Theologie (CamLex)

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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CamLex
Zitation Vinzenz Gottlieb und Alexander Hubert, Art. "Theologie (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Theologie_(CamLex) (09.09.2024).
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CamLex
Zitation Vinzenz Gottlieb und Alexander Hubert, Art. "Theologie (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Theologie_(CamLex) (09.09.2024).

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Forschungsstand

Die Rolle des Camerarius in der Theologie ist bisher nur in Einzelaspekten erforscht. Wenn er in kirchengeschichtlichen Abhandlungen erscheint, dann meist als Autor der Melanchthon-Biographie, zunehmend auch als Adressat von Melanchthon-Briefen.[1] Da wesentlich mehr Briefe von Melanchthon an Camerarius erhalten sind als umgekehrt (ca. 600 gegen 69), wird Melanchthons Position zu behandelten Themen deutlicher als die des Camerarius. Zudem ist der Charakter der Humanistenbriefe nur sehr bedingt geeignet, theologische Positionen zu erkennen, da heikle Stellen für die Druckversionen oft überarbeitet wurden.[2] Die ungedruckten handschriftlichen Briefe, die er mit seinen Briefpartnern gewechselt hat, sind zwar in der Regel aussagekräftiger als die edierten, aber auch dort wird viel mit Anspielungen und Gräzisierungen gearbeitet, was das Verständnis erschwert. Ihre Analyse war im Rahmen dieses Projekts nicht zu leisten und harrt noch der Bearbeitung.

Genauso ist eine Gesamtdarstellung von Camerarius' theologischen Werken ein Desiderat. Viele waren lange Zeit nicht bekannt, denn eine annähernd vollständige Aufstellung aller seiner Schriften hat erst Baron/Shaw 1978 unternommen.[3] Sogar eine der gründlichsten Untersuchungen zu Camerarius, Stählin 1936,[4] sah sich nicht in der Lage, eine "Gesamtdarstellung der Religiosität Camerars" zu leisten. Auch Seckt 1888 hat nur "einige theologische Schriften des Joachim Camerarius" untersucht. Dazu kommt, dass C.‘ Wirken in der Kirchengeschichte lange Zeit nur durch die Folie Melanchthons betrachtet wurde.[5] Erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts ist man wieder darauf aufmerksam geworden, dass er insbesondere in der sächsischen Kirchenpolitik ein eigenständiger Akteur war.[6] Durch das systematische Beiziehen handschriftlicher Quellen[7] und der erst kürzlich im Rahmen dieses WIKIs vollständig erfassten Werke des Camerarius wird man allmählich ein differenzierteres Bild gewinnen können: Sicher ist es seinem irenischen Stil und dem Zurückstellen seiner eigenen Personen geschuldet, dass auch in seinen eigenen Werken die eigenen Leistungen weniger stark hervortreten als die von manchen Zeitgenossen.[8] Auch war es ihm gar nicht genehm, im Mittelpunkt zu stehen und an theologischen Konferenzen zu partizipieren.[9] So nimmt er einzig am Reichstag zu Augsburg in offizieller Funktion teil und taucht daher nur dort (als Gesandter der Stadt Nürnberg) in den Akten auf.[10]

Im Bereich der Kontroverstheologie und Polemik hielt sich Camerarius eher bedeckt; die Werke "Querela Luteri" und "Onar Hypar" treten hier hervor, wenngleich anonym publiziert.[11] Die bisherige Forschung hat sich auf die innerprotestantischen Konflikte konzentriert; die vergleichsweise heftigen Invektiven gegen die Papstkirche werden hier deutlicher unter die Lupe genommen.
Zu beachten ist auch, dass Camerarius kein eigentlicher Theologe war, sondern sich zeitlebens als Philologen bzw. Grammatiker betrachtete.[12] In seinen Werken sind aber Ansätze von fächerverbindender Pädagogik zu erkennen, wobei in humanistischer Manier Philologie, Erziehung und Theologie Hand in Hand gehen.[13] Die Grammatik und die Sprachbeherrschung, insbesondere der griechischen Sprache, sei unerlässlich als Grundlage zur Erkenntnis der Wahrheit und damit Theologie.[14]

Von seinen theologischen Schriften sind einzelne bereits untersucht worden, insbesondere Katechismus-Schriften und Gebetssammlungen: Walter 2017: "Capita pietatis" (OC 0544); Schultheiß 2024: "Catechesis" (OC 0579), "Disputatio de precibus" (OC 0646) sowie Gebete allgemein; Weng 2003: Paraphrase von Psalm 133 (OC 0441); Mundt 2004 und Schäfer 2003: das sog. Reformationseklogenpaar "Dirae seu Lupus" (OC 0376) und "Querela sive Agelaus" (OC 0377), "Querela Luteri"; Seckt 1888: "Capita pietatis", "Libellus de invocatione sanctorum" (OC 0459), "Catechesis" und "Historia Iesu Christi" (OC 0762); Kunkler 1998, S. 232-278: "Historia Iesu Christi", "Capita pietatis".[15]

Ein zentrales Augenmerk dieses Artikels liegt auf der Einordnung des Wirkens von Camerarius in die Kirchengeschichte. Sowohl seine lange Tätigkeit in Leipzig als auch die etwas bessere Quellenlage bewirken eine Schwerpunktsetzung auf albertinisch-sächsischer Kirchengeschichte.[16] Vor diesem Hintergrund lassen sich manche seiner theologischen Werke verstehen. Sein enges Verhältnis zum Lehrkörper der Theologischen Fakultät der Leipziger Universität ist dabei noch kaum erforscht, während die Kontakte ins nahe Wittenberg mittels der Briefe an und von Melanchthon leichter einsehbar sind.[17]

Im zweiten Teil werden Werke zu theologischen Themen in Hinblick auf "die heute gängige Einteilung der christlichen Glaubenslehre in die vier Teilbereiche der biblischen, historischen, systematischen und praktischen Theologie" untersucht.[18] Dabei ist zu beachten, dass Camerarius diese Einteilung nicht so vornahm und einige der Teilgebiete damals noch nicht gebräuchlich waren. So lässt sich das heute eigenständige Fachgebiet der Pädagogik bei Camerarius nicht von der Theologie trennen und ergänzt daher hier den Abschnitt zur Praktischen Theologie. Der Artikel ist bestrebt, bisherige Forschungserkenntnisse zu bündeln und durch tiefergehende eigene Forschungen zu ergänzen. Ein Teil davon hat bereits Eingang gefunden in das Einführungskapitel von Gindhart/Hamm 2024.[19]

(Vinzenz Gottlieb)

Camerarius in der Kirchengeschichte

Die frühen Jahre bis 1526

Die ersten Lebensjahre des Camerarius fielen in die Zeit vor der Reformation. Die ersten Einflüsse erreichten den Heranwachsenden bereits in Leipzig, wo er gemeinsam mit seinem Lehrer Georg Helt die Predigten des Ablasspredigers Johann Tetzel hörte. Sie beide sollen vorzeitig wieder gegangen sein, weil der Inhalt unerträglich gewesen sei.[20]

Die Motivation für seinen Umzug nach Erfurt 1518 kann nur vermutet werden: Dort war die Stimmung gegenüber der Reformation günstiger als im albertinischen Herzogtum Sachsen: Mit Helius Eobanus Hessus und Adam Krafft[21] fand er Unterstützer, die seine Hinwendung zur Reformation gefördert haben. Hier erfolgten auch erste Kontakte zu Melanchthon. Den Wechsel als frisch promovierter Magister nach Wittenberg 1521 kann man als Bekenntnis zum neuen Glauben deuten.[22] So gelang Camerarius der Absprung aus Erfurt, wo sich kurz nach dem feierlichen Empfang für Martin Luther auf dem Weg zum Wormser Reichstag im April 1521[23] das konfessionelle Klima verschärfte: Schon im Juni 1521 kam es zum Erfurter Pfaffensturm, und in der Folgezeit vertiefte sich die Kluft zwischen Alt- und Neugläubigen, bei denen Humanisten wie der Camerarius-Freund und gefeierte neulateinische Dichter Helius Eobanus Hessus zwischen alle Fronten gerieten und einen schweren Stand hatten. Hessus und der Wortführer der Erfurter Reformatoren, Johann Lange (Theologe), zerstritten sich und trugen so ihren Teil zum Niedergang der Erfurter Universität bei.[24] Camerarius aber studierte und lehrte seit September 1521 in Wittenberg, während er im Hause Melanchthons wohnte. Dadurch wurde ihrer beider lebenslange Freundschaft begründet, die für die Neuordnung des Bildungswesens in Deutschland so bedeutsam werden sollte.[25]

Die Wittenberger Zeit sah C. jedoch viel auf Reisen: So begab er sich 1524 gemeinsam mit Melanchthon in dessen Heimat Bretten und (allein) weiter nach Basel zu Erasmus von Rotterdam. Schon bald nach der Rückkehr nach Wittenberg im Herbst 1524[26] zogen ihn familiäre Angelegenheiten erneut in seine Heimatstadt Bamberg, die durch stürmische Ereignisse von Reformation und Bauernkrieg erfasst worden war: In mehreren fränkischen Klöstern empörten sich die Nonnen, teilweise flohen sie auch, nach dem Vorbild der Katharina von Bora. Auch eine Camerarius-Schwester[27] entschied sich für diesen Weg und floh unter tätiger Mithilfe ihrer Brüder.[28]

C. spielte eine Rolle im Streit zwischen Luther und Erasmus um den freien Willen,[29] indem er Luther durch dessen Frau Katharina überredete, eine Antwort auf Erasmus' Schrift "De libero arbitrio" zu verfassen.[30] Seine Hoffnung war, durch Dialog einen Konsens zu erreichen. Zeugnis von C.' Eingreifen in den Streit bildet eine Bemerkung Luthers, die Johannes Mathesius in den Tischreden niedergeschrieben hat: Erasmus credidit, neminem posse respondere ad suam diatriben, et ego volui tacere, sed Joachimus persuasit meae Cathenae, ut instaret.[31] Das Ergebnis war Luthers Schrift Luther, De servo arbitrio, 1525, deren scharfer Ton die Kluft zwischen Erasmus und dem Reformator vertiefte. Die anschließende Antwort des Erasmus, der Hyperaspistes, machte das Zerwürfnis irreversibel. Der friedliebende Camerarius hatte Luthers religiösen Eifer unterschätzt.[32]

