren Gruppe von gebildeten Anhängern des Melanchthon" ([[Orth 2020]], S. 113).</ref> Kritik an kirchlichen Missständen äußerte er nur noch, oft verklausuliert, im Kontext der Kirchengeschichtsschreibung (siehe Kapitel → [[Theologie (CamLex)#Historische Theologie|Historische Theologie]]).
Nach dem Schlachtentod des Kurfürsten 1553 richtet Camerarius seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Gegner: Aus Enttäuschung über den Hader innerhalb des protestantischen Lagers und zur Verteidigung des attackierten Freundes Melanchthon verfasste er gegen die "Gnesiolutheraner" Invektiven wie die [[Erwähntes Werk::OC 0596|"Querela Lutheri"]] von 1554. In das literarische Gewand eines Traumbildes nach Vorbild von Ciceros "Somnium Scipionis" kleidet er (in anonymer Form) seine eigenen Klagen über die Zerrissenheit des reformatorischen Lagers und spricht durch den Mund des verstorbenen [[Erwähnte Person::Martin Luther]]. Dass Camerarius mit dieser Schrift einen Streit vom Zaun brechen wollte, darf man wohl bezweifeln; allerdings hatte er wohl den Finger in die Wunde gelegt, denn die Gegenschriften von [[Erwähnte Person::Nikolaus Gallus]], [[Erwähnte Person::Johann Stoltz]] und anderen nahmen C. scharf aufs Korn und bestätigten so den von ihm erhobenen Vorwurf der Streitlust.<ref>Zu den Konfliktfeldern vgl. [[Schäfer 2003]], [[Döring/Schäfer 2013]] und [[Dall'Asta 2024]].</ref> Der Adiaphoristische Streit, der den Rahmen für diese Ereignisse bildet, war die "Initialzündung" für die weiteren innerprotestantischen Streitigkeiten.<ref>Vgl. [[Koch 2006]], S. 179.</ref> Insofern scheint es nachvollziehbar, dass Camerarius nach diesen Erfahrungen weitere kontroverse Stellungnahmen in der Öffentlichkeit scheute. Er ruderte zurück in der Schrift [[Erwähntes Werk::OC 0616|"Onar hypar"]] und rechtfertigte sich: Griechisch und Latein sei besser für logische Argumentation geeignet als das Deutsche, und Bildung sei sehr wichtig. Ein härterer Tonfall sei dann angebracht, wenn er durch das Aufzeigen von Fehlern zu Verbesserungen beitragen könne. Angriffe gegen Menschen seien aber zu unterlassen, und statt ''maledicentia'' solle man sich der ''correctio'' bedienen. Ein Schlusswort zieht Camerarius im [[Erwähntes Werk::OC 0617|Epilogus zur Querela]]. Diese griechische Schrift ist einigen wenigen Querela-Ausgaben beigebunden. Wir sehen hier ein Rückzugsgefecht des verletzten Humanisten, der einsieht, gegen die Schärfe der theologischen Dogmatiker nicht anzukommen. Diese Resignation zeigt sich auch darin, dass Camerarius danach kaum noch Polemiken publizierte, mit Ausnahme des [[Erwähntes Werk::OC 0698|Trauergedichts]] auf [[Erwähnte Person::Johann Stigel]], in dem er noch einen Seitenhieb auf vergangene Streitigkeiten unternimmt. Statt einer neuen Attacke ist es aber eher ein "Abgesang auf die Reformationsfabel".<ref>[[Mundt 2004]], S. 281. Zwischen 1561 und 1567 entspannte sich das Verhältnis zwischen Ernestinern und Albertinern auch auf theologischer Ebene, nachdem Flacius in [[Erwähnter Ort::Jena]] entlassen worden war. Somit war es für Camerarius weniger gefährlich, polemisch zu werden. Ein neuer Konflikt scheint sich hier nicht mehr zu entfalten, wozu sicher auch die Wahl der griechischen Sprache beitrug. Somit diente das Gedicht vielleicht weniger einer öffentlichen Polemik, sondern "eher der Identitätsbildung und Stärkung des Zusammenhalts innerhalb einer kleineren Gruppe von gebildeten Anhängern des Melanchthon" ([[Orth 2020]], S. 113).</ref> Kritik an kirchlichen Missständen äußerte er nur noch, oft verklausuliert, im Kontext der Kirchengeschichtsschreibung (siehe Kapitel → [[Theologie (CamLex)#Historische Theologie|Historische Theologie]]).


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Camerarius dann polemisch wird, wenn er eine Verfälschung echter Glaubenswahrheiten wahrnimmt.<ref>In einem [[Erwähntes Werk::OCEp 0512|Brief an Karlowitz]] macht er die Grenzen seiner Toleranz deutlich: Lieber sterbe er, als die Lehren der Wahrheit zu verraten (''Sed vitam etiam amittere oportet nos potius, quam veritatis δόγματα prodere'').</ref> Objekte seiner Attacken sind 1. die Papstkirche und deren Allmachtsanspruch, 2. Dogmatische Abweichler wie Antitrinitarier, Schwenkfelder etc. und 3. eristische Protestanten (im Wesentlichen "Gnesiolutheraner"), die er eher wegen ihrer Streitsucht als wegen der Inhalte bekämpft. Auch in diesen Kämpfen ist er mehr Humanist als Theologe, denn er bedient sich überwiegend dichterischer Schriften anstelle von Predigten und Streitschriften.
Gelegentlich spielte Camerarius die Irenik auch als Waffe aus: So veröffentlichte er 1572 [[Luther, Ad theologos Norimbergenses epistola, 1572|einen Lutherbrief]], in dem dieser zu Toleranz und christlicher Liebe aufgerufen hatte. Die [[Erwähntes Werk::OC 1038|beigefügte Appendix]] liest sich wie eine Generalabrechnung mit den "Gnesiolutheranern". Sie werden zwar nicht namentlich genannt, doch sind sie an Details erkennbar: Die Streitsucht mit der Vorrangstellung der Wahrheit gegenüber der Liebe, ebenso ihr junges Alter, da sie Luther nicht persönlich kannten und ihn daher falsch verstanden oder gar bewusst verzerrt darstellten.<ref>Vgl. [[Luther, Ad theologos Norimbergenses epistola, 1572]], Bl. A8v-Br.</ref> Letztendlich muss man sich fragen, ob Camerarius tatsächlich so friedliebend war oder ob er nicht einfach mit anderen Mitteln stritt, sozusagen mit dem sprachlichen Florett statt mit der Mistgabel. So unterstellt ihm nämlich Friedrich Stählin in Bezug auf die Melanchthon-Vita: "die Gegner mögen sachlich in manchem sogar recht haben: moralisch sind sie im Unrecht, weil sie bei ihren menschlichen Mängeln nicht befugt sind Melanchthon zu kritisieren. – So meidet er auch sonst die sachliche Auseinandersetzung und begibt sich auf die moralische Ebene, auf der er sich zuhause fühlt."<ref>[[Stählin 1936]], S. 66, Anm. 3.</ref>


(Vinzenz Gottlieb)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Camerarius dann polemisch wird, wenn er eine Verfälschung echter Glaubenswahrheiten wahrnimmt.<ref>In einem [[Erwähntes Werk::OCEp 0512|Brief an Karlowitz]] macht er die Grenzen seiner Toleranz deutlich: Lieber sterbe er, als die Lehren der Wahrheit zu verraten (''Sed vitam etiam amittere oportet nos potius, quam veritatis δόγματα prodere'').</ref> Objekte seiner Attacken sind 1. die Papstkirche und deren Allmachtsanspruch, 2. Dogmatische Abweichler wie Antitrinitarier, Schwenkfelder etc. und 3. eristische Protestanten (im Wesentlichen "Gnesiolutheraner"), die er eher wegen ihrer Streitsucht als wegen der Inhalte bekämpft. Auch in diesen Kämpfen ist er mehr Humanist als Theologe, denn er bedient sich überwiegend dichterischer Schriften anstelle von Predigten und Streitschriften.<br>
 
('''Vinzenz Gottlieb''')
=== Liturgisches ===
Liturgische Aussagen findet man bei Camerarius eher versteckt. Entsprechend der von ihm mit Melanchthon entwickelten Lehre der "Adiaphora" sind sie nicht heilsnotwendig und Zugeständnisse sind möglich. So äußert Camerarius sich zur Liturgie vor allem dort, wo er den Missbrauch religiöser Riten befürchtet: In der [[Erwähntes Werk::OC 0761|Expositio de Apostolis]] bezweifelt er, dass das vierzigtägige Fastengebot vom Apostel Petrus eingeführt worden sei.<ref>Vgl. [[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566]], S. 114, und [[Kunkler 2000]], S. 217, Anm. 63 (dortige Quellenangabe fälschlich S. 106).</ref> Das Fasten ist für ihn ein typisches Beispiel für Lippenbekenntnisse: In der [[Erwähntes Werk::OC 0444|Disputatio de cultu vero Dei]] diskutiert er dessen Vor- und Nachteile. So würden manche Menschen das Fasten als Ersatz für den Glauben betrachten, was Camerarius im Sinne von Luthers Rechtfertigungslehre ablehnt. Abseits vom Missbrauch des Fastengedankens kann er ihm jedoch auch Positives abgewinnen: So zählt er auch positive Aspekte der Nüchternheit auf.
 
Wichtiger für Camerarius sind auf diesem Feld die Gebete. Ihnen widmet er sich theoretisch im Traktat [[Erwähntes Werk::OC 0646|"Disputatio de precibus"]] und in den katechetischen Schriften ([[Erwähntes Werk::OC 0579]] und [[Erwähntes Werk::OC 0727]]), aber auch praktisch durch eigene Gebetsdichtungen.
 
'''Dieser Abschnitt kann noch Ergänzungen vertragen, z.B. zu den Bereichen Gebet, Kirchenmusik etc. Oder sollten die Positionen einfach in die Systematische Theologie eingebaut werden?'''
 
=== Anwendung von Pädagogik bei Camerarius ===
Neben den zahlreichen Schriften zu pädagogischen Themen ist Camerarius auch in seiner Funktion als Lehrer und Erzieher zu betrachten. Wenig ist bisher bekannt zur häuslichen Erziehung seiner Kinder.<ref>Fest steht, dass er zumindest den Söhnen eine gute Ausbildung angedeihen ließ: Alle fünf absolvierten erfolgreich ein Studium und hatten beruflichen Erfolg. Drei der Töchter heirateten bedeutende Akademiker. Über die Führung einer eigenen Burse ist nichts bekannt, doch hat er zumindest [[Erwähnte Person::Hieronymus Baumgartner d.J.|den Sohn seines Freundes Baumgartner]] als Studenten in seinem Haus beherbergt (das lässt sich aus [[Erwähntes Werk::OCEp 0677]] und [[Erwähntes Werk::OCEp 0679]] schließen).</ref> Er förderte aber ihre Bildung auch außerhalb des Schul- und Universitätsbesuchs und band sie auch in seine schriftstellerischen Tätigkeiten ein: Er unterstützte den ungefähr 18-Jährigen [[Erwähnte Person::Joachim Camerarius II.]] bei der [[Erwähntes Werk::OC 0556|Übersetzung einer arithmetischen Schrift]], indem er sie korrigierte. Vor allem aber war es der Sohn [[Ludwig Camerarius]], der mehrere ältere Schriften seines Vaters sammelte und (teilweise erneut, teilweise erstmalig) edierte.<ref>Er begann bereits im Alter von 20 Jahren damit, durch die pädagogische Schrift [[Camerarius, Dialogus de vita decente aetatem puerilem et al., 1563]].</ref>
 
Erste Unterrichtserfahrungen sammelte Camerarius bereits früh: Als junger Bakkalar hielt er in [[Erwähnter Ort::Leipzig]] im Auftrag des [[Lehrer::Richard Croke]] griechische Übersetzungsübungen ab.<ref>Vgl. [[Woitkowitz 2003]], S. 34.</ref> In [[Erwähnter Ort::Erfurt]] hielt er ab 1519 offizielle Lehrveranstaltungen im Fach Griechisch.<ref>Vgl. [[Woitkowitz 2003]], S. 35.</ref> In [[Erwähnter Ort::Wittenberg]] erhielt er, inzwischen zum Magister promoviert, 1522 die Quintilian-Lektur, die er krankheitsbedingt jedoch nur zeitweise ausüben konnte, sowie 1523 die Leitung über die Deklamationsübungen.<ref>Vgl. [[Woitkowitz 2003]], S. 36, und [[Kunkler 2000]], S. 50-53.</ref> Als einen seiner frühesten Schüler bezeichnet er [[Schüler::Wilhelm Megel]], allerdings ist die Datierung dieses Unterrichts schwierig.<ref>So spricht C. in einem [[Erwähntes Werk::OCEp 1478|Brief von 1544]] von gemeinsamen Lehr-Lern-Erfahrungen. Dies spräche für Camerarius' Jahre in Wittenberg (1521-1524), jedoch widersprechen sich die Quellen zu Megels Studienverlauf: Laut der Matrikel wurde er dort erst im Mai 1532 immatrikuliert (vgl. [[Förstemann 1841]], S. 143), aber eine Abschlussurkunde aus dem August 1532 spricht von einem dreijährigen Studium (CR 2, Sp. 606f.). Es ist nicht auszuschließen, dass er außerhalb der Universität Unterricht bei Camerarius genossen hatte. In Leipzig wird das nicht gewesen sein, wenn Megel wirklich erst um 1510 geboren wurde, denn Camerarius verließ die Stadt bereits 1518.</ref> Als Rektor der Nürnberger Schule hatte Camerarius zweifelsohne pädagogische Aufgaben zu erfüllen, doch auch später als Hochschullehrer in Tübingen und Leipzig wirkte er in diesem Bereich, über die Erstellung von Bildungsprogrammen und Universitätsstatuten hinaus. Nicht nur als dreimaliger Rektor und mehrfacher Dekan der Leipziger Artistenfakultät hatte er Verantwortung für seine Studenten, sondern er bekleidete auch im sächsischen Schulwesen eine wichtige Funktion als Visitator der Fürstenschulen.<ref>Vgl. [[Meyer 1897]].</ref> Wichtig sind zudem seine Briefwechsel: Er beriet und unterstützte die Bildungsreise des [[Erwähnte Person::Petrus Lotichius Secundus]] mit den Neffen [[Erwähnte Person::Daniel Stiebar von Rabeneck|Daniel Stiebars]] nach Frankreich.<ref>Vgl. [[Briefwechsel-Petrus Lotichius Secundus]] und [[Briefwechsel-Daniel Stiebar von Rabeneck]]</ref> Eine besondere Situation bildet der [[Briefwechsel-Hieronymus Baumgartner d.Ä.|Baumgartner-Briefwechsel]]: Camerarius scheint dessen gleichnamigen Sohn eine Zeitlang in seinem Leipziger Haus beherbergt zu haben. Er gibt häufig Berichte über die Lernfortschritte. Weniger Lernerfolg hatte allerdings ein anderer Verwandter der Baumgartners, [[Erwähnte Person::Augustin Dichtel II.]] Bei ihm stießen Camerarius und danach auch Melanchthon an die Grenzen ihrer Fähigkeiten und schickten ihn ohne Abschluss, jedoch nicht in Ungnade zurück. Ein weiteres Zeugnis pädagogischen Handelns ist ein [[Erwähntes Werk::OCEp 0884|Brief an die Brüder Ossa (1565)]], die in Padua studierten, aber ihr Studium anscheinend nicht ernst nahmen und sich mit ihrem Präzeptor zerstritten. Camerarius wandte sich mit verständnisvollen, doch auch mahnenden Worten an sie, um sie zur Einsicht und Besserung zu bewegen. Ob dies Erfolg hatte, ist nicht sicher: Der älteste der Brüder, Balthasar Friedrich, wurde im Folgejahr zwar Rektor, doch war er während seiner Amtszeit in Straßenkämpfe mit der Stadtbevölkerung verwickelt und wurde vom Stadtpräfekten inhaftiert. Die Akten der deutschen Nation stellen ihn als Helden und unschuldig Verfolgten dar. Sie erwähnen aber auch seine hohen Ausgaben (über 10'000 Kronen während seiner  Amtszeit).<ref>[[Münnich 2020]], S. 867 und Acta Padua IV, 2, S. XXI, 47 (Nr. 87) sowie Biagio Brugio (Hg.), Atti della Nazione germanica dei legisti nello Studio di Padova I, S. 136-139.[https://archive.org/details/Brugi/page/136/mode/2up]</ref> Wenn die Mahnung des Camerarius zu einer ehrbaren Lebensführung sich auf Sparsamkeit bezieht, dann hat sie hier nichts gefruchtet. Sicher wurde dadurch seine schon [[Erwähntes Werk::OCEp 0616|1542 gegenüber Baumgartner]] geäußerte Meinung bestätigt: Das Studium in Frankreich und Italien würde die Schüler verderben, weil sie noch nicht innerlich gefestigt seien und dortige Unsitten übernähmen. Sie kämen dann eitel und besserwisserisch zurück. Auch in Krisensituationen bemühte sich Camerarius um Deeskalation, wie im Fall der [[Erwähntes Werk::OCEp 0728|Ermordung eines Studenten]] (Oktober 1563) und [[Erwähntes Werk::OCEp 1276|eines Hausfriedensbruchs]].
 
Camerarius versuchte auch, auf die Erziehung einiger junger Prinzen einzuwirken, indem er ihnen theologisch und pädagogisch geprägte Traktate widmete. Stets handelt es sich um Angehörige von Adelshäusern, die der Reformation nahestehen: Das bezieht sich auf [[Erwähnte Person::Bernhard VII. (Anhalt)|Neffen]] seines Freundes Georg von Anhalt, aber auch auf Mgf. [[Erwähnte Person::Albrecht II. Alcibiades (Brandenburg-Kulmbach)|Albrecht Alcibiades]], [[Erwähnte Person::Johann Albrecht I. (Mecklenburg)]] ([[Erwähntes Werk::OCEp 1464]]) oder die Lüneburger Prinzen [[Erwähnte Person::Franz Otto (Braunschweig-Lüneburg)|Franz Otto]] und [[Erwähnte Person::Friedrich (Braunschweig-Lüneburg)|Friedrich]] ([[OCEp 1444]]). Den letzteren beiden, Söhnen [[Erwähnte Person::Ernst I. (Braunschweig-Lüneburg)|Ernst des Bekenners]], diente der Camerarius-Schüler [[Erwähnte Person::Wilhelm Megel]] als Präzeptor. Durch die [[Erwähntes Werk::OC 0555|Widmung einer Plautus-Ausgabe]] (1552) an den 13-jährigen [[Georg Friedrich I. (Brandenburg-Ansbach-Kulmbach)]] erstrebt Camerarius, ein Bewusstsein für die Bedeutung der wissenschaftlichen Studien zu schaffen. Schließlich wird er auch nicht müde, durch Vorbilder (mittels Biographien) auf die Prägung der jungen Menschen einzuwirken:<ref>Vgl. [[Stählin 1936]], S. 73f. </ref> Das sind Fürsten wie Eberhard im Bart, [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)]] und [[Erwähnte Person::Georg III. (Anhalt-Plötzkau)]], aber auch Gelehrte wie Melanchthon und [[Helius Eobanus Hessus]].<ref>Bei Hessus gilt die Einschränkung, dass der Lebenswandel nur bedingt als Vorbild taugt.</ref><br>
Noch der sächsische Kurprinz [[Erwähnte Person::Christian I. (Sachsen)]] erhielt ein Buch mit Gebeten Luthers, Melanchthons und Camerarius', das ihm der Chemnitzer Superintendent [[Erwähnte Person::Georg Langevoit]] zusammenstellte.<ref>Von einer direkten Mitwirkung des Camerarius ist nichts bekannt. Die Handschrift "Libellus Precationum" vom 12.8.1571 [https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/53225/1/1] enthält auf Bl. 80v-102r unter dem Titel "Formulae precationum ex Catechesi D. Ioachimi Camerarii" Gebete des Camerarius aus der Katechesis und aus der [[Erwähntes Werk::OC 0646|Disputatio de Precibus]] in griechischer und lateinischer Synopse.</ref>
 
Camerarius verfasste diese Werke nicht aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft, sondern immer auch aus der Perspektive des Praktikers. Der Umgang mit Prinzen und Fürsten war ihm nicht fremd, da einige von ihnen in Wittenberg oder Leipzig studiert hatten. Mit einigen der prominentesten Fürstenerzieher war Camerarius befreundet: So stand er mit [[Erwähnte Person::Georg Spalatin]], vormaligem kursächsischem Prinzenerzieher, in Briefwechsel, und sein enger Freund Fürst [[Georg III. (Anhalt-Plötzkau)]] ging bei Camerarius' Lehrer [[Georg Helt]] in die Schule und holte diesen später als Geistlichen an seinen Hof.<ref>Camerarius lobt gleichermaßen den gemeinsamen Lehrer als auch seinen ''condiscipulus'': Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 1419]], [[Gregor von Nyssa, Λόγοι δύο (nativ.; Steph.), 1564]], Bl. D7r. Zu Helt als Fürstenerzieher vgl. [[Deutschländer 2014]], S. 206-209, sowie [[Georg III. (Anhalt-Plötzkau), Conciones synodicae, 1555]], Bl. BBr und [[Camerarius, De Philippi Melanchthonis ortu, 1566]], S. 216-218.</ref>
 
Schließlich initiierte Camerarius gegen Ende seines Lebens noch ein pädagogisches Prestigeprojekt: Die Reichsstadt [[Nürnberg]] richtete in den 1570er Jahren die [[Erwähnte Körperschaft::Universität (Altdorf)|Hohe Schule Altdorf]] ein, welche 1622 zur Universität erhoben wurde; sein Sohn [[Erwähnte Person::Philipp Camerarius]] wurde dort 1581 Prokanzler. Besonders involviert waren die Ratsherren [[Erwähnte Person::Hieronymus Baumgartner d.J.]] und [[Erwähnte Person::Thomas Löffelholz von Colberg]].<ref>[[Mährle 2000]], S. 59-70 und [[Bezzel 1793]]. Anstöße zur Gründung gab Camerarius bereits 1565: Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0736|Brief an Baumgartner, 14.5.1565]].</ref> Langfristig gesehen war dieser Einrichtung mehr Erfolg beschieden als ihrer Vorgängerin, der [[Erwähnte Körperschaft::Egidiengymnasium (Nürnberg)|Hohen Schule Nürnberg]], welcher Camerarius von 1526 bis 1535 vorgestanden hatte.
 
