Camerarius an Turnèbe, 1556

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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 Briefdatum
Turnèbe an Camerarius, 15.05.155515 Mai 1555 JL
Camerarius an Turnèbe, 13.03.155513 März 1555 JL
 Briefdatum
Camerarius an Turnèbe, 15561556 JL
 Briefdatum
Turnèbe an Camerarius, 15XX15 März 1556 JL
Camerarius an Turnèbe, 15591559 JL
Turnèbe an Camerarius, 10.07.155910 Juli 1559 JL
Werksigle OCEp 0376
Zitation Camerarius an Turnèbe, 1556, bearbeitet von Manuel Huth und Alexander Hubert (10.04.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0376
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae doctorum, 1568
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. L1r-L3v
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Adrien Turnèbe
Datum 1556
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum Das Briefjahr ist gesichert (ἔτει τῆς χριστογονίας α. Φ. ν. ϛ.).
Unscharfes Datum Beginn 1556/03/15
Unscharfes Datum Ende 1556/12/31
Sprache Latein;Griechisch
Entstehungsort Leipzig
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Πάλαι ἤδη ἐγὼ ἐνθυμούμενος
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Paratext zu
Kurzbeschreibung
Anlass
Register Biographisches (Buchbesitz); Biographisches (Studium)
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand korrigiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:MH; Benutzer:HIWI
Gegengelesen von Benutzer:JS; Benutzer:US
Datumsstempel 10.04.2024
Werksigle OCEp 0376
Zitation Camerarius an Turnèbe, 1556, bearbeitet von Manuel Huth und Alexander Hubert (10.04.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0376
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae doctorum, 1568
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. L1r-L3v
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Adrien Turnèbe
Datum 1556
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum Das Briefjahr ist gesichert (ἔτει τῆς χριστογονίας α. Φ. ν. ϛ.).
Unscharfes Datum Beginn 1556/03/15
Unscharfes Datum Ende 1556/12/31
Sprache Latein;Griechisch
Entstehungsort Leipzig
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Πάλαι ἤδη ἐγὼ ἐνθυμούμενος
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Register Biographisches (Buchbesitz); Biographisches (Studium)
Datumsstempel 10.04.2024


Der Druck weist zahlreiche Fehler auf (etwa τῶν λόγον, κρύττω statt κρείττω (itazistische Aussprache?), falsche Spatia etc.).

Anmerkungen zur Datierung

Camerarius äußert im Postscriptum sein Bedauern, dass er Turnèbes Sophokles-Edition nicht mehr erhalten habe, als er noch an seinem Kommentar arbeitete. Ein Sophokles-Kommentar von Camerarius erschien aber 1556. Das Datum von dessen Widmungsbrief vom 15.03.1556 liefert einen Terminus post quem für den vorliegenden Brief.

Regest

Mit Blick auf dessen Mittel preise Camerarius Adrien Turnèbe glücklich ob seiner Situation: Er habe Zugriff auf einen großen Buchbestand, das Land sei gut regiert und die Bildung floriere, zudem habe er noch die Muße für seine Studien; bei ihm, Camerarius, dagegen liege doch vieles im Argen, sodass er Turnèbe tatsächlich beneide. Doch er selbst werde, worum es auch gehe, Eigenes nicht schlecht reden. Turnèbe jedoch mache sich über Camerarius lustig und lobe irgendetwas an seinem Talent, während er seine eigene Leistung klein rede und klage, dass er Camerarius nicht auf ebenbürtige Weise antworten könne (vgl. hierzu Turnèbes Brief an Camerarius vom 15.05.1555). Dabei sei sein Werk dem Turnèbes nicht tatsächlich nicht ebenbürtig (sc. allerdings im umgekehrten Sinne): Dass es das würde, würde sich Camerarius wünschen; dann könnte er nämlich eine höhere Meinung von seiner eigenen Arbeit haben.

Er werde aber wohl kaum leugnen, dass er sich bereits seit seinen frühesten Jahren um die richtige Bildung bemüht habe, und zwar ganz besonders angetrieben von der übermächtigen Liebe zum Griechischen. Einst hätten einige Leute um Richard Croke (Κρόκο(ς) (ὁ) βρετανό(ς)) deren Kenntnis verbreitet. Und Camerarius, gerade 13 Jahre alt, sei vom Vater der Bildung wegen hierher (nach Leipzig geschickt worden, und habe gleichsam als Grundstein seiner späteren Kenntnisse die Grundlagen aufgesogen und alles andere dem nachgestellt. So sei er gleichsam umgarnt, oder besser wie eine Maus, die Harz gekostet habe (s. Anm.), von der Begeisterung für die Philologie (λόγοι) gepackt worden und beschäftige sich bis heute damit.

Er nähere sich bereits dem höheren Alter, und habe, nach Solon, nicht viel, aber stets ein wenig und das Nötigste gelernt (s. Anm.). Bis heute folge er dieser Leidenschaft, übe stets und schäme sich auch nicht, das zuzugeben, denn er wisse, dass dieser Vorsatz nicht tadelnswert und das Ziel hinter all den Mühen es wert sei. Und das sei bei weitem nicht immer einfach gewesen. Aber was solle er ihn jetzt mit den Einzelheiten seiner Schwierigkeiten belasten?