In Bamberg spitzte sich im Frühjahr 1525 der Konflikt zwischen der Geistlichkeit um den Fürstbischof Weigand von Redwitz und der Bürgerschaft zu. Hier wurde C. Mitglied eines 18-köpfigen Vermittlungsausschusses.[33] Für den älteren der beiden Brüder, Hieronymus Camerarius, sollte sein Engagement noch schlimme Folgen haben. Obgleich er zunächst noch unbehelligt blieb, wurde er am 12.5.1527 im Auftrag des Bischofs verhaftet. In dessen Dienst stand Hieronymus als Kanzleiverwalter. Anlass waren wohl seine Versuche, die bischöflichen Dienste zu verlassen und eine Anstellung in Nürnberg zu finden. Ob aber seine Mitwirkung bei der Befreiung der Schwester und die Rolle des Bruders beim Aufstand der Bauern gegen den Bischof mitentscheidend waren, ist nicht ganz sicher.[34] Interessanterweise schreibt Melanchthon in einem Memorandum an Herzog Georg (Sachsen), den er zur Fürsprache bewegen will, Hieronymus C. habe keinen Kontakt zu Lutheranern.[35] Ist dies nun eine Notlüge, oder verstand Melanchthon seinen Freund Camerarius damals noch nicht als Lutheraner? Zunächst war Melanchthon jedenfalls erfolgreich, denn er erhielt gleich drei Fürbittbriefe des Herzogs an Weigand.[36]

(Vinzenz Gottlieb)

Schulleiter in Nürnberg (1526-1535)

In den Jahren 1526 bis 1535 wirkte Camerarius als Schulleiter und Lehrer für Griechisch und Geschichte an der neu gegründeten Oberen Schule in Nürnberg.[37] Die klar evangelische Prägung dieser Schule vergrößerte seine Einflussmöglichkeiten auch im religiösen Bereich: Das Glaubensleben seiner Schüler prägte er durch theologische Schriften und praktische Tätigkeiten.[38] Unbekannt ist aber, warum C. sich nur ein halbes Jahr nach Amtsantritt schon wieder auf Reisen begeben wollte. So war geplant, dass er als (Latein-)Dolmetscher des Grafen Albrecht VII. von Mansfeld einer Gesandtschaft von Reichsfürsten nach Spanien zu Kaiser Karl V. (HRR) angehören sollte. Eine längere Abwesenheit war also abzusehen, bei der Helius Eobanus Hessus vertretungsweise die Schulleitung übernahm.[39] Auf dem Esslinger Fürstentag wurde jedoch beschlossen, die Reise abzubrechen und die Angelegenheit auf die nächste Versammlung in Regensburg zu verschieben.[40] Vielleicht um C.' Reiselust zu bremsen, wurde ihm sehr bald nach seiner Rückkehr seine zukünftige Braut Anna Truchseß von Grünsberg zugespielt.[41] Die genauen Hintergründe sind noch immer unbekannt, selbst das Hochzeitsdatum ist umstritten.[42]

Ein Höhepunkt der Nürnberger Zeit war für C. sicher der Reichstag zu Augsburg 1530. Dort war er offizieller Delegierter der Reichsstadt Nürnberg. Seine Zusammenarbeit mit Melanchthon sollte sich hier wieder einmal bewähren. Dieser hatte in Abwesenheit des geächteten Luther die "Confessio Augustana" (CA) erstellt. Darauf verfassten altgläubige Theologen eine "Confutatio" gegen die CA. Sie wurde nicht ausgehändigt, sondern nur verlesen. Da Melanchthon an diesem Vorgang nicht teilnehmen konnte, griff er für seine Entgegnung auf Mitschriften des Camerarius und anderer Gelehrter zurück.[43] Mit den übrigen Vertretern der Stadt Nürnberg scheint Melanchthon ein schwierigeres Verhältnis gehabt zu haben: In MBW Nr. 1071 und 1079 wirft er ihnen vor, "schweizerische Politik" zu treiben. Nur aus Rücksicht auf C. halte er sich zurück.[44]

Neben der engen Freundschaft mit dem obersten Nürnberger Kirchpfleger, Hieronymus Baumgartner d.Ä.,[45] hatte C. zweifellos auch zu den Pfarrern der Reichsstadt Kontakt, den er über das Ende seiner dortigen Tätigkeit hinaus aufrecht erhielt. Dabei täuscht das Schweigen des edierten Briefwechsels darüber hinweg, dass er auch den Prediger an St. Lorenz, Andreas Osiander, kannte.[46] Dieser wird im Camerarius-Briefwechsel eher negativ dargestellt; daher muss eine systematische Untersuchung der handschriftlichen Befunde genauere Auskunft geben über die Entwicklung des Verhältnisses.[47] Besser waren die Beziehungen zum Melanchthon-Schüler Veit Dietrich,[48] der im Dezember 1535 Prediger an St. Sebald wurde, aber auch für eine Tübinger Professur vorgeschlagen worden war.[49] Von Nürnberg aus diente Dietrich dann als Relaisstation für Briefe zwischen Tübingen und Wittenberg.[50] Nicht zu vernachlässigen ist auch Lazarus Spengler, der als Ratsschreiber und persönlicher Freund des Camerarius die Einführung der Reformation in der Stadt förderte. Auch nahm er über C. Einfluss auf Melanchthon, um dessen Visitationsschrift in den Druck zu bringen.[51]

(Vinzenz Gottlieb)

Tätigkeit in Tübingen (1535-1541)

C. erwog auch einen Wechsel in die Politik durch Annahme der Nürnberger Ratsschreiberstelle, die mit dem Tod Georg Hoppels vakant war.[52] Das mag ein Indiz für seine Unzufriedenheit mit der Situation an der Oberen Schule gewesen sein. Eine Chance zur Veränderung gaben ihm die Ereignisse in Württemberg: Der 1519 vertriebene Ulrich (Württemberg) eroberte sein Herzogtum 1534 mit Hilfe des Landgrafen Philipp I. (Hessen) von den Habsburgern zurück und führte anschließend die Reformation ein.[53] Um den Widerstand der Universität (Tübingen), insbesondere der Theologischen Fakultät, zu brechen, benötigte er Hilfe von außen. Der Berufungsversuch Philipp Melanchthons[54] erfolgte in der Hoffnung, dass dieser den Sakramentenstreit zwischen oberdeutschen und lutheranischen Protestanten beilegen könnte.[55] Dieses Thema sollte die württembergische Politik noch längere Zeit beschäftigen. Als Visitatoren in universitären Angelegenheiten wurde neben der Bestellung des Ambrosius Blarer, der zudem als Superintendent die Einführung der Reformation in Württemberg ob der Steig visitieren sollte, auch der Basler Gräzist Simon Grynäus "ausgeliehen" (von Oktober 1534 bis Juli 1535).[56] Grynäus musste im Juli 1535 nach Basel zurückkehren, von wo er aber die Berufung des Camerarius in die Wege leitete. Zu dessen Aufgabenbeschreibung gehörten von Anfang an organisatorische Tätigkeiten; politische Belange wurden zunächst nicht erwähnt.[57] Gleichwohl hatte Grynäus aber im Sinn, ihn für die Universitätsreform und als Gesandten verwenden zu lassen.[58]

Die Theologische Fakultät widersetzte sich der Reformation von Land und Universität und wurde dafür vom Landesherrn bestraft: So wurden drei der vier Professoren im Frühjahr 1535 beurlaubt bzw. entlassen, nur der (theologisch indifferente) Balthasar Käuffelin durfte bleiben, damit die Fakultät nicht vollkommen handlungsunfähig wurde. Als Ersatz für die Entlassenen wurde Paul Phrygio aus Basel berufen. Sein schweizerisches Verständnis von der Reformation brachte allerdings einige Schwierigkeiten mit sich.[59] Melanchthon gelang es, Johannes Brenz für ein Jahr nach Tübingen zu holen, wo er den (1536 eingerichteten) dritten Lehrstuhl besetzte und als herzoglicher Commissarius mit Camerarius die neuen Universitätsstatuten ausarbeitete.[60] Brenz folgte dem Ruf aber nur widerwillig: In einem Brief an C. beschwert er sich über die Last und fragt, ob sie nullum ineptiorem asinum als ihn hätten finden können.[61]

1535 bis 1541 lehrte C. in Tübingen Griechisch, später Latein, und wirkte in zentraler Position an der Reform der Universität mit.[62] Im Herbst 1536 kam auch Melanchthon für drei Wochen nach Württemberg, wo er den Herzog auch in Universitätsfragen beriet, so über Stellenbesetzungen und Satzungsfragen, die auch in der zweiten herzoglichen Ordnung vom 3.11.1536 mündeten.[63] Allerdings stand Camerarius als herzoglicher Kommissar und Superattendent trotz zeitweiliger Unterstützung durch Brenz[64] zwischen allen Fronten und erlebte zahlreiche Konflikte mit anderen Fakultäten, vor allem der Theologischen, wo einige Altgläubige die Reformversuche blockierten: Der (päpstlich bestellte) Kanzler Ambrosius Widmann war am 12.7.1535 nach Rottenburg ausgewandert, was die Promotionen an der Universität fast völlig zum Erliegen brachte.[65] Nach der Rückkehr des anderen Kommissars, Johannes Brenz, nach Schwäbisch Hall[66] war C. allein verantwortlich für die Universitätsreform und damit auch für die Problematik um Widmann. Brenz und Camerarius waren permanente Kommissare, die auch an der Universität unterrichteten. Dagegen gab es auch temporäre Kommissare, die nur von Fall zu Fall eingesetzt wurden und größere Vollmachten hatten.[67] Der Beginn von Camerarius' Tätigkeit als Professor in Tübingen schlägt sich auch nieder in den Studentenzahlen: So nahm die Zahl fränkischer Studenten ab Sommer 1535 stark zu. Darunter finden sich auch Namen Nürnberger Patrizierfamilien.[68] Es ist sicher nicht abwegig, hierin eine Sogwirkung des Camerarius zu sehen, der den Familien als Schulleiter vertraut war. Gleichzeitig widerlegt es auch die These von der Bildungsferne der Patrizierfamilien.[69]

C. und Melanchthon machten in Tübingen ausgiebigen Gebrauch ihrer Akademikernetzwerke, indem sie die Berufung von Freunden und Studenten dorthin betrieben, etwa von Matthias Garbitius.[70] Im Fall von Jakob Micyllus[71] und Veit Dietrich hatten sie damit offensichtlich keinen Erfolg.[72] Probleme bereitete auch die Berufung des Johann Forster als Theologie-Professor nach Tübingen: C. fragte im Herbst 1538 (im Auftrag des Senats) Martin Luther um seine Meinung dazu, aber nicht Melanchthon, der von Forster abgeraten hatte.[73] Forster begann tatsächlich eine Lehrtätigkeit in Tübingen, hatte dort aber als Lutheraner konfessionelle Schwierigkeiten mit den Oberdeutschen und wurde 1541 wieder entlassen, was vielleicht auch als Angriff auf C. verstanden wurde und diesen zum Weggang bewogen haben kann.[74] Jedenfalls scheint C. ohne persönliche Verabschiedung abgereist zu sein, wie sein Abschiedsbrief belegt.[75]

In Tübingen förderte Camerarius das Pädagogium, das der Artistenfakultät unterstellt war, indem er unter anderem einen Katechismus dafür verfasste. Er korrespondierte in dieser Zeit viel mit Theologen und Schulmännern in Straßburg, besonders Jakob Bedrott, Nikolaus Gerbel und Johannes Sturm.