(Vinzenz Gottlieb)


==Systematische Theologie==
==Systematische Theologie==
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'''Prüfen, wie dieser Abschnitt mit den Positionen aus dem Gutachten [[OC 1036]] verknüpft werden kann.'''<br>
'''Prüfen, wie dieser Abschnitt mit den Positionen aus dem Gutachten [[OC 1036]] verknüpft werden kann.'''<br>
Messlatte für reformatorische Systematik und Dogmatik sind die "Loci communes" Melanchthons (Erstausgabe 1521, [[Melanchthon, Loci communes theologici, 1535|zwei]] [[Melanchthon, Loci communes theologici, 1543|Überarbeitungen]]), die als erste evangelische Systematik viele Nachahmer fand ([[Köpf 2011]], S. 130). '''Es ist zu prüfen, ob Camerarius ihnen zumindest teilweise folgt; die "Catechesis" ist ja auch systematisch aufgebaut.'''<br>
Messlatte für reformatorische Systematik und Dogmatik sind die "Loci communes" Melanchthons (Erstausgabe 1521, [[Melanchthon, Loci communes theologici, 1535|zwei]] [[Melanchthon, Loci communes theologici, 1543|Überarbeitungen]]), die als erste evangelische Systematik viele Nachahmer fand ([[Köpf 2011]], S. 130). '''Es ist zu prüfen, ob Camerarius ihnen zumindest teilweise folgt; die "Catechesis" ist ja auch systematisch aufgebaut.'''<br>
Camerarius war, wie die Verfasser dieses Artikels, kein Theologe und kein theologischer Systematiker. Er wirkte vor allem als Kompilator von Aussagen der Kirchenväter. Seine Glaubenssätze orientieren sich überwiegend an Luther und Melanchthon. Mit letzterem verbindet ihn die Bereitschaft, bei Streitigkeiten der Gegenseite entgegenzukommen. Eine bestimmte Linie wurde dabei aber nicht überschritten. Auffällig sind aber Bekenntnisse zur Wahrheit des Evangeliums: ''veritatis δόγματα'' ([[Erwähntes Werk::OCEp 0512]]), ''veritas evangelii'' (Moritz-Reden) etc. Beim Inhalt seiner katechetischen Schriften ist zu beachten, dass es sich um Lehrwerke handelt, die also eher allgemeines Wissen enthalten und keine theologischen Zuspitzungen. In den Streitfragen ist also Zurückhaltung zu erwarten.<br>
Camerarius wird nicht müde zu betonen, dass er Philologe statt Theologe ist (siehe ↑ [[Theologie (CamLex)#Historische Theologie|Abschnitt zur Kirchengeschichtsschreibung]]). So stützt er sich auf Schriften der Bibel und der Kirchenschriftsteller. Selbst auf heidnische Philosophen wie Platon greift er zurück, wenn sie seinen Zielen dienen.<ref>Z.B. im [[Erwähntes Werk::OC 0894|Geleitbrief zur Homiliensammlung]], [[Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573]], S. 17: Es sei schwierig, den Schöpfer der Welt zu finden, und wenn es gelinge, dann darüber zu sprechen. So sage Platon in den Exzerpten des Hermes Trismegistos.</ref>


Die klarsten Aussagen zu Camerarius' Theologieverständnis erhalten wir durch das Gutachten, die Katechesis und die [[Camerarius, Synodica, 1543|Synodica]] (kontrastive Darstellung kath. und ev. Positionen). Letztere enthalten aber auch viele Gedanken Melanchthons. Es ist nicht möglich, hier alle Aussagen zu den Teilgebieten Systematischer Theologie zu sammeln. Daher liegt der Schwerpunkt auf überraschenden Positionen.
Die klarsten Aussagen zu Camerarius' Theologieverständnis erhalten wir durch das Gutachten, die Katechesis und die [[Camerarius, Synodica, 1543|Synodica]] (kontrastive Darstellung kath. und ev. Positionen). Letztere enthalten aber auch viele Gedanken Melanchthons. Es ist nicht möglich, hier alle Aussagen zu den Teilgebieten Systematischer Theologie zu sammeln. Daher liegt der Schwerpunkt auf überraschenden Positionen.
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===Trinitätslehre===
===Trinitätslehre===
'''Fertig und hochgeladen'''<br>
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An verschiedenen Stellen äußert Camerarius sich zur Trinität, so in einer [[Erwähntes Werk::OC 0900|Übepredigt zum Trinitatissonntag]].<ref>Vgl. [[OC 0900]], [[Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573]], S. 208-212.</ref> Zahlreiche Aussagen macht er auch in der [[Erwähntes Werk::OC 0762|Historia Iesu Christi]], darunter zur gottmenschlichen Natur Jesu: Vgl. ↓ [[Theologie (CamLex)#Christologie]].<br>
Camerarius gibt [[Erwähntes Werk::OC 1036|im Gutachten an Kurfürst August]] zu, sich nicht mit den Schriften des (Antitrinitariers) Miguel Servetus beschäftigt zu haben. Er bekennt sich aber eindeutig zur Trinität, nämlich einem göttlichen Wesen bzw. einer göttlichen Natur in drei Eigenschaften oder Personen, nämlich dem Vater als Schöpfer des Himmels und der Erd, dem eingeborenen Sohn, der Mensch geworden ist, und dem Heiligen Geist: "Es seie ein Einigs, Ewigs, Vnzerteiltes Gottlichs wesen, oder Götliche Natur, in drey vnterschiedenen eigenschafften oder personen, deß Vatters schopfers himels vnd erden, Deß Eingebornen suns, welcher mensch ist worden, Vnd hat Gottes Zorn versunet, Vnnd deß Hailigen geists, der Christlichen Kirchen tröster vnd beystand".<ref>Vgl. [[OC 1036]], Abschnitt 1. Ähnlich schreibt er auch in der Katechesis: [[OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 294.</ref><br>
In [[OC 0579|der griechischen Katechesis]] bekennt Camerarius sich zum Apostolischen und zum Nicäno-Konstantinopolitanischen Credo sowie zum Athanasischen Glaubensbekenntnis. Bei letzterem bezweifelt er allerdings die Identität des Verfassers.<ref>[[Seckt 1888]], S. 17: [[Erwähntes Werk::OC 0579|Katechesis]], S. 296f.: εἰ μὲν οὖν ἀθανάσιος περὶ οὗ πολὺς τοῖς ἐκκλησιαστικοῖς ξυγγραφεῦσι λόγος, συνέθηκέ τε καὶ ἐξέδωκε τὸ ἀμοιβαῖον σύμβολον, ὡς νῦν ᾄδεται, οὐκ ἔχω εἰπεῖν, ἀπὸ δὲ τεκμηρίων τινῶν ὑπονοήσειεν ἄντις νεώτερον εἶναι τοῦτο ἢ καθ'ἡλικίαν ἐκείνην, καἰ ἐκτεθῆναι παρὰ τοῖς δυτικοῖς μάλιστα. φανερὸν δὲ ἐξ ὧν ἐπέστειλε λιβερίῳ τω τῆς παλαιᾶς ῥώμης ἐπισκόπῳ ὁ ἀθανάσιος, καὶ ἐξ ἄλλων τινῶν ξυγγραμμάτων αὐτου, ὅτι ἐνίοτε ἀδιορίστως οὐσίας, καὶ οὐκ ἀγνοοῦμεν ὅτι ταῦτα τἀ ὀνόματα ὑπὸ γρηγορίου καὶ βασιλείου πρῶτον διεσαφηνίσθη ἐξερμηνευόμενα, διδασκόντων τὴν μὲν οὐσίαν τὸ κοινὸν τῆς θεότητος ἐμφαίνειν, τὴν δὲ ὑπόστασιν, ἤγουν πρόσωπον, ὡς ἐκάλεσαν οἱ δυτικοὶ, τὸ ἰδιάζον. Übersetzung: "Ob nun Athanasius ... das im Wechselgesang zu singende Glaubensbekenntnis zusammengestellt und verbreitet hat, kann ich nicht sagen; aufgrund verschiedener Merkmale kann man vermuten, dass es jünger ist als jene Zeit, und im Westen entstanden. Offensichtlich schickte Athanasius dem Liberius, dem Bischof des alten Roms, Auszüge daraus und aus einigen anderen seiner Schriften, weil die "Ousia" nicht bestimmt ist, und wir wissen sicher, dass diese Begriffe von Gregor und Basilius zuerst definiert wurden, die lehrten, dass die "Ousia" das Gemeinsame der Gottheit zeigt, die Hypostase dagegen, oder ''persona'', wie die Westler sagen, das Eigentümliche ("idiazon")."</ref> Diese Zweifel, historisch und sprachgeschichtlich durchaus fundiert, genügten schon, um ihm als Untergrabung der kanonischen Autorität des "Quicumque" ausgelegt zu werden.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0878]], [[Camerarius, Notatio figurarum sermonis in libris quatuor evangeliorum (Druck), 1572]], Bl. A7r/v.</ref> An anderen Stellen sind solche Vorwürfe gegen ihn bisher nicht belegt. Mit diesen Aussagen hatte er sich auf gefährliches Terrain begeben, denn auch die damals umstrittene Bewegungen der Antitrinitarier und der Tritheisten lehnte das Athanasische Credo ab. Seine Zweifel hätten ihnen dabei Argumente liefern können. Unter den Lutheranern seiner Zeit stand Camerarius in Deutschland mit dieser Meinung wohl allein: Sein Leipziger Kollege [[Erwähnte Person::Alexander Alesius]] sah es als erwiesen an, dass Athanasius auch der Urheber dieses Glaubensbekenntnisses war.<ref>[[Dingel/Daugirdas 2013]], S. 163, Anm. 126.</ref> Auch [[Erwähnte Person::Andreas Hyperius]], [[Erwähnte Person::Jakob Schegk]] und [[Erwähnte Person::Jakob Andreae]] stritten vehement für das Athanasianische Glaubensbekenntnis und gegen antitrinitarische Positionen.<ref>Vgl. [[Dingel/Daugirdas 2013]], S. 10-15.</ref>  In England allerdings äußerte John Jewel einige Jahre später ähnliche Zweifel.<ref>John Jewel, The Defense of the Apology of the Church of England [https://www.google.de/books/edition/The_Parker_Society_Works_of_John_Jewel_b/oBHqRVDuGEYC?hl=de&gbpv=0 The Parker Society...: Works of John Jewel, bp of Salisbury. (1848). Vereinigtes Königreich: Printed at the University Press.], III,254: "the Creed called ''Quicunque vult'', written, as some think, by Athanasius, as some others, by Eusebius Vercellensis".</ref> An ihn knüpft auch Gerhard Johann Voss<ref>Vgl. [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10832060-4 Dissertationes tres De tribus Symbolis..., Amsterdam 1642], S. 55.</ref> in einer weitaus tiefgründigeren Untersuchung an, ohne jedoch Camerarius zu erwähnen. Auf der anderen Seite, so berichtet Gilbert Génébrard 1569,<ref>Vgl. [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10170848-3], S. 179.</ref> hatte [[Erwähnte Person::Valentino Gentile]] Zweifel am "Quiqumque" gehegt: Athanasius habe das Symbolum Niceni verfälscht.<ref>Vgl. [https://books.google.de/books?id=v3wpKTvp7UQC&printsec=frontcover&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false] S. 31; Zu Gentile vgl. [[Trechsel 1844]], S. 316-390 und 471-479.</ref> Gentile wurde 1566 wegen seiner tritheistischen Anschauungen in Bern hingerichtet.<ref>Génébrard ediert einen griechischen Text, der dem des Camerarius sehr ähnlich ist, aber in Details abweicht. Er verweist (S. 188) auf seine Quelle: einen Brief des Dionysius (Zannetinus), Episcopus Zienensis et Firmensis an Lazare de Baïf aus dem Jahr 1533. Es handelt sich offensichtlich um die Handschrift [[Erwähnte Körperschaft::Paris, BNF]], grec. 1305. Vgl. [https://theses.hal.science/tel-04540335 Rincel 2022], S. 365-367 sowie ähnliche Editionen: Von Nicolaus Brylling aus Basel und von [[Erwähnte Person::Henri Estienne]] (1565: beide Editionen wurden nicht gefunden).</ref> Ist hier Camerarius zwischen die Fronten eines handfesten theologischen Streit geraten? Nach bisheriger Kenntnis ist Camerarius der erste, der die Autorschaft aus philologischen Gründen anzweifelt, ohne aber den Inhalt zu beanstanden. Wegen der starken Kritik entfernte bzw. entschärfte er aber den entsprechenden Abschnitt in der [[Erwähntes Werk::OC 0726|lateinischen Version von 1563]].<ref>Vgl. ebda. S. 258 und [[Kelly 1964]], S. 3 und [[Drecoll 2007]].</ref> Der heutige Forschungsstand steht aber auf derselben Seite wie Camerarius: Das "Quicumque" gilt als jünger und die Entstehung im Westen hält man für erwiesen.<ref>Vgl. [[Kelly 1964]], S. 109-114.</ref>
Es war nicht zu ermitteln, wann und von welcher Seite die Vorwürfe gegen den Philologen entstanden: Möglicherweise war es erst die 2. Auflage, die Camerarius den Vorwurf mangelnder Rechtgläubigkeit einbrachte, denn darin ist der besagte Abschnitt in gekürzter Fassung noch enthalten: Camerarius strich lediglich den Hinweis darauf, dass Athanasius den Text an Liberius geschickt habe. Dadurch könnten die Zweifel an der Autorschaft noch größer erscheinen. Das Erscheinen des zweiten Ausgabe fiel in die Zeit, als der Streit zwischen Trinitarismus und Tritheismus besonders heftig tobte. Daher kann sie den Konflikt zusätzlich angeheizt haben. Um sich gegen jeden Vorwurf der Irrlehre zu verteidigen, betonte Camerarius im Jahr 1572 seinen Glauben: ''Nullam scio ego spem salutis concipi firmam posse, extra Catholicam et Orthodoxam Christi Iesu Ecclesiam. In qua sola est vera Dei aeterni veneratio, et cognitio veritatis, et consensus in hac est sancti Spiritus Magistri ducis ad omnem veritatem, maximum et summum beneficium atque donum.''<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0878]], [[Camerarius, Notatio figurarum sermonis in libris quatuor evangeliorum (Druck), 1572]], Bl. A7r. Übersetzung: Ich weißt, dass man keine sichere Hoffnung auf Rettung außerhalb der katholischen und orthodoxen Kirche Jesu Christi setzen kann. In ihr allein ist die wahre Anbetung des ewigen Gottes und die Erkenntnis der Wahrheit und sie hat die Zustimmung des Heiligen Geistes, der unser Lehrer ist und uns zur gesamten Wahrheit, zur größten und höchstens Wohltat und Gabe führt.</ref> Eine Schwierigkeit ist dabei noch gar nicht betrachtet worden: Im Athanasianum wird die ''processio'' des Heiligen Geistes aus Vater und Sohn festgehalten.<ref>Vgl. [[Kelly 1964]], S. 19, Vers 23: ''Spiritus sanctus a Patre et Filio, non factus nec creatus nec genitus sed procedens.''</ref> Camerarius äußert sich nicht gesondert dazu. Seine andernorts beschriebene Ablehnung des "Filioque" (↓ [[Theologie (CamLex)#Pneumatologie]]) würde allerdings auch inhaltliche Bedenken rechtfertigen.<br>
Zur Beschreibung der Trinität greift Camerarius auf verschiedene gebräuchliche griechische und lateinische Termini zurück. Zu den Begriffen οὐσία und ὑπόστασις und deren Übersetzung durch ''essentia'' sowie ''substantia'' hat Camerarius im Rahmen der [[Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536|die Theodoret-Ausgabe]] einen Traktat verfasst.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0194]], [[Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536]], S. 171-173: ''Sunt autem Graecae ὀυσία et ὑπόστασις, quas convertimus Essentia ac substantia, neutra quidem admodum Latina, sed quibus tamen Graecae, ne ipsae quidem admodum hac quidem significatione probatae, reddi viderent.'' Außerdem unterscheidet er die Begriffe Substantia, Persona, Character, Individuum und Proproium. Die Gottheit sei eine ''natura'' oder ''essentia'', enthalte aber die drei ''substantiae'' (Vater, Sohn und Heiliger Geist) und drei ''personae'' bzw. ''characteres''.</ref> Der Traktat lehnt sich eng an den dahinter (in Camerarius' Übersetzung) abgedruckten Brief [[Basilius der Große|des Basilius]] über den Unterschied der Begriffe Essenz und Substanz an. Dies entspricht auch der Botschaft des Gutachtens (siehe oben).
Leicht anders wählt er die Begriffe in der "Katechesis" und gibt οὐσία mit ''substantia'' und ὑπόστασις mit ''persona'' wieder.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 303 sowie [[Erwähntes Werk::OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 263f.</ref> Gott sei eins, ungeteilt in Natur und Essenz, aber in einer Dreiheit der Hypostasen oder Personen, die gewisse Unterschiede haben.<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 347f.: ''Unum quidem illum natura ac essentia omnino indivisum, sed quem contemplamur in trinitate hypostaseon seu personarum, secundum harum differentias. ... Essentiam quidem vocamus naturae communitatem, quodque est in hac uniforme et indiscretum, secundum quod unum, solum, aeternum, principio carentem Deum agnoscimus et adorantes colimus, secundum verbum ipsius. Sed hypostaseos nomen, vult secernere differentias quasdam earum, quae dicuntur personae, in quibus est illud unum, vel, Quae sunt una Deitas, per quas ineffabili modo et incompraehenso ostenditur numen divinum quale sit: Unum nimirum secundum essentiam, quod nos tamen contemplemur in tribus differentiis: non ficte neque imaginatione cogitandi, sed reipsa et vere subsistentes.'' Vgl. [[OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 403.</ref>
Auch zu Gott Vater äußert sich Camerarius gelegentlich. So sieht er ihn als ''principium'' aller Dinge, selbst ohne Anfang, nicht geboren, Erschaffer des Himmels und der Erde und Schöpfer aller Dinge, die erschaffen wurden.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 349: ''Deum patrem primum principium esse universorum, ipsum principio carentem, ingenitum, factorem celi et terrae, et creatorem universorum, quaecunque sane creata sunt.''</ref> Auch in Gebeten finden sich einige Beschreibungen Gottes: So erscheint er als mächtiger Herrscher und Schöpfer, aber auch als gütig und mitfühlend.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0728]], [[Camerarius, Votum seu Preces (Druck), 1563]], Bl. A7r: ''Sancte potens, aeterne Deus, Deus optime et idem Maxime, iuste, sed et mitis, miserisque benigne, invicte, omnipotens.''</ref> Gott Vater erscheint oft in Bezug auf den Sohn, indem er als "Vater unseres Herrn Jesus Christus" bezeichnet wird.<ref>Häufig erscheint dieses Motiv in den Gedenkreden auf Kurfürst Moritz, z.B. [[Camerarius, Orationes funebres, 1569]], S. 57 und 155.</ref>
Zum Stellenwert der Trinität bei Camerarius ist festzuhalten, dass ihm die Dreieinigkeit aus Vater, Sohn und Heiligem Geist verehrungswürdig war, nicht aber die Heiligen und auch nicht die Jungfrau Maria. So argumentiert bereits 1545 in seiner griechischen Schrift "De invocatione sanctorum".<ref>[[OC 0459]], [[Camerarius, De invocatione sanctorum (gr., Druck), 1545]], Bl. Cr: ὁ δὲ πατὴρ καὶ ὑιὸς καὶ ἅγιον πνεῦμα προσκυνείσθω, τὴν μαρίαν μηδεὶς προσκυνείτω.</ref>


===Pneumatologie===
===Pneumatologie===
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Noch auszudeuten ist folgende Stelle:''Qui cum nato pater, & cum Egrediente simul sancti unus numine flatus Regnum, Magne, tenes'': Vater, der du zugleich als Einheit mit dem Sohn und mit der hervorgehenden Gottheit des heiligen Hauches die Herrschaft innehast.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0728]], [[Camerarius, Votum seu Preces (Druck), 1563]], Bl. A7r.</ref>
Noch auszudeuten ist folgende Stelle:''Qui cum nato pater, & cum Egrediente simul sancti unus numine flatus Regnum, Magne, tenes'': Vater, der du zugleich als Einheit mit dem Sohn und mit der hervorgehenden Gottheit des heiligen Hauches die Herrschaft innehast.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0728]], [[Camerarius, Votum seu Preces (Druck), 1563]], Bl. A7r.</ref>


Woher kommt die Position des Camerarius, die völlig anders geartet ist als in seinem theologischen Umfeld üblich? Er betont ständig, dass er Philologe und nicht Theologe ist. So hat er die Kirchenväter rezipiert, unter anderem [[Erwähnte Person::Basilius der Große|Basilius den Großen]]. Bei diesem ist durchaus nicht klar, wie er zum Filioque steht. Auf dem Konzil zu Florenz wurde er als Gegner der Formel in Anspruch genommen.<ref>Nager 1912, S. 104f.</ref> Dort wurde besonders intensiv um diese Frage gerungen. [[Erwähnte Person::Basilius Bessarion|Kardinal Bessarion]] hatte in seiner "Dogmatischen Rede" einen Königsweg aufgezeigt, um östliche und westliche Perspektive miteinander zu vereinen, indem er die Wendungen διὰ τοῦ υἱοῦ und ἐκ τοῦ υἱοῦ als gleichwertig identifizierte.<ref>[[Migne, PG]] 161,543-612, u.a. 555: Ἐκ τοῦ Πατρός φασιν οἱ ἐξ Ἐῴας ἅγιοι Πατέρες τὸ ἅγιον ἐκπορεύεσθαι Πνεῦμα, καὶ ἐκ τοῦ Πατρὸς δι’ Υἱοῦ· ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ Υἱοῦ οἱ Δυτικοὶ φάσκουσι τὸ αὐτὸ ἐκπορεύεσθαι Πνεῦμα. Τί οὖν ἐροῦμεν; Ἐναντίον τοῦτο ἐκείνῳ; Μὴ γένοιτο· οὐδὲ γάρ ἐστι τὸ ἐκ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι τῷ ἐκ Πατρὸς καὶ Υἱοῦ οὔτ’ ἐναντίον, οὔτε μὴν ἀντιφατικόν. Vgl. auch Denzinger, Nr. 1300-1302 (Abschlussdokument des Konzils) und Mohler, Ludwig: Kardinal Bessarion als Theologe, Humanist und Staatsmann : Funde und Forschungen /1 : Darstellung. Paderborn 1967 (Bessarion-Biographie mit ausführlicher Würdigung der Argumentation in der Filioque-Frage).</ref> Es ist aber nicht erwiesen, dass Camerarius sich auf das Konzil von Florenz bezieht.
Woher kommt die Position des Camerarius, die völlig anders geartet ist als in seinem theologischen Umfeld üblich? Er betont ständig, dass er Philologe und nicht Theologe ist. So hat er die Kirchenväter rezipiert, unter anderem [[Erwähnte Person::Basilius der Große|Basilius den Großen]]. Bei diesem ist durchaus nicht klar, wie er zum Filioque steht. Auf dem Konzil zu Florenz wurde er als Gegner der Formel in Anspruch genommen.<ref>Nager 1912, S. 104f.</ref> Dort wurde besonders intensiv um diese Frage gerungen. [[Erwähnte Person::Basilius Bessarion|Kardinal Bessarion]] hatte in seiner "Dogmatischen Rede" einen Königsweg aufgezeigt, um östliche und westliche Perspektive miteinander zu vereinen, indem er die Wendungen διὰ τοῦ υἱοῦ und ἐκ τοῦ υἱοῦ als gleichwertig identifizierte.<ref>[[Migne, PG]] 161,543-612, u.a. 555: Ἐκ τοῦ Πατρός φασιν οἱ ἐξ Ἐῴας ἅγιοι Πατέρες τὸ ἅγιον ἐκπορεύεσθαι Πνεῦμα, καὶ ἐκ τοῦ Πατρὸς δι’ Υἱοῦ· ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ Υἱοῦ οἱ Δυτικοὶ φάσκουσι τὸ αὐτὸ ἐκπορεύεσθαι Πνεῦμα. Τί οὖν ἐροῦμεν; Ἐναντίον τοῦτο ἐκείνῳ; Μὴ γένοιτο· οὐδὲ γάρ ἐστι τὸ ἐκ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι τῷ ἐκ Πατρὸς καὶ Υἱοῦ οὔτ’ ἐναντίον, οὔτε μὴν ἀντιφατικόν. Vgl. auch Denzinger, Nr. 1300-1302 (Abschlussdokument des Konzils) und Mohler, Ludwig: Kardinal Bessarion als Theologe, Humanist und Staatsmann: Funde und Forschungen /1 : Darstellung. Paderborn 1967 (Bessarion-Biographie mit ausführlicher Würdigung der Argumentation in der Filioque-Frage).</ref> Es ist aber nicht erwiesen, dass Camerarius sich auf das Konzil von Florenz bezieht.


