Turnèbe an Camerarius, 15XX
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||||||||
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Werksigle | OCEp 0382 |
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Zitation | Turnèbe an Camerarius, 15XX, bearbeitet von Manuel Huth und Alexander Hubert (10.04.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0382 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae doctorum, 1568 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. L8r-M2r |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Adrien Turnèbe |
Empfänger | Joachim Camerarius I. |
Datum | |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | o.D. |
Unscharfes Datum Beginn | 1556/03/15 |
Unscharfes Datum Ende | 1559/07/09 |
Sprache | Griechisch |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Κομισάμενος τὰ παρά σου |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | Stilkritik |
Register | |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | validiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:HIWI |
Gegengelesen von | Benutzer:JS; Benutzer:US |
Datumsstempel | 10.04.2024 |
Werksigle | OCEp 0382 |
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Zitation | Turnèbe an Camerarius, 15XX, bearbeitet von Manuel Huth und Alexander Hubert (10.04.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0382 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae doctorum, 1568 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. L8r-M2r |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Adrien Turnèbe |
Empfänger | Joachim Camerarius I. |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | o.D. |
Unscharfes Datum Beginn | 1556/03/15 |
Unscharfes Datum Ende | 1559/07/09 |
Sprache | Griechisch |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Κομισάμενος τὰ παρά σου |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Anlass | Stilkritik |
Datumsstempel | 10.04.2024 |
Anmerkungen zur Datierung
Terminus post quem ist das Datum von Camerarius' Brief von 1556, der aber nur mit Jahr datiert ist.
Terminus ante quem ist spätestens das zweite von zwei möglichen Todesdaten von Pierre Galland, der im Brief erwähnt wird und der im Spätsommer (30. August oder 6. September) 1559 in Paris starb. Wegen der Datierung von des Folgebriefs auf den 10.07.1559 kann aber sogar dieses Datum als Terminus ante quem genommen werden.
Regest
Turnèbe habe sich über Camerarius' Brief ehrlich gefreut, teils weil Camerarius bereits zum zweiten Mal geschrieben habe, als wolle er die Freundschaft, die sie im vorhergehenden Brief geschlossen hätten, festigen (s. Anm.), teils auch weil der Brief durch die Mischung von blumigem und glattem Stil nach "ehrlicher attischer Arbeit gerochen" habe.
Nur eines behage ihm nicht, dass Camerarius sie, die hier in Frankreich seien, glücklicher genannt habe als seine eigene Situation (vgl. :OCEp 0376), wobei er doch ihre Lage vollkommen falsch einschätze. Denn wie manche Metallarbeiten, wenn sie vergoldet oder gelblich seien, vorgaukelten, aus echtem Gold zu sein, so täusche auch ihre Situation durch einen gewissen Abglanz und offenbare sich jedem als falsch, der sich die Mühe mache, sie aus der Nähe zu betrachten. Denn in Frankreich bestehe ein Mangel an Büchern, in Deutschland aber sei Überfluss, und man glaube in Frankreich fast, man grabe in Deutschland nicht nur nach Silber- und Kupfererz, sondern nun auch nach einem "Büchererz", wenn man die Menge an importierten Büchern sähe. Frankreich litte an großem Mangel, würde nicht Deutschland seinen Reichtum an Büchern zur Verfügung stellen.
Außerdem werde ihr Land von Krieg auf Krieg erschüttert, wobei bisweilen selbst die Gefahr einer Revolution ((ὁ) περὶ ἀναστάσεως κίνδυνο(ς)) bestehe. Es gebe nie auch nur eine kurze Ruhephase. Camerarius wisse aber ja, dass unter dem Krieg alle zu leiden hätten. Nun würden alle durch außerordentliche Steuern aufgerieben. In den deutschen Kriegen komme es zu schwerwiegenden Entscheidungen und Umschwüngen, Frankreich jedoch leide an ständigem Krieg wie an einer chronischen Krankheit, und wenn doch einmal eine Waffenruhe eintrete, genössen sie nicht etwa den Frieden, sondern fürchteten bereits wenig später erneut einen Angriff.
Die, die sich um die Wissenschaften bemühten, plage die Sorge um den eigenen Tod, während einige Gottesgelehrte (s. Anm.) nur auf den rechten Augenblick warteten, um ihnen ein Bein zu stellen. Diese nämlich zögerten nicht, sie Verderber der Jugend zu nennen und noch Schlimmeres; sie flüsterten dies sogar dem König und seinen Beratern ein. Denn nicht nur in Arkadien lebten, wie das Sprichwort besage, Menschen, die sich von Eicheln ernährten (s. Anm.), sondern auch in Paris.