Ein öffentlichkeitswirksames Ereignis war die Überführung der Gebeine des Eberhard im Bart in die Tübinger Stiftskirche am 26.5.1537. Camerarius hielt dabei eine Leichenrede, in der er Eberhards Leben und Frömmigkeit charakterisiert.[76]

Eine ausgedehnte Bäderreise im Frühjahr 1540 führte C. auch noch Straßburg. Dort knüpfte er zahlreiche Kontakte zu oberdeutschen Humanisten und Theologen. Unter anderem traf er auch mit Martin Bucer und Johannes Calvin zusammen.[77] Während des Religionsgesprächs in Worms war C. ungefähr vom 13. bis 16.12.1540 anwesend, aber wahrscheinlich nur um Melanchthon zu besuchen.[78] Die Reiseroute ergibt sich aus einem Brief des Camerarius an Micyllus (13.12.1540).

Seine Teilnahme am Regensburger Reichstag 1541 ist durch mehrere Zeugnisse belegt. So hat er ein Gutachten zur Aufrichtung einer christlichen Schule eingereicht, das Christoph von Kreytzen Ende April oder Anfang Mai an Herzog Albrecht (Preußen) schickte.[79] Freilich ist C. zu dieser Zeit noch in Tübingen. Auch in MBW Nr. 2760, 2761 Anm. und 2763 (entspricht OCEp 1479) sieht man, dass C. in Regensburg war; freilich besuchte er zwischendurch (Mitte Juli) seinen Bruder Hieronymus Camerarius in Burglengenfeld. Am 17.7. war er wieder in Regensburg, von wo er vor dem 25.7. (MBW Nr. 2775) wieder nach Tübingen aufbrach.[80] Somit erlebte er den Reichsabschied am 29.7. nicht mehr vor Ort mit.[81] Auf diesem Reichstag muss es gewesen sein, dass Melanchthon seinen "Hyänentraum" hatte, der sich auf das "Regensburger Buch" bezog: Dieses bezeichnet C. später in der Melanchthon-Vita als ",Interim' in seiner Knabenzeit ... allen verhasst und heimlich erzogen".[82]

(Vinzenz Gottlieb)

Die Leipziger Zeit (1541-1574)

Das Jahr 1541 bildet eine Zäsur nicht nur im Leben des Camerarius, sondern auch in der Geschichte Sachsens: Der neue albertinische Herzog Moritz (Sachsen) sollte das Machtgefüge im Territorium, unter den protestantischen Reichsständen und im gesamten Reich erheblich durcheinanderwirbeln. Es gibt eine ganze Reihe von Ereignissen, die dabei eine Rolle spielen: Die Einführung der Reformation durch Hz. Heinrich (Sachsen) im albertinischen Herzogtum 1539, der Schmalkaldische Krieg 1546/47, der „geharnischte Reichstag“ 1547/48, die Belagerung Magdeburgs 1550/51 oder der Fürstenaufstand 1552. Ein Ereignis wie die Berufung des Camerarius an die Universität (Leipzig) nimmt sich dagegen eher unbedeutend aus. Für das Ergehen der Institution hatte sie aber Konsequenzen, die keineswegs gering zu achten sind.[83] Seine Rolle in der Universitätspolitik wird von der bisherigen Forschung als sehr bedeutend angesehen,[84] während die Reformationsgeschichtsforschung Camerarius früher nur eine kleine Nebenrolle zugebilligt hat – zumeist an der Seite Melanchthons. Doch Günther Wartenberg zählte ihn "zu den Geburtshelfern eines sächsischen Konfessionsluthertums".[85] Wir werden hier sein vielfältiges Engagement im Bereich der Theologie und Kirchenpolitik skizzieren.

Seine Wirkenszeit in Leipzig teile ich hier in vier Phasen ein: 1541 bis 1546, 1547 bis 1553, 1553 bis 1560 und 1560 bis 1574. Dies ist überwiegend politikgeschichtlich motiviert:[86] In den ersten Regierungsjahren[87] wurde Herzog Moritz von seinen Amtskollegen noch nicht ernstgenommen und strebte danach, sich aus der Abhängigkeit von Kursachsen und Hessen zu befreien, was zunächst nur durch die Parteinahme für das Haus Habsburg und damit ein neues Abhängigkeitsverhältnis gelang.[88] Camerarius bekam in dieser Zeit erste kirchenpolitische Aufgaben, die er jedoch eher unwillig übernahm.

Der Schmalkaldische Krieg bildet die erste Zäsur: 1547 erfolgte Moritzens Erhebung zum Kurfürsten und die Eingliederung der Kurlande um Wittenberg ins albertinische Herrschaftsgebiet. Dadurch und auch durch den Tod Luthers 1546 wurde das „neue“ Kurfürstentum zu einem der wichtigsten Zentren der Reformation, da so bedeutende Wittenberger Reformatoren wie Melanchthon und Johannes Bugenhagen nun in diesem Land wirkten.[89] Überdies konnte Moritz sich trotz des „Augsburger Interims“ allmählich aus der kaiserlichen Vormacht emanzipieren. Die Mittel dafür waren die Belagerung Magdeburgs 1550/51 und der Fürstenaufstand 1552.

Moritzens Tod im Jahr 1553 bildet die nächste Zäsur, da sein Bruder August (Sachsen) von den kühnen Entwürfen seines Vorgängers Abstand nahm und sich stärker Landesausbau und Reichspolitik verschrieb.[90] Nur wenige Monate später verstarb Georg von Anhalt, der sich zu einem der führenden Theologen des Kurfürstentums entwickelt und gerade in der Religionspolitik großen Einfluss erworben hatte. Er prägte als „Bischof“ von Merseburg die Ausgestaltung der albertinisch-sächsischen Kirchenordnungen in bedeutendem Maße, wirkte an der Ausarbeitung der "Leipziger Landtagsvorlage" 1548 mit (dem sog. "Leipziger Interim"), des weiteren an der "Confessio Saxonica" 1551, und nahm an mehreren Religionsgesprächen teil.[91] Für Camerarius stellte sich in dieser Zeit auch die Frage, ob er überhaupt nach Leipzig zurückkehren sollte.[92]

Das Jahr 1560 schließlich bringt den Tod Melanchthons. Diesem kommt in der Rückschau eine größere theologische Bedeutung zu als seinem Leipziger Freund und Kollegen. Wir können aber oft nicht ermessen, wieviele Ideen des Camerarius sich in Melanchthons Werken verbergen. Mit dessen Tod war Camerarius nun einer der letzten Überlebenden der ersten Reformatorengeneration. Diese Rolle zeigt sich deutlich in seiner Ladung durch Kaiser Maximilian II. (HRR) nach Wien, um bei der Erstellung einer Kirchenordnung mitzuarbeiten.[93] Ob nun Camerarius den Drang verspürte, das Erbe Melanchthons weiterzuführen, oder aus anderen Gründen: Jedenfalls verfasste er in den folgenden 14 Jahren mehr theologische Werke als zuvor. Den nächsten Einschnitt bildet im Jahr 1574 nicht nur sein Tod, sondern auch die religionspolitische Wende Augusts, der viele „Philippisten“ wegen des Verdachts auf Kryptocalvinismus aus ihren Ämtern entfernte; Georg Cracow und Caspar Peucer wurden sogar eingekerkert.[94] Auch Camerarius-Schüler wie Gregor Bersman,[95] Ernst Vögelin und Andreas Freyhub hatten mit schweren Repressionen zu kämpfen.[96]

(Vinzenz Gottlieb)

Voraussetzungen in Leipzig

Bis 1539 war die Universität Leipzig wie das gesamte albertinische Herzogtum Sachsen ein Hort des alten Glaubens, an dem Herzog Georg (Sachsen) den Einflüssen der Reformation (trotz anfänglicher Sympathie in einigen Punkten) durch eine eigenständige Reformpolitik trotzte.[97] Dabei zeigt die Arbeit von Christoph Volkmar eindrucksvoll, dass dieses Vorgehen keineswegs automatisch zum Scheitern verurteilt war, sondern dass erst durch den Tod von Georgs Söhnen (Johann und Friedrich) die "Fürstenreformation von oben"[98] durch Heinrich (Sachsen) ermöglicht worden ist. Durchaus nicht unwidersprochen[99] predigte der Ablassprediger Johann Tetzel 1516, 1517 und 1518 in der Stadt.[100] Auch Camerarius soll im Jahr 1517 zusammen mit seinem Lehrer Georg Helt eine dieser Predigten gehört und entrüstet die Kirche verlassen haben.[101] Die Leipziger Disputation 1519[102] zwischen Martin Luther, Andreas Bodenstein und Johannes Eck verfolgte er nur aus der Ferne, während er in Erfurt studierte. Sein Freund Adam Krafft war in Leipzig zugegen und bewog dort Philipp Melanchthon, einige Verse für Camerarius zu verfassen, was den Beginn von deren langer Freundschaft bildete.[103]

Mit der Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen[104] ergab sich auch die Notwendigkeit, den Lehrkörper der Universität an die geänderte konfessionelle Situation anzupassen. Besonders wichtig war die Ausbildung zuverlässiger Staatsbeamter und Pfarrer.[105] Nachdem am 13.8.1539 die Visitatoren im Auftrag Herzogs Heinrich (Sachsen) alle Universitätsangehörigen auf die Augsburgische Konfession und deren Apologie verpflichtet hatten,[106] bestanden aber gerade an der Theologischen Fakultät noch einige Schwierigkeiten, wie Camerarius sie schon in Tübingen angetroffen hatte. Besonders der Franke Hieronymus Dungersheim verweigerte sich der neuen Lehre. Er war seit Anfang 1538 Dekan und der einzige promovierte Theologe vor Ort. Auf besagte Visitation des Herzogs reagierte die Fakultät, sicher auf Dungersheims Betreiben hin, mit der Zusage sie wolten der Augspurgischen Confeßion und derselben Apologie nicht widerstehen, in so ferne sie weder dem Evangelio noch der Wahrheit widersprächen.[107] Dies wird allgemein als nur äußerliche Zustimmung gesehen, die im Widerspruch zum Standpunkt der übrigen Fakultäten stand und dem Herzog auch nicht genügte.