Eine kritische Auseinandersetzung mit dem "Filioque" findet man allerdings bei [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam]] in der [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10389402-6 "Explicatio in Symbolum apostolorum et Decalogum" 1646], S. 144f. sowie in den Anmerkungen zum 1. Korintherbrief.<ref>Vgl. Erasmus-Gesamtausgabe Vol. V.I, S. 269-271 sowie Vol. VI.VIII, S. 162f.</ref> Er unterscheidet eine "missio temporaria" und eine "aeterna processio". Eine Beeinflussung des Camerarius durch Erasmus ist durchaus möglich. Während Erasmus aber stets das Verb ''procedere'' nutzt, wie es auch bei den meisten anderen lateinischen Autoren der Fall ist,<ref>Vgl. [[Aurelius Augustinus]], De trinitate, XV.XXVII: Dort wird durchgängig ''procedere'' verwendet, und zwar bezogen auf Vater und Sohn zugleich.</ref> verwendet Camerarius in der Regel ''egredi'' und beschreibt damit die Ursprungsbeziehung des Geistes aus dem Vater. Dann ist ''procedere'' in einem Sinn zu verstehen, der das Mitwirken des Sohnes, aber nicht den Ursprung angibt.<ref>Erasmus variiert einmal die Bezeichnung: Während er in seiner Bibelübersetzung in Joh 15,26 (Erasmus, Opera omnia, VI.II) schreibt ''qui a patre procedit'', ist im zugehörigen Kommentar zu lesen ''mittam vobis a Patre proficiscentem''. Es deutet aber nichts darauf hin, dass er eine andere Bedeutung intendiert. Camerarius stellt lediglich in seinem Werk zur Konziliengeschichte ''processio'' und ''egressio'' als Übersetzung von ἐκπόρευσις nebeneinander. Er definiert aber nicht, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0573]], [[Camerarius, Historia synodi Nicenae (Druck), 1552]], S. 88: ''Tum et de sancti Spiritus processione, sive egressione, est enim haec ἐκπόρευσις, quaeri coeptum''.</ref>
Eine kritische Auseinandersetzung mit dem "Filioque" findet man allerdings bei [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam]] in der [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10389402-6 "Explicatio in Symbolum apostolorum et Decalogum" 1646], S. 144f. sowie in den Anmerkungen zum 1. Korintherbrief.<ref>Vgl. Erasmus-Gesamtausgabe Vol. V.I, S. 269-271 sowie Vol. VI.VIII, S. 162f.</ref> Er unterscheidet eine "missio temporaria" und eine "aeterna processio". Eine Beeinflussung des Camerarius durch Erasmus ist durchaus möglich. Während Erasmus aber stets das Verb ''procedere'' nutzt, wie es auch bei den meisten anderen lateinischen Autoren der Fall ist,<ref>Vgl. [[Aurelius Augustinus]], De trinitate, XV.XXVII: Dort wird durchgängig ''procedere'' verwendet, und zwar bezogen auf Vater und Sohn zugleich.</ref> verwendet Camerarius in der Regel ''egredi'' und beschreibt damit die Ursprungsbeziehung des Geistes aus dem Vater. Dann ist ''procedere'' in einem Sinn zu verstehen, der das Mitwirken des Sohnes, aber nicht den Ursprung angibt.<ref>Erasmus variiert einmal die Bezeichnung: Während er in seiner Bibelübersetzung in Joh 15,26 (Erasmus, Opera omnia, VI.II) schreibt ''qui a patre procedit'', ist im zugehörigen Kommentar zu lesen ''mittam vobis a Patre proficiscentem''. Es deutet aber nichts darauf hin, dass er eine andere Bedeutung intendiert. Camerarius stellt lediglich in seinem Werk zur Konziliengeschichte ''processio'' und ''egressio'' als Übersetzung von ἐκπόρευσις nebeneinander. Er definiert aber nicht, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0573]], [[Camerarius, Historia synodi Nicenae (Druck), 1552]], S. 88: ''Tum et de sancti Spiritus processione, sive egressione, est enim haec ἐκπόρευσις, quaeri coeptum''.</ref>
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In Bezug auf Joh 15,26 kommentiert Camerarius: παρὰ τοῦ πατρός: ''illustre est testimonium, Spiritum sanctum procedere a patre et filio, cum egrediatur ille a patre, ut unum principium sit et adoretur. Theophylactus ita:'' ὡς ἰσότιμος τῷ πατρὶ, πέμψω μὲν αὐτός φησι, ἀλλὰ παρὰ τοῦ πατρός. τουτέστιν, οὐκ ἀντανιστάμενος ἐκείνῳ, ἀλλ' εὐδοκοῦντος τοῦ πατρὸς καὶ συναποστέλλοντος. ''Ut aequalis honoris et dignitatis cum patre, Mittam quidem, inquit, verum ab patre. Hoc est: non adversans illi, sed comprobante, benignitate sententiae suae, patre et una illum ablegante. Idem Theophylactus monet:'' τὴν ἐκπόρευσιν ''non esse'' ἀποστολὴν, ''sed'' φυσικὴν ὕπαρξιν. ''Id est non ablegationem, sed id, quod naturaliter extat atque consistit.''<ref>[[OC 0879]], [[Camerarius, Notatio figurarum sermonis in libris quatuor evangeliorum (Druck), 1572]], S. 288.</ref> Hier wird deutlich, dass Camerarius in der Tat zwischen ''egredi'' und ''procedere'' unterscheidet. Der Verweis auf [[Theophylactus]]<ref>Vgl. [[Migne, PG]] 124,205,36-39. Der bei Camerarius zitierte Text entspricht dabei nicht wörtlich der Ausgabe von Migne und auch nicht der [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11204283-2 römischen Edition 1542], S. 537.</ref> ist dabei bedeutsam, weil dieser zu einer Zeit wirkte, als das Schisma zwischen Ost- und Westkirche voll entbrannt war und die Frage des "Filioque" bereits als Unterscheidungsmerkmal und Problem galt. Die Ansicht Theophylakts war den Zeitgenossen des Camerarius auch nicht unbekannt, denn bereits in [[Erwähnte Person::Johannes Ökolampad]]s lateinischer Übersetzung wird in margine kommentiert: ''Spiritum sanctum a filio procedere negat Theophylactus cum grecis antiquis. Nunc autem omnes confitemur. Qui a patre filioque procedit''.<ref>[http://dx.doi.org/10.25673/opendata2-1333 VD16 B 4607], Bl. V2v. Dies bezieht sich auf Theophylacts Aussage ''Sane Latini male haec exponentes, et minus recte intelligentes, dicunt quod spiritus etiam ex filio procedat. Nos autem hoc quidem primum dicimus ad eos, quod aliud sit esse ex quopiam, et aliud esse cuiusdam, ut spiritus est quidem spiritus filii absque dubio, et ab omni scriptura approbatum: caeterum esse ex filio nulla scriptura testatur, ut ne duo principia spiritus introducamus patrem et filium.'' In der lateinischen [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10197657-8 Editio princeps von 1524] ([https://ub.unibas.ch/cmsdata/spezialkataloge/gg/higg0426.html GG 426]), Bl. Q3v, fehlt die Annotation.</ref>
In Bezug auf Joh 15,26 kommentiert Camerarius: παρὰ τοῦ πατρός: ''illustre est testimonium, Spiritum sanctum procedere a patre et filio, cum egrediatur ille a patre, ut unum principium sit et adoretur. Theophylactus ita:'' ὡς ἰσότιμος τῷ πατρὶ, πέμψω μὲν αὐτός φησι, ἀλλὰ παρὰ τοῦ πατρός. τουτέστιν, οὐκ ἀντανιστάμενος ἐκείνῳ, ἀλλ' εὐδοκοῦντος τοῦ πατρὸς καὶ συναποστέλλοντος. ''Ut aequalis honoris et dignitatis cum patre, Mittam quidem, inquit, verum ab patre. Hoc est: non adversans illi, sed comprobante, benignitate sententiae suae, patre et una illum ablegante. Idem Theophylactus monet:'' τὴν ἐκπόρευσιν ''non esse'' ἀποστολὴν, ''sed'' φυσικὴν ὕπαρξιν. ''Id est non ablegationem, sed id, quod naturaliter extat atque consistit.''<ref>[[OC 0879]], [[Camerarius, Notatio figurarum sermonis in libris quatuor evangeliorum (Druck), 1572]], S. 288.</ref> Hier wird deutlich, dass Camerarius in der Tat zwischen ''egredi'' und ''procedere'' unterscheidet. Der Verweis auf [[Theophylactus]]<ref>Vgl. [[Migne, PG]] 124,205,36-39. Der bei Camerarius zitierte Text entspricht dabei nicht wörtlich der Ausgabe von Migne und auch nicht der [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11204283-2 römischen Edition 1542], S. 537.</ref> ist dabei bedeutsam, weil dieser zu einer Zeit wirkte, als das Schisma zwischen Ost- und Westkirche voll entbrannt war und die Frage des "Filioque" bereits als Unterscheidungsmerkmal und Problem galt. Die Ansicht Theophylakts war den Zeitgenossen des Camerarius auch nicht unbekannt, denn bereits in [[Erwähnte Person::Johannes Ökolampad]]s lateinischer Übersetzung wird in margine kommentiert: ''Spiritum sanctum a filio procedere negat Theophylactus cum grecis antiquis. Nunc autem omnes confitemur. Qui a patre filioque procedit''.<ref>[http://dx.doi.org/10.25673/opendata2-1333 VD16 B 4607], Bl. V2v. Dies bezieht sich auf Theophylacts Aussage ''Sane Latini male haec exponentes, et minus recte intelligentes, dicunt quod spiritus etiam ex filio procedat. Nos autem hoc quidem primum dicimus ad eos, quod aliud sit esse ex quopiam, et aliud esse cuiusdam, ut spiritus est quidem spiritus filii absque dubio, et ab omni scriptura approbatum: caeterum esse ex filio nulla scriptura testatur, ut ne duo principia spiritus introducamus patrem et filium.'' In der lateinischen [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10197657-8 Editio princeps von 1524] ([https://ub.unibas.ch/cmsdata/spezialkataloge/gg/higg0426.html GG 426]), Bl. Q3v, fehlt die Annotation.</ref>


Die semantische Unterscheidung der beiden Begriffe lässt sich auch das Problem lösen, dass im Athanasianum die ''processio'' aus Vater und Sohn erfolgt: Für Camerarius ist das kein Problem, wenn er ''egressio'' als Übersetzung von ἐκπόρευσις definiert. Camerarius hält hier also unter Umständen den Schlüssel für die Lösung eines jahrhundertealten Konflikts in der Hand. Doch weder erläutert er dieses philologische Vorgehen, noch scheint dies von seinen Zeitgenossen wahrgenommen worden zu sein.
Durch die semantische Unterscheidung der beiden Begriffe lässt sich auch das Problem lösen, dass im Athanasianum die ''processio'' aus Vater und Sohn erfolgt: Für Camerarius ist das kein Problem, wenn er ''egressio'' als Übersetzung von ἐκπόρευσις definiert. Camerarius hält hier also unter Umständen den Schlüssel für die Lösung eines jahrhundertealten Konflikts in der Hand. Doch weder erläutert er dieses philologische Vorgehen, noch scheint dies von seinen Zeitgenossen wahrgenommen worden zu sein.


Camerarius befasst sich aber nicht nur mit dem Ursprung des Heiligen Geistes, sondern auch mit seiner Wirkung: In [[Erwähntes Werk::OC 0718|einem Gedicht]] wird gefragt, welchen Ort der Heilige Geist sich ausgesucht hat und wo er sich gern niederlässt. Die Antwort folgt auf den Fuß: Nicht an einem hochgelegenen Ort, sondern in einem gebeugten und gottesfürchtigen Herzen.<ref>Vgl. [[OC 0718]], [[Camerarius, Dialogus de vita decente aetatem puerilem et al., 1563]], Bl. K7v.</ref>
Camerarius befasst sich aber nicht nur mit dem Ursprung des Heiligen Geistes, sondern auch mit seiner Wirkung: In [[Erwähntes Werk::OC 0718|einem Gedicht]] wird gefragt, welchen Ort der Heilige Geist sich ausgesucht hat und wo er sich gern niederlässt. Die Antwort folgt auf den Fuß: Nicht an einem hochgelegenen Ort, sondern in einem gebeugten und gottesfürchtigen Herzen.<ref>Vgl. [[OC 0718]], [[Camerarius, Dialogus de vita decente aetatem puerilem et al., 1563]], Bl. K7v.</ref>


===Christologie===
===Christologie===
Camerarius folgt im Grunde den christologischen Inhalten des Apostolischen und des Nicäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses. An einigen Stellen gibt er sie mit anderen Worten wieder: Der Sohn wurde von Gott geboren, nicht geschaffen oder gemacht. Er ist Mittler zwischen Gott und den Menschen, ist Mensch geworden, nahm Fleisch an ohne Sünde aus der Gottesgebärerin (θεότοκος/''Deipara'') Maria, hat gelitten und für die Menschen den Tod auf sich genommen, ist auferstanden und wurde in den Himmel aufgenommen und wird wiederkommen, um Lebende und Tote zu richten. Er ist der Retter und Erlöser.<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 549 (eigentlich 349): ''Sed filium nulla temporis origine ex patre nasci, non creatum neque factum, verbum seu sermonem in una persona, per quem omnia facta sunt, quaecunque dunt facta. Qui se medium interponit semper inter Deum et homines, qui homo est factus, assumta carne sine peccato vere ex Deipara virgine Maria, Qui passus est, et pro nobis mortem pertulit, resurrexit, asumtus est in celum, et sedet e dextris Dei patris, venturus ad iudicium de vivis et mortuis, salvator et redemtor noster Dominus Iesus Christus.''</ref>
'''Bereits hochgeladen'''


Camerarius bekennt, dass Gottes Sohn "das ewig personlich Wort" sei, und die Heilige Schrift "sey das wort so Gott geredet".<ref>[[Erwähntes Werk::OC 1036]] (Gutachten für Kurfürst August), Abschnitt 2: "Vnnd bekenne das allein Gottes sune, das Ewig personlich Wort, vnnd das die hailig schrifft sey das wort so Gott geredet, vnd gesprochen vnd also geoffenbart alles so von seinem Gottlichem wesen, vnd willen den menschen zuwissen von nöthen, Welche läre auch diße vnterscheid vermischet oder felschett, die halt ich fur vnrecht vnd verfurisch."</ref> Somit bestehe also ein Unterschied zwischen ewigen Wort und dem geoffenbarten Wort, ein Teil des Wortes bleibe den Menschen verborgen. '''Vgl. [[OC 0724]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 48-52 zu filius und Verbum'''
====Heiligenverehrung====
 
'''Nicht hochgeladen: klingt bereits in anderen Bereichen an.'''
Aussagen zur gottmenschlichen Natur Jesu tätigt Camerarius auch in der [[Erwähntes Werk::OC 0762|Historia Iesu Christi]].<ref>Siehe ↑ '''[[Theologie (CamLex)#Theologie - Christologische Inhalte|"Historia Iesu Christi"]]'''.</ref> Christus und Gott seien wesensgleich (ὁμοούσιος); Jesus sei von der Jungfrau Maria geboren, jedoch von Gott vor Anbeginn der Zeit gezeugt worden.<ref>Vgl. [[OC 0762]], [[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566]], S. 4.</ref> Somit ist Christus zeitlos (ἄχρονος) und ohne Anfang (ἄναρχος) in der Zeit, hat jedoch seinen Anfang im Vater (ἀρχὴν, id est, αἰτίαν γενέσεως habens) und ist zugleich ewig (ἀειγενής)<ref>Vgl. ebda. S. 6.</ref><br>
Catechesis 325f. hat auch einige Aussagen zur Christologie: '''(entsprechend Nikänokonst.: dort weiter bohren!)'''<br>
Katechesis S. 307-310/Cat. S. 267 zur Menschwerdung Christi: Er sei vollständig Mensch geworden, mit Verstand, Seele und Leib, aber ohne Sünde.
 
Die Mutter Jesu, Maria, bezeichnet Camerarius als Gottesgebärerin: Vgl. Katechesis S. 404: ἐκ τοῦ θεοτόκου παρθένου μαρίας (im Rahmen eines Glaubensbekenntnisses); dagegen wird Jesus in den "Capita pietatis" (V. 93) als θειότοκος bezeichnet, also als gottgeboren. Das soll zeigen, dass Maria selbst nicht verehrt werden soll, und verdeutlicht eine Diskrepanz zu altkirchlichen Positionen.<ref>Vgl. [[Walter 2017]], S. 39f. und [[Seckt 1888]], S. 18.</ref> Camerarius verweist auf [[Epiphanios von Salamis]] und dessen [[Epiphanios von Salamis, Contra Antidicomaritas|Schrift gegen die Antidikomarianiten]], ohne aber dessen Position vollständig zu übernehmen.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0762]], [[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566]], 82f.: ''Atque haud scio an de toto hoc genere praeclarissime ille autor haec scripserit, in disputatione contra eos, quos Antidicomatitas''(!) ''appellat, quasi disceptatores de sanctitate virginis Mariae'.'</ref> Maria sei aber ''casta et pura permanens semper''. (Catechesis S. 268/Katechesis S. 308: ἁγνὴ καὶ καθαρὰ διαμείνασα ἀεὶ). Die Jungfräulichkeit Mariens wird aber nicht in Frage gestellt.
<br>
Enhypostasie (Verhältnis der beiden Naturen zueinander) klären, z.B. Gutachten Abschn. 2.<br>


Auch in seinem [[Erwähntes Werk::OC 0573|Geschichtswerk zum Konzil von Nizäa]] thematisiert er alte Streitigkeiten um christologische Inhalte. Die arianische Lehre wird verworfen und die Wesensgleichheit von Vater und Sohn betont, vor dem Hintergrund antiker Konzilien.<ref>[[OC 0573]], [[Camerarius, Historia synodi Nicenae (Druck), 1552]], S. 112-125.</ref>
Eng verbunden ist die Christologie mit der Lehre von der Rechtfertigung: Camerarius glaubt, lutherischer Lehre entsprechend, dass durch das Verdienst Christi die Menschen erlöst werden, entsprechend dem "Solus Christus"-Prinzip.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 1036]], Abschnitte 6 und 8.</ref> Weitere Aussagen zu Christus in heilsgeschichtlicher Hinsicht finden sich auch in zahlreichen Hymnen: <ref>→ Schlagwort [[Hymnus]]</ref> So wird Christus als Sieger über den Tod und als Erlöser (''salvator'') dargestellt.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0574]], [[Fabricius, De historia et meditatione mortis Christi, 1552]], S. 67f.; [[Erwähntes Werk::OC 0310]], [[Camerarius, Ἐπιγράμματα, 1538]], S. 123f. sowie [[Erwähntes Werk::OC 0322]], [[Camerarius, Ἐπιγράμματα, 1538]], S. 124-127.</ref>
'''Communicatio idiomatum: Austausch der Eigenschaften zwischen göttlicher und menschlicher Natur?'''
Das Menschsein Jesu betont Camerarius derart, dass er sogar seine äußerliche Beschreibung angibt, unter Berufung auf Nikephoros: Größe ca. 1,60 m, Haar leicht blond mit Ansätzen zur Lockenbildung, dunkle Augenbrauen. Augen hell mit einem Stich ins Gelbe. Gerade Nase. Barthaare nicht sehr dicht und blond, langes Haupthaar, da nie geschoren. Den Hals etwas zurückgebeugt, so dass seine Statur nicht ganz aufrecht war. Hautfarbe dunkelgelb, das Gesicht nicht ganz rund, die Miene würdevoll und mild.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0762]], [[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566]], S. 74. Offensichtlich vermengt Camerarius hier den Patriarchen [[Erwähnte Person::Nikephoros I. (Patriarch)]] und den Geschichtsschreiber [[Erwähnte Person::Nikephoros Kallistu Xanthopulos]], bei dem diese Beschreibung steht: [[Migne, PG]] 145, col. 748f.</ref> Vgl. auch ↑ [[Theologie (CamLex)#Theologie - Christologische Inhalte|Abschnitt zur Christologie in der "Historia Iesu Christi"]].
====Heiligenverehrung====
In diesem Bereich kommt besonders deutlich zum Ausdruck, dass Camerarius die Position der römischen Kirche ablehnt. Heilige dienen ihm nicht als Mittler vor Gott, sondern als Vorbilder. Dabei beschränkt er sich aber nicht auf den römischen Heiligenkanon: Ähnlich wie einen Heiligen präsentiert er seinen Freund, Fürst [[Erwähnte Person::Georg III. (Anhalt-Plötzkau)]], in dessen [[Erwähntes Werk::OC 0614|Lebensbeschreibung]].<ref>Friedrich Stählin stellte fest, "wenn es überhaupt einen evangelischen Heiligen gab, so mußte man diesen fürstlichen Prediger dafür halten. Selbst Luther empfand davon etwas, und vollends Camerarius trieb schon bei Lebzeiten einen förmlichen Kult mit dem hohen Freunde." [[Stählin 1936]], S. 49, unter Verweis auf [[Erwähntes Werk::OC 0388]].</ref> Ähnliche Vorbildwirkung wird auch [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon]], dem Kurfürsten [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)]] und Herzog [[Erwähnte Person::Eberhard I. (Württemberg)]] zuerkannt.<ref>Vgl. [[Stählin 1936]], S. 84.</ref>
In diesem Bereich kommt besonders deutlich zum Ausdruck, dass Camerarius die Position der römischen Kirche ablehnt. Heilige dienen ihm nicht als Mittler vor Gott, sondern als Vorbilder. Dabei beschränkt er sich aber nicht auf den römischen Heiligenkanon: Ähnlich wie einen Heiligen präsentiert er seinen Freund, Fürst [[Erwähnte Person::Georg III. (Anhalt-Plötzkau)]], in dessen [[Erwähntes Werk::OC 0614|Lebensbeschreibung]].<ref>Friedrich Stählin stellte fest, "wenn es überhaupt einen evangelischen Heiligen gab, so mußte man diesen fürstlichen Prediger dafür halten. Selbst Luther empfand davon etwas, und vollends Camerarius trieb schon bei Lebzeiten einen förmlichen Kult mit dem hohen Freunde." [[Stählin 1936]], S. 49, unter Verweis auf [[Erwähntes Werk::OC 0388]].</ref> Ähnliche Vorbildwirkung wird auch [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon]], dem Kurfürsten [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)]] und Herzog [[Erwähnte Person::Eberhard I. (Württemberg)]] zuerkannt.<ref>Vgl. [[Stählin 1936]], S. 84.</ref>
[[OC 0761]] Expositio de Apostolis. Hier macht er deutlich, dass die Quellenlage oft unklar ist und es übersteigerte Legenden gebe. <br>
[[OC 0761]] Expositio de Apostolis. Hier macht er deutlich, dass die Quellenlage oft unklar ist und es übersteigerte Legenden gebe. <br>
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===Soteriologie und Rechtfertigungslehre===
===Soteriologie und Rechtfertigungslehre===
Zu diesem Kernbereich reformatorischer Theologie äußert sich Camerarius häufig: Niemand gefalle Gott durch seine sterblichen Werke.<ref>Capita pietatis V. 119f., vgl. [[Walter 2017]], S. 40.</ref> Das könne man als Bekenntnis zu Luthers ''sola fide''-Prinzip sehen. Vgl. auch [[OC 0906]]. Der Gedanke findet sich noch häufiger.<ref>[[OC 0425]], Bl. 4r-v: ''Propter merita non propria sed aliena domini nostri Iesu Christi, iustificatis fide non operibus suis. promittitur enim diuinitus omnibus credentibus in Christum remissio peccatorum, salus & uita sempiterna, quae accipi aliter quam fide non possunt.'' Dies ist zwar die Übersetzung eines Melanchthon-Texts, aber man kann davon ausgehen, dass Camerarius ihm zustimmt, da er sich nicht gegenteilig äußert.</ref> So stellt er fest, dass Menschen durch den Glauben gerechtfertigt werden: ''Diximus fide nos iustificari.''<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 231.</ref> Kurz darauf wird er noch deutlicher und bringt auch die Formulierung ''sola fide'': ''Sola fide nos iustificari. Non enim certe desolatam et desertam, in qua nihil honesti et boni sit fidem commendamus, sed constituimus veritatis aeternae salutare dogma: Quod sola fide et nullo alio habitu, nulla facultate, nullo conatu accipiatur donum Dei, iusticia in remissione peccatorum propter CHRISTVM IESVM.''<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 233.</ref><br>
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Camerarius bezeichnet auch gegenüber Kurfürst [[August (Sachsen)]] "allein den verdienst Iesu Christi" als Weg zur Seligkeit und Gerechtigkeit und bekennt sich so zum ''solus Christus''-Prinzip.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 1036|Gutachten]], Abschnitt 8.</ref> Man findet bei Camerarius aber immer wieder Hinweise darauf, dass er gute Werke nicht völlig ablehnt: [[Erwähntes Werk::OC 1036|Gutachten]], Abschnitt 6: Menschen können sich das Himmelreich durch gute Werke nicht verdienen, erhalten aber dort eine Belohnung für gute Werke.<ref>So auch Katechesis S. 61ff. und 64ff. (schreibt [[Müller 2000]], S. 207; ähnlich Melanchthon und Valentin Wagner; vgl. Seckt S. 17.</ref> In Bezug auf die Lehre [[Georg Maior]]s weicht C. vor einer klaren Stellungnahme aus, verteidigt ihn aber vor dem Vorwurf, er predige die Werkgerechtigkeit.<br>
Zu diesem Kernbereich reformatorischer Theologie äußert sich Camerarius häufig: Niemand gefalle Gott durch seine sterblichen Werke.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0455]], [[Camerarius, Capita pietatis, 1545]], V. 119f., vgl. [[Walter 2017]], S. 40. Vgl. auch [[OC 0425]], Bl. 4r-v: ''Propter merita non propria sed aliena domini nostri Iesu Christi, iustificatis fide non operibus suis. promittitur enim diuinitus omnibus credentibus in Christum remissio peccatorum, salus & uita sempiterna, quae accipi aliter quam fide non possunt.'' Dies ist zwar die Übersetzung eines Melanchthon-Texts, aber man kann davon ausgehen, dass Camerarius ihm zustimmt, da er sich nicht gegenteilig äußert. Vgl. auch [[OC 0906]].</ref> Im Sinne von Luthers ''sola fide''-Prinzip stellt Camerarius in seinen katechetischen Schriften fest, dass Menschen durch den Glauben gerechtfertigt werden: ''Diximus fide nos iustificari.''<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 231.</ref> und ''Sola fide nos iustificari. Non enim certe desolatam et desertam, in qua nihil honesti et boni sit fidem commendamus, sed constituimus veritatis aeternae salutare dogma: Quod sola fide et nullo alio habitu, nulla facultate, nullo conatu accipiatur donum Dei, iusticia in remissione peccatorum propter Christum Iesum.''<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 233.</ref> Hiermit schließt er explizit alle anderen Wege zum Heil aus.<br>
Allerdings tätigt C. gelegentlich Aussagen, die zu guten Werken aufrufen, und Anklänge an die Werkgerechtigkeit zeigen, zum Beispiel in der [[Camerarius, Querela Martini Luteri (Werk), 1554|"Querela Luteri"]], wo er Luther in den Mund legt, dass gute Werke besser als schlechte seien.<ref>[[OC 0596]], [[Camerarius, Querela Martini Luteri (Druck), 1554]], S. 32: ''Nescio sane ... si in Ecclesia Christi necessitas bonorum operum praedicari non debeat ... Ergo erunt aut bona, aut non bona: quorum utrum docendum sit, me autore obscurum non est.''</ref> [[Stählin 1936]], S. 59, findet den Gedanken auch in der [[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Werk), 1566|"Historia Jesu"]], S. 2: ''hoc enim non modo utilitatem nobis sed plane salutem allaturum, aliis qui legissent gratum acceptumque futurum esse.'' Hier ist aber zu hinterfragen, ob Stählins Deutung von ''salus'' als Seelenheil wirklich zutrifft. Besser scheint mir eine Interpretation als irdisches Glück. Die Voranstellung von ''plane'' verdeutlicht, dass man die Formulierung nicht wörtlich nehmen darf. Jedenfalls reichen die Argumente nicht aus, um Camerarius einen "Verstoß gegen die Rechtfertigungslehre" unterstellen zu dürfen. Deutlicher, aber auch hier nicht zu stark von Luther abweichend, wird Camerarius in der "Catechesis": Man dürfe sich nicht dem Müßiggang hingeben und die durch Christus geschaffene Freiheit missbrauchen.<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 235: ''Unde iam accidit ut doctrinae huic maledicatur , quasi talis sit quae evertat et prohibeat utilitatem bonorum operum, et accommodetur populariter ad vulgus, quod omnes fere ad remissionem et desidiam declinent, et fugiant virtutum labores et exercitationes. Minime vero se res ad hunc modum habet.</ref> Hier spricht der Praktiker, der ein geregeltes irdisches Zusammenleben im Sinn hat und befürchtet, eine völlige Absage an gute Werke könne in die Anarchie führen. Damit ist Camerarius nicht weit von der seinerzeit heftig angegriffenen Position [[Georg Maior]]s entfernt.<ref>Vgl. Der Majoristische Streit in seinen historischen und theologischen Zusammenhängen. In: Politik und Bekenntnis. Die Reaktionen auf das Interim von 1548. Hg. v. Irene Dingel und Günther Wartenberg. Leipzig 2006, S. 231-247, hier S. 240.</ref> Ähnliche Gedanken und Bedenken finden sich auch bei dem reformkatholischen Herzog [[Georg (Sachsen)|Georg von Sachsen]], der "evangelische Freiheit und Rechtfertigung allein aus dem Glauben" für eine "Einladung zu Sittenlosigkeit und Laxheit, ja als Verführung zum Ausbruch aus der kirchlichen Ordnung" hielt.<ref>[[Volkmar 2008]], S. 183.</ref>
Camerarius bezeichnet auch gegenüber Kurfürst [[Erwähnte Person::August (Sachsen)]] "allein den verdienst Iesu Christi" als Weg zur Seligkeit und Gerechtigkeit und bekennt sich so zum ''solus Christus''-Prinzip.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 1036|Gutachten]], Abschnitt 8: "allein den verdienst Iesu Christi des einigen Suns Gottes, welcher vnser einiger mittler, erlöser vnd seligmacher ist, fur vnser sund gestorben, aufferstanden zw vnser gerechtigkeit, Vnnd sitzet zu der gerechten hand Gottes, verbietett, vertrietett, erlöset, bringt zwm ewigen heyle, immerdar vnd ohn vnterlaße, alle die ihenigen so an inen glauben, vnd sein wort annemen vnd halten nach Gottes bevelh".</ref> Man findet bei Camerarius aber immer wieder Hinweise darauf, dass er gute Werke nicht völlig ablehnt: Menschen könnten sich das Himmelreich durch gute Werke nicht verdienen, erhielten aber dort eine Belohnung für gute Werke.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 1036|Gutachten]], Abschnitt 6; '''so auch [[OC 0726|Catechesis]], S. 47-54 und 54-69 zum Lohn für gute Werke und Strafe für böse.''' Vgl. [[Müller 2000]], S. 207; ähnlich Melanchthon und Valentin Wagner; vgl. [[Seckt 1888]], S. 17.</ref> In Bezug auf die Lehre [[Georg Maior]]s übt sich C. in Zurückhaltung, da er den Sachverhalt zu wenig kenne und man Maior persönlich hören müsse; er verteidigt ihn aber vor dem Vorwurf, er setze Christi Verdienst und menschliche Werke gleich.<br>
Allerdings tätigt C. gelegentlich Aussagen, die zu guten Werken aufrufen, zum Beispiel in der [[Camerarius, Querela Martini Luteri (Werk), 1554|"Querela Luteri"]], wo er Luther in den Mund legt, dass gute Werke besser als schlechte seien.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0596]], [[Camerarius, Querela Martini Luteri (Druck), 1554]], S. 32: ''Nescio sane ... si in Ecclesia Christi necessitas bonorum operum praedicari non debeat ... Ergo erunt aut bona, aut non bona: quorum utrum docendum sit, me autore obscurum non est.''</ref> Der hier als Traumgestalt erscheinende Reformator hinterfragt den Sinn allee eigenen Schriften mit Ausname von [[Erwähntes Werk::Luther, De servo arbitrio, 1525|"De servo arbitrio"]].<ref>Vgl. [[OC 0596]], [[Camerarius, Querela Martini Luteri (Druck), 1554]], S. 29f.: ''Optavi ego aliquando omnia mea scripta intercidere, et unum modo libellum durare, quo cum Erasmo Roterodamo de arbitrio voluntatis humanae disputavi.'' In der Kontroverse zwischen Martin Luther und Erasmus von Rotterdam um den freien Willen hatte Camerarius wohl geglaubt, die beiden lägen nahe beieinander. So motivierte er den Reformator, eine Erwiderung auf "De libero arbitrio" zu verfassen, was den Konflikt aber verschärfte und so zur gegenseitigen Entfremdung der beiden Konfliktparteien beitrug. Vgl. ↑ [[Theologie (CamLex)#Die frühen Jahre bis 1526]].</ref> Somit verdeutlich Camerarius, dass Übereinstimmung mit Luther im Bereich der Willensfreiheit. Die literarische Inanspruchnahme des Wittenbergers blieb allerdings nicht unwidersprochen: Camerarius provozierte damit eine Fülle an Gegenschriften.<ref>Vgl. [[Camerarius et al., Querela Martini Luteri et al., 1555]].</ref> Ansätze einer Verteidigung der Werkgerechtigkeit glaubt Friedrich Stählin auch in der "Historia Iesu Christi" zu finden.<ref>[[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Werk), 1566|"Historia Jesu"]], [[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566]], S. 2: ''hoc enim non modo utilitatem nobis sed plane salutem allaturum, aliis qui legissent gratum acceptumque futurum esse.'' Vgl. [[Stählin 1936]], S. 59.</ref> Hier ist aber zu hinterfragen, ob Stählins Interpretation des Wortes ''salus'' als Seelenheil wirklich zutrifft. Besser scheint mir eine Übersetzung als irdisches Glück. Die Voranstellung von ''plane'' verdeutlicht, dass man die Formulierung nicht wörtlich nehmen darf. Jedenfalls reichen die Argumente nicht aus, um Camerarius einen "Verstoß gegen die Rechtfertigungslehre" unterstellen zu dürfen. Deutlicher wird Camerarius in der "Catechesis", ohne aber allzu stark von Luther abzuweichen: Man dürfe sich nicht dem Müßiggang hingeben und die durch Christus geschaffene Freiheit missbrauchen.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 235: ''Unde iam accidit ut doctrinae huic maledicatur , quasi talis sit quae evertat et prohibeat utilitatem bonorum operum, et accommodetur populariter ad vulgus, quod omnes fere ad remissionem et desidiam declinent, et fugiant virtutum labores et exercitationes. Minime vero se res ad hunc modum habet.</ref> Hier spricht auch der Praktiker, der ein geregeltes irdisches Zusammenleben im Sinn hat und befürchtet, eine völlige Absage an gute Werke könne in die Anarchie führen. Damit bewegt sich Camerarius in die Richtung der seinerzeit heftig angegriffenen Position [[Erwähnte Person::Georg Maior]]s.<ref>Vgl. Der Majoristische Streit in seinen historischen und theologischen Zusammenhängen. In: Politik und Bekenntnis. Die Reaktionen auf das Interim von 1548. Hg. v. Irene Dingel und Günther Wartenberg. Leipzig 2006, S. 231-247, hier S. 240.</ref> Ähnliche Gedanken und Bedenken finden sich auch bei dem reformkatholischen Herzog [[Erwähnte Person::Georg (Sachsen)|Georg von Sachsen]], der "evangelische Freiheit und Rechtfertigung allein aus dem Glauben" für eine "Einladung zu Sittenlosigkeit und Laxheit, ja als Verführung zum Ausbruch aus der kirchlichen Ordnung" hielt.<ref>[[Volkmar 2008]], S. 183.</ref> Camerarius aber weist anhand zahlreicher neutestamentlicher Stellen nach, dass gläubige Christen sich aus freien Stücken für ein tugendhaftes Leben und gute Werke entscheiden.<ref>Vgl. [[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 235-238. Zitierte Stellen sind u.a. Eph 2,10 und 4,17, Joh 15,1f. und 2 Petr 1,8-10 sowie [[Gregor von Nazianz]] ([[Migne, PG]] 35,427,39-428,2). Zum gottgefälligen Handeln vgl. auch [[Erwähntes Werk::OC 0748|Camerarius, Responsio, 1564]].</ref>