Er selbst sei nämlich der Meinung, sein Fortschritt sei nicht zu verachten, und nun scheine er ja doch immerhin etwas Erwähnenswertes vollbracht zu haben, wo Turnèbe, der ja höchst geschickt im Umgang mit Worten sei, seine Schreiben nicht nur wohlwollend annehme, sondern sogar zu lobpreisen scheine. Zudem wolle Turnèbe offenbar Camerarius freundlich gesinnt bleiben und ihm selbst und seinen Bemühungen bzw., um die Wahrheit zu sagen, seinem Wagnis, nicht nur einfach in Prosa, sondern sogar in Versen ein wenig zusammenzuschreiben, nicht nur irgendeinen beliebigen Gedanken zuteil werden lassen (s. Anm.). Turnèbe solle sich dessen bewusst sein, dass Camerarius nun nach seinem Lob wie die Tiere, die Winterschlaf halten, im Frühling, sich nicht länger verstecken werde. So sei nun also das Risiko der Veröffentlichung auf Turnèbe mit übergegangen, wie er auch an allem Lob auf Camerarius Anteil haben werde. Er selbst nämlich werde zu allen sagen, dass sein Werk von Adrien Turnèbe als gut bewundert und gepriesen werde (s. Anm.).

Dafür werde Camerarius ihn ewig schätzen und er werde neidlos Turnèbes beredte ἀρετή loben. Dies aber wolle er nicht nur mit Worten, sondern mit Taten beweisen. Nun aber wolle er den Brief mit den üblichen Worten beenden und Turnèbe Lebwohl sagen. Bitte, ihm freundlich gesonnen zu bleiben. Schlussformel.

Im lateinischen Postscriptum gratuliert Camerarius Turnèbe zu dessen Sophokles-Edition. Er wünschte, er hätte sie bereits zu dem Zeitpunkt besessen, da er selbst einen Kommentar zu Sophokles verfasst habe; dieser hätte dadurch nämlich deutlich an Qualität gewonnen. Aber dennoch freue er sich über diese Erwerbung und danke Turnèbe dafür, dass er die Grenzen der Literaturwissenschaft ausweite (tibi gratias ago in dies quasi terminos proferenti eruditionis litterarum).

(Alexander Hubert)

Anmerkungen

  • Im erstem Absatz bezieht sich Camerarius auf Turnèbes Brief vom 15.05.1555, Turnèbes Antwort auf Camerarius' erstes Anschreiben. Bei dem vorliegenden Brief handelt es sich wiederum um eine Antwort darauf. Auch der Folgebrief zeigt, dass es sich bei diesem um den insgesamt vierten und dementsprechend bei dem vorliegenden Brief um den dritten der Korrespondenz handelt.
  • Turnèbe hat mit seiner Antwort die von Camerarius am 13.03.1555 angebotene Humanistenfreundschaft angenommen. Folgerichtig adressiert Camerarius ihn im vorliegenden Brief als amicus und φίλος.
  • "wie eine Maus, die Harz gekostet habe": Zur Verwendung dieses Sprichworts vgl. etwa Demosthenes 50, 26: ἀκούσας δὲ οὗτος ταῦτα … οὐδὲν αὐτοῖς ἀποκρίνεται, γελάσαντα δὲ ἔφασαν αὐτὸν εἰπεῖν "ἄρτι μῦς πίττης γεύεται· …"
  • "Er nähere sich bereits dem höheren Alter, und habe, nach Solon, nicht viel, aber stets ein wenig und das Nötigste gelernt": Vgl. Solons bei Plutarch überlieferten Ausspruch γηράσκω δ' αἰεὶ πολλὰ διδασκόμενος (Plu. Sol. 31, 3).
  • "seinen Bemühungen bzw., um die Wahrheit zu sagen, seinem Wagnis, nicht nur einfach in Prosa, sondern sogar in Versen ein wenig zusammenzuschreiben, nicht nur irgendeinen beliebigen Gedanken zuteil werden lassen": Mit seinem Brief vom 13.03.1555 hatte Camerarius Turnèbe einige eigene griechische Verse zukommen lassen, die dieser in seiner Antwort hoch gelobt hatte. Es handelte sich dabei laut Turnèbe wohl um ein Gedicht auf die Geburt Jesu.
  • "Er selbst nämlich werde zu allen sagen, dass sein Werk von Adrien Turnèbe als gut bewundert und gepriesen werde": Eine Anspielung auf den Wert von Turnèbes Lob für Camerarius' Self-Fashioning.
  • "Im lateinischen Postscriptum gratuliert Camerarius Turnèbe zu dessen Sophokles-Edition": Der erwähnte Sophokles-Edition Turnèbes wurde 1553 in Paris gedruckt.
  • "bereits zu dem Zeitpunkt (...), da er selbst einen Kommentar zu Sophokles verfasst habe": Camerarius hatte 1534 eine Edition samt Kommentar zu Sophokles herausgegeben, die beide in Sophokles, Τραγῳδίαι ἑπτά, 1534 enthalten sind. Im August 1556 kam ein weiterer Sophokles-Kommentar des Camerarius heraus; dessen Widmungsbrief vom 15.03.1556 liefert einen Terminus post quem für den vorliegenden Brief.