Camerarius, Συνοδικά, 1543
Opus Camerarii | |
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Werksigle | OC 0431 |
Zitation | Συνοδικά, bearbeitet von Jochen Schultheiß und Vinzenz Gottlieb (29.12.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OC_0431 |
Name | Joachim Camerarius I. |
Status | Herausgeber Verfasser |
Sprache | Latein |
Werktitel | Συνοδικά |
Kurzbeschreibung | Theologischer Traktat, in dem insbesondere aus protestantischer Perspektive biblische und katholische Positionen in kontrastiver Gegenüberstellung betrachtet werden. |
Erstnachweis | 1543 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datum des Druckes: nach dem 10.2., da Johannes Eck schon als verstorben erwähnt wird (Bl. Dv). |
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) | |
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) | |
Schlagworte / Register | Theologie; Polemik (konfessionell); Religionsgespräche, Konzilien etc.; Konzil von Trient, I. Trienter Periode (1545-1547); Konzil von Trient; Confessio Augustana; Ekklesiologie; Regensburger Religionsgespräch (1541); Divination und Prodigien |
Paratext zu | |
Paratext? | nein |
Paratext zu | |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Synodica, 1543 |
Erstdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | |
Volltext | http://texte.camerarius.de/OC_0431 |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk | |
Bearbeitungsstand | |
Überprüft | am Original überprüft |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | [[Notizen::VG (Diskussion) 14:43, 23. Aug. 2024 (CEST) Regest noch erstellen. Erwähnt wird auch von Buch des Johannes Eck: „vanitatis et furoris, plenum quasi foetorem quendam moriens” (Dv). Was kann das sein? Vielleicht das Buch gegen Bucer: Eck, Replica Io. Eckii aduersus scripta secunda Buceri apostatae super actis Ratisponae (VD16 E 415, 416)?
Die kontrastive Darstellung erfolgt noch nicht hier, sondern erst in OC 0425. Das ist noch anzupassen.]] |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS; Benutzer:VG |
Gegengelesen von | |
Bearbeitungsdatum | 29.12.2024 |
Opus Camerarii | |
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Werksigle | OC 0431 |
Zitation | Συνοδικά, bearbeitet von Jochen Schultheiß und Vinzenz Gottlieb (29.12.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OC_0431 |
Name | Joachim Camerarius I.
|
Sprache | Latein |
Werktitel | Συνοδικά |
Kurzbeschreibung | Theologischer Traktat, in dem insbesondere aus protestantischer Perspektive biblische und katholische Positionen in kontrastiver Gegenüberstellung betrachtet werden. |
Erstnachweis | 1543 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datum des Druckes: nach dem 10.2., da Johannes Eck schon als verstorben erwähnt wird (Bl. Dv).
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Schlagworte / Register | Theologie; Polemik (konfessionell); Religionsgespräche, Konzilien etc.; Konzil von Trient, I. Trienter Periode (1545-1547); Konzil von Trient; Confessio Augustana; Ekklesiologie; Regensburger Religionsgespräch (1541); Divination und Prodigien |
Paratext zu | |
Paratext? | nein |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Synodica, 1543 |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk | |
Bearbeitungsdatum | 29.12.2024 |
Widmung und Entstehungskontext
Die Συνοδικά sind Markgraf Albrecht von Brandenburg, Herzog von Preußen, gewidmet.
Aufbau und Inhalt
Theologischer Traktat in drei Teilen, in dem protestantische Positionen dargelegt und Möglichkeiten der Verständigung betrachtet werden. Das Werk ist in der Erwartung eines anstehenden Konzils geschrieben. Im ersten Teil fasst Camerarius die lutherischen Positionen für das Konzil zusammen, und kommentiert, ob sie verhandelbar oder unumstößlich sind. Der zweite Teil umfasst Missstände in der Kirche. Der dritte Teil beinhaltet lange Klagen und Prophezeihungen.
Eine gründlichere Gegenüberstellung der Kontraste findet sich in der Expositio παράλληλος im selben Druck.