Rechtfertigung (δικαιωθῆναι, iustificari: Katechesis S. 265-267, Catechesis S. 231-232. Zur Gnade (χάρις/gratia) S. 267-269/233-235.<ref>Zu "sola gratia" greif Camerarius auch auf [[Theophylactus]] zurück, [[OC 0900]], [[Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573]], S. 353f.: ''Nam, in conuiuium, inquit Theophylactus, ingressio sit absque discrimine: Sumus enim vocati '''sola gratia''' cuncti tam boni quam mali, sed ingressorum Postea vita non caret inquisitione.''</ref> Zur Mitwirkung der Christen S. 270-274/235-238).<br>
Rechtfertigung ist in der "Katechesis" ein wichtiges Thema.<ref>[[OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 253-269; [[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 221-235.</ref> Camerarius bezeichnet sie dort durch das Verb δικαιωθῆναι bzw. ''iustificari'', also durch Passiv-Formen, die unterstreichen, dass die Gläubigen nicht selbst daran mitwirken. Er betont dabei, dass die Menschen allein durch Glauben und aufgrund der Gnade Gottes gerettet werden. Dabei argumentiert er nahe am Text des Neuen Testaments, vor allem der Paulusbriefe. Zentrale Stellen sind Röm 3,23f. und 28<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 223: ''Omnes peccaverunt et deficiuntur gloria Dei, iustificanturque gratis eiusdem gratia, per redemtionem quae fit in Christo Iesu. ... fide iustificari hominem sine operibus legis.''</ref> und sowie Eph 2,8.<ref>Ebda.: ''Gratia estis salvati per fidem, idque non ex vobis, Dei donum est, non ex operibus.'' Die Abhängigkeit der Menschen von göttlicher Gnade verdeutlicht Camerarius auch in [[Erwähntes Werk::OC 0663]].</ref> Hier wird deutlich, wie wichtig Glaube und Gnade für die Erlösung sind. In der griechischen Version der Catechesis sind die Zitate oft wörtlich aus griechischen Bibeltext entnommen. Zur "sola gratia"-Formel greift Camerarius auch auf [[Erwähnte Person::Theophylactus]] zurück.<ref>[[OC 0900]], [[Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573]], S. 353f.: ''Nam, in conuiuium, inquit Theophylactus, ingressio sit absque discrimine: Sumus enim vocati '''sola gratia''' cuncti tam boni quam mali, sed ingressorum Postea vita non caret inquisitione.'' Zu "sola fide" und "sola gratia" vgl. auch [[Gindhart/Hamm 2024]], S. 36.</ref>  
Vgl. auch [[Gindhart/Hamm 2024]], S. 36: sola fide und sola gratia. '''Von den zahlreichen Fundstellen kann hier nicht jeder einzelne angegeben werden. Wir empfehlen allen Interessierten, unsere neue Volltextsuche zu bemühen und nach dem Text "iustif" zu suchen.'''
Luthers Prinzip der "sola scriptura" gilt bei Camerarius mit Einschränkung: So beruft er sich auf die Heilige Schrift, wo das möglich ist, verwendet aber darüber hinaus auch Werke verschiedener Kirchenschriftsteller, um Zusammenhänge herzustellen und Lücken zu schließen. Der Inhalt der zitierten Schriften war ihm dabei wichtiger als der Name des Autors.<ref>Vgl. [[Kunkler 1998]], S. 243-245.</ref> Auffällig ist jedoch, dass eine Volltextsuche der Camerarius mit der Kombination der Wörter "sola" und "scriptura" nur einen Treffer ergibt, bei dem beide Wörter in einem Zusammenhang stehen.<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 263: ''Et sequimur in his demonstrationes scripturae solas, dicente beato Paulo: Esse diuisiones donorum fauoris diuini, & vnum tamen spiritum, & esse diuisiones ministeriorum, & vnum tamen Dominum, & diuisiones efficacitatum esse, sed num tamen Deum efficientem omnia in omnibus.''</ref>


Nicht unwichtig für die Rechtfertigung ist auch die Frage nach der Willensfreiheit, die für Camerarius nur sehr eingeschränkt gegeben ist und aus Gottes Gnade entsprießt. Dazu bekennt er im Gutachten: "der mensch seie in aignen naturlichen krefften verderbt verblentet vnd vnärtig zw aller gerechtigkeit so vor Gott gilt, Do aber das heil vnd licht in die welt kumbt, vnnd wirdet Reuhe buesse, vnd vergebung der sunden vmb Christi Iesu Verdienst wegen, gepredigt, Vnd ist in diessen predigten der heylig Geist thetig, do wirdett den menschen, irem verstand vnd willen, durch Gottes genade gewalt gegeben, dem licht zuuolgen, welche aus irer sundlichen art sunst in der finsternuß bleiben muesten, Vnd doch niemant zw der seligkeit wider seinen willen getrieben noch gedrungen".<ref>[[Erwähntes Werk::OC 1036]], Abschnitt 6.</ref> Genauer ausgeführt wird dies in der Katechesis: Der erste Mensch habe einen freien Willen gehabt, doch seit dem Sündenfall entfernt er sich immer weiter von Gott.<ref>[[Seckt 1888]], S. 14; [[OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 274-285 und [[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 238-248.'''Weiter ausführen!'''</ref> <br>
Luthers Prinzip der "sola scriptura" gilt bei Camerarius mit Einschränkung: So beruft er sich auf die Heilige Schrift, wo das möglich ist, verwendet aber darüber hinaus auch Werke verschiedener Kirchenschriftsteller, um Zusammenhänge herzustellen und Lücken zu schließen. Der Inhalt der zitierten Schriften war ihm dabei wichtiger als der Name des Autors.<ref>Vgl. [[Kunkler 1998]], S. 243-245.</ref> So zitiert er in seinen theologischen Schriften auffällig viele griechische Kirchenschriftsteller, auch weniger bekannte Namen wie Theophylactus. Wenn man eine Volltextsuche der Werke des Camerarius mit der Kombination der Wörter "sola" und "scriptura" unternimmt, dann erhält man nur einen Treffer, bei dem beide Wörter in einem Zusammenhang stehen.<ref>[[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 263: ''Et sequimur in his demonstrationes scripturae solas, dicente beato Paulo: Esse diuisiones donorum fauoris diuini, & vnum tamen spiritum, & esse diuisiones ministeriorum, & vnum tamen Dominum, & diuisiones efficacitatum esse, sed num tamen Deum efficientem omnia in omnibus.''</ref> Die Bedeutung der Schrift wird dadurch unterstrichen, dass Camerarius zum Thema der Rechtfertigung (anders als zu anderen Themen) sehr viele neutestamentliche Stellen heranzieht, jedoch kaum spätere Schriftsteller.


Diese Problematik wirkt auch in den Bereich der Philosophie hinein. So setzt Camerarius sich [[Erwähntes Werk::OC 0938|in einer Disputation]] und einem [[Aristoteles, Ethica Nicomachea, 1578|Kommentar]] mit [[Erwähnte Person::Aristoteles]]' Nikomachischer Ethik auseinander,<ref>Vgl. [[Kößling 2003a]], S. 298f.</ref> und auch in den [[Camerarius, Norica (Werk), 1532|"Norica"]] steht die Frage im Mittelpunkt, wie sehr der Mensch einen freien Willen besitzt oder wie stark er determiniert wird.'''(Werk und MG-Aufsätze dazu). Hier tritt aber der Erlösungsgedanke zurück; prüfen, was hier die Relevanz ist. Geht es um eine Ethik des Handelns?'''
Nicht unwichtig für die Rechtfertigung ist auch die Frage nach der [[Willensfreiheit]], die für Camerarius nur eingeschränkt gegeben ist und aus Gottes Gnade entsprießt. Dazu bekennt er im Gutachten: "der mensch seie in aignen naturlichen krefften verderbt verblentet vnd vnärtig zw aller gerechtigkeit so vor Gott gilt, Do aber das heil vnd licht in die welt kumbt, vnnd wirdet Reuhe buesse, vnd vergebung der sunden vmb Christi Iesu Verdienst wegen, gepredigt, Vnd ist in diessen predigten der heylig Geist thetig, do wirdett den menschen, irem verstand vnd willen, durch Gottes genade gewalt gegeben, dem licht zuuolgen, welche aus irer sundlichen art sunst in der finsternuß bleiben muesten, Vnd doch niemant zw der seligkeit wider seinen willen getrieben noch gedrungen".<ref>[[Erwähntes Werk::OC 1036]], Abschnitt 6.</ref> Durch den Heiligen Geist und durch Christi Verdienst haben also die Menschen die Möglichkeit, sich für oder gegen die Seligkeit zu entscheiden. Etwas anders dargestellt wird dies in der Katechesis: Der erste Mensch habe einen freien Willen gehabt, doch seit dem Sündenfall entfernt er sich immer weiter von Gott.<ref>[[Seckt 1888]], S. 14; [[OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 274-285 und [[OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 238-248.</ref> Hier argumentiert Camerarius aber stark philosophisch und zitiert auch vorchristliche Schriftsteller wie [[Platon]], [[Pindar]] und [[Sokrates]]. Ferner setzt sich [[Erwähntes Werk::OC 0938|in einer Disputation]] und einem [[Aristoteles, Ethica Nicomachea, 1578|Kommentar]] mit [[Erwähnte Person::Aristoteles]]' Nikomachischer Ethik auseinander,<ref>Vgl. [[Kößling 2003a]], S. 298f.</ref> und auch in den [[Camerarius, Norica (Werk), 1532|"Norica"]] steht die Frage im Mittelpunkt, wie sehr der Mensch einen freien Willen besitzt und wie stark er determiniert wird.
 
Nicht nur dem menschlichen Willen, auch der menschlichen Sinneswahrnehmung steht er sehr skeptisch gegenüber: [[OC 0580]], S. 25f., Baier, Helleno(ger)mania, S. 11.
 
In der Kontroverse zwischen Martin Luther und Erasmus von Rotterdam um den freien Willen hatte Camerarius wohl geglaubt, die beiden lägen nahe beieinander. So motivierte er den Reformator, eine Erwiderung auf "De libero arbitrio" zu verfassen, was den Konflikt aber verschärfte und so zur gegenseitigen Entfremdung der beiden Konfliktparteien beitrug. Vgl. ↑ [[Theologie (CamLex)#Die frühen Jahre bis 1526]].
 
Zur Abhängigkeit des Menschen von der göttlichen Gnade vgl. [[OC 0663]]. Zum Pflichtbewusstsein und zum gottgefälligen Leben (unter Berücksichtigung der antiken Philosophie) vgl. [[OC 0748|Camerarius, Responsio, 1564]].


===Sakramentenlehre und Abendmahl===
===Sakramentenlehre und Abendmahl===


Im [[OC 1036|Gutachten von 1559]] (Abschnitt 5)) beruft sich Camerarius bezüglich des Abendmahls auf Melanchthon, [[Erwähnte Person::Epiphanios von Salamis]], [[Erwähnte Person::Johannes Chrysostomos]], [[Erwähnte Person::Theodoret]], [[Erwähnte Person::Johannes von Damaskus]] und [[Erwähnte Person::Theophylactus]]. Mit den Schriften der genannten Autoren hat er sich intensiv befasst. Da es sich hier, abgesehen vom Erstgenannten, sämtlich um griechische Schriftsteller handelt und man nicht davon ausgehen kann, dass der Empfänger der Schrift ihre Positionen kannte, dürfte es sich um "Namedropping" handeln. Er nutzt dies, um seiner Position Autorität zu verleihen. So formuliert er: "Es seie bey dem nachtmal deß Herrn, oder Sacrament des leibs vnd bluets Iesu Christi, Er der Herr selbst, des das nachtmal ist, gegenwertig, vnd werde aldo entpfangen, in austeilung des brots der leib Christi, vnd austeilung des Kelchs das blut Christi, warhafftig, vnd nitt erdichter weiße, dieweil geschrieben stehet ausdrucklich, Das ist mein leibe, das ist mein bluethe", und man empfange beim Abendmahl "nitt gemeine brothe vnd wein, sunder ein solche broth vnd wein, Welchs ist die gemeinschafft des leibs vnd bluets Christi, nitt fleischlicher, sinnlicher entpfindlicher weysse, oder das brott vnd wein verschwinde, sunder wie der Herr weisse vnd wille, der diesser geistlichen speisse niessung verordnet, vnd die geschaffet hathe". Das Betonen der Gemeinschaft ist ein Bekenntnis gegen die Transsubstantiation. Die Wichtigkeit des Laienkelchs für Camerarius wird herausgehoben, wie sich auch in einem früheren Text zeigt: In der Ekloge "Querela sive Agelaeus εἰς ποτηριοκλέπτην", [[Erwähntes Werk::OC 0377]] wird der Diebstahl eines Bechers mit der Ablehnung des Laienkelchs durch die römische Kirche verglichen.
'''Bereits hochgeladen. Der Rest bleibt als Materialsammlung hier stehen.'''
 
In einer [[Erwähntes Werk::OC 0425|Schrift zum Konzil von Trient]] übersetzt Camerarius Aussagen des Evangeliums aus einer Schrift Melanchthons, darunter auch zum Abendmahl.'''Literaturangabe zu Melanchthons Abendmahlsposition!'''<br>
Sein Verständnis von Sakramenten (μυστήρια, ''sacramenta'') legt Camerarius umfangreich in der Katechesis dar.<ref>[[OC 0579]], S. 369-407; [[OC 0726]], S. 317-353.</ref> Dazu zählt er das Abendmahl und die Taufe, aber auch die Schlüsselgewalt (Beichte/Buße) könne man in Hinblick auf Handauflegung und Absolution ein Sakrament nennen.<ref>τὸ βάπτισμα καὶ δεῖπνον κυριακόν. προσθείη δ' ἂν τούτοιτ τὶς ... καὶ τὴν κλειδουχίαν, ὅσον τὲ πρὸς τὴν χειρεπιθεισίαν καὶ τὴν ἀπόλυσιν ἀνήκει τῶν μετανοούντων: [[OC 0579]], S. 406. ''Baptisma et Coena Dominica. Adiungere tamen his possit aliquis ... etiam clavium potestatem, quatenus illa quidem ad impositionem manuum et absolutionem pertinet paenitentem'': [[OC 0726]], S. 352f.</ref> Deren Durchführung sei allen Gläubigen zugesprochen, nicht nur einer Institution: <ref>Vgl. [[Kunkler 1998]], S. 266f., [[Walter 2017]], S. 40. '''Zum Begriff Schlüsselgewalt: Siehe Schmalkaldische Artikel. Die Beichte erscheint als Sakrament auch in der Apologie der CA, 13. Artikel.''' Der für sie von Camerarius benutzte griechische Begriff κλειδουχία ist sehr selten: Belegt ist er noch bei Euthymius Zigabenus ([[Migne, PG]] 129,468,25) und Nikolaus Muzalon.</ref><br>
 
Zum Abendmahl verschweigt bzw. verleugnet Camerarius die vorliegenden Lehrunterschiede: So seien Evangelium und Paulusbriefe eindeutig und es könne keinen Streit darüber geben:<ref>Vgl. [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 378 und [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 324f. Teilübersetzung: [[Seckt 1888]], S. 20.</ref> Beiderlei Gestalten seien im Abendmahl notwendig. Brot und Wein betrachtet C. als wahren Leib und wahres Blut Christi, ohne dass sie aufhörten, Brot und Wein zu sein. Somit sind klare Elemente der reformatorischen Konsubstantiation erkennbar. Gleichzeitig bezeichnet er ihren Empfang auch als σύμβολον καὶ σημεῖον φανερόν (S. 383), und hier zeigen sich auch calvinische Züge. lat. ''ista nota et hoc signum manifestum per confessionem in fide Christianorum.'' Auch betont er die ''communicatio'' beim Abendmahl: ''Nam poculum quod benedicimus ... nunquid communicatio sanguinis Christi est? Panem quem frangimus nunquid communicatio corporis Christi est?''<ref>[[OC 0726]], S. 328f.</ref> Hierbei beruft er sich auf den Apostel [[Erwähnte Person::Paulus]]. Auf diese ''communicatio'' kommt er auch zu sprechen bei der Kommentierung der apostolischen Schriften (zu Apg 2,42). Er betont die Bedeutung der Gemeinschaft beim Brechen des Brotes.<ref>καὶ τῇ κλάσει τοῦ ἄρτου. κοινωνία ''nihil aliud significat quam communicationem & societatem. In libris Latinis est: Et communicatione fractionis panis. Id esset:'' καὶ τῇ κοινωνίᾳ τῆς κλάσεως τοῦ ἄρτου. ''Acceperunt autem hoc aliqui de vsurpatione instituti a Christo sacramenti corporis & sanguinis ipsius: Cum Hebraica phrasi frangi panem, significet distributionem & vsum cibi.''</ref>
 
Zur "Manducatio indignorum" sagt Camerarius, dass auch Unwürdige das Abendmahl empfangen, allerdings zu ihrem eigenen Gericht.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0579]], S. 384 (ὁ γὰρ ἐσθίων καὶ πίνων ἀναξίως, κρῖμα ἑαυτῷ ἐσθίει καὶ πίνει, μὴ διακρίνων τὸ σῶμα τοῦ κυρίου) und [[OC 0726]], S. 329 (''Nam comedens et bibens indigne, iudicium sibiipse comedit et bibit, non descernens corpus Domini''). Dieser Gedanke findet sich sowohl in der Apologie zur Confessio Augustana 11,62 als auch in der Konkordienformel VII,7 sowie VII,16. Die Stellen berufen sich auf 1 Kor 11 u.ö. '''Ob diese Position klar lutherisch ist oder eher melanchthonisch, müssen Berufenere entscheiden.'''</ref> Über die "Manducatio impiorum" (Abendmahlsempfang durch Nichtgläubige), einen zentralen Streitpunkt zwischen Wittenbergern und Oberdeutschen, erfahren wir nichts.