Die häufige Abwesenheit von Professoren, die meist auswärtige Kanonikate bekleideten und ihren Lebensmittelpunkt nicht in Leipzig hatten,[108] bereitete schon zu Regierungszeiten Herzog Georgs Schwierigkeiten: Bei der Promotion von Melchior Rudel und Matthäus Metz am 3. April 1538 hatten sich die anderen zuständigen Professoren aus Krankheitsgründen entschuldigen lassen. Da ein Professor allein nicht promovieren durfte, musste Dungersheim seinen Kollegen Johann Sauer aus Halle (Saale) heranziehen.[109] Dungersheim starb nach Krankheit am 2.3.1540. Die Nachfolge trat Johann Sauer an, der die Reformation bestenfalls halbherzig unterstützte und Leipzig schon 1544 in Richtung Wien verließ. Nur kurz (1539-1541) währte die Professorenkarriere des ersten evangelischen Theologieprofessors Nicolaus Scheubleyn, die durch seinen unglücklichen Tod ein jähes Ende fand.[110] Der systematische Neuaufbau der Fakultät erfolgte unter Heinrichs Sohn und Nachfolger Moritz (Sachsen), der nach der Berufung des Camerarius den Reformkurs fortsetzte, indem er am 26.5.1542 fünf theologische Lehrstühle stiftete (je zwei für das Alte und das Neue Testament sowie einen für Hebräisch) und für deren Finanzierung durch die Erträge des vormaligen Paulinerklosters sorgte.[111] Es dauerte allerding bis zum Wintersemester 1544, bis durch die Aufnahme des Schotten Alexander Alesius in die Fakultät alle theologischen Lehrstühle besetzt werden konnten.[112] Jakob Schenk lehrte vom Wintersemester 1541/42 bis Oktober 1542, wurde dann aber entlassen und im August 1543 des Landes verwiesen.[113]


(Vinzenz Gottlieb)

1541 bis 1546

Am 10.10.1543 erfolgte in Leipzig die theologische Doktorpromotion von Caspar Borner, Johann Pfeffinger, Andreas Samuel,[114] Wolfgang Schirmeister und Bernhard Ziegler – die erste nach dem neuen Bekenntnis. Fast alle der Promovenden waren Absolventen der Universität (Wittenberg), die somit ihren Einfluss in Leipzig intensivierte. Zu besagter Promotion wurden auch die Wittenberger Theologen eingeladen, um das gute Verhältnis zu demonstrieren (MBW Nr. 3333). Martin Luther, Johannes Bugenhagen und Philipp Melanchthon mussten zwar wegen der gleichzeitigen Promotion des Erasmus Alberus absagen, schickten aber Caspar Cruciger und Paul Eber als Vertreter (MBW Nr. 3338).[115] Die von den Kandidaten disputierten quaestiones wurden von Camerarius ediert, zusammen mit Zieglers Promotionsrede, einem lateinischen Bericht über die Vereidigung, dem Einladungsschreiben an die Wittenberger Fakultät, dem Wittenberger Antwortschreiben und einer Psalmenparaphrase in lateinischer (Melanchthon) und griechischer (Camerarius) Sprache.[116]

Schon bald nach Camerarius‘ Ankunft in Leipzig wurde er von Hz. Moritz in universitäre und kirchenpolitische Gremienarbeit einbezogen. So widmete er sich mit Borner zusammen der Universitätsreform;[117] dann bat Moritz ihn und die Theologische Fakultät um ein „Gutachten für die weitere Gestaltung der Landeskirche“,[118] wobei Camerarius auch an der Vorbereitung des Konsistoriums mitwirken sollte. Melanchthon unterstützte ihn durch Zusendung der Wittenberger Konsistorialordnung von 1542.[119] Streitpunkt dabei war die Kirchenstruktur: Während eine Gruppe um Georg von Karlowitz die alten Strukturen beibehalten wollte,[120] strebten die Superintendenten ein Konsistorium an, wie es im ernestinischen Kurfürstentum bereits bestand.[121] Zur Entscheidungsfindung wurden die Leipziger Theologen einbezogen und auch Camerarius. Dieser entwickelte dabei eine enge Freundschaft zu Georg III. (Anhalt-Plötzkau).[122]

Im Zuge der Universitätsreform richtete Herzog Moritz 100 Stipendien ein, die in erster Linie Theologiestudenten zugute kommen sollten. So wollte er dem Mangel an evangelischen Theologen abhelfen. Diese Maßnahme war nötig geworden, um die wegfallenden Einkommen aus kirchlichen Pfründen zu kompensieren. Camerarius gehörte zu den Prüfern der Stipendiaten; außerdem arbeitete er 1556 an einer neuen Stipendienordnung mit.[123] Ob die Ähnlichkeiten im Stipendienwesen der Universitäten Leipzig und Tübingen[124] Camerarius zu verdanken sind, ist noch zu prüfen.

Zur Vorbereitung des Universitätsbesuch und um den Verlust kirchlicher Bildungseinrichtungen zu kompensieren, richtete Moritz Fürstenschulen in Meißen, Pforta (beide 1543) und Grimma (1550) ein.[125] Ihre Visitation wurde der Universität (Leipzig) übertragen. Die Universität wählte zur Durchführung dieser Aufgabe Caspar Borner, Camerarius und Wolfgang Meurer.[126]

Aber auch fremde Landesfürsten bemühten sich außerordentlich um die Dienste des Camerarius. Dabei ist vor allem Herzog Albrecht (Preußen) zu nennen: Während C. im Oktober 1543 eine Stelle als Rektor der Königsberger Universität ablehnte, konsultierte der Herzog ihn (und Melanchthon) am 30.6.1545 bei der Problematik des Promotionsrechts. Dieses konnte nur vom Papst oder Kaiser erteilt werden. Von beiden war keine Zustimmung zu erwarten. Albrecht wandte sich weder an Juristen noch an prominente Theologen wie Martin Luther, sondern an die beiden Humanisten, die ihm nahe standen.[127] Das deutet auf den Willen hin, die Angelegenheit relativ diskret und geschickt zu lösen.[128] Eine entsprechende Lösung präsentierten sie in ihrem Gutachten vom 28.7.1545 MBW Nr. 3970 unter Verweis auf die Kirchengeschichte, insbesondere die Zeit unter Kaiser Julian (Apostata). Die Situation ähnelte den Problemen um den Tübinger Kanzler Widmann so sehr, dass die beiden Gutachten sogar in der Forschung verwechselt worden sind.[129] Das gute Verhältnis, das Camerarius und die Wittenberger Theologen zu Albrecht hatten, zeigt sich auch in einem Brief vom 8.10.1543, worin sie ihn (letztendlich vergeblich) bitten, auf das Studium seines Leibarztes Andreas Aurifaber in Italien zu verzichten.[130]

(Vinzenz Gottlieb)

1547 bis 1553

Während des Schmalkaldischen Krieges fand C. zunächst in Merseburg bei Fürst Georg Aufnahme, dann zog er über Erfurt weiter nach Franken.[131] Der Rat der Stadt Nürnberg bot ihm und Melanchthon Asyl an. Damit verbunden war möglicherweise die Hoffnung, dass beide Lehrtätigkeiten an der behelfsmäßigen Hochschule übernehmen würden, die dort eingerichtet worden war, vor allem für geflüchtete Wittenberger und Leipziger Studenten.[132] Melanchthon verblieb aber in Mitteldeutschland, und für eine Lehrtätigkeit des Camerarius in Nürnberg gibt es keine Belege. Allenfalls die Erwähnung, er werde zahlreiche Schüler nach Leipzig mitbringen,[133] kann ein Hinweis darauf sein. Die Wiederaufnahme seines Amtes in Leipzig war keineswegs sicher; so erwog er sogar, eine Theologieprofessur in Königsberg anzunehmen, wo sein Sohn Johannes Camerarius II. bereits studierte.[134] Auch Alesius interessierte sich dafür, und Melanchthon wurde sogar von Albrecht (Preußen) dorthin berufen.[135] Ebenso gab es Angebote des Kurfürsten Joachim II. (Brandenburg), dass C. an der Universität (Frankfurt an der Oder) unterkommen könne.[136] Camerarius wurde durch (den neuen Kf.) Moritz im Sommer 1547 nach Leipzig zurückberufen, wobei auch einige Theologen dies forderten.[137] Nachdem Camerarius und Melanchthon nach Kriegsende wieder in Sachsen weilten, wurden sie wie zuvor mit einigen Aufgaben betraut; Georg von Anhalt wirkte weiterhin mit, obwohl er in Merseburg seine Leitungsfunktionen nach dem Schmalkaldischen Krieg an den altgläubigen Bischof Michael Helding abtreten musste.[138]

Eine wichtige Aufgabe war zunächst die Arbeit an der Umsetzung des "Augsburger Interims", das als Übergangslösung für das Zusammenleben der Konfessionen bis zum nächsten Konzil fungieren sollte.[139] Jedoch verweigerten die altgläubigen Reichsstände die Annahme, so dass es nur noch für die evangelischen Reichsstände gelten sollte. Kurfürst Moritz zögerte mit der Annahme und verwies auf die Bedenken seiner Landstände und Theologen. Melanchthon und andere (Caspar Cruciger, Johann Pfeffinger und Georg Maior) forderten ausdrücklich, dass neben Georg von Anhalt auch Camerarius in die Theologenkommission berufen wurde.[140] Diese erarbeitete dann Vorschläge, wie man dem Kaiser in Äußerlichkeiten (Mitteldinge, Adiaphora) entgegenkommen könnte, ohne zentrale Glaubensinhalte aufzugeben.[141] Wichtige Stationen in der Entstehung dieser sog. Landtagsvorlage[142] waren die Konferenzen von Theologen und Räten, wobei die Treffen in Pegau (23.-25.8.) und Torgau (18.10.) ohne Beteiligung des Camerarius,[143] die von Altzella im November 1548 und der Theologentag zu Jüterbog am 16. und 17.12. unter seiner Mitarbeit erfolgten.[144] Präsentiert wurden die Ergebnisse auf dem Landtag in Leipzig Ende Dezember.[145] Obwohl die Stände die Vorlage ganz überwiegend akzeptierten, gab es Schwierigkeiten bei der Umsetzung, da die altgläubigen Bischöfe nicht einverstanden waren. Veröffentlicht wurden nur Auszüge der neuen Kirchenordnung;[146] durch Moritzens Hinhaltepolitik und Bedenken von Seiten der Theologen verzögerte sich die Annahme der Interimsartikel in Sachsen und unterblieb schließlich ganz, abgesehen von Details wie dem Tragen des Chorrocks.[147] Das zögerliche, aber zunächst nicht klar ablehnende Verhalten des Landesherrn schützte so auch seine eigenen Theologen: So gab es in Sachsen kaum Verfolgungen oder Verbannungen von Theologen, die dem Interim widersprachen. Zwar forderte Karl V. (HRR) kurzzeitig Melanchthons Auslieferung, konnte aber schließlich davon abgebracht werden. Anders sah es bei kleineren, besonders süddeutschen, Reichsständen aus: Aus Schwäbisch Hall musste Johannes Brenz,[148] aus Braunschweig-Calenberg Joachim Mörlin, aus Nürnberg Andreas Osiander fliehen, während Veit Dietrich dort bereits 1547 suspendiert worden war und Anfang 1549 nach schwerer Krankheit starb.[149] In Leipzig dagegen konnte ein Interim-Gegner wie Alexander Alesius weiterhin seine Positionen lehren.[150] Für Camerarius und besonders für Melanchthon sollte die Mitwirkung an der Landtagsvorlage aber für zahlreiche Schmähungen innerhalb des protestantischen Lagers sorgen, hauptsächlich von Seiten der Gnesiolutheraner um Flacius.[151] Gleichzeitig entwickelten sich aus diesem sogenannten Adiaphoristischen Streit zahlreiche weitere Zerwürfnisse.[152] Zunächst scheint sich die Schmähkritik auf Melanchthon konzentriert zu haben; Camerarius geriet ins Visier, als er den Freund durch die "Querela Lutheri" unterstützte.[153]