Regest
Συνοδικὰ α (A7v-B4v): Viele kluge Anhänger der römischen Kirche, mit denen C. gesprochen habe, meinten, ein Konzil würde weder dem Papsttum noch dem Frieden der Kirche nützen: Aus politischen Gründen könnten z.B. keine französischen Delegierten anreisen. Wenn die Könige sich aber einig wären, würden sie der Kirche viel Macht und Reichtum entreißen. In Frankreich wäre bereits die Umwandlung der Klöster in Adelsschulen und Stipendien (de Abbatiis convertendis in equitum collegia et stipendia) im Gespräch. Nach deren Meinung würde aber nur Streit daraus folgen, und laut Hippokrates solle man in hoffnungslosen Fällen keine Medizin verwenden. Laut dem Mainzer (Erzbischof Albrecht (Brandenburg)) sei aber kein Konzil nötig, weil die Kontroversen unterschiedlich geartet seien; einige bräuchten eher Gelehrtengespräche. Es sei offensichtlich, dass die Forderung der Lutheraner nach der (Priester-)Ehe berechtigt sei. Aber ein solches Zugeständnis würde nur zum Untergang der Kirche führen und Diskussionen könnten wieder neue Häresien (studia pariunt nova et falsa dogmata) hervorrufen, wie die Wiedertäufer. So habe er neulich den Stipendienantrag eines jungen Mannes abgewiesen, weil dieser das Abendmahl in beiderlei Gestalt zu sich genommen und dies sogar zugegeben habe.
Camerarius spekuliert weiter über die Motivation des Papstes (Paul III. (Papst)), ein Konzil einzuberufen und was dabei die Aufgabe der Lutheraner sei. Es bestehe die Gefahr, dass der Papst die Verdammung der Lutheraner und die Bestätigung der Bulle Leos X. verlange. Die vernünftigen Bischöfe müssten sich dem widersetzen. Manche wären aber auch der Meinung, dass die Anerkennung der lutherischen Lehre und gegenseitige Zugeständnisse die Kirche stützen und vielleicht sogar wiedervereinen könnten. So würden z.B. einige deutsche Gesandte reden: aus Köln, der Pfalz und der Markgrafschaft (Ansbach?). Man müsse sich aber davor hüten, unsinnige Beschlüsse zu fassen über die Priesterehe, die Anrufung der Heiligen, den Ablass, über Missstände und das Messelesen gegen Geld (nundinis missarum). Dadurch würde der Streit nur verstärkt, aber die Autorität der Konzilien würde dauerhaft leiden. Verdammungen dürften nur aufgrund rationaler Argumente erfolgen. Es sei zu überlegen, in welchen Punkten man nachgeben könne und welche Befugnisse die Lutheraner den Bischöfen zurückerstatten könnten. Sicher werden einige Kardinäle darauf bestehen, kein Gesetz und keine Gewohnheit der Kirche zu ändern. Contareni (Legat beim Regensburger Religionsgespräch) sei vom Papst und vielen Kardinälen für seine Kompromissbereitschaft getadelt worden.