Kritisiert wurde auch Camerarius' passivische Übersetzung von Apostelgeschichte 3,21: [[Erwähnte Person::Nikolaus Selnecker]] brachte sie in seiner Schrift "Commonefactio" von 1571 mit sakramentierischen Positionen in Verbindung, nach denen Christus im Himmel festgehalten werde, im Sinne einer "corporalis locatio".<ref>Vgl. [[Dingel 2008]], S. 308f. und 316f.</ref> Die problematische Stelle lautet ἀναληφθεὶς εἰς οὐρανόν bzw. ''assumptus in coelum''.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 379f. [[Erwähntes Werk::OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 326.</ref> Nach dieser Behauptung könne er aber leiblich nicht im Abendmahl sein, schließt Selnecker. Ähnliche passivische Formulierungen finden sich auch bei [[Erwähnte Person::Théodore de Bèze]], Melanchthon und im [[Erwähntes Werk::Pezel, Wittenberger Katechismus, 1571|Wittenberger Katechismus]].<ref>Vgl. [[Hasse 2000]], S. 96-98.</ref> Es ist möglich, dass Camerarius diese Kritik bedacht hat, als er 1572 die entsprechende Stelle (in einem sprachlichen Kommentar zur Apostelgeschichte) wortreich kommentierte.<ref>[[OC 0872]], [[Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572]], S. 227f.: ἀναληφθεὶς γὰρ ὁ χριστὸς εἰς οὐρανοὺς, μένει ἐκεῖ ἕως τῆς τοῦ κόσμου συντελείας, ἐλευσόμενος τότε μετὰ δυνάμεως, ἀποκαταστάντων πάντων λοιπὸν, ὧν προεθέσπισαν οἱ προφῆται, ἤτοι ὅταν τὸ τέλος ἐνστῇ, καὶ παύσηται τὰ αἰθητὰ, τότε ὁ χριστὸς ἔσται τῶν οὐρανῶν ὑψηλότερος. ''Id est: Assumtus enim Christus in coelum, manet illic, ad consummationem usque mundi huius, aduenturus tunc cum potentia, restitutis de caetero omnibus, quae Prophetarum oraculis praedicta sunt. Sive, ubi finis iam aderit, et cessaverint sensibus exposita, tunc ipse Christus coelis erit sublimior. Haec leguntur in Theophylacteis. ... Sed quomodo dicit? Quem oportet coelum capere siue accipere, siue, vt Latinus vetus interpres, suscipere. An nondum illud acceperat? Immo admodum. Cur igitur non dixit: Quem coelum accepit? Quae autem ibi sequuntur in libris editis, ἀδιανόητα sunt, vel mendosa vel mutila, quemadmodum suspicor. Itaque indicata sententia secundum alibi in sacris litteris dicta, & hoc etiam loco satis euidens, teneatur: Oportuisse ita fieri, vt Christus reciperetur siue acciperetur siue assumeretur in coelum, vbi maneret tanquam in propria sede, vsque ad finem huius Mundi, & rerum omnium instaurationem.'' '''Noch auswerten; prüfen, was von Theophylact ist und was von Cam.''' Camerarius exzerpiert hier Theophylactus, wobei das umstrittene Wort ἀναληφθείς aus dessen Evangelienkommentar entnommen ist, wo es zweimal vorkommt ([[Migne, PG]] 123,1177,23 und 123,1289,29).</ref>
Kritisiert wurde auch Camerarius' passivische Übersetzung von Apostelgeschichte 3,21: [[Erwähnte Person::Nikolaus Selnecker]] brachte sie in seiner Schrift "Commonefactio" von 1571 mit sakramentierischen Positionen in Verbindung, nach denen Christus im Himmel festgehalten werde, im Sinne einer "corporalis locatio".<ref>Vgl. [[Dingel 2008]], S. 308f. und 316f.</ref> Die problematische Stelle lautet ἀναληφθεὶς εἰς οὐρανόν bzw. ''assumptus in coelum''.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0579]], [[Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552]], S. 379f. [[Erwähntes Werk::OC 0726]], [[Camerarius, Catechesis, 1563]], S. 326.</ref> Nach dieser Behauptung könne er aber leiblich nicht im Abendmahl sein, schließt Selnecker. Ähnliche passivische Formulierungen finden sich auch bei [[Erwähnte Person::Théodore de Bèze]], Melanchthon und im [[Erwähntes Werk::Pezel, Wittenberger Katechismus, 1571|Wittenberger Katechismus]].<ref>Vgl. [[Hasse 2000]], S. 96-98.</ref> Es ist möglich, dass Camerarius diese Kritik bedacht hat, als er 1572 die entsprechende Stelle (in einem sprachlichen Kommentar zur Apostelgeschichte) wortreich kommentierte.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0872]], [[Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572]], S. 227f.: ἀναληφθεὶς γὰρ ὁ χριστὸς εἰς οὐρανοὺς, μένει ἐκεῖ ἕως τῆς τοῦ κόσμου συντελείας, ἐλευσόμενος τότε μετὰ δυνάμεως, ἀποκαταστάντων πάντων λοιπὸν, ὧν προεθέσπισαν οἱ προφῆται, ἤτοι ὅταν τὸ τέλος ἐνστῇ, καὶ παύσηται τὰ αἰθητὰ, τότε ὁ χριστὸς ἔσται τῶν οὐρανῶν ὑψηλότερος. ''Id est: Assumtus enim Christus in coelum, manet illic, ad consummationem usque mundi huius, aduenturus tunc cum potentia, restitutis de caetero omnibus, quae Prophetarum oraculis praedicta sunt. Sive, ubi finis iam aderit, et cessaverint sensibus exposita, tunc ipse Christus coelis erit sublimior. Haec leguntur in Theophylacteis. ... Sed quomodo dicit? Quem oportet coelum capere siue accipere, siue, vt Latinus vetus interpres, suscipere. An nondum illud acceperat? Immo admodum. Cur igitur non dixit: Quem coelum accepit? Quae autem ibi sequuntur in libris editis, ἀδιανόητα sunt, vel mendosa vel mutila, quemadmodum suspicor. Itaque indicata sententia secundum alibi in sacris litteris dicta, & hoc etiam loco satis euidens, teneatur: Oportuisse ita fieri, vt Christus reciperetur siue acciperetur siue assumeretur in coelum, vbi maneret tanquam in propria sede, vsque ad finem huius Mundi, & rerum omnium instaurationem.'' '''Noch auswerten; prüfen, was von Theophylact ist und was von Cam.''' Camerarius exzerpiert hier Theophylactus, wobei das umstrittene Wort ἀναληφθείς aus dessen Evangelienkommentar entnommen ist, wo es zweimal vorkommt ([[Migne, PG]] 123,1177,23 und 123,1289,29).</ref> Auffällig ist, dass Camerarius in seinem [[Erwähntes Werk::OC 1036|Gutachten an Kf. August]] zwar Tod, Auferstehung und das Sitzen zur Rechten Gottes erwähnt, die Auffahrt in den Himmel jedoch nicht anspricht.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 1036]], Bl. 32v.</ref><br>


 
Einige Testimonien des Camerarius (aus beiden Notationes figurarum) zu den Sakramenten werden noch 1587 in einer gegen [[Erwähnte Person::Théodore de Bèze]] argumentierenden Disputation zitiert. Es geht darum, die Realpräsenz von Christi Leib und Blut im Abendmahl nachzuweisen: [[Hofmann, Coena Domini, 1587]], Bl. Gr/v: ''non debet ἀλληγορία ... quaeri, sed id intelligi simpliciter et religiosa fidei assensione comprehendi oportet, quod dicitur.''<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0625]], [[Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572]], S. 49f.: Stellenkommentar zu 1 Kor 11.</ref>
Auffällig ist, dass Camerarius in seinem [[Erwähntes Werk::OC 1036|Gutachten an Kf. August]] zwar Tod, Auferstehung und das Sitzen zur Rechten Gottes erwähnt, die Auffahrt in den Himmel jedoch nicht anspricht.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 1036]], Bl. 32v.</ref><br>
 
Einige Testimonien des JC (aus beiden Notationes figurarum) zu den Sakramenten werden noch 1587 in einer gegen [[Théodore de Bèze]] argumentierenden Disputation zitiert. Es geht darum, die Realpräsenz von Christi Leib und Blut im Abendmahl nachzuweisen: [[Hofmann, Coena Domini, 1587]], Bl. Gr/v: ''non debet ἀλληγορία ... quaeri, sed id intelligi simpliciter et religiosa fidei assensione comprehendi oportet, quod dicitur.''<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0625]], [[Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572]], S. 49f.: Stellenkommentar zu 1 Kor 11.</ref>
 
Ablehnung der Wiedertaufe.<ref>Vgl. [[OC 1036]], Bl. 29r.</ref>


===Ekklesiologie===
===Ekklesiologie===
C. vertritt die Ansicht, dass die Reformatoren keine "Neugläubigen" sind, sondern die alte Kirche ('''Urkirche, oder spätantike Kirche? Genaue Bezeichnungen suchen!''') wieder herstellen. So erklärt sich auch (neben direkten Schriftbezügen) der vielfältige Bezug auf Kirchenväter.<br>
'''Bereits hochgeladen'''
Für C. zeigt sich die Kirche als Gemeinschaft derer, die im Glauben an Christus übereinstimmen. Die Gläubigen seien die Glieder der Kirche, das Haupt aber sei Christus,<ref>(griech.) Katechesis S. 405; [[OC 0726|Catechesis]], S. 350f.: ''Quid appellatis Ecclesiam Christi? Coetum confidentium fidem in Christum. Qui evocati generali veritatis et Evangelii praeconio, cum remissione peccatorum et renovatione sanctificationeque spirituali concregantur in communione tam sanae doctrinae, quam status legitimi, et vitae pure degendae in hoc Mundo. ... Quia cum mansit Ecclesia Christi, quotquot vere sunt huius tanquam unius corporis membra, eos sanctos esse, et carentes culpa necesse est, in fide Iesu Christi, qui etiam caput est corporis illius.''</ref> nicht der Papst.<ref>Vgl. auch [[Erwähntes Werk::OC 0431]], [[Camerarius, Synodica, 1543]], Bl. B7v.</ref><br>


Die Päpste hätten durch List und Gewalt die weltliche Herrschaft erschlichen: So schreibt Camerarius in der Oratio quarta (Rosler 1558), S. 103f.<br>
===Eschatologie===
Kein Heil ''extra Catholicam et Orthodoxam Christi Iesu Ecclesiam'' [[Erwähntes Werk::OC 0878]] Bl. a7r, womit aber nicht die kath. und orth. Konfession gemeint sind.<br>
'''Materialsammlung für evtl. Folgepublikationen, nicht eigens im Artikel aufgeführt.'''
Deutlich erklärt C. seine Auffassung der Kirche im Brief an [[Briefpartner::Veit Amerbach]]:<ref>12.4.1548, in [[Mieg 1702]], II, S. 48-60, hier S. 49:</ref> Es gebe nur eine christliche Gemeinschaft, in die er hineingeboren sei und in der er sich immer noch befinde.<ref>Siehe auch [[Kunkler 1998]], S. 270.</ref><br>
Dagegen sieht er die römische Kirche sehr kritisch: Sie sei auf einen falschen Weg geraten, was "entweder auf Irrtum oder bewußter Täuschung oder auf beidem beruhe".<ref>[[Stählin 1936]], S. 55.</ref> Den Vorrang des Papstes unter Berufung auf den Apostel Petrus verwirft er in der [[Erwähntes Werk::OC 0761|Expositio de Apostolis]];<ref>Vgl. [[Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566]], S. 106: ''De instituto a Petro quadraginta dierum ieunio ... itemque collocata sede principatus in urve Roma, a nobis neque decet neque omnino fortasse debet disputari.''</ref> im [[Erwähntes Werk::OC 1036|Gutachten an Kf. August]] wird er deutlicher und spricht von der "gottlosen läre deß Babstumbs"<ref>[[OC 1036]], Bl. 35r.</ref>
Papstamt als Fischeramt, nicht für Kriegsherren.<ref>[[OC 0431]], [[Camerarius, Συνοδικά, 1543]], C6r-v.</ref><br>


In seiner Konzilienschrift, die auch der Vorbereitung des Tridentinums diente (vgl. ↑ [[Theologie (CamLex)#Nicäa und Trient - Das Werk im zeitlichen Kontext|Nicäa und Trient]]), tritt die Bedeutung deutlich zutage, die er den Konzilien zumisst. Auch die Betonung der Rolle der römischen Kaiser dürfte seine Hoffnungen auf Kaiser [[Erwähnte Person::Karl V. (HRR)]] widerspiegeln: So lobt er das Engagement Konstantins des Großen,<ref>''Certe ut laudandum hac etiam in parte est studium Imperatoris Constantini, qui id quod et ante distraxisset rem Ecclesiasticam, et in posterum ansam separationis praebere posset, e medio tollendum esse statuerit'': [[Erwähntes Werk::OC 0573]], [[Camerarius, Historia synodi Nicenae (Druck), 1552]], S. 129f.</ref> und zitiert (in Übersetzung) aus dessen Brief an die Konzilsväter. Nach Aussage Konstantins entspreche ein Beschluss von 300 Bischöfen dem Willen Gottes.<ref>[[Erwähntes Werk::OC 0573]], [[Camerarius, Historia synodi Nicenae (Druck), 1552]], S. 128: ''Quod enim trecentis placuit Episcopis, nihil aliud est, quam Dei sententia, maxime cum Spiritus sanctus talium, et tantorum virorum animis incubans, lucem divinae voluntatis protulerit.''</ref> Darin kann man ein Bekenntnis zum Konziliarismus sehen.
Die Reformation betrachtet er als notwendig, auch wenn er die Kirchenspaltung bedauert. Verantwortlich dafür sei aber nicht Luther, sondern die vorreformatorische Kirche.<ref>Eine Zusammenfassung von C.' Ekklesiologie in den biographischen Schriften bietet [[Stählin 1936]], S. 54-57. Hier zeichnet sich eine gewisse Diskrepanz zu den Inhalten des Amerbach-Briefes ab.</ref> Zur Ablehnung der kirchlichen Hierarchie vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0943]]. Generell wird das Papsttum häufiger kritisiert, bis hin zum Vorwurf, die weltliche Macht gestohlen zu haben.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 0827]], [[Camerarius, Orationes funebres, 1569]], S. 103.</ref> Ein weiteres Beispiel scharfzüngiger Kritik an falschem Amtsverständnis bringt Camerarius in einem [[Erwähntes Werk::OC 0081|Epitaph]] auf [[Erwähnte Person::Julius II. (Papst)|Papst Julius II.]], der als Kriegstreiber und Wendehals charakterisiert wird, wofür er sehr lange vor dem Himmelstor warten müsse. Die antirömischen Polemiken häufen sich im Vorfeld des Konzils von Trient: Dahinter kann der Versuch stehen, alle Deutschen (Fürsten und Bischöfe) gegen den Papst zu vereinen. Auch Kaiser [[Erwähnte Person::Karl V. (HRR)]] ist ein Hoffnungsträger, zumindest bis zum Schmalkaldischen Krieg. Nach diesem gibt es erstaunlicherweise kaum mehr polemische Auseinandersetzungen mit der Papstkirche bei Camerarius: Aus politischen Gründen (Interim) war es zunächst nicht opportun, und nach dem Fürstenaufstand, der mit dem Passauer Vertrag und dem folgenden Augsburger Religionsfrieden erstmals Religionsfreiheit für Protestanten ermöglichte, waren die Gräben klar genug abgesteckt.
Deutlich wird Camerarius in Bezug auf kirchliche Führungspositionen: Wer der Kirche Gottes vorstehen, aber nicht das Amt ausüben wolle, nämlich die Wahrheit zu lehren, versursache ein Schisma.<ref>[[OC 0900]], [[Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573]], S. 60f.:... οἱ ἐν τῇ τοῦ χριστοῦ ἐκκλησίᾳ μεγαλαυχοῦντες ὡς υἱοὶ τῶν ἁγίων, ἐκλεκτόντε καὶ ἱερατικὸν γένος. πρόσωπον γὰρ ὁ θεὸς ...</ref>
===Eschatologie===
Individuell: Nach dem Tod wird derselbe Leib wiederhergestellt und die Menschen so zum Gericht geführt, um danach in ewiger Freude oder ewigem Schmerz zu leben.<ref>Katechesis S. 406, Catechesis S. 351.</ref>
Individuell: Nach dem Tod wird derselbe Leib wiederhergestellt und die Menschen so zum Gericht geführt, um danach in ewiger Freude oder ewigem Schmerz zu leben.<ref>Katechesis S. 406, Catechesis S. 351.</ref>
Tod als Erlösung aus irdischer Mühsal (Moritz-Reden, einige Briefe, SWW [[Konsolationsliteratur]] und [[Briefe/Trostbrief]]): [[OCEp 1271]], [[OCEp 1107]].<br>
Tod als Erlösung aus irdischer Mühsal (Moritz-Reden, einige Briefe, SWW [[Konsolationsliteratur]] und [[Briefe/Trostbrief]]): [[OCEp 1271]], [[OCEp 1107]].<br>

Aktuelle Version vom 4. Februar 2025, 23:50 Uhr

Vinzenz Gottlieb (Namen bitte nicht von dieser Seite löschen)

Helius Eobanus Hessus: Allgemein zum Briefwechsel

Hochgeladen bis auf einen Teil zur Theokrit-Edition

Theokritedition und gemeinsame literarische Projekte

Das Verhältnis zwischen H. und C. in dieser Zeit schildert C. rückblickend in seiner Narratio de Helio Eobano Hesso[1]: Der eine hätte ohne den anderen keine wissenschaftliche Arbeit begonnen. In diese Zeit fallen daher einige wichtige literarische Kooperationen, wobei der Übersetzung des Theokrit besonders große Aufmerksamkeit zukommt.[2] Sie nimmt einen weiten Raum in der Korrespondenz der Nürnberger Zeit ein. Hessus pflegte einzelne Idylle in lateinische Verse zu übertragen und dann an C. zur Korrektur zu senden. So beschreibt H. im Widmungsbrief seinen Freund mit den Worten, er sei sein Studiengefährte und ihm an Begabung ebenbürtig.[3] Die Widmung richtete sich an den Ratsherrn Hieronymus Ebner. Dieser war von 1524 bis zu seinem Tod 1532 Erster Losunger der Stadt Nürnberg.[4] Seine klassische Bildung ist nicht zu bezweifeln, denn er studierte in Ingolstadt und verfasste selbst ein lateinisches Epigramm für die Edition.[5] Auch der Förderer Hieronymus Baumgartner d.Ä. bekommt von Hessus ein Gedicht gewidmet, das sich um die Theokrit-Übersetzung dreht.[6] In der Theokrit-Ausgabe wird auch die Zusammenarbeit von H. und C. beschrieben, auch rechtfertigt H. sich für die Verzögerung der Fertigstellung. Der Druck erfolgte erst im November 1530: Sicher spielten die zeitgeschichtlichen Ereignisse dabei eine Rolle. So waren Hessus und Camerarius beide (allerdings nicht gleichzeitig) auf dem Reichstag in Augsburg, wobei C. für Melanchthon wichtige Dienste leistete.[7] Eine Art Protreptikon bildet OCEp 0056, worin H. die Unterstützung seines Freundes erbittet.

C. erledigte die Aufgabe des Korrekturlesens allerdings nicht immer im von Hessus gewünschten Tempo, was letzteren häufiger (OCEp 0075, OCEp 1380) zur Eile mahnen ließ. Entsprechend seiner genialischen und ungeduldigen Natur scheint es Hessus schwergefallen zu sein, längere Zeit konzentriert an einem Werk zu arbeiten, was C. zu mancherlei List greifen ließ, wie er in der Biographie selbst zugibt.[8]

Mehr als 20 Briefe befassen sich mit dieser Thematik, was deren Bedeutung für die Freundschaft der beiden Briefpartner aufzeigt. Diese weitgehend undatierten Briefe in eine relative Reihenfolge zu bringen, stellt ein Desiderat der Forschung dar. Die behandelten Idylle verteilen sich folgendermaßen auf die Briefe, wobei eine Zuordnung nicht immer möglich ist. Das liegt auch daran, dass zwar häufig Titel von konkreten Idyllen genannt werden, es sich aber auch um Partes pro toto für die Dichtungen allgemein handeln kann. OCEp 0056 und OCEp 0017 scheinen den Beginn der Editions- bzw. Übersetzungstätigkeit zu bilden;

Unfertig, daher nicht hochgeladen: OCEp 0062 behandelt die Pharmaceutia (Idyll 2); die Syracusiae (15) sind Thema in OCEp 0071, OCEp 0072 und OCEp 0171; OCEp 0076: Syrinx (29/separat), Piscatores (25/21), Dioscuri (27/22), Heracliscus (31/24); OCEp 0073: Thalysia (7) und Epitaphium Bionis (19/##) oder eine Schrift des Bion; OCEp 0169: Cupido Mellilegus (21 bei Hessus/19 bei Farrar Gow); OCEp 0170, OCEp 0074 und OCEp 0075: Piscatores (Idyll 21 bei Hessus/25 bei Farrar Gow); OCEp 1380: Rücksendung der Fischer (21/25) und Übersendung der Megara (26); OCEp 0035: Dioscuri (27/22), Erastes (28/23) und Syrinx (29: Das ist ein Hinweis darauf, dass Hessus in der Reihenfolge der Edition übersetzt hat); OCEp 1381: möglicherweise Hodoepori (5) und Fistula (29/Syrinx); OCEp 1382: evtl. Thalysia (7) oder verallgemeinernd; OCEp 1083: ungenannte Idylle sollen zurück an H. geschickt werden;

OCEp 1384 Bitte um Korrektur. OCEp 0059: Widmungsfragen, also wahrscheinlich kurz vor Drucklegung. In OCEp 0305 schickt Hessus einen unfertigen (investem) Theokrit an C.: Die Arbeit ist also weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Allgemein zu Theokrit, aber nicht bestimmten Gedichten oder Phasen des Entstehungsprozesses zuzuordnen sind OCEp 0021 und OCEp 0061. Bei OCEp 0060 und OCEp 0052 geht es auch um Fragen der Widmung, wobei nicht eindeutig ist, ob es um Theokrit oder Hessus‘ eigene Idylle geht. Diese Entscheidung fällt auch in OCEp 0064 schwer. OCEp 0063 scheint sich auf beide Werke zu beziehen, wobei die Hessus-Idylle wohl schon fertig sind, da C. das Widmungsgedicht bereits gelesen hat, und das dritte Theokrit-Idyll (Comastes) ebenfalls.