Nun frage Turnèbe Camerarius: Seien sie, die französischen Gelehrten nun glücklich zu schätzen oder nicht doch eher zu bemitleiden angesichts solcher Feinde, deren Hass und Groll ewig währe?
So verkröchen sich Turnèbe und seine Mitstreiter gezwungenermaßen und lernten, die Verschwiegenheit zu lieben. Denn wer sich auflehne und sich weigere zu schweigen, den treffe auf der Stelle der schreckliche Vorwurf der Häresie oder gar die Strafe auf dem Scheiterhaufen. Warum also schätze er sie glücklich, die von allen unter der Sonne das schlimmste Los gezogen hätten?
Camerarius sei entweder mürrisch und undankbar für den Frieden, obwohl dieser ihm viel Wohlstand einbringe, oder er mache sich über sie in Frankreich lustig und es verberge sich Spott hinter seiner Äußerung, es sei denn, Camerarius habe nur verhindern wollen, dass ihn selbst der Neid treffe. Doch er brauche sich nicht zu bemühen, denn Frankreich werde selbst im Unglück beneidet und noch dazu gehasst von vielen frechen Schwächlingen, die sich bemühten, die freie Wissenschaft hinauszuwerfen, wie die Epheser einst den Hermodorus mit der Begründung, niemand unter ihnen solle gut sein (s. Anm.).
Camerarius kenne nun die Alternative zu dem, worüber er sich beklagt habe, nämlich das, was Turnèbe ihm anvertraut habe. Je bessere Vorhaben Camerarius in Angriff nehme, desto tapferer verhüllten sie in Frankreich so gut wie möglich das Schlechte, konfrontiert mit dem schlimmsten Dämon, und machten ihr Unglück nicht öffentlich, außer wenn sie, wie nun er von Camerarius, gezwungen würden.
Doch auch Turnèbe kam es schon in den Sinn, Camerarius zu beneiden: Schließlich sei Turnèbe selbst ja aus der bewohnten Welt ausgeschlossen, Camerarius dagegen liebe die Einsamkeit von selbst. Turnèbe selbst werde sogar von unzähligen Augen bewacht, und Neid und Verleumdung träfen ihn besonders gerne. Camerarius aber fahre glücklich außerhalb von Wellen und Gischt auf einem ruhigen Meer, während Turnèbe mit Klippen und Strudeln ringe.
Im Übrigen sei der Überbringer des Briefes Pierre Galland (s. Anm.), der Camerarius alles Guten wünsche, wie er es verdiene, und seine Klugheit bewundere.
(Alexander Hubert)
Anmerkungen
- "ihrer Freundschaft, die sie im vorhergehenden Brief geschlossen hätten, treu bleiben": Dies bezieht sich auf den ersten Brief des Camerarius an Turnèbe vom 13.03.1555. Dessen Einordnung als "vorletzter Brief" des Camerarius sowie der Inhalt des ersten Absatzes geben Grund dazu, den vorliegenden Brief als Antwort auf Camerarius' Schreiben von 1556 zu sehen und damit als vierten Brief im gesamten Briefwechsel der beiden.
- "einige Gottesgelehrte": Es könnte sich hierbei um Mitglieder der Sorbonne handeln, die, geführt von Theologen, seit dem frühen 16. Jahrhundert zunehmend konservativ geworden war. 1529 verbot sie das Studium von Hebräisch und Altgriechisch und stemmte sich auch vehement gegen die Einführung des Jesuitenordens in Frankreich. Das Collège des lecteurs royaux, heute Collège de France, an dem Turnèbe lehrte, war als Gegenpol zur Sorbonne angelegt, mit freier Lehre aller Fächer.
- "Menschen, die sich von Eicheln ernährten": Vgl. Her. 1, 66, 11. Das Essen von Eicheln steht für Primitivität.
- "wie die Epheser einst den Hermodorus mit der Begründung, niemand unter ihnen solle gut sein": Hermodor von Ephesos wurde aus seiner Stadt verbannt, weil niemand unter ihren Bürgern der Angesehenste sein sollte.
- Pierre Galland: Dieser war der Lehrer Adrien Turnèbes. Wörtlich schreibt Turnèbe, Gallend grüße Camerarius von Turnèbe (Σὲ παρ' ἐμοῦ ἀσπάζεται Πέτρος Γαλάνδιος).