Über den freien Willen gebe es unter Verständigen keinen Streit, und in Augsburg sei sogar ein Artikel wie in der Confessio Augustana angenommen worden. Über die Rechtfertigung bzw. Sündenvergebung (durch Glauben, nicht durch eigene Leistung) und gute Werke habe es in Regensburg eine Einigung gegeben. Camerarius zweifelt nicht, dass alle Klugen und Gottesfürchtigen die lutherische Lehre für wahr und nützlich hielten, trotz der Schmähungen eines Johannes Eck. Man müsse sich davor hüten, auf einem Konzil durch die Verdammung einer offensichtlichen Wahrheit größere Zwistigkeiten heraufzubeschwören. Schon in Regensburg hätten die Lutheraner dargelegt, dass es dann keinen Streit gebe und sie sich nach Abstellung einiger Missstände fügen würden, wenn es einen Konsens gibt in den Punkten: Über die Kirche, über die Autorität der Bischöfe, über die Ordination, den Gehorsam der Kirchendiener und über Kirchenpolitik. Dann könne der Zustand der Bischöfe und Kathedralkollegien und der aktuelle Rechtszustand erhalten bleiben. Es sei aber offensichtlich, dass seit langer Zeit Bischöfe und Kanoniker sich zu sehr mit Politik und zu wenig mit Kirchenangelegenheiten wie Wissenschaft, Seelsorge und Kirchenaufsicht beschäftigten. Sie sollten also überlegen, ob sie das weiterhin so halten wollten. Die übrigen Fragen beschäftigen sich mit der Ehe, der Messe, der Anrufung der Heiligen, Mönchsgelübden oder der Reformation der Klöster. Camerarius spricht sich für die Priesterehe aus (Quare coniugium sacerdotibus omnino liberum relinqui oportet). Die Privatmesse sei ein Missbrauch des Sakraments, auch durch den Entzug des Laienkelchs. Abzuschaffen seien die Anrufung der Heiligen, die Verehrung der Statuen, Bilder und Reliquien. Darüber habe es schon bei den Griechen verderbliche Spannungen gegeben. Es sei aber zur Unterrichtung des Volkes sinnvoll, das Andenken an die heiligen Märtyrer und die Erzählung ihrer Legenden beizubehalten (B3v). Die Mönchsgelübde seien verdorben worden durch Nacheiferer, die einen neuen Klostertypus gegründet hätten und sich Mendikanten nennten. Dagegen seien die alten Klöster und Kirchenkollegien beizubehalten, die von Kaisern und Fürsten gegründet worden waren. Auch gebe es offene Fragen zum Fasten, zu Feiertagen, anderen Riten und Zeremonien, die durch einen Konsens kluger Männer leicht geklärt werden könnten.
Συνοδικά β (B4v-C3v) Camerarius erinnert an eine Fabel des Aesop: Wie ein Hase unter Löwen sei der, der mit Mächtigen über Gerechtigkeit und Mäßigung disputiere. Aber Gott habe befohlen, die Wahrheit immer und überall zu verteidigen. So hätten auch Aristides und Phocion in Athen bei ihren Staatsgeschäften nicht die Begierden des Volkes, sondern sein Wohl und die Wahrheit im Blick gehabt. Camerarius zeichnet eine schwierige Lage mit wenig Aussicht auf Erfolg und vergleicht sie mit dem platonischen Bild eines Untieres, das genährt werden müsse. Ähnlich sei es in einer Versammlung von Affen: Dort würden nur Stimmen gehört, die die aktuelle (miserable) Situation loben und gutheißen. Man brauche also gute, fromme Menschen, die unerschrocken gegen Ungerechtigkeit einträten. Camerarius führt zwei Listen von Missständen der römischen Kirche: Zuerst bemängelt er Differenzen zwischen Lehre und Praxis (B6r-B7v), dann ekklesiologische Probleme und liturgische Bräuche (B7v-Cr), besonders den Primat des Papstes, den Entzug des Laienkelchs, Eheverbote, Lippenbekenntnisse beim Beten, Fasten und Feiern. Das Haupt der Kirche sei Christus, nicht der Papst (B7v).
Einschub (Cr-C3v): Camerarius sieht die große Aufgabe anstehen, ob man radikal die Fehler bekämpft und damit hohe Risiken eingeht oder ob man mit Mäßigung herangeht.