Eine gemeinsame Epicedien-Ausgabe, wohl von H. verantwortet, wirft ein Licht auf den gemeinsamen Freundeskreis: Von beiden Dichtern besungene Verstorbene[9] sind u.a. Albrecht Dürer, Caspar Nützel I.,[10] Wilhelm Nesen, Willibald Pirckheimer, Mutian und Reuchlin. Relevant war auch der Ratsschreiber Lazarus Spengler,[11] der sie – zusammen mit Hieronymus Baumgartner – auch politisch unterstützte. C. war für H. ein Ratgeber in vielen Fragen, so bei der Auswahl von Widmungsempfängern.[12] In OCEp 1411 kommt diese Ehre Camerarius gar selbst zu: Hessus widmet ihm ein ganzes Buch seiner Sylvae.

"Praktische Theologie und Pädagogik"

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Polemisches

Camerarius wirkt normalerweise wie ein sehr konstruktiver und irenischer Mensch. Bei einigen wenigen Gelegenheiten aber zeigte er durchaus seine Zähne. Den Hintergrund bilden, abgesehen von persönlichen Angriffen auf ihn,[13] vor allem theologisch motivierte Kontroversen. Konkret involviert war er in den Adiaphoristischen Streit und die Auseinandersetzungen um Andreas Osiander. In den Antitrinitarischen Streit rutschte er eher unfreiwillig hinein: So bekennt er, dass eine seiner Aussagen in antitrinitarischem Sinne missverstanden worden sei.[14] Gegen solche Auslegung verwahrt er sich und macht seine Position wiederholt deutlich durch Positionierung gegen Antitrinitarier, Wiedertäufer und Schwenckfeldianer.[15] In der Abendmahlsfrage bekennt er sich zwar klar zum Laienkelch, vermeidet aber in der Regel Aussagen, die ihn im Abendmahlsstreit zwischen lutherischem und calvinistischem Lager zu deutlich auf eine bestimmte Parteinahme festlegen würden.

Als Kind seiner Zeit thematisiert Camerarius oft die Gefahr durch äußere Feinde. Insbesondere die Bedrohung durch türkische Heere in Ungarn erscheint in zahlreichen Briefen (vgl. Schlagwort Türkenkriege/Türkengefahr) und auch einige Werke beschäftigen sich mit diesem Thema. In einer suasorischen Rede (Oratio senatoria de bello Turcico) fordert Camerarius ein einiges Zusammenstehen der Fürsten gegen die Gefahr, auch über Konfessionsgrenzen hinweg. Diese Denkschrift widmete er Eberhard von der Tann, einem sächsisch-ernestinischen Rat, der im Schmalkaldischen Bund eine bedeutende Stellung einnahm. Somit war Camerarius daran gelegen, gerade auf protestantischer Seite die (religiöse) Verständigungsbereitschaft zu fördern. Die Rede erschien im Frühjahr 1542, bevor Herzog Moritz auf den Kriegszug nach Ungarn aufbrach.

Die Reaktionen des Camerarius auf polemische Schriften konnten durchaus konziliant ausfallen. Ein Beispiel dafür bildet "De invocatione sanctorum". Dieses Werk gehört in den Kontext der Reformation des Kölner Erzbistums unter Hermann von Wied, bei der Melanchthon involviert war (Frühjahr und Sommer 1543). Im Druck bezieht sich C. neben einer Warnung vor Heiligenverehrung auch auf die Polemik des orthodoxen Christen Antonios Eparchos, der den Protestanten vorwirft, sie leisteten der türkischen Expansion Vorschub durch die Uneinigkeit. Das zielt aber nicht auf innerprotestantische Streitigkeiten, sondern auf die Abspaltung von der römischen Kirche. Camerarius schreibt an Irenäus, dass man die Position der Orthodoxen verstehen müsse, auch wenn man sie nicht teile. Gleichzeitig fährt er aber eine scharfe Attacke auf die Papstkirche. Dies ist für den Camerarius der 1540er Jahre nicht ungewöhnlich; kennzeichnend ist auch, dass nicht der Briefpartner angegriffen wird, sondern eine dritte, nicht explizit genannte Partei.[16]

Deutlich wird Camerarius wiederholt mit Seitenhieben gegen die Papstkirche. Dieses Konfliktfeld bedient er vor allem in den Jahren 1540 bis 1543, wobei er nur selten einzelne Personen direkt attackiert.[17] Meist stört er sich am Amt bzw. dem jeweiligen Amtsverständnis des Papstes. Heftig ist sein Angriff auf die Papstkirche in den "Synodica", die er in Erwartung des (mehrmals vertagten) Trienter Konzils verfasste. Camerarius übersetzt dabei Vorarbeiten Melanchthons, und stellt Positionen des Evangeliums und der Päpste kontrastiv gegenüber. Gleichzeitig beklagt er aber die Streitsucht vieler Theologen (z.B. Johannes Eck, den er sogar namentlich benennt) und empfiehlt Bildung als Mittel dagegen.[18]

In seinem "Reformationseklogenpaar" ("Dirae seu Lupus" und "Querela sive Agelaeus") von 1540 teilt er gegen altgläubige Theologen aus und beklagt den "Diebstahl" eines Kelches, der mit dem Laienkelch identifiziert werden kann.[19] Warum diese ungewöhnlich harschen Töne? Damals wirkte Camerarius noch in Tübingen, aber sichtlich unzufrieden mit seiner Situation. Die Verhandlungen Melanchthons über die Berufung seines Freundes nach Leipzig hatten noch nicht begonnen.[20] Zum Hintergrund ist festzustellen, dass die Protestanten, trotz der Schwierigkeiten Philipps von Hessen wegen seiner Doppelehe (symbolisiert durch den verstümmelten Hirtenhund) damals eine starke Position hatten, wie sie erst durch den Fürstenaufstand 1552 wieder errungen werden konnte: Der Schmalkaldische Bund hatte großen Zulauf und wurde von König Ferdinand für die Türkenhilfe umworben.[21] Seine Unzufriedenheit mit dem Vorankommen der Religionsgespräche und mit falscher Einflussnahme (u.a. auf den Kaiser) drückt Camerarius auch in "Peri Iolla" aus, indem er vor "falschen Hirten" warnt. Nach 1543 werden die Polemiken seltener und verändern ihre Gestalt: So argumentiert Camerarius zunehmend aus der Kirchengeschichte heraus[22] und zeigt Fehlentwicklungen auf, besonders in der Antike: In der "Narratio de autore" (1555) zeigt er an der Figur des Synesius und dessen Zeitgenossen auf, wohin Machtstreben der Kirche führen könne. Die Gründe dieses Stilwandels liegen im Dunklen; aber es ist auffällig, dass im albertinischen Sachsen unter Herzog Moritz (Sachsen) sehr wenige polemische Schriften entstanden sind, im Unterschied zum ernestinischen Sachsen und der Stadt Magdeburg. Dazu passt, dass Moritz selbst keine offensive Publizistik betrieb; ob er Eigeninitiative seiner Professoren direkt verbot, ist nicht bekannt. Seine Parteinahme für den altgläubigen Kaiser Karl V., beginnend mit der Unterstützung im Türkenkrieg, in Nordfrankreich und schließlich im Schmalkaldischen Krieg[23] kann aber erklären, warum seine Untertanen (darunter Camerarius) sich künftig antikatholischer Propaganda enthielten.[24]

Nach dem Schlachtentod des Kurfürsten 1553 richtet Camerarius seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Gegner: Aus Enttäuschung über den Hader innerhalb des protestantischen Lagers und zur Verteidigung des attackierten Freundes Melanchthon verfasste er gegen die "Gnesiolutheraner" Invektiven wie die "Querela Lutheri" von 1554. In das literarische Gewand eines Traumbildes nach Vorbild von Ciceros "Somnium Scipionis" kleidet er (in anonymer Form) seine eigenen Klagen über die Zerrissenheit des reformatorischen Lagers und spricht durch den Mund des verstorbenen Martin Luther. Dass Camerarius mit dieser Schrift einen Streit vom Zaun brechen wollte, darf man wohl bezweifeln; allerdings hatte er wohl den Finger in die Wunde gelegt, denn die Gegenschriften von Nikolaus Gallus, Johann Stoltz und anderen nahmen C. scharf aufs Korn und bestätigten so den von ihm erhobenen Vorwurf der Streitlust.[25] Der Adiaphoristische Streit, der den Rahmen für diese Ereignisse bildet, war die "Initialzündung" für die weiteren innerprotestantischen Streitigkeiten.[26] Insofern scheint es nachvollziehbar, dass Camerarius nach diesen Erfahrungen weitere kontroverse Stellungnahmen in der Öffentlichkeit scheute. Er ruderte zurück in der Schrift "Onar hypar" und rechtfertigte sich: Griechisch und Latein sei besser für logische Argumentation geeignet als das Deutsche, und Bildung sei sehr wichtig. Ein härterer Tonfall sei dann angebracht, wenn er durch das Aufzeigen von Fehlern zu Verbesserungen beitragen könne. Angriffe gegen Menschen seien aber zu unterlassen, und statt maledicentia solle man sich der correctio bedienen. Ein Schlusswort zieht Camerarius im Epilogus zur Querela. Diese griechische Schrift ist einigen wenigen Querela-Ausgaben beigebunden. Wir sehen hier ein Rückzugsgefecht des verletzten Humanisten, der einsieht, gegen die Schärfe der theologischen Dogmatiker nicht anzukommen. Diese Resignation zeigt sich auch darin, dass Camerarius danach kaum noch Polemiken publizierte, mit Ausnahme des Trauergedichts auf Johann Stigel, in dem er noch einen Seitenhieb auf vergangene Streitigkeiten unternimmt. Statt einer neuen Attacke ist es aber eher ein "Abgesang auf die Reformationsfabel".[27] Kritik an kirchlichen Missständen äußerte er nur noch, oft verklausuliert, im Kontext der Kirchengeschichtsschreibung (siehe Kapitel → Historische Theologie).

Gelegentlich spielte Camerarius die Irenik auch als Waffe aus: So veröffentlichte er 1572 einen Lutherbrief, in dem dieser zu Toleranz und christlicher Liebe aufgerufen hatte. Die beigefügte Appendix liest sich wie eine Generalabrechnung mit den "Gnesiolutheranern". Sie werden zwar nicht namentlich genannt, doch sind sie an Details erkennbar: Die Streitsucht mit der Vorrangstellung der Wahrheit gegenüber der Liebe, ebenso ihr junges Alter, da sie Luther nicht persönlich kannten und ihn daher falsch verstanden oder gar bewusst verzerrt darstellten.[28] Letztendlich muss man sich fragen, ob Camerarius tatsächlich so friedliebend war oder ob er nicht einfach mit anderen Mitteln stritt, sozusagen mit dem sprachlichen Florett statt mit der Mistgabel. So unterstellt ihm nämlich Friedrich Stählin in Bezug auf die Melanchthon-Vita: "die Gegner mögen sachlich in manchem sogar recht haben: moralisch sind sie im Unrecht, weil sie bei ihren menschlichen Mängeln nicht befugt sind Melanchthon zu kritisieren. – So meidet er auch sonst die sachliche Auseinandersetzung und begibt sich auf die moralische Ebene, auf der er sich zuhause fühlt."[29]

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Camerarius dann polemisch wird, wenn er eine Verfälschung echter Glaubenswahrheiten wahrnimmt.[30] Objekte seiner Attacken sind 1. die Papstkirche und deren Allmachtsanspruch, 2. Dogmatische Abweichler wie Antitrinitarier, Schwenkfelder etc. und 3. eristische Protestanten (im Wesentlichen "Gnesiolutheraner"), die er eher wegen ihrer Streitsucht als wegen der Inhalte bekämpft. Auch in diesen Kämpfen ist er mehr Humanist als Theologe, denn er bedient sich überwiegend dichterischer Schriften anstelle von Predigten und Streitschriften.
(Vinzenz Gottlieb)

Systematische Theologie

Dieses Kapitel ist noch in Bearbeitung und soll noch nicht korrigiert werden. Reihenfolge: Orientiert an CA? Zuerst Punkte mit wenig Streit, wie Trinität, Christologie, Pneumatologie; dann protestantische Kernthemen wie Rechtfertigung und Ekklesiologie; dann im protestantischen Lager umstrittene Themen wie Abendmahlslehre; schließlich übriges wie Eschatologie? Präambel zu den Adiaphora, evtl. mit Verweis auf hist. Einleitung?
Prüfen, wie dieser Abschnitt mit den Positionen aus dem Gutachten OC 1036 verknüpft werden kann.
Messlatte für reformatorische Systematik und Dogmatik sind die "Loci communes" Melanchthons (Erstausgabe 1521, zwei Überarbeitungen), die als erste evangelische Systematik viele Nachahmer fand (Köpf 2011, S. 130). Es ist zu prüfen, ob Camerarius ihnen zumindest teilweise folgt; die "Catechesis" ist ja auch systematisch aufgebaut.

Die klarsten Aussagen zu Camerarius' Theologieverständnis erhalten wir durch das Gutachten, die Katechesis und die Synodica (kontrastive Darstellung kath. und ev. Positionen). Letztere enthalten aber auch viele Gedanken Melanchthons. Es ist nicht möglich, hier alle Aussagen zu den Teilgebieten Systematischer Theologie zu sammeln. Daher liegt der Schwerpunkt auf überraschenden Positionen.

Trinitätslehre

Fertig und hochgeladen

Pneumatologie

Fertig; Prüfen, ob der Abschnitt wegen der Brisanz vorher woanders publiziert werden sollte
Camerarius bewegt sich hier wie in anderen Bereichen auf der Grundlage des Apostolischen, des Nicäno-Konstantinopolitanischen und des Athanasischen Glaubensbekenntnisses.[31] In der "Katechesis" lässt er die Protagonisten behaupten, dass der Heilige Geist allein aus dem Vater hervorgehe; das "Filioque" fehlt dort.[32]

Diese Position entspricht dem ostkirchlichen (orthodoxen) Glaubensbekenntnis. Es wäre zwar bei der griechischen "Katechesis" denkbar, dass Camerarius, das "Filioque" im Sinne der Ökumene für die griechischsprachigen Christen, die ja auch eine Zielgruppe der Katechesis waren, weggelassen hat; allerdings enthält auch die lateinische Ausgabe kein "Filioque".[33] Sinngemäß sagt Camerarius, dass der Heilige Geist aus dem Vater hervorgeht, aber die Hypostasis/persona vom Vater und vom Sohn bzw. nur vom Sohn hat.[34]

Eine solche Positionierung ist auffällig, denn die Kirchen der Reformation pflegten das "Filioque" im Credo beizubehalten. Nicht nur Philipp Melanchthon verwendet es ganz selbstverständlich in den "Loci communes",[35] sondern auch in anderen protestantischen Bekenntnisschriften ist es enthalten.[36] So verwundert es, dass Camerarius es unwidersprochen weglassen konnte: Anders als in der Debatte um das Athanasische Glaubensbekenntnis ist hier nämlich nichts davon bekannt, dass man ihm dafür Vorwürfe gemacht hätte.[37]

Als Begründung für Camerarius' Verzicht auf die Formel kann die Bemerkung dienen, dass der Streit um die egressio ein exitiosum schisma der Griechen und Lateiner verursacht habe.[38] Aufgrund seiner irenischen Haltung versucht er wohl, eine klare Stellungnahme zu vermeiden. Denkbar wäre auch, dass er auf Bibelstellen und Kirchenväter zurückgreift und spätere Elemente der (römischen) Tradition ablehnt: Es ist aber offensichtlich, dass das nicht mit der Position der anderen Reformatoren zusammenpasst.

Seine Haltung findet sich in mehreren Schriften, auch in einem griechischen Epigramm wird der Ausgang vom Vater betont: πνεύμα θεοῦ ... πατρόθεν ἐρχόμενον.[39] Dieser Text aus dem Jahr 1538 ist der zeitlich früheste Beleg für diese Aussage bei Camerarius.
Auch in seinen Übungspredigten finden sich vergleichbare Formulierungen: De Spiritu autem sancto Theologia (quae est rerum diuinarum doctrina) plane prodit: Egredi illum ex patre & mitti a patre ac filio. Ut absque controversia sit hic utriusque Spiritus, et errent quicunque verentur confiteri: Spiritum sanctum advenire quasique procedere a patre ac filio.[40]

An anderer Stelle heißt es: Constituit autem notionem sancti Spiritus (sive indicium hoc est personae eius) quod ex patre egreditur, sicut personae filii, quod gignitur a patre. Mittit illum vero etiam filius, cuius ipsius esse spiritum eundem scimus, et dicitur hoc sine ambiguitate in quarto capite epistolae ad Galatas. Est igitur Spiritus sanctus essentia aeterna cum filio et patre, cum sit spiritus utriusque, et proprietate ac consistentia sive hypostasi, tertia persona Deitatis unius, et opus ipsius secunda consolatio et alterum patrocinium Ecclesiae, donec in terris haec peregrinabitur.[41]
Und schließlich: Pater expers principii, filius unigenitus, sanctus spiritus ex patre, secundum scripturam, egrediens, & quem filius suppeditat, ut sine ambiguitate sit utriusque spiritus.[42]

Auch an folgender Stelle ist kein Filioque enthalten: Pater igitur ante omne temporis aut originis, quam humana intelligentia conpraehendat, initium gignit filium, & ex eodem egreditur utriusque Spiritus, quem sanctum singulari nomine vocamus. Et sunt haec tria, vel in his tribus est unum.[43] Dabei bezieht sich ex eodem auf das Subjekt, also auf den Vater.
Aufschlussreich ist auch ein Hymnus auf den Heiligen Geist: Spiritus ingeniti egrediens e pectore Patris, Deque simul nato procedens spiritus alme, Sancte, potens: Geist, der hervorgeht aus der Brust des ungeborenen Vaters, und zugleich herausgeht aus dem Sohn, Heiliger, Mächtiger.[44] Hier unterscheidet Camerarius zwischen den Verben egredi, womit er stets das griechische ἐκπορεύομαι widergibt, und procedere: Es gibt eine egressio des Geistes aus dem Vater, aber zugleich eine processio aus Vater und Sohn.

Noch auszudeuten ist folgende Stelle:Qui cum nato pater, & cum Egrediente simul sancti unus numine flatus Regnum, Magne, tenes: Vater, der du zugleich als Einheit mit dem Sohn und mit der hervorgehenden Gottheit des heiligen Hauches die Herrschaft innehast.[45]

Woher kommt die Position des Camerarius, die völlig anders geartet ist als in seinem theologischen Umfeld üblich? Er betont ständig, dass er Philologe und nicht Theologe ist. So hat er die Kirchenväter rezipiert, unter anderem Basilius den Großen. Bei diesem ist durchaus nicht klar, wie er zum Filioque steht. Auf dem Konzil zu Florenz wurde er als Gegner der Formel in Anspruch genommen.[46] Dort wurde besonders intensiv um diese Frage gerungen. Kardinal Bessarion hatte in seiner "Dogmatischen Rede" einen Königsweg aufgezeigt, um östliche und westliche Perspektive miteinander zu vereinen, indem er die Wendungen διὰ τοῦ υἱοῦ und ἐκ τοῦ υἱοῦ als gleichwertig identifizierte.[47] Es ist aber nicht erwiesen, dass Camerarius sich auf das Konzil von Florenz bezieht.

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem "Filioque" findet man allerdings bei Erasmus von Rotterdam in der "Explicatio in Symbolum apostolorum et Decalogum" 1646, S. 144f. sowie in den Anmerkungen zum 1. Korintherbrief.[48] Er unterscheidet eine "missio temporaria" und eine "aeterna processio". Eine Beeinflussung des Camerarius durch Erasmus ist durchaus möglich. Während Erasmus aber stets das Verb procedere nutzt, wie es auch bei den meisten anderen lateinischen Autoren der Fall ist,[49] verwendet Camerarius in der Regel egredi und beschreibt damit die Ursprungsbeziehung des Geistes aus dem Vater. Dann ist procedere in einem Sinn zu verstehen, der das Mitwirken des Sohnes, aber nicht den Ursprung angibt.[50]

In Bezug auf Joh 15,26 kommentiert Camerarius: παρὰ τοῦ πατρός: illustre est testimonium, Spiritum sanctum procedere a patre et filio, cum egrediatur ille a patre, ut unum principium sit et adoretur. Theophylactus ita: ὡς ἰσότιμος τῷ πατρὶ, πέμψω μὲν αὐτός φησι, ἀλλὰ παρὰ τοῦ πατρός. τουτέστιν, οὐκ ἀντανιστάμενος ἐκείνῳ, ἀλλ' εὐδοκοῦντος τοῦ πατρὸς καὶ συναποστέλλοντος. Ut aequalis honoris et dignitatis cum patre, Mittam quidem, inquit, verum ab patre. Hoc est: non adversans illi, sed comprobante, benignitate sententiae suae, patre et una illum ablegante. Idem Theophylactus monet: τὴν ἐκπόρευσιν non esse ἀποστολὴν, sed φυσικὴν ὕπαρξιν. Id est non ablegationem, sed id, quod naturaliter extat atque consistit.[51] Hier wird deutlich, dass Camerarius in der Tat zwischen egredi und procedere unterscheidet. Der Verweis auf Theophylactus[52] ist dabei bedeutsam, weil dieser zu einer Zeit wirkte, als das Schisma zwischen Ost- und Westkirche voll entbrannt war und die Frage des "Filioque" bereits als Unterscheidungsmerkmal und Problem galt. Die Ansicht Theophylakts war den Zeitgenossen des Camerarius auch nicht unbekannt, denn bereits in Johannes Ökolampads lateinischer Übersetzung wird in margine kommentiert: Spiritum sanctum a filio procedere negat Theophylactus cum grecis antiquis. Nunc autem omnes confitemur. Qui a patre filioque procedit.[53]

Durch die semantische Unterscheidung der beiden Begriffe lässt sich auch das Problem lösen, dass im Athanasianum die processio aus Vater und Sohn erfolgt: Für Camerarius ist das kein Problem, wenn er egressio als Übersetzung von ἐκπόρευσις definiert. Camerarius hält hier also unter Umständen den Schlüssel für die Lösung eines jahrhundertealten Konflikts in der Hand. Doch weder erläutert er dieses philologische Vorgehen, noch scheint dies von seinen Zeitgenossen wahrgenommen worden zu sein.

Camerarius befasst sich aber nicht nur mit dem Ursprung des Heiligen Geistes, sondern auch mit seiner Wirkung: In einem Gedicht wird gefragt, welchen Ort der Heilige Geist sich ausgesucht hat und wo er sich gern niederlässt. Die Antwort folgt auf den Fuß: Nicht an einem hochgelegenen Ort, sondern in einem gebeugten und gottesfürchtigen Herzen.[54]

Christologie

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Heiligenverehrung

Nicht hochgeladen: klingt bereits in anderen Bereichen an.

In diesem Bereich kommt besonders deutlich zum Ausdruck, dass Camerarius die Position der römischen Kirche ablehnt. Heilige dienen ihm nicht als Mittler vor Gott, sondern als Vorbilder. Dabei beschränkt er sich aber nicht auf den römischen Heiligenkanon: Ähnlich wie einen Heiligen präsentiert er seinen Freund, Fürst Georg III. (Anhalt-Plötzkau), in dessen Lebensbeschreibung.[55] Ähnliche Vorbildwirkung wird auch Philipp Melanchthon, dem Kurfürsten Moritz (Sachsen) und Herzog Eberhard I. (Württemberg) zuerkannt.[56] OC 0761 Expositio de Apostolis. Hier macht er deutlich, dass die Quellenlage oft unklar ist und es übersteigerte Legenden gebe.
Die Ablehnung der Heiligenverehrung kommt auch öfter zum Ausdruck (u.a. De invocatione; Disputatio de precibus S. 11; prüfen, wie es in den Synodica ist (D6r-v zu Anrufung und Verehrung der Heiligen: In Not Anrufung der Trinität, aber nicht von Kreaturen. Andenken an Menschen, die bei Christus sind, ist ok: Cultus autem est memoria fidei illorum qua deum glorificarunt).). Als Vorbilder werden Heilige nämlich durchaus gepriesen bzw. besungen, so die Apostel Petrus und Paulus sowie der Heilige Laurentius. Auch in der Predigtsammlung OC 0900 wird auf einige Heilige Bezug genommen (Thomas, Stephanus etc.)