Wie oben bereits erwähnt, war das Interim nur als Übergangslösung bis zum nächsten Konzil gedacht. Auf diesem sollte die Kirchenspaltung entgültig überwunden werden. So kam auf die sächsischen Theologen die Aufgabe zu, ihre Glaubenswahrheiten überzeugend darzustellen. Im Jahr 1551 erarbeiteten sie daher, wiederum unter Mitwirkung des C., die "Confessio Saxonica" zur Vorbereitung auf das Konzil von Trient.[154] Camerarius wurde im April 1551 nach Württemberg geschickt, um mit Johannes Brenz Vorbesprechungen abzuhalten.[155] Die Wahl seiner Person lag sicher an den guten Kontakten der beiden aus Tübinger Zeit. Camerarius traf sich auch mit süddeutschen Theologen am 19.8.1551 in Langensalza, um über die "Confessio Saxonica" und die "Confessio Virtembergica" zu sprechen.[156] Das Konzil, das 1547 zunächst unterbrochen, später nach Bologna verlegt worden war, kam im Mai 1551 wieder in Trient zusammen. Melanchthons Teilnahme war vorgesehen, doch musste er in Nürnberg den angestrebten Geleitbrief erwarten.[157] Das Geleit wurde aber nie in der von Moritz (Sachsen) geforderten Form bewilligt.[158] Melanchthon kehrte schon im März 1552 wieder nach Sachsen zurück, als seine Teilnahme aufgrund des Fürstenaufstands obsolet wurde.[159]

Der Bedarf an (neugläubigen) Theologen in Leipzig blieb in diesen Jahren weiterhin groß, auch bedingt durch den Tod Borners (1547), Johannes Mentzels und Zieglers (beide 1552) sowie den Weggang Nikolaus Zipsers (1553).[160] Dies führte dazu, dass 1553 sogar der Mathematiker Johann Hommel gedrängt wurde, den Doktorgrad der Theologie zu erwerben. Diesem Ersuchen kam er aber nicht nach.[161]

(Vinzenz Gottlieb)

1553 bis 1560

Anders als in der Reichspolitik brachte der Tod von Kurfürst Moritz (Sachsen) zunächst keinen Bruch in der kursächsischen Kirchenpolitik mit sich. Kurfürst August (Sachsen) führte hier die Politik seines Bruders fort und baute die evangelische Landeskirche weiter aus.[162] Sofort nach seiner Rückkehr aus Dänemark suchte er das Gespräch mit Philipp Melanchthon, der künftig die führende Rolle unter den sächsischen Theologen spielen sollte.[163] Für Camerarius änderte sich einiges dadurch, dass er sich theologisch stärker exponierte: Mit der Herausgabe der Querela Martini Luteri geriet er plötzlich ins Visier von Kontroverstheologen.

Vom 20.-29.5.1554 nahm Camerarius am Naumburger Konvent teil, zusammen mit Theologen aus Kursachsen, Hessen und Straßburg, wie Melanchthon, Alexander Alesius, Johann Forster, Adam Krafft und anderen.[164] Ziel des Treffens war das Finden einer gemeinsamen Linie für den Augsburger Reichstag 1555,[165] der im Augsburger Religionsfrieden resultierte. Inhalte des Naumburger Konvents waren das Verwerfen der osiandrischen und schwenckfeldischen Lehre, des Interims und des Papsttums sowie die Behandlung von Zeremonien, Beichte, Konsistorien, Kirchenstrafen und kirchlicher Autorität. Das Treffen scheiterte letztendlich am Ausbleiben der württembergischen Vertreter. Im Abschlussdokument werden einige Positionen erkennbar, die Camerarius mitgetragen hat. Deutlich wird die Ablehnung der schwenckfeldischen Lehre, während Osianders Lehre differenziert betrachtet wird.[166] Während der theologische Schulterschluss nicht klappte, so war doch am selben Ort ein Treffen politischer Vertreter von Erfolg gekrönt, indem schon im Februar 1554 (zumindest vorübergehend) ein Ausgleich zwischen albertinischen und ernestinischen Interessen geschaffen wurde.[167]

Camerarius wurde weiterhin mit der Visitation der Fürstenschulen betraut;[168] für die Kirchenvisitation wurden nur die Wittenberger Theologen sowie aus Leipzig Superintendent Pfeffinger herangezogen.[169]

Der Reichstag 1555 brachte mit dem „Augsburger Religionsfrieden“ eine entscheidende Zäsur in der Reichs- und Religionspolitik des 16. Jahrhunderts mit sich. Die sächsischen Kurfürsten (Moritz und August) und deren Räte legten hierfür wichtige Grundlagen.[170] Während des Reichstags war Camerarius (zumindest im Juni 1555) in Augsburg.[171] Ob er an den Verhandlungen teilnahm, ist unklar. So bittet er Hieronymus Wolf in einem Brief vom 5.11.1554 vorsorglich um Berichte. Wolf schreibt ihm aber (am 29.9.1555) nichts darüber, unter Verweis auf die sächsischen Gesandten, die das berichten würden.[172]

Im September 1555 war C. Teil der kursächsischen Gesandtschaft in Nürnberg zur Beilegung des Osiandrischen Streits.[173] Auch hier waren Melanchthon und Alesius zugegen. Wendorf 1957, S. 78 zeigt anhand dieser Reise sowie des Naumburger Konvents auf, dass die Meinung des Camerarius für Melanchthon sehr wichtig war.

Camerarius nahm 1556 am Regensburger Reichstag teil.[174] Dagegen war seine Teilnahme am ergebnislosen Religionsgespräch in Worms 1557 nicht geplant. Da jedoch Melanchthons Frau Katharina Melanchthon am 11.10. starb, reiste C. persönlich nach Worms, um dem Freund die Nachricht zu überbringen und ihn zu trösten. Er fand ihn schließlich Ende Oktober in Heidelberg, wohin er in einer längeren Verhandlungspause[175] gereist war und wo er Kurfürst Ottheinrich (Pfalz) bei der Reform der Universität (Heidelberg) beriet, während die Wormser Verhandlungen stagnierten.[176] C. scheint noch vor der (letztlich erfolglosen) Wiederaufnahme der Verhandlungen zurückgereist zu sein. Den Reiseweg hat er in einem Reisegedicht nachgezeichnet.

Im Sommersemester 1558 war C. Rektor der Universität Leipzig. [177] Fast gleichzeitig mit seinem Amtsantritt wurden die neuen Statuten der Artistenfakultät durch den Kurfürsten bestätigt, an deren Erstellung Camerarius maßgeblich beteiligt war.[178] In diese Zeit fallen auch die Neubesetzungen von vakanten Posten der theologischen Fakultät: Nach dem Tod Wolfgang Schirmeisters 1555 waren nur Pfeffinger und Alesius als ordentliche Professoren verblieben. Mit der Berufung von Andreas Knauer als Tertius und Heinrich Salmuth als Quartus sowie Peter Helborn als Hebräischlektor konnte dem Mangel wiederum abgeholfen werden.[179]

Dass C. 1559 am Reichstag in Augsburg teilgenommen hat, ist wahrscheinlich.[180] Im Jahr 1559 soll C. auch in Kirchenbelangen in Göppingen bei Herzog Christoph (Württemberg) gewesen sein,[181] was jedoch noch mit dem Itinerar in Einklang gebracht werden muss.

(Vinzenz Gottlieb)

1560 bis 1574

Mit Melanchthons Tod am 19.4.1560 war eine wichtige theologische Autorität des kursächsischen Protestantismus weggefallen.[182] Unter seinen Mitstreitern, will man sie nun als Philippisten, Kryptocalvinisten, Humanisten oder anders nennen, zeichnet sich kein Nachfolger mit ähnlicher Autorität ab. Mehrere Personen füllten in Wittenberg die Lücke aus. Das erweist sich auch an Melanchthons Lehrveranstaltungen, die auf mehrere Schultern verteilt wurden. Camerarius wurde die Auslegung des griechischen Jesus Sirach angeboten.[183] Über Nachfolgestreitigkeiten ist allerdings wenig bekannt: Die großen Konfliktlinien bestehen weiterhin eher gegenüber dem orthodoxen Luthertum. Die Fülle theologischer Schriften, die Camerarius in seinen letzten anderthalb Lebensjahrzehnten verfasste, könnte nun vermuten lassen, dass er den Freund beerben wollte.[184] Hierfür gibt es aber nur wenige Hinweise.[185] So ist er kaum an Kontroversschriften beteiligt und tut wenig zur Weiterentwicklung der Theologie. Er blickt eher zurück in die Geschichte und sucht nach historischen Grundlagen. Dazu gehört das Werk über das Leben Jesu und der Apostel.