Συνοδικά γ (C3v-D3r) Manche zürnten den Lutheranern, ohne das begründen zu können. So nennten sie die Evangelisten einfältig und Paulus ein hochmütiges Untier. Weil sie sähen, dass ihre eigenen Fehler offenlägen, würden sie wie getroffene Hunde bellen und die Wahrheitsliebenden sowie die Wahrheit selbst verfolgen. So beklagt Camerarius in langen Ausführungen den Zustand der Kirche: Muslime und unfromme Kirchenleute beschädigten die Kirche, die einen mit Waffengewalt, die anderen durch Lügen unter dem Deckmantel des Glaubens. So wird das Papstamt näher betrachtet: Es wird darauf verwiesen, dass Päpste Fischer sein sollen und keine Krieger, denn auch Petrus habe nicht zum Schwert greifen dürfen, nicht einmal zur Verteidigung Christi (C6r-v). Auch die Verbissenheit des innerchristlichen Kampfes wird kritisiert: Beide Seiten (gemeint sind die römische und die reformatorische Kirche) sollten einander Redefreiheit zugestehen und aufhören, durch Zorn und Drohungen auf andere Meinungen zu reagieren: Sie alle feierten den Namen Christi und bekennten, dass er auferstanden ist und zur Rechten des Vaters sitzt, und erwarteten die Auferstehung der Lebenden und Toten. Als Hauptursache der Probleme müsse die Entstellung der Lehre, die Unterdrückung der Wahrheit und die Herrschaft der Lügen gelten. Die Profanisierung heiliger Gefäße werde auch von manchen beklagt, doch das bisher wertlose Edelmetall könne zum Nutzen des Gemeinwesens verwendet werden: Das sei erträglicher, als es den Armen durch Lügen abzunehmen. Gregor (von Nazianz, Migne, PG 36, col. 217) habe das Unrecht der Arianer gegeißelt, die Unterdrückung der Frommen, Zerstörung der Kirchen und Besudelung der Altäre mit Blut. Was würde er wohl zu den aktuellen Exzessen sagen? Er würde wohl eher beklagen, dass man täglich das himmlische Brot herunterschlingt, als dass ein schamloser Heranwachsender auf den Altären herumtanzt. (C7v) Die Mächtigen sollten sich auch nicht auf irdische Güter berufen, denn das hätten einst auch die Arianer und die Babylonier getan. Es sei aber absurd, dass die Christenheit geteilt sei in einen Teil, der sich mit seiner Größe rühmt, und einen der nicht einmal mit seiner Kleinheit zufrieden sein darf: Denn man bekenne sich doch zu dem einen Gott und dem einen Christus. Es sei nicht gerecht, diese einfachen Christusverehrer (Christicolas) zu unterdrücken, da sie keine militärischen und finanziellen Mittel besäßen. (C8r-v) Allen gemeinsam aber seien der Himmel, Sonne und Mond, die Gestirne, die Erde als Mutter und Grab aller, zu der alle gleichermaßen zurückkehrten; Gesetz, Propheten, Lehre, die Leiden Christi. Wenn aber Fürstenherrschaft, Reichtum und Ehrbarkeit mächtiger wären als Frömmigkeit und Glaube an Christus, müssten die Christen diese Feinde ihres Herrn verlassen. Die Institution Kirche würde zusammenbrechen, aber die Christenheit würde gestärkt.
Es gebe aber in Italien, Spanien, Deutschland, Frankreich und England gute, fromme und gelehrte Männer, für die der Ruhm Gottes und das Wort Christi mehr gelte als eigene Bequemlichkeit. (Dr) Eccius habe im Sterben ein Buch voller Unwahrheit und Raserei (librum vanitatis et furoris, plenum quasi foetorem quendam) hinterlassen (s. Anm.). Wenn es auf seine Anordnung hin erschienen sei, wäre das genauso unverschämt, leichtfertig und tollkühn wie fast alle seine Werke. Wenn es aber Freunde zu seinem Andenken ediert hätten, wäre das ein Bärendienst für seinen Ruhm.
Gott werde die Schändung seines Namens und die Unterdrückung der Kirche nicht mehr lange zulassen. Es sei offensichtlich, dass bedeutende Veränderungen drohten, wie zahlreiche Vorzeichen zeigten. Camerarius zählt Natur- und Himmelserscheinungen, Monstergeburten und anderes auf (Dv-D2r). Er schließt mit der Übersetzung eines Gebets von Gregor von Nazianz, worin dieser die Sünden des Volkes bekennt und Gottes Allmacht schildert (Migne, PG 35, col. 949B-952B).
(Vinzenz Gottlieb)
Anmerkungen
"ein Buch voller Unwahrheit und Raserei": Möglicherweise handelt es sich um das Buch gegen Martin Bucer: Eck, Replica adversus scripta Buceri, 1543.