Problematisiert werden auch die Bilderverehrung

Soteriologie und Rechtfertigungslehre

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Zu diesem Kernbereich reformatorischer Theologie äußert sich Camerarius häufig: Niemand gefalle Gott durch seine sterblichen Werke.[57] Im Sinne von Luthers sola fide-Prinzip stellt Camerarius in seinen katechetischen Schriften fest, dass Menschen durch den Glauben gerechtfertigt werden: Diximus fide nos iustificari.[58] und Sola fide nos iustificari. Non enim certe desolatam et desertam, in qua nihil honesti et boni sit fidem commendamus, sed constituimus veritatis aeternae salutare dogma: Quod sola fide et nullo alio habitu, nulla facultate, nullo conatu accipiatur donum Dei, iusticia in remissione peccatorum propter Christum Iesum.[59] Hiermit schließt er explizit alle anderen Wege zum Heil aus.
Camerarius bezeichnet auch gegenüber Kurfürst August (Sachsen) "allein den verdienst Iesu Christi" als Weg zur Seligkeit und Gerechtigkeit und bekennt sich so zum solus Christus-Prinzip.[60] Man findet bei Camerarius aber immer wieder Hinweise darauf, dass er gute Werke nicht völlig ablehnt: Menschen könnten sich das Himmelreich durch gute Werke nicht verdienen, erhielten aber dort eine Belohnung für gute Werke.[61] In Bezug auf die Lehre Georg Maiors übt sich C. in Zurückhaltung, da er den Sachverhalt zu wenig kenne und man Maior persönlich hören müsse; er verteidigt ihn aber vor dem Vorwurf, er setze Christi Verdienst und menschliche Werke gleich.
Allerdings tätigt C. gelegentlich Aussagen, die zu guten Werken aufrufen, zum Beispiel in der "Querela Luteri", wo er Luther in den Mund legt, dass gute Werke besser als schlechte seien.[62] Der hier als Traumgestalt erscheinende Reformator hinterfragt den Sinn allee eigenen Schriften mit Ausname von "De servo arbitrio".[63] Somit verdeutlich Camerarius, dass Übereinstimmung mit Luther im Bereich der Willensfreiheit. Die literarische Inanspruchnahme des Wittenbergers blieb allerdings nicht unwidersprochen: Camerarius provozierte damit eine Fülle an Gegenschriften.[64] Ansätze einer Verteidigung der Werkgerechtigkeit glaubt Friedrich Stählin auch in der "Historia Iesu Christi" zu finden.[65] Hier ist aber zu hinterfragen, ob Stählins Interpretation des Wortes salus als Seelenheil wirklich zutrifft. Besser scheint mir eine Übersetzung als irdisches Glück. Die Voranstellung von plane verdeutlicht, dass man die Formulierung nicht wörtlich nehmen darf. Jedenfalls reichen die Argumente nicht aus, um Camerarius einen "Verstoß gegen die Rechtfertigungslehre" unterstellen zu dürfen. Deutlicher wird Camerarius in der "Catechesis", ohne aber allzu stark von Luther abzuweichen: Man dürfe sich nicht dem Müßiggang hingeben und die durch Christus geschaffene Freiheit missbrauchen.[66] Hier spricht auch der Praktiker, der ein geregeltes irdisches Zusammenleben im Sinn hat und befürchtet, eine völlige Absage an gute Werke könne in die Anarchie führen. Damit bewegt sich Camerarius in die Richtung der seinerzeit heftig angegriffenen Position Georg Maiors.[67] Ähnliche Gedanken und Bedenken finden sich auch bei dem reformkatholischen Herzog Georg von Sachsen, der "evangelische Freiheit und Rechtfertigung allein aus dem Glauben" für eine "Einladung zu Sittenlosigkeit und Laxheit, ja als Verführung zum Ausbruch aus der kirchlichen Ordnung" hielt.[68] Camerarius aber weist anhand zahlreicher neutestamentlicher Stellen nach, dass gläubige Christen sich aus freien Stücken für ein tugendhaftes Leben und gute Werke entscheiden.[69]

Rechtfertigung ist in der "Katechesis" ein wichtiges Thema.[70] Camerarius bezeichnet sie dort durch das Verb δικαιωθῆναι bzw. iustificari, also durch Passiv-Formen, die unterstreichen, dass die Gläubigen nicht selbst daran mitwirken. Er betont dabei, dass die Menschen allein durch Glauben und aufgrund der Gnade Gottes gerettet werden. Dabei argumentiert er nahe am Text des Neuen Testaments, vor allem der Paulusbriefe. Zentrale Stellen sind Röm 3,23f. und 28[71] und sowie Eph 2,8.[72] Hier wird deutlich, wie wichtig Glaube und Gnade für die Erlösung sind. In der griechischen Version der Catechesis sind die Zitate oft wörtlich aus griechischen Bibeltext entnommen. Zur "sola gratia"-Formel greift Camerarius auch auf Theophylactus zurück.[73]

Luthers Prinzip der "sola scriptura" gilt bei Camerarius mit Einschränkung: So beruft er sich auf die Heilige Schrift, wo das möglich ist, verwendet aber darüber hinaus auch Werke verschiedener Kirchenschriftsteller, um Zusammenhänge herzustellen und Lücken zu schließen. Der Inhalt der zitierten Schriften war ihm dabei wichtiger als der Name des Autors.[74] So zitiert er in seinen theologischen Schriften auffällig viele griechische Kirchenschriftsteller, auch weniger bekannte Namen wie Theophylactus. Wenn man eine Volltextsuche der Werke des Camerarius mit der Kombination der Wörter "sola" und "scriptura" unternimmt, dann erhält man nur einen Treffer, bei dem beide Wörter in einem Zusammenhang stehen.[75] Die Bedeutung der Schrift wird dadurch unterstrichen, dass Camerarius zum Thema der Rechtfertigung (anders als zu anderen Themen) sehr viele neutestamentliche Stellen heranzieht, jedoch kaum spätere Schriftsteller.

Nicht unwichtig für die Rechtfertigung ist auch die Frage nach der Willensfreiheit, die für Camerarius nur eingeschränkt gegeben ist und aus Gottes Gnade entsprießt. Dazu bekennt er im Gutachten: "der mensch seie in aignen naturlichen krefften verderbt verblentet vnd vnärtig zw aller gerechtigkeit so vor Gott gilt, Do aber das heil vnd licht in die welt kumbt, vnnd wirdet Reuhe buesse, vnd vergebung der sunden vmb Christi Iesu Verdienst wegen, gepredigt, Vnd ist in diessen predigten der heylig Geist thetig, do wirdett den menschen, irem verstand vnd willen, durch Gottes genade gewalt gegeben, dem licht zuuolgen, welche aus irer sundlichen art sunst in der finsternuß bleiben muesten, Vnd doch niemant zw der seligkeit wider seinen willen getrieben noch gedrungen".[76] Durch den Heiligen Geist und durch Christi Verdienst haben also die Menschen die Möglichkeit, sich für oder gegen die Seligkeit zu entscheiden. Etwas anders dargestellt wird dies in der Katechesis: Der erste Mensch habe einen freien Willen gehabt, doch seit dem Sündenfall entfernt er sich immer weiter von Gott.[77] Hier argumentiert Camerarius aber stark philosophisch und zitiert auch vorchristliche Schriftsteller wie Platon, Pindar und Sokrates. Ferner setzt sich in einer Disputation und einem Kommentar mit Aristoteles' Nikomachischer Ethik auseinander,[78] und auch in den "Norica" steht die Frage im Mittelpunkt, wie sehr der Mensch einen freien Willen besitzt und wie stark er determiniert wird.

Sakramentenlehre und Abendmahl

Bereits hochgeladen. Der Rest bleibt als Materialsammlung hier stehen.

Kritisiert wurde auch Camerarius' passivische Übersetzung von Apostelgeschichte 3,21: Nikolaus Selnecker brachte sie in seiner Schrift "Commonefactio" von 1571 mit sakramentierischen Positionen in Verbindung, nach denen Christus im Himmel festgehalten werde, im Sinne einer "corporalis locatio".[79] Die problematische Stelle lautet ἀναληφθεὶς εἰς οὐρανόν bzw. assumptus in coelum.[80] Nach dieser Behauptung könne er aber leiblich nicht im Abendmahl sein, schließt Selnecker. Ähnliche passivische Formulierungen finden sich auch bei Théodore de Bèze, Melanchthon und im Wittenberger Katechismus.[81] Es ist möglich, dass Camerarius diese Kritik bedacht hat, als er 1572 die entsprechende Stelle (in einem sprachlichen Kommentar zur Apostelgeschichte) wortreich kommentierte.[82] Auffällig ist, dass Camerarius in seinem Gutachten an Kf. August zwar Tod, Auferstehung und das Sitzen zur Rechten Gottes erwähnt, die Auffahrt in den Himmel jedoch nicht anspricht.[83]

Einige Testimonien des Camerarius (aus beiden Notationes figurarum) zu den Sakramenten werden noch 1587 in einer gegen Théodore de Bèze argumentierenden Disputation zitiert. Es geht darum, die Realpräsenz von Christi Leib und Blut im Abendmahl nachzuweisen: Hofmann, Coena Domini, 1587, Bl. Gr/v: non debet ἀλληγορία ... quaeri, sed id intelligi simpliciter et religiosa fidei assensione comprehendi oportet, quod dicitur.[84]

Ekklesiologie

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Eschatologie

Materialsammlung für evtl. Folgepublikationen, nicht eigens im Artikel aufgeführt.

Individuell: Nach dem Tod wird derselbe Leib wiederhergestellt und die Menschen so zum Gericht geführt, um danach in ewiger Freude oder ewigem Schmerz zu leben.[85] Tod als Erlösung aus irdischer Mühsal (Moritz-Reden, einige Briefe, SWW Konsolationsliteratur und Briefe/Trostbrief): OCEp 1271, OCEp 1107.
Jenseits, Strafe und rechtzeitiger (von Gott geschickter) Tod: Stählin 1936, S. 53 und 59-60. Fegefeuer: Christus ist das Fegefeuer. Aussagen sammeln.

Anmerkungen

  1. Cap. XXIII
  2. C. besorgte außerdem eine griechische Ausgabe, in der er Textlücken mit Supplementen füllte. Vgl. dazu Weise 2018. Zur Beschäftigung des Camerarius mit Theokrit vgl. auch Weise 2024, S. 184-186.
  3. Theokrit, Idyllia, 1530/31, Bl. A3r: Hic Ioachimus erat, Camerarius ille meorum Et studii consors, et comes ingenii.
  4. Vgl. Fleischmann 2008, S. 363.
  5. Zur Person vgl. Fleischmann 2008, S. 361–363. Zum Studium vgl. Hieronymus Ebner von Eschenbach (RAG-ID: ngBR9S274AJ07qxzvB4q5ZnE2AE), [1], 31.07.2023. Hessus schrieb auf ihn Epitaphien: Vredeveld 1990, S. 486 – 487 und 490 – 499. Sein Sohn Erasmus Ebner war Schüler Philipp Melanchthons.
  6. Hessus, Sylvae, 1535, Bl. PP3r-PP4r.
  7. Er erstellte das Protokoll bei der Verlesung der Confutatio zur Confessio Augustana: Vgl. Gindhart/Hamm 2024, S. 19f., Peters 2014, Peters 2014a, 226-245 sowie Theologie (CamLex)#Schulleiter in Nürnberg (1526-1535).
  8. Vgl. Narratio de Helio Eobano Hesso, Cap. XXII.
  9. Zu beachten ist, dass es sich nicht nur um Freunde handelt: Nachrufe werden auch auf Hochstehende Persönlichkeiten verfasst, die man ehren möchte. Zu Eobans Nachrufen vgl. Krause 1879, Bd. II, S. 50.
  10. Epitaph auf ihn: OC 0049.
  11. OCEp 0111
  12. Vgl. OCEp 0052, OCEp 0063, OCEp 0059, OCEp 0060.
  13. Dazu zählen vor allem Erasmus von Rotterdam (vgl. OCEp 0111, Heerwagen 1868, S. 18-20) und der Bamberger Bischof Weigand von Redwitz, der den Kammermeistern seit dem Bamberger Bürgeraufstand (1525) feindlich gesinnt war: Seit der Inhaftierung von C.' Bruder Hieronymus Camerarius stellte er eine solche Bedrohung für die Familie dar, dass Camerarius sich sogar einen kaiserlichen Schutzbrief für seine bedrohten bambergischen Lehen ausstellen ließ (vgl. OCEp 0512 und Woitkowitz 2003, S. 89f., 142,148).
  14. Vgl. OC 0878. Er hatte sich kritisch zur Autorschaft des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses geäußert, was ihm als Infragestellung des Inhalts ausgelegt wurde. Vgl. ↑ Theologie (CamLex)#Trinitätslehre
  15. Vgl. OC 1036.
  16. Vgl. Camerarius, De invocatione sanctorum (gr., Druck), 1545, Bl. C8v-Dr: Dort werden die Gegner nur allgemein οἱ δὲ ἐναντίοι bzw. οἱ δ'ἕτεροι bezeichnet.
  17. Eine Ausnahme ist ein schon älteres Satirisches Epicedion auf Papst Julius II., das er möglicherweise im Rahmen des Erfurter Humanistenkreises verfasste. Für den Hinweis darauf danke ich meinem Kollegen Alexander Hubert. Bei der Ekloge "Moeris" ist die Entstehungszeit umstritten, wird aber von einigen Forschern auf 1521 angesetzt, womit der Kontroverstheologe und Drucker Hieronymus Emser die Zielscheibe des Spottes ist.
  18. Gedanken zum Konzil und Klagen über päpstliche Allmachtsansprüche äußert Camerarius auch in der Rede zum 5. Todestag des Kurfürsten Moritz (Sachsen): Vgl. Camerarius, Orationes funebres, 1569, S. 103-105 sowie OC 0573, S. 4f.
  19. Vgl. Mundt 2004, S. XXXII.
  20. Vgl. MBW Nr. 2782 vom 4.8.1541.
  21. Vgl. Wolgast 2003, S. 20-23.
  22. Eines der frühesten Beispiele dafür ist OC 0573 eine Schrift über Konzilien, die er im Rahmen der Wiederaufnahme des Trienter Konzils 1551/52 verfasste.
  23. Vgl. Winter 2022, S. 273-275.
  24. Zu Moritzens Publikationsstrategien vgl. Haug-Moritz 2007.
  25. Zu den Konfliktfeldern vgl. Schäfer 2003, Döring/Schäfer 2013 und Dall'Asta 2024.
  26. Vgl. Koch 2006, S. 179.
  27. Mundt 2004, S. 281. Zwischen 1561 und 1567 entspannte sich das Verhältnis zwischen Ernestinern und Albertinern auch auf theologischer Ebene, nachdem Flacius in Jena entlassen worden war. Somit war es für Camerarius weniger gefährlich, polemisch zu werden. Ein neuer Konflikt scheint sich hier nicht mehr zu entfalten, wozu sicher auch die Wahl der griechischen Sprache beitrug. Somit diente das Gedicht vielleicht weniger einer öffentlichen Polemik, sondern "eher der Identitätsbildung und Stärkung des Zusammenhalts innerhalb einer kleineren Gruppe von gebildeten Anhängern des Melanchthon" (Orth 2020, S. 113).
  28. Vgl. Luther, Ad theologos Norimbergenses epistola, 1572, Bl. A8v-Br.
  29. Stählin 1936, S. 66, Anm. 3.
  30. In einem Brief an Karlowitz macht er die Grenzen seiner Toleranz deutlich: Lieber sterbe er, als die Lehren der Wahrheit zu verraten (Sed vitam etiam amittere oportet nos potius, quam veritatis δόγματα prodere).
  31. Zur Problematik des Athanasianums vgl. ↑ Theologie (CamLex)#Trinitätslehre
  32. OC 0576, Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552, S. 292f.: ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, καὶ ἐκ τοῦ ὑιοῦ λαμβανόμενον. a.a. O., S. 404: τὸ δὲ ἅγιον πνεῦμα ἐκπορευόμενον ἐκ τοῦ πατρὸς. Zum "Filioque" vgl. Gemeinhardt, Peter: Die Filioque-Kontroverse zwischen Ost- und Westkirche im Frühmittelalter. Berlin u.a. 2002.
  33. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 349: Spiritum autem sanctum egredi ex patre, secundum scripturas, cum nihilo secus etiam filii ille spiritus sit, ut confessionis veritas hoc constituat: Quod spiritus sanctus personam suam habeat ex patre et a filio. Non genitus neque factus aut creatus, sed egrediens ex Deo, unde omnis sanctificatio pervenit ad Ecclesiam Christi. Ebenso a.a.O. S. 255:ex patre egrediens, et qui accipitur ex filio.
  34. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 271: Egredi autem ex patre secundum oracula divina, et consistere seu habere personam suam per filium sancti patres tradiderunt. Er bezieht sich dabei auf Basilius.
  35. So in der Ausgabe von 1543 auf S. 14, 17 und 560. Lediglich auf S. 43 schreibt Melanchthon mit Verweis auf Joh 15 (Vers 26), dass der Geist vom Sohn gesandt wird und vom Vater ausgeht. Cum venerit Paracletus, quem ego mittam vobis a Patre, spiritum veritatis, qui a Patre procedit. Kurz zuvor (S. 42) betont er aber das Hervorgehen des Geistes aus Vater und Sohn: Est igitur tertia persona Spiritus sanctus, ac discernitur a Patre et Filio, ut supra dixi, quia procedit a Patre et Filio, et mittitur in corda. Inhaltsgleich schreibt er dies auch in der Ausgabe von 1535, Bl. D3v-D4r.
  36. Schmalkaldische Artikel I.2; Konkordienformel VIII.73.
  37. Im lutherisch-ostkirchlichen Dialog ab den 1570er Jahren sollte das "Filioque" eines der größten Hindernisse darstellen, doch wurde seine entscheidende Relevanz für die Kircheneinheit von lutherischer Seite relativiert. Vgl. Wendebourg, Dorothea: Reformation und Orthodoxie. Der ökumenische Briefwechsel zwischen der Leitung der Württembergischen Kirche und Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel in den Jahren 1573-1581. Göttingen 1986, S. 199f., 212f.
  38. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 272.
  39. OC 0306, Camerarius, Ἐπιγράμματα, 1538, S. 129.
  40. OC 0900, Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573, S. 180 (Predigt über Hl. Geist, nach Joh 16, am 4. Sonntag nach Ostern). An der griechischen Parallelstelle steht nichts anderes: περὶ δὲ τοῦ ἁγίου πνεύματος ἡ θεολογία σαφῶς παρίστησιν, ἐκπορευόμενον αὐτὸ ἐκ τοῦ πατρὸς, πεμφθῆναι ὑπό τε τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ, ὥστε ἀναμφιλόγως εἶναι ἑκατέρου ἐκεῖνο, καὶ ἁμαρτάνειν ὅσοιπερ ὀκνοῦσιν ὁμολογῆσαι, ὅτι τὸ πνεῦμα τὶ ἅγιον ἐπέρχεται καὶ οἷον προχωρεῖ ἀπότε πατρὸς καὶ υἱοῦ (ebda. S. 177).
  41. OC 0900, Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573, S. 200: Predigt für den Sonntag vor Pfingsten (Joh 15 und 16).
  42. OC 0900, Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573, S. 211, Predigt zu Trinitatis.
  43. OC 0646, Camerarius, Disputatio de precibus (Druck), 1560, S. 7.
  44. OC 0692, Bl. Cr-v.
  45. OC 0728, Camerarius, Votum seu Preces (Druck), 1563, Bl. A7r.
  46. Nager 1912, S. 104f.
  47. Migne, PG 161,543-612, u.a. 555: Ἐκ τοῦ Πατρός φασιν οἱ ἐξ Ἐῴας ἅγιοι Πατέρες τὸ ἅγιον ἐκπορεύεσθαι Πνεῦμα, καὶ ἐκ τοῦ Πατρὸς δι’ Υἱοῦ· ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ Υἱοῦ οἱ Δυτικοὶ φάσκουσι τὸ αὐτὸ ἐκπορεύεσθαι Πνεῦμα. Τί οὖν ἐροῦμεν; Ἐναντίον τοῦτο ἐκείνῳ; Μὴ γένοιτο· οὐδὲ γάρ ἐστι τὸ ἐκ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι τῷ ἐκ Πατρὸς καὶ Υἱοῦ οὔτ’ ἐναντίον, οὔτε μὴν ἀντιφατικόν. Vgl. auch Denzinger, Nr. 1300-1302 (Abschlussdokument des Konzils) und Mohler, Ludwig: Kardinal Bessarion als Theologe, Humanist und Staatsmann: Funde und Forschungen /1 : Darstellung. Paderborn 1967 (Bessarion-Biographie mit ausführlicher Würdigung der Argumentation in der Filioque-Frage).
  48. Vgl. Erasmus-Gesamtausgabe Vol. V.I, S. 269-271 sowie Vol. VI.VIII, S. 162f.
  49. Vgl. Aurelius Augustinus, De trinitate, XV.XXVII: Dort wird durchgängig procedere verwendet, und zwar bezogen auf Vater und Sohn zugleich.
  50. Erasmus variiert einmal die Bezeichnung: Während er in seiner Bibelübersetzung in Joh 15,26 (Erasmus, Opera omnia, VI.II) schreibt qui a patre procedit, ist im zugehörigen Kommentar zu lesen mittam vobis a Patre proficiscentem. Es deutet aber nichts darauf hin, dass er eine andere Bedeutung intendiert. Camerarius stellt lediglich in seinem Werk zur Konziliengeschichte processio und egressio als Übersetzung von ἐκπόρευσις nebeneinander. Er definiert aber nicht, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Vgl. OC 0573, Camerarius, Historia synodi Nicenae (Druck), 1552, S. 88: Tum et de sancti Spiritus processione, sive egressione, est enim haec ἐκπόρευσις, quaeri coeptum.
  51. OC 0879, Camerarius, Notatio figurarum sermonis in libris quatuor evangeliorum (Druck), 1572, S. 288.
  52. Vgl. Migne, PG 124,205,36-39. Der bei Camerarius zitierte Text entspricht dabei nicht wörtlich der Ausgabe von Migne und auch nicht der römischen Edition 1542, S. 537.
  53. VD16 B 4607, Bl. V2v. Dies bezieht sich auf Theophylacts Aussage Sane Latini male haec exponentes, et minus recte intelligentes, dicunt quod spiritus etiam ex filio procedat. Nos autem hoc quidem primum dicimus ad eos, quod aliud sit esse ex quopiam, et aliud esse cuiusdam, ut spiritus est quidem spiritus filii absque dubio, et ab omni scriptura approbatum: caeterum esse ex filio nulla scriptura testatur, ut ne duo principia spiritus introducamus patrem et filium. In der lateinischen Editio princeps von 1524 (GG 426), Bl. Q3v, fehlt die Annotation.
  54. Vgl. OC 0718, Camerarius, Dialogus de vita decente aetatem puerilem et al., 1563, Bl. K7v.
  55. Friedrich Stählin stellte fest, "wenn es überhaupt einen evangelischen Heiligen gab, so mußte man diesen fürstlichen Prediger dafür halten. Selbst Luther empfand davon etwas, und vollends Camerarius trieb schon bei Lebzeiten einen förmlichen Kult mit dem hohen Freunde." Stählin 1936, S. 49, unter Verweis auf OC 0388.
  56. Vgl. Stählin 1936, S. 84.
  57. OC 0455, Camerarius, Capita pietatis, 1545, V. 119f., vgl. Walter 2017, S. 40. Vgl. auch OC 0425, Bl. 4r-v: Propter merita non propria sed aliena domini nostri Iesu Christi, iustificatis fide non operibus suis. promittitur enim diuinitus omnibus credentibus in Christum remissio peccatorum, salus & uita sempiterna, quae accipi aliter quam fide non possunt. Dies ist zwar die Übersetzung eines Melanchthon-Texts, aber man kann davon ausgehen, dass Camerarius ihm zustimmt, da er sich nicht gegenteilig äußert. Vgl. auch OC 0906.
  58. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 231.
  59. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 233.
  60. Gutachten, Abschnitt 8: "allein den verdienst Iesu Christi des einigen Suns Gottes, welcher vnser einiger mittler, erlöser vnd seligmacher ist, fur vnser sund gestorben, aufferstanden zw vnser gerechtigkeit, Vnnd sitzet zu der gerechten hand Gottes, verbietett, vertrietett, erlöset, bringt zwm ewigen heyle, immerdar vnd ohn vnterlaße, alle die ihenigen so an inen glauben, vnd sein wort annemen vnd halten nach Gottes bevelh".
  61. Gutachten, Abschnitt 6; so auch Catechesis, S. 47-54 und 54-69 zum Lohn für gute Werke und Strafe für böse. Vgl. Müller 2000, S. 207; ähnlich Melanchthon und Valentin Wagner; vgl. Seckt 1888, S. 17.
  62. OC 0596, Camerarius, Querela Martini Luteri (Druck), 1554, S. 32: Nescio sane ... si in Ecclesia Christi necessitas bonorum operum praedicari non debeat ... Ergo erunt aut bona, aut non bona: quorum utrum docendum sit, me autore obscurum non est.
  63. Vgl. OC 0596, Camerarius, Querela Martini Luteri (Druck), 1554, S. 29f.: Optavi ego aliquando omnia mea scripta intercidere, et unum modo libellum durare, quo cum Erasmo Roterodamo de arbitrio voluntatis humanae disputavi. In der Kontroverse zwischen Martin Luther und Erasmus von Rotterdam um den freien Willen hatte Camerarius wohl geglaubt, die beiden lägen nahe beieinander. So motivierte er den Reformator, eine Erwiderung auf "De libero arbitrio" zu verfassen, was den Konflikt aber verschärfte und so zur gegenseitigen Entfremdung der beiden Konfliktparteien beitrug. Vgl. ↑ Theologie (CamLex)#Die frühen Jahre bis 1526.
  64. Vgl. Camerarius et al., Querela Martini Luteri et al., 1555.
  65. "Historia Jesu", Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, S. 2: hoc enim non modo utilitatem nobis sed plane salutem allaturum, aliis qui legissent gratum acceptumque futurum esse. Vgl. Stählin 1936, S. 59.
  66. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 235: Unde iam accidit ut doctrinae huic maledicatur , quasi talis sit quae evertat et prohibeat utilitatem bonorum operum, et accommodetur populariter ad vulgus, quod omnes fere ad remissionem et desidiam declinent, et fugiant virtutum labores et exercitationes. Minime vero se res ad hunc modum habet.
  67. Vgl. Der Majoristische Streit in seinen historischen und theologischen Zusammenhängen. In: Politik und Bekenntnis. Die Reaktionen auf das Interim von 1548. Hg. v. Irene Dingel und Günther Wartenberg. Leipzig 2006, S. 231-247, hier S. 240.
  68. Volkmar 2008, S. 183.
  69. Vgl. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 235-238. Zitierte Stellen sind u.a. Eph 2,10 und 4,17, Joh 15,1f. und 2 Petr 1,8-10 sowie Gregor von Nazianz (Migne, PG 35,427,39-428,2). Zum gottgefälligen Handeln vgl. auch Camerarius, Responsio, 1564.
  70. OC 0579, Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552, S. 253-269; OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 221-235.
  71. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 223: Omnes peccaverunt et deficiuntur gloria Dei, iustificanturque gratis eiusdem gratia, per redemtionem quae fit in Christo Iesu. ... fide iustificari hominem sine operibus legis.
  72. Ebda.: Gratia estis salvati per fidem, idque non ex vobis, Dei donum est, non ex operibus. Die Abhängigkeit der Menschen von göttlicher Gnade verdeutlicht Camerarius auch in OC 0663.
  73. OC 0900, Camerarius, Ὁμιλίαι (Druck), 1573, S. 353f.: Nam, in conuiuium, inquit Theophylactus, ingressio sit absque discrimine: Sumus enim vocati sola gratia cuncti tam boni quam mali, sed ingressorum Postea vita non caret inquisitione. Zu "sola fide" und "sola gratia" vgl. auch Gindhart/Hamm 2024, S. 36.
  74. Vgl. Kunkler 1998, S. 243-245.
  75. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 263: Et sequimur in his demonstrationes scripturae solas, dicente beato Paulo: Esse diuisiones donorum fauoris diuini, & vnum tamen spiritum, & esse diuisiones ministeriorum, & vnum tamen Dominum, & diuisiones efficacitatum esse, sed num tamen Deum efficientem omnia in omnibus.
  76. OC 1036, Abschnitt 6.
  77. Seckt 1888, S. 14; OC 0579, Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552, S. 274-285 und OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 238-248.
  78. Vgl. Kößling 2003a, S. 298f.
  79. Vgl. Dingel 2008, S. 308f. und 316f.
  80. OC 0579, Camerarius, Κατήχησις τοῦ Χριστιανισμοῦ (Druck), 1552, S. 379f. OC 0726, Camerarius, Catechesis, 1563, S. 326.
  81. Vgl. Hasse 2000, S. 96-98.
  82. OC 0872, Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572, S. 227f.: ἀναληφθεὶς γὰρ ὁ χριστὸς εἰς οὐρανοὺς, μένει ἐκεῖ ἕως τῆς τοῦ κόσμου συντελείας, ἐλευσόμενος τότε μετὰ δυνάμεως, ἀποκαταστάντων πάντων λοιπὸν, ὧν προεθέσπισαν οἱ προφῆται, ἤτοι ὅταν τὸ τέλος ἐνστῇ, καὶ παύσηται τὰ αἰθητὰ, τότε ὁ χριστὸς ἔσται τῶν οὐρανῶν ὑψηλότερος. Id est: Assumtus enim Christus in coelum, manet illic, ad consummationem usque mundi huius, aduenturus tunc cum potentia, restitutis de caetero omnibus, quae Prophetarum oraculis praedicta sunt. Sive, ubi finis iam aderit, et cessaverint sensibus exposita, tunc ipse Christus coelis erit sublimior. Haec leguntur in Theophylacteis. ... Sed quomodo dicit? Quem oportet coelum capere siue accipere, siue, vt Latinus vetus interpres, suscipere. An nondum illud acceperat? Immo admodum. Cur igitur non dixit: Quem coelum accepit? Quae autem ibi sequuntur in libris editis, ἀδιανόητα sunt, vel mendosa vel mutila, quemadmodum suspicor. Itaque indicata sententia secundum alibi in sacris litteris dicta, & hoc etiam loco satis euidens, teneatur: Oportuisse ita fieri, vt Christus reciperetur siue acciperetur siue assumeretur in coelum, vbi maneret tanquam in propria sede, vsque ad finem huius Mundi, & rerum omnium instaurationem. Noch auswerten; prüfen, was von Theophylact ist und was von Cam. Camerarius exzerpiert hier Theophylactus, wobei das umstrittene Wort ἀναληφθείς aus dessen Evangelienkommentar entnommen ist, wo es zweimal vorkommt (Migne, PG 123,1177,23 und 123,1289,29).
  83. Vgl. OC 1036, Bl. 32v.
  84. OC 0625, Camerarius, Notatio figurarum orationis in apostolicis scriptis (Druck), 1572, S. 49f.: Stellenkommentar zu 1 Kor 11.
  85. Katechesis S. 406, Catechesis S. 351.

Andere Notizen

Tabelle für Briefband (Beispiel "Camerarius, Epistolae doctorum, 1568")

Absender Empfänger Blatt/Seitenzahl im Druck
Camerarius an Schenk, 1568 Joachim Camerarius I. Reinhard Schenk Bl. A2r-A8r
Hessus an Camerarius, 09.09.1521 Helius Eobanus Hessus Joachim Camerarius I. Bl. B1r-B2r
Mosellanus an Camerarius, 1520 Petrus Mosellanus Joachim Camerarius I. Bl. B2r/v
Hessus an Camerarius, 1521-1522 Helius Eobanus Hessus Joachim Camerarius I. Bl. B2v-B3r
Hessus an Camerarius, 1521-1522(?) Helius Eobanus Hessus Joachim Camerarius I. Bl. B3r-B5r
Hessus an Camerarius, Sommer/Herbst 1521? Helius Eobanus Hessus Joachim Camerarius I. Bl. B5r-B6r
Hessus an Camerarius, September 1524? Helius Eobanus Hessus Joachim Camerarius I. Bl. B6r-B7r
Hessus an Camerarius, 07.04.1524 Helius Eobanus Hessus Joachim Camerarius I. Bl. B7r-B8v
Hessus an "Jupiter Ammon", 1526-1533 Helius Eobanus Hessus Jupiter Ammon Bl. B8v-C1v
Camerarius an Sifridi, ca. 1521 Joachim Camerarius I. Valentin Sifridi Bl. D1v-D2r
Sifridi an Camerarius, ca. 1521 Valentin Sifridi Joachim Camerarius I. Bl. D2v-D3r
Niger an Camerarius, vor dem 05.06.1555 Antonius Niger Joachim Camerarius I. Bl. D3r/v
Niger an Camerarius, nach dem 15.03.1530 Antonius Niger Joachim Camerarius I. Bl. D3v-D4v
Niger an Camerarius, vor dem 05.06.1555 a Antonius Niger Joachim Camerarius I. Bl. D4v-D5r
Francke an Camerarius, 01.08.1520 Andreas Francke Joachim Camerarius I. Bl. D5r/v
Mutianus an Camerarius, 23.07.1522 Conradus Mutianus Rufus Joachim Camerarius I. Bl. D5v-D6r
Sturtz an Camerarius, 20.03.1521 Georg Sturtz Joachim Camerarius I. Bl. D6r/v
Sturtz an Camerarius, 08.04.1521 Georg Sturtz Joachim Camerarius I. Bl. D6v-D7r
Sturtz an Camerarius, 07.07.1521 Georg Sturtz Joachim Camerarius I. Bl. D7v-D8r
Cordus an Camerarius, 04.1521 Euricius Cordus Joachim Camerarius I. Bl. D8v-E1r
Cordus an Camerarius, 24.05.1521 Euricius Cordus Joachim Camerarius I. Bl. E1r-E2v
Micyllus an Camerarius, vor dem 28.01.1558 Jakob Micyllus Joachim Camerarius I. Bl. E3r-E4r
Seidel an Camerarius, 01.05.1563 Bruno Seidel Joachim Camerarius I. Bl. E5v-E6r
Seidel an Camerarius, 30.09.1563 Bruno Seidel Joachim Camerarius I. Bl. E6r/v
Camerarius an Seidel, 01.03.1568 Joachim Camerarius I. Bruno Seidel Bl. E6v-F1v
Mutianus an Unbekannt, 1514 Conradus Mutianus Rufus Unbekannt Bl. G3r
Camerarius an Turnèbe, 13.03.1555 Joachim Camerarius I. Adrien Turnèbe Bl. K6r-K7r
Camerarius an Turnèbe, 1559 Joachim Camerarius I. Adrien Turnèbe Bl. K7v-L1r
Camerarius an Turnèbe, 1556 Joachim Camerarius I. Adrien Turnèbe Bl. L1r-L3v
Camerarius an Turnèbe, 31.08.1564 Joachim Camerarius I. Adrien Turnèbe Bl. L3v-L4v
Camerarius an Turnèbe, 15XX Joachim Camerarius I. Adrien Turnèbe Bl. L5r
Turnèbe an Camerarius, 15.05.1555 Adrien Turnèbe Joachim Camerarius I. Bl. L5v-L7r
Turnèbe an Camerarius, 10.07.1559 Adrien Turnèbe Joachim Camerarius I. Bl. L7r/v
Turnèbe an Camerarius, 15XX Adrien Turnèbe Joachim Camerarius I. Bl. L8r-M2r
Turnèbe an Camerarius, 23.05.1560 Adrien Turnèbe Joachim Camerarius I. Bl. M2r-M3r
Turnèbe an Camerarius, 01.06.1564 Adrien Turnèbe Joachim Camerarius I. Bl. M3v-M4r
Irenäus an Camerarius, 24.04.1547 oder 1548 Matthäus Irenäus Joachim Camerarius I. Bl. M4r/v
Niger an Camerarius, 21.12.1553 Antonius Niger Joachim Camerarius I. Bl. M4v-M5r
Niger an Camerarius, 12.02.1554 Antonius Niger Joachim Camerarius I. Bl. M5r/v
Micyllus an Camerarius, 10.09.1552 Jakob Micyllus Joachim Camerarius I. Bl. M6r/v
Bording an Camerarius, 01.02.1554 Jacob Bording Joachim Camerarius I. Bl. M6v-M7v
Krafft an Camerarius, 10.02.1554 Adam Krafft Joachim Camerarius I. Bl. M7v-M8r
Stigel an Camerarius, 14.01.1555 Johann Stigel Joachim Camerarius I. Bl. M8r/v
Collinus an Camerarius, 26.12.1553 Matthaeus Collinus Joachim Camerarius I. Bl. M8v-N1v
Stojus an Camerarius, spätestens 1568 Matthias Stojus Joachim Camerarius I. Bl. N1v-N2r
Lotichius an Camerarius, 27.05.1554 Petrus Lotichius Secundus Joachim Camerarius I. Bl. N2r/v
Lotichius an Camerarius, 02.01.1555 Petrus Lotichius Secundus Joachim Camerarius I. Bl. N2v-N3r
Lotichius an Camerarius, 25.12.1556 Petrus Lotichius Secundus Joachim Camerarius I. Bl. N3v-N4r
Sabinus an Camerarius, 1528/29 Georg Sabinus Joachim Camerarius I. Bl. N5r/v
Gelen an Camerarius, 11.01.1548? Sigmund Gelen Joachim Camerarius I. Bl. N5v-N6v
Gelen an Camerarius, 22.12.1550 Sigmund Gelen Joachim Camerarius I. Bl. N6v-N7r
Enzinas an Camerarius, 03.07.1550 Francisco de Enzinas Joachim Camerarius I. Bl. N7v
Enzinas an Camerarius, 15.01.1548 Francisco de Enzinas Joachim Camerarius I. Bl. N8r/v
Enzinas an Camerarius, 08.11.1547 Francisco de Enzinas Joachim Camerarius I. Bl. O1r/v
Burchart an Camerarius, 31.08.1536 Franz Burchart Joachim Camerarius I. Bl. O1v-O2r
Niger an Camerarius, 12.11.1547 Antonius Niger Joachim Camerarius I. Bl. O2r
Swawe an Camerarius, 25.10.1542 Peter Swawe Joachim Camerarius I. Bl. O2v-O3r
Schopper an Camerarius, 15XX Wolfgang Schopper Joachim Camerarius I. Bl. O3r/v
Cortona an Camerarius, 15XX Pietro Cortona Joachim Camerarius I. Bl. O3v
Megel an Camerarius, wohl nach dem 30.09.1563 Wilhelm Megel Joachim Camerarius I. Bl. O6r
Sittard an Camerarius, 01.1548 Cornelius Sittard Joachim Camerarius I. Bl. O7r/v
Garbitius an Camerarius, 02.02.1546 Matthias Garbitius Joachim Camerarius I. Bl. O7v-O8r
Jak. Ziegler an Camerarius, 20.12.1531 Jakob Ziegler Joachim Camerarius I. Bl. O8v-P1r
Lotichius an Camerarius, 21.06.1558 Petrus Lotichius Secundus Joachim Camerarius I. Bl. P r/v
Micyllus an Camerarius, 07.06.15XX Jakob Micyllus Joachim Camerarius I. Bl. P2r/v
Geßner an Camerarius, 05.08.1558 Konrad Geßner Joachim Camerarius I. Bl. P2v-P3r
Brassicanus an Camerarius, 15.03.15XX Johann Ludwig Brassicanus Joachim Camerarius I. Bl. P3r/v
Brassicanus an Camerarius, 13.09.15XX Johann Ludwig Brassicanus Joachim Camerarius I. Bl. P3v-P4r
Karl an Camerarius, 17.12.1543 Adam Karl Joachim Camerarius I. Bl. P4r/v
Rivius an Camerarius, 26.05.1543 Johann Rivius Joachim Camerarius I. Bl. P5r/v
Stigel an Camerarius, 08.1560 Johann Stigel Joachim Camerarius I. Bl. P5v-P6r
Stigel an Camerarius, 19.05.1558 Johann Stigel Joachim Camerarius I. Bl. P6r/v
Seld an Camerarius, 14.06.1560 Georg Sigismund Seld Joachim Camerarius I. Bl. P7r/v
Seld an Camerarius, 05.10.1564 Georg Sigismund Seld Joachim Camerarius I. Bl. P7v-P8r
Stiebar an Camerarius, 08.12.1547 Daniel Stiebar von Rabeneck Joachim Camerarius I. Bl. P8r/v
Stramburger an Camerarius, 15.11.1547 Johann Stramburger Joachim Camerarius I. Bl. Q1r/v
Camerarius an Opsopoeus, 05.01.1527 Joachim Camerarius I. Vincentius Opsopoeus Bl. Q2v-Q3v
Camerarius an Opsopoeus, 15XX Joachim Camerarius I. Vincentius Opsopoeus Bl. Q3v-Q4v
Camerarius an Opsopoeus, 25.01.15XX Joachim Camerarius I. Vincentius Opsopoeus Bl. Q4v-Q5r
Camerarius an Opsopoeus, 26/27.02.15XX Joachim Camerarius I. Vincentius Opsopoeus Bl. Q5r-Q6r
Camerarius an Opsopoeus, 30.04.1531 Joachim Camerarius I. Vincentius Opsopoeus Bl. Q6r-Q7r
Camerarius an Gelen, 02.11.1529 Joachim Camerarius I. Sigmund Gelen Bl. Q7r/v
Camerarius an Gelen, kurz nach 02.11.1529 Joachim Camerarius I. Sigmund Gelen Bl. Q7v-Q8r
Camerarius an Fries, vor dem 05.12.1550 Joachim Camerarius I. Lorenz Fries Bl. Q8r-R1r
Camerarius an Spengler, 1533 Joachim Camerarius I. Lazarus Spengler Bl. R1r/v
Camerarius an Spengler, Dezember 1533 Joachim Camerarius I. Lazarus Spengler Bl. R1v-R2r
Camerarius an Blarer, 15XX Joachim Camerarius I. Thomas Blarer Bl. R2v-R3r
Camerarius an Hessus, vor dem 14.09.1526 Joachim Camerarius I. Helius Eobanus Hessus Bl. R4v
Camerarius an Collinus, 15XX Joachim Camerarius I. Matthaeus Collinus Bl. R4v-R5v
Camerarius an Unbekannt, 15XX k Joachim Camerarius I. Unbekannt Bl. R5V-R8r bzw. R8v
Camerarius an Crato, mutmaßlich 1568 Joachim Camerarius I. Johannes Crato Bl. R8v-S2r
Camerarius an Karlowitz, ca. 23.05.1561 Joachim Camerarius I. Christoph von Karlowitz Bl. S3r/v
Camerarius an Karlowitz, spätestens 1568 Joachim Camerarius I. Christoph von Karlowitz Bl. S3v-S4r
Camerarius an Garbitius, 15XX Joachim Camerarius I. Matthias Garbitius Bl. S4v-S5r
Camerarius an Bigot, Herbst 1536? Joachim Camerarius I. Guillaume Bigot Bl. S5r/v
Camerarius an Grynäus, frühestens 10.1536 Joachim Camerarius I. Simon Grynäus Bl. S5v-S6v
Camerarius an Grynäus, 15XX b Joachim Camerarius I. Simon Grynäus Bl. S6v-S7r
Camerarius an Opsopoeus, 27.03.15XX Joachim Camerarius I. Vincentius Opsopoeus Bl. S7v-S8v
Camerarius an Opsopoeus, 1535 Joachim Camerarius I. Vincentius Opsopoeus Bl. S8v-T1v
Camerarius an Amantius, spätestens 1555 Joachim Camerarius I. Bartholomäus Amantius Bl. T2r/v
Camerarius an Micyllus, 04.01.1537 Joachim Camerarius I. Jakob Micyllus Bl. T2v-T3r
Camerarius an Micyllus, nach 09.08.1540 Joachim Camerarius I. Jakob Micyllus Bl. T3r-T4v
Camerarius an Micyllus, 25.10.1536 Joachim Camerarius I. Jakob Micyllus Bl. T4v-T5r
Camerarius an Niger, 01.06.1536 Joachim Camerarius I. Antonius Niger Bl. T5v-T6v
Camerarius an Förtsch, 01.10.1555 Joachim Camerarius I. Jörg Förtsch zu Peesten Bl. T6v-T7v
Camerarius an Stigel, 24.08.1558 Joachim Camerarius I. Johann Stigel Bl. T7v-T8v
Camerarius an Stigel, 18.05.1558 Joachim Camerarius I. Johann Stigel Bl. T8v-V1r
Camerarius an Stigel, 06.1559? Joachim Camerarius I. Johann Stigel Bl. V1r-V2r
Camerarius an Stigel, 23.03.1561 Joachim Camerarius I. Johann Stigel Bl. V2r/v
Camerarius an Seld, 06.05.1560 Joachim Camerarius I. Georg Sigismund Seld Bl. V2v-V3r
Camerarius an Crispus, 15XX Joachim Camerarius I. Leonhard Crispinus Bl. V3r-V4v
Camerarius an Joachim (Anhalt), 16.03.15XX Joachim Camerarius I. Joachim (Anhalt) Bl. V4v-V5v
Camerarius an Scheurl, 15XX Joachim Camerarius I. Christoph Scheurl Bl. V5v-X1r
Camerarius an Stiebar, 13.08.1536 Joachim Camerarius I. Daniel Stiebar von Rabeneck Bl. X1r-X2v
Camerarius an Stiebar, nach dem 24.09.1536 Joachim Camerarius I. Daniel Stiebar von Rabeneck Bl. X2v-X4r
Camerarius an Lotichius, 24.10.1553 Joachim Camerarius I. Petrus Lotichius Secundus Bl. X4r-X5r
Camerarius an Lotichius, 02.11.1552 Joachim Camerarius I. Petrus Lotichius Secundus Bl. X5r-X6v
Camerarius an Hessus, 15.05.1533 Joachim Camerarius I. Helius Eobanus Hessus Bl. R3r-R4r
Camerarius, Εἰς θεολογικοὺς τόπους Φιλίππου Μελάγχθονος, 1568 (1535) Joachim Camerarius I. Joachim Camerarius I. Bl. S2r
Camerarius, Εἰς τὸ αὐτό (sc. libellum Vinc. Opsopoei), 1568 Joachim Camerarius I. Joachim Camerarius I. Bl. T1v T2r
Camerarius, Περὶ τῆς ἐξομολογήσεως, 1568 Joachim Camerarius I. Joachim Camerarius I. Bl. S2r/v
Camerarius, Τοῦ αὐτοῦ. Τόνδε ποθ' οἱ θεῖον συναθροισθέντες (Inc.), 1568 Joachim Camerarius I. Joachim Camerarius I. Bl. S2v-S3r
Hessus, Aenigma Eobanicum, 1568 Joachim Camerarius I. Joachim Camerarius I. Bl. O6r/v
Micyllus, Ad Ioachimum Camerarium abeuntem cum Philippo Elegia, 1568 Joachim Camerarius I. Joachim Camerarius I. Bl. E4r-E5v
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Alle Briefe mit Erstdruck und Erwähnten Personen

 Erstdruck inErwähnte Person
Camerarius an Lotichius, 11.04.1558Camerarius, Epistolae familiares, 1583Gregor von Nazianz
Martha Camerarius II.
Janus Cornarius
Michael Beuther
Unbekannt (Bagmanus)
Anna Truchseß von Grünsberg
Jakob Micyllus
Chyträus an Camerarius, 13.01.1571Chyträus, Epistolae, 1614Unbekannt
Gregor von Nazianz
Basilius der Große
Unbekannt (Bassewitz)
Joachim von Bassewitz
Philipp Melanchthon
Martin Luther
Camerarius an Chyträus, 14.02.1569Chyträus, Epistolae, 1614Euripides
Camerarius an Bording, 15.10.1555Camerarius, Epistolae familiares, 1583Georg III. (Anhalt-Plötzkau)
Jacopo Sadoleto
Matthias Marcus Dabercusius
Philipp Melanchthon
Mutianus an Unbekannt, 1514Camerarius, Epistolae doctorum, 1568Helius Eobanus Hessus
… weitere Ergebnisse

Werke

 
Camerarius, Alia (precatio). Christe Dei aeterni soboles (Inc.), 1560
Camerarius, Alia precatio. Prae cunctis aeterne Deus (Inc.), 1560
Camerarius, Aliae (scil. preces) matutinae, 1573
Camerarius, Aliud, 1570
Camerarius, Annotata ad libellum Iesu Siracidae, 1551
… weitere Ergebnisse

Briefe

 
Chyträus an Camerarius, 13.01.1571
Camerarius an Chyträus, 14.02.1569
Camerarius an Stiebar, 01.08.1527
Camerarius an Jonas, 13.08.1535
Camerarius an Vogler, 01.01.1542
… weitere Ergebnisse

Unkorrigierte Briefe

 Bearbeitungsstand
Hessus an Camerarius, 15XX awunkorrigiert
Hessus an Camerarius, 09.09.1521unkorrigiert
Hessus an Camerarius, 07.04.1524unkorrigiert
Hessus an Camerarius, September 1524?unkorrigiert
Hessus an Camerarius, 1526-1533 arunkorrigiert
Hessus an Camerarius, 1526-1533 zunkorrigiert
Camerarius an Mylius, 1526-1535unkorrigiert
Hessus an Camerarius, 1527unkorrigiert
Hessus an Camerarius, 15XX cqunkorrigiert
Hessus an Camerarius, 15XX brunkorrigiert
… weitere Ergebnisse

Briefe ohne Regest

 Regest jn
Reuchlin an Melanchthon, 24.07.1518falsch
Melanchthon an Camerarius, 01.01.1523falsch
Melanchthon an Camerarius, 04.01.1523falsch
Melanchthon an Camerarius, 23.08.1523falsch
Hessus an Melanchthon, 25.07.1524falsch
Melanchthon an Camerarius, 31.10.1524 afalsch
Melanchthon an Camerarius, 31.10.1524falsch
Melanchthon an Camerarius, 01.11.1524falsch
Melanchthon an Camerarius, 25.11.1524falsch
Melanchthon an Camerarius, 03.12.1524falsch
… weitere Ergebnisse

Beispielabfragen

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Verlinkte Anleitungen

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Eingabe von Aufenthaltsorten

{{Itinerar
|ItinerarOrt=Ansbach
|AufenthaltBeginn=1529/04/04
|AufenthaltEnde=1529/04/15
|Grund des Aufenthalts=Durchreise nach (Nürnberg)
|AngabeGesichert‎=nein
|Anmerkungen=Auf der Reise traf Camerarius Georg Vogler. Genaues Datum unsicher (vor 07.05.1529)
}}
 


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