Seit der Eskalation des innerprotestantischen Konflikts beim Wormser Religionsgepräch (1557) hatten sich die Spannungen zwischen Philippisten und Gnesiolutheranern noch verstärkt. Dazu trug auch die Berufung des Kontroverstheologen Matthias Flacius nach Jena bei. Die dort ansässigen ernestinischen Theologen versuchten sich als wahre Nachfolger Luthers zu inszenieren, zu Lasten der Wittenberger (und Leipziger) Theologen. So traf der evangelische Einigungsversuch durch den Frankfurter Rezess 1558 auf energischen Widerstand aus Weimar und Jena. Neben dem Weimarer Konfutationsbuch ist auch die Entlassung von Victorinus Strigel und Andreas Hügel in Jena Ausdruck dieses Zwiespalts. Mit der Absetzung des Flacius 1561 und Strigels Wiedereinsetzung 1562 begann eine Entspannungspolitik, die bis 1567 dauerte. Hieran war der Wittenberger Professor Paul Eber entscheidend beteiligt.[186]

Im Juli 1564 wird C. als Ehrengast nach Jena eingeladen, um an der von Paul Eber geleiteten theologischen Doktorpromotion Johann Stössels teilzunehmen.[187] Das zeigt das hohe Ansehen, das er damals in den sächsischen Landen genoss. Ob er schon an diesem Termin in Jena war, ist nicht ganz sicher (wegen der Datierung von OCEp 0748), doch war er am 15.7. zur feierlichen Ernennung der Magistri anwesend. Er lieferte bei dieser Gelegenheit auch die Antwort auf eine Frage Ebers zu Xenophon (OC 0748), wobei er ungewöhnlich deutliche Seitenhiebe gegen die Schmäher Melanchthons austeilt.

Die Bedeutung des Camerarius zu Lebzeiten, auch auf internationalem Parkett, wird verdeutlicht durch eine wenig bekannte Episode: Der päpstliche Nuntius Zaccaria Delfino plante im Jahr 1564, über Gespräche mit Camerarius und mit dem Kurfürsten von Brandenburg die Protestanten zurück zur römischen Kirche zu führen. Vorausgegangen waren Verhandlungen mit dem sächsischen Kanzler Ulrich von Mordeisen im August 1564 in Wien.[188] In diesem Kontext fallen über C. die Aussagen che è il manco rigido Luterano di Saxonia und [Camerario] in rebus religionis hoggidi può tutto col suo elettore.[189] Tatsächlich hat Delfino seine Reise nach Leipzig nie angetreten, sondern seinen Auditor Dr. Antonius Cauchius damit beauftragt.[190] Die Verhandlungen standen aber unter keinem guten Stern: Wegen der Gefangennahme seines Sohns Philipp Camerarius und seines Reisegefährten durch die Inquisition in Rom war Camerarius empört und nicht zum Nachgeben bereit. So habe er gesagt: Wenn die Papisten noch weiter so grausam gegen Unschuldige und Fremde vorgehen sollten, so könne es leicht geschehen, daß ihnen gleiches mit gleichem vergolten werde.[191] Der Überfall durch Handlanger Grumbachs auf Cauchius, bei dem dieser alle Briefschaften verlor, tat sein übriges, die Verhandlungen scheitern zu lassen, zumal die Hintergründe bis 1567 unklar blieben und ein religiös-politisches Motiv vermutet wurde.[192] Nachdem im selben Jahr 1565 sowohl Mordeisen in Sachsen als auch Delfino bei der Kurie in Ungnade fielen und ihre Posten verloren,[193] scheinen die Unionspläne, sofern sie überhaupt ernsthaft erwogen worden waren, vollends beigelegt worden zu sein.

Die Inhaftierung seines Sohns aus Gründen des Glaubens, verbunden mit der Gefahr der Hinrichtung, hatte den Vater tief getroffen, wie in mehreren Briefen deutlich wird.[194] Gleichzeitig zeigt sich aber auch, wie belastbar dessen politisches Netzwerk war: Unmittelbar nach der Verhaftung setzte ein reger Austausch von Briefen ein, die um Freilassung der Inhaftierten baten. Neben Gelehrten und fürstlichen Räten verwendeten sich auch Kurfürst August (Sachsen), der katholische Herzog Albrecht V. (Bayern) und sogar Kaiser Maximilian II. (HRR) für die Gefangenen,[195] die nach zwei Monaten schließlich ihre Freiheit wiedererlangten.

Infolge der Grumbachschen Händel wurde 1567 der ernestinische Herzog Johann Friedrich der Mittlere bis ans Lebensende inhaftiert, woraufhin sein Bruder Johann Wilhelm (Sachsen-Weimar) die Regierungsgeschäfte im Herzogtum in die Hand nahm. Unter ihm wurde die Kluft zwischen beiden Sachsen auch theologisch vertieft, was durch das Scheitern des Altenburger Religionsgesprächs noch befördert wurde.[196]

Von August bis Dezember 1568 war C. in Wien bei Kaiser Maximilian II. (HRR) und nahm dementsprechend nicht am gleichzeitigen Altenburger Religionsgespräch teil. Diese Reise war überschattet von körperlichen Gebrechen, die C. große Pein bereiteten, und dem Gefühl der Vergeblichkeit, das er schon vor Fahrtantritt hatte und das sich letztendlich bewahrheiten sollte.[197] Allerdings konnte der Melanchthon-Schüler David Chyträus nach einem Gespräch mit dem nach Leipzig zurückgekehrten Camerarius im Dezember 1568 (vgl. OCEp 1535) die Verhandlungen erfolgreich zu Ende bringen.[198]

Beim Consensus Dresdensis 1571,[199] an dem alle sächsischen Theologieprofessoren, Superintendenten sowie Vertreter der Konsistorien mitgewirkt haben, finden sich keine Hinweise auf Mitwirkung des C. So kann man konstatieren, dass er keineswegs in alle theologischen Angelegenheiten Sachsens involviert war. Bei der Durchsicht der Akten der Theologischen Fakultät im Universitätsarchiv Leipzig findet man seinen Namen nur sporadisch unter Gutachten und Briefen.

Das Jahr 1573 brachte mit dem Tod Herzog Johann Wilhelms die Situation, dass für dessen unmündige Erben offiziell ein Regentschaftsrat, tatsächlich aber Kurfürst August (Sachsen) die Geschäfte in den ernestinischen Gebieten übernahm. Dies führte zu zahlreichen Entlassungen gnesiolutheranischer Pfarrer sowie der Professoren Heshusius und Johannes Wiegand in Jena. Deren Stellen wurden mit den Philippisten David Voit und Balthasar Sartorius besetzt.[200]

Die Ereignisse des Jahres 1574 stellen eine Zäsur der religionspolitischen Entwicklung Kursachsens dar: Mit dem Sturz bedeutender Philippisten wie des führenden Rates Georg Cracow, des kurfürstlichen Leibarztes Caspar Peucer, des Kanzlers Hieronymus Kiesewetter und des Hofpredigers Christian Schütz begann die Säuberung des Kurfürstentums von vermeintlichen (oder echten) Kryptocalvinisten.[201]

Bereits im Januar begannen Visitationen kursächsischer Räte an den Universitäten Wittenberg und Leipzig sowie an der Schule zu Pforta. Entsandt wurden die Räte Walter von Schönberg, Hans Löser, Erich Volkmar von Berlepsch, Hauboldt von Einsiedel, Laurentius Lindemann und David Pfeifer.[202] In der unter Mitwirkung des Camerarius verfassten Antwort vom 10.2.1574[203] verweist die Universität auf den Dresdner Konsens von 1571, den sie mitgetragen hat und von dem sie nicht abweiche, sowie auf den Katechismus Martin Luthers und Melanchthons "Corpus Doctrinae". Neben der Zusicherung des Gehorsams gibt sie aber auch zu bedenken, welche Auswirkungen die Zensur im Ausland haben könne (etwa die dortige Zensur sächsischer Bücher und die Stärkung des Papsttums). Am 12.2. wurde die Antwort den Räten übergeben. Sie ist nach aktuellem Kenntnisstand die letzte öffentlichkeitswirksame Tätigkeit des Camerarius vor seinem Tod.

Es ist auffällig, dass erst nach dem Tod des Irenikers Camerarius eine Einigung der lutherischen Christen durch Konkordienformel und Konkordienbuch zustande kam.[204]

(Vinzenz Gottlieb)

Camerarius und bedeutende Theologen

Das Netzwerk des Camerarius beinhaltet unter anderem eine große Anzahl von Theologen, die bisher nur in Teilen untersucht wurden. Hier sei verwiesen einige Briefwechsel: Georg von Anhalt[205], Philipp Melanchthon[206], Veit Dietrich[207], Johannes Brenz.[208] und David Chyträus[209]. Gesonderte Betrachtung würden Alexander Alesius[210] und Martin Luther verdienen. Letzterer muss einen ausgedehnten Briefwechsel mit Camerarius gepflegt haben; davon ist jedoch nicht viel erhalten. So ist in den Camerarius-Editionen nur der Brief an die Wittenberger Freunde (OCEp 1532) enthalten. Ferner schreibt Ludwig Camerarius II. an seinen Sohn, zwischen Joachim C. und Luther seinen viele Briefe ausgetauscht worden, von denen er (Ludwig) aber keinen mehr habe erlangen können.[211] Drei Briefe finden sich in Briefeditionen zu Luther. Daraus offenbart sich ein durchaus persönliches Verhältnis zwischen beiden. So erhält C. durch Melanchthon eine Lesebrille von Luther und war davon sehr angetan; C. sendet Südfrüchte an Luther; und Luther schickt C. ein Empfehlungsschreiben für seinen Neffen.[212] Luther hielt hohe Stücke auf die Bildung des Camerarius. So ist der Ausspruch überliefert: Hodie plures vivunt, qui sunt eruditiores Erasmo: Noster Philippus, Joachimus et reliqui.[213] In einer undatierten Tischrede äußert er sich auch: Were ich so beredt vnd reich von Worten/ als Erasmus/ Vnd were im Griechischen so gelert als Joachimus Camerarius/ Vnd im Ebreischen also erfahren/ wie Forschemius/ Vnd were auch noch juenger/ ey/ wie wollte ich arbeiten.[214]

Gar nicht untersucht wurden hier bisher die Beziehungen zu Matthäus Alber[215] und Jakob Andreae[216], zu Justus Menius sowie zu den Leipziger Theologen. Auf katholischer Seite sind Erasmus von Rotterdam[217], Julius von Pflug[218], Moritz von Hutten und Daniel Stiebar von Rabeneck[219] zu nennen. Reformierte Theologen wie Theodor Beza erfordern eine gründliche Untersuchung auch der handschriftlichen Briefe: Nach dem energischen Vorgehen des sächsischen Kurfürsten August gegen die "Kryptocalvinisten" im Jahr 1574 war es für Camerarius' Söhne wahrscheinlich nicht opportun, Briefwechsel mit Calvinisten oder auch nur mit Philippisten in der Öffentlichkeit zu betreiben.[220] Wenn Briefwechsel des Camerarius mit solchen Briefpartnern überhaupt gedruckt wurden, so geschah dies entweder noch zu Camerarius' Lebzeiten (Melanchthon, Epistolae ad Camerarium, 1569), ohne Angabe des Empfängers (vgl. die meisten Briefe an Georg Cracow) oder nach Augusts Tod: Da dessen Sohn und Nachfolger Christian I. (Sachsen) eine Religionspolitik betrieb, die gegenüber dem Calvinismus freundlicher gestimmt war, konnten in der von den Camerarius-Söhnen besorgten Edition von 1595 auch Briefwechsel mit Georg Cracow und Hubert Languet erscheinen. Ob Camerarius mit Johannes Calvin selbst Briefkontakte hatte, ist unbekannt; allerdings ist ein persönliches Treffen 1540 in Straßburg auf Einladung des Wolfgang Capito belegt.[221]

Das enge Verhältnis, das Camerarius zu den Theologischen Fakultäten der Universitäten Leipzig und Wittenberg sicherlich gepflegt hat, ist außerhalb des Melanchthon-Briefwechsels nur sporadisch nachweisbar. Davon zeugen seine beiden autographen Konzepte vom 15.5.1551, in denen Camerarius im Namen der Leipziger Theologischen Fakultät zur Doktorpromotion der Kandidaten Wolfgang Pfendtner, Nikolaus Zipser, Georg Schnell und Johannes Mencel einlädt. Adressaten sind im ersten Fall Georg III. (Anhalt-Plötzkau), im zweiten die Wittenberger Theologen Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen, Georg Maior und Johann Forster sowie Magister Paul Eber.[222]

Bemerkenswert ist auch ein Briefwechsel der Wittenberger und Leipziger Theologen zum Tod des Leipziger Superintendenten Johann Pfeffinger: Darin werden die besten Wünsche für die Gesundheit des praeceptor communis Ioachimus Camerarius übermittelt, der sich im Antwortschreiben dafür bedankt.[223]

(Vinzenz Gottlieb)

Theologische Schriften des Camerarius

Biblische Theologie

Historische Theologie

Camerarius' Theodoret-Übersetzung - Philologie, nicht Theologie

Camerarius' philologische Ausrichtung zeigt sich schon früh bei seiner Übersetzung des Kirchenhistorikers Theodoret. Glaubt man Camerarius' Widmungsbrief an Justus Jonas, war es wie auch in anderen Fällen seine schlechte Gesundheit, die den Anstoß zu seiner Beschäftigung mit Theodoret gab:[224] 1535[225] habe er wieder einmal krank im Bett gelegen, vermutlich aufgrund seines langjährigen offenen Geschwürs am Fuß, das ihm zu dieser Zeit zu schaffen machte (→ Medizin); bei dieser Gelegenheit habe er in einem Buch gelesen, das sowohl eine griechische Edition von Theodorets Kirchengeschichte als auch Teile einer lateinischen Übersetzung derselben durch Epiphanius Scholasticus enthalten habe (es muss sich um das Kompendium zur Kirchengeschichte handeln, das Beatus Rhenanus 1535 in Basel herausgab[226]). Auf das Drängen von Freunden, die bei ihm auf Krankenbesuch waren, darunter Johann Mylius, habe er mit der Übersetzung des Werks ins Lateinische begonnen: Die Version des Epiphanius, dem Camerarius barbaries, inscitia und somnolentia zuschreibt (Bl. α2r), habe sowohl Mylius als auch er selbst als völlig nutzlos erkannt, da Epiphanius selbst vermutlich bereits eine spätere Sprachstufe des Griechischen gebrauchte und daher mit der älteren Form Theodorets weniger vertraut gewesen sei als Camerarius, der das Griechische von den besten (d.h. von den klassischen) Autoren und dem hervorragenden Georg Helt gelernt habe. Camerarius habe sich beim Lesen gar die Frage gestellt, wie es sein könne, dass einem Griechen nicht nur die lateinische, sondern gar seine eigene Sprache so fremd sei![227]
Es handelt sich bei Camerarius' Übersetzung offenbar um ein recht kurzfristiges Unterfangen: Da er sie als Produkt langer Sommertage (opella aestivalium dierum longarum, Bl. A3v) bezeichnet, ist anzunehmen, dass sie tatsächlich in den Sommermonaten des Jahres 1535 entstand, mutmaßlich noch vor Verfassen des Widmungsbriefes, der auf den 13. August datiert ist. Die Übersetzung wurde schließlich 1536 gedruckt.[228] Neben dem lateinischen Text enthält sie an einzelnen Stellen Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge zur griechischen Textgestalt in Form von Marginalien. Camerarius' Übertragung ist freier als die des Epiphanius; während letzterer sich stets bemüht, nah am griechischen Text zu bleiben und dafür häufig zu griechischen Fremdwörtern (scandalizare für σκανδαλίζειν, zelus für ζῆλος) und gräzisierender Syntax greift (Post quem Philogonius Pontificatum sumens ... für Φιλογόνιος δὲ μετὰ τοῦτον τὴν προεδρείαν λαβῶν),[229] verwendet Camerarius lateinische Ausdrücke (offendiculo esse, fervor) und zielsprachenorientierte Syntax (quem excipiens Philogonius ...).[230] Zugleich korrigiert Camerarius auch Verständnisfehler des Epiphanius (so übersetzt Epiphanius Genitiv und Partizip nach ἀκούειν mit einer Kombination von audire und Ablativus absolutus, wohingegen Camerarius korrekt ein Genitivobjekt erkennt, s.o. Anm.) und arbeitet semantisch genauer (für παντοδαποῖς κοσμούμενος ἀγαθοῖς hat Epiphanius omnibus bonis ornatus, Camerarius multiplicibus bonis ornatus[231]).

Camerarius bezeichnet seine Übersetzung ausdrücklich als philologische, nicht theologische Arbeit: Auf das Gebiet der Theologie habe er sich nicht begeben und er werde es auch nur unter Zwang tun. Jeder, nicht nur Theologen, sollten sich an seiner Arbeit erfreuen, gerade in einer Zeit, in der die von Theodoret beschriebenen Laster in allzu ähnlicher Form wieder aufträten; das Werk solle zu deren Heilung dienen.[232] Außerdem betont er den Wert seiner Übersetzung als geschichtliche Quelle, da die bisherigen Übersetzungen und Parallelberichte die Ereignisse zeitlich durcheinandergebracht hätten.[233] Eine Folge davon sei etwa, dass man allgemein annehme, der Häretiker Arius sei unter Kaiser Constantius gestorben; Theodoret schreibe aber klar und deutlich, dass sein Tod unter Kaiser Konstantin erfolgt sei.[234] Entsprechend sei entweder Theodoret unglaubwürdig oder Rufinus (von Aquileia) sowie die Übersetzer Theodorets, von denen die verbreitete Interpretation stammte, hätten ungenau gearbeitet.[235]
Der Ireniker Camerarius bemüht sich also ganz bewusst, sich von den theologischen Inhalten des Werks zu distanzieren, um nicht in die Schusslinie zu geraten, falls mancher Theologe sich durch Theodorets Aussagen oder Camerarius' Übersetzung derselben angegriffen fühlen sollte. Auch die beiden Werbegedichte in drei griechischen und sieben lateinischen Distichen, die er im Anschluss an die Widmung dem Hauptwerk voranstellt, betonen vor allem den Quellenwert von Theodorets Werk, das die Geschichte von Gottes Volk erzähle:[236] Es behandle eine Zeit, für die sonst wenige Quellen existieren; auch wenn es seine Mängel habe, sei es daher dennoch extrem wertvoll.[237]
Das eigentliche Werk enthält darüber hinaus neben einer lateinischen Übersetzung von Theodorets Kirchengeschichte Übertragungen weiter kleiner Werke aus Theodorets Korpus; auch diese unterstreichen die Interpretation des Bandes als Geschichtswerk, indem sie Verständnishilfen und Hintergrundinformationen zu diesem liefern. Darunter finden sich Kurzbiographien der Kaiser von Konstantin bis Theodosius II., der Bischöfe und weiterer Theologen, kurze Erläuterungen zu den in der "Historia Ecclesiastica" erwähnten Häresien sowie zwei kurze Traktate zum Unterschied zwischen den lateinischen Begriffen substantia und essentia.[238]

Camerarius' Übersetzung scheint recht beliebt gewesen zu sein. Philipp Melanchthon bedankt sich im Februar 1536 für die geleistete Arbeit und zeigt sich über die geplante Widmung an Justus Jonas erfreut.[239] Ebenso bestätigen die häufigen Neuauflagen die Beliebtheit des Textes: Während Beatus Rhenanus' Band zur Kirchengeschichte in der Auflage von 1535 noch den griechischen Theodoret abdruckte und als einzige Übersetzungsversatzstücke die des Epiphanius Scholasticus aus der "Historia Tripartita" bot, enthalten die sieben zwischen 1539 und 1570 publizierten Neuauflagen zunächst beide Texte und später dann nur noch die vollständige Übersetzung des Camerarius.[240]

(Alexander Hubert)

Von Jesus und den Aposteln - "Historia Iesu Christi" und "Expositio de apostolis"

Bei kaum einem Werk zeigt sich Camerarius' philologische Herangehensweise an theologische Stoffe besser als bei seiner 1566 erstmals gedruckten Beschreibung des Lebens Jesu Christi, eines eigentlich theologischen Stoffs par excellence:[241] Wenngleich diese zwar am Anfang und am Ende Jesu Rolle als wesensgleicher Sohn Gottes und der ewigen Jungfrau Maria[242] betont - und so Camerarius' 'Rechtgläubigkeit' bezeugt -, ist sie doch im Grunde ein historiographisches oder biographisches Werk, das Jesu Leben auf Erden und seine Zeitumstände betrachtet. Im Bereich der Historiographie verortet sie auch sowohl Widmungsbrief des Bandes an Joachim Friedrich von Brandenburg als auch im Werk selbst enthaltene Vorrede.

Entstehung und Zielsetzung der Schrift

Seit jeher, so schreibt Camerarius dort, habe er sich auch um die Geschichtsschreibung bemüht als ein Teil der bonae artes, der durch seine zahlreichen exempla nicht nur Vergnügen, sondern auch großen Nutzen bringen könne. Dies gilt freilich für die paganen Geschichtsschreiber, die er reichlich gelesen habe; mit fortschreitendem Alter aber habe er erkannt, das am erfreulichsten und nützlichsten doch die Werke christlicher Autoren seien, dass die theologische Lehre aber wiederum durch die Geschichtsschreibung ihre Ergänzung und Vervollständigung erfahre.[243] Der Philologe Camerarius postuliert hier also eine Loslösung von der Autorität der Kirche: Nicht das kirchliche Dogma erklärt den Sinn der Heiligen Schrift; dieser erhellt sich vielmehr von selbst, indem die Bibel als Erzeugnis ihrer Zeit aufgefasst und wie andere klassische Texte im Zusammenhang mit den historischen Umständen und mit anderen Texten verstanden wird.[244] Sein Ziel ist es, "die aus der Bibel überlieferten Zeungnisse mit dem ihm zur Verfügung stehenden historischen und literarischen Quellenmaterial [zu] verbinden, um auf diese Weise dem rechten Verständnis des Bibeltextes dienlich zu sein",[245] dessen Lehren alleine zum Heil führen.
Dementsprechend habe Camerarius die Bibel besonders gründlich gelesen, zur Ergänzung aber und zum besseren Verständnis weitere christliche Historiographen hinzugezogen. Im Rahmen dieser Lektüre waren es besonders das Leben Jesu selbst und seiner Apostel sowie die darin enthaltenen Widersprüche, die Camerarius' Interesse weckten.[246] So kam es, dass Camerarius, nachdem er aufgrund politischer und privater Schwierigkeiten (gemeint ist vermutlich der Schmalkaldische Krieg[247]) ein begonnenes Werk über die griechischen Redner aufgeben musste, stattdessen begann, seine Notizen zu Jesus und den Aposteln in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen und zu einer fortlaufenden Erzählung auszuarbeiten.[248] Als besonders nützlich zum Verständnis der historischen Hintergründe nennt er namentlich die Chronologie des Nikephoros, zu der er 1561 eine kommentierte lateinische Übersetzung publiziert hatte; die Arbeit an dieser Übersetzung, die Camerarius über viele Jahre hinweg vom Ende des Schmalkaldischen Krieges bis 1561 in Anspruch nahm, war für ihn eine notwendige Vorarbeit für sein eigentliches Ziel, die Biographien Jesu und der Apostel (s.u.): Diese stellen somit in gewisser Weise die Krönung von zwanzig Jahren historiographischer Arbeit dar. Beide wurden 1566 in zwei Auflagen das erste Mal gedruckt; eine dritte Auflage erschien 1581.[249] Das einzelne Werk war dem Proöm zu Nikephoros' Chronologie zufolge bereits 1561 zumindest in Teilen fertiggestellt.[250] Der Band, der Joachim Friedrich von Brandenburg gewidmet ist, erzählt zunächst auf fast 100 Seiten die Geschichte vom Leben Jesu; im Anschluss folgen auf weiteren 100 Seiten Biographien der zwölf Apostel.[251] Es folgen weitere kleinere Werke mit verwandten Inhalten, darunter Gedichte zu den Jüngern Jesu, den Aposteln und den Evangelisten von Gregor von Nazianz, Nikephoros Kallistu Xanthopulos sowie Camerarius selbst und eine Rede des Martin Gasser zu Jesu Tod, die bereits 1563 in erster Auflage gedruckt worden war.[252]

Historiographie und Biographie - Jesus und die Apostel als historische Personen

Im Zentrum beider Werke stehen die historischen Geschehnisse: Die Apostelbiographien betrachten das historische Wirken der Apostel, die Jesus-Biographie beschränkt sich auf Jesu Jugend und Tod. Jesu Wirken als Lehrer und seine Wundertätigkeit spart die Erzählung aus und verweist auf die Evangelien, deren Aufgabenbereich Camerarius klar von dem seines eigenen Werks trennt: Allen, die von der göttlichen Inspiration des Evangeliums überzeugt seien, sei völlig klar, dass die göttliche Offenbarung nicht unbesonnen, zweideutig, unglaubwürdig oder gar widersprüchlich (temere aut ambigue aut dubie aut dissentaneum in modum expositum) sei, auch wenn sie sich dem menschlichen Verständnis bisweilen entziehe. Jesu Wille sei es gewesen, dass seine Taten nicht in großen Worten rhetorisch geschmückt dargestellt würden, sondern in einfacher, klarer, geradezu dümmlich wirkender Sprache (ut speciem illa [sc. simplicitas] prae se ferret stulticiae), weil nur so das göttliche Wirken den Menschen nahegebracht werden könne.[253]
Die Bibel sei daher grundsätzlich anders zu lesen als die klassische Geschichtsschreibung; in ihr dürfe man nicht nach rhetorischer Ausgefeiltheit und klarer Darstellung von Handlungsmotiven und zeitlicher Abfolge der Ereignisse suchen (Quocirca aliter haec quam humanae sagacitatis scripta legenda sunt. Non inventionis industria, non dispositionis studium, non probabilis expositionis cura, non copa orationis in his quaerenda. non etiam consiliorum, occasionum, eventuum persecutio[254]). Bei den Evangelien handle es sich um kurze Schilderungen der (göttlichen) Wahrheit (breves expositiones veritatis[255]), nicht um eigentliche Geschichtswerke. Man lese sie nicht auf der Suche nach Wissen und Weisheit, sondern nach der göttlichen Offenbarung. Freilich müsse man das Evangelium genau und kritisch lesen, um Gottes Botschaft zu verstehen; die darin enthaltenen Schilderungen seien aber als gegeben hinzunehmen und nicht zu hinterfragen.[256] Scheinbare Widersprüche innerhalb der Heiligen Schrift wie die bei Jesu Genealogie in Lukas- und Matthäus-Evangelium brauchen den Leser also nicht zu kümmern, ja er muss sie außer Acht lassen, da sie nur durch die Unzulänglichkeit des menschlichen Verstandes zustande kommen. Wo Widersprüchen durch wissenschaftliche Erklärung nicht beizukommen war, "müßten die Überlieferungen, so wie sie waren, mit frommen [sic] Sinn und in schlichter Einfalt in all ihren Widersprüchen geglaubt werden."[257] Dementsprechend muss auch der Autor Camerarius sich nicht mit derartigen Wisersprüchen befassen. "Camerarius wollte damit zum Ausdruck bringen, daß die Wissenschaft der christlichen Heilsbotschaft gegenüber einen hohen Respekt schuldig sei, indem sie diejenigen Fragen, die über den menschlichen Erkenntnishorizont hinausreichten, nicht aufzugreifen und zum Gegenstand ihrer Arbeit zu machen hätte."[258]
Die unterschiedlichen Aufgaben, die das Evangelium einerseits und Camerarius' Werk andererseits haben, bedingen auch die unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkte: Camerarius' Interesse liegt auf der Klärung von Verwandtschaftsverhältnissen wie der Abstammung Marias und Josefs,[259] den historischen Umständen des Lebens Jesu wie den Herrschaftsverhältnissen im damaligen Palästina[260] und der Chronologie wie etwa Jesu Geburtsjahr.[261] Dabei wägt er widersprüchliche Quellen gegeneinander ab und äußert sich kritisch zu übertriebenen Ausschmückungen der Erzählungen.[262] Seine antiken Quellen betrachtet er dabei nicht wie die Scholastik als unfehlbare Autoritäten, "sondern als durchaus fehlbare Autoren, die neben vielen verwertbaren Erkenntnissen auch Ansichten und Vorstellungen vertreten hatten, die einer Übernahme nicht wert erschienen."[263] Daher war es ihm möglich, auch unbekanntere Autoren als Quellen heranzuziehen und "aus dem umfangreichen Reservoir antiken Wissensgutes in weitgehender Ungebundenheit das herausschöpfen, was ihm an Aussagen im Rahmen seines eigenen Denkens auch wirklich relevant erschien".[264]
Von dem aber, was in den Evangelien berichtet wird, also von Lehre und Wundertätigkeit Jesu, kurz: von allem, was Heilsbotschaft und Glaubenswahrheit betrifft, will Camerarius nur die wichtigsten Punkte grob herausgreifen (capita tantum exponamus),[265] da diese im Gegensatz zu sachlichen Erklärungen des Textes nicht Gegenstand menschlicher Gelehrsamkeit sein dürfe:[266] Wenn menschliche Beredsamkeit versuche, göttliche Lehre neu zu formulieren, müsse es notwendigerweise zu Verunreinigungen kommen, und je gründlicher der theologische Stoff rhetorisch überarbeitet würde, desto profaner würde er dadurch.[267] Daher wolle Camerarius nicht den Stoff des Evangeliums neu erzählen. Die menschliche Weisheit und Eloquenz müsse sich andere Stoffe suchen und nicht versuchen, ihre irdischen Kompetenzen auf den Himmel auszuweiten (haec ne attingat, neque terrenam facultatem in coelum proferre ausit).[268] Nur wo Erklärungen zum Verständnis nötig seien, wolle Camerarius diese vorsichtig und gewissenhaft (timide et religiose)[269] beisteuern.

Theologie - Christologische Inhalte

Indem Camerarius so Jesu Leben von der humanistisch-philologischen Seite aus betrachtet, vermeidet er geschickt die Kritik, die ihm andernfalls von seinem Publikum entgegenschlagen könnte, sei es, weil dieses nicht mit den von ihm geäußerten theologischen Ansichten übereinstimmte, sei es, weil er sich als Nicht-Theologe auf ein fremdes Gebiet wagte. Das bedeutet aber nicht, dass Camerarius' Jesus-Biographie von theologischen Aussagen frei wäre, im Gegenteil: Bei Äußerungen zu theologischen Details wäre Camerarius das Risiko von Anfeindungen eingegangen; doch es gab eine Reihe allgemeinerer Glaubenssätze, die wegzulassen gewiss noch schädlicher gewesen wäre: Eine Biographie, die Jesus nur als Mensch betrachtet, hätte wohl weder die Billigung der altgläubigen noch der protestantischen Seite gefunden. Gerade im Rahmen der innerprotestantischen Streitigkeiten, die eine Reihe von Streitfragen wieder aufgriffen, die schon in der Antike behandelt worden waren, sah sich Camerarius offenbar gezwungen, klarzustellen, dass er auf der richtigen Seite steht.
Und so betont Camerarius gleich zu Beginn, dass Christus und Gott seien wesensgleich (ὁμοούσιος); Jesus sei von der Jungfrau Maria geboren, jedoch von Gott vor Anbeginn der Zeit gezeugt worden.[270] Somit ist Christus zeitlos (ἄχρονος) und ohne Anfang (ἄναρχος) in der Zeit, hat jedoch seinen Anfang im Vater (ἀρχὴν, id est, αἰτίαν γενέσεως habens) und ist zugleich ewig (ἀειγενής).[271] Später nutzt Camerarius eine Übersetzung von Epiphanius' Werk gegen die Antidikomariten, um die zwei zentralen Aussagen noch einmal zu formulieren: So nutzt er dessen Aussagen, um sich klar gegen 'Arianismus' und Unitarismus zu positionieren, denn es sei Blasphemie, das Wesen Gottes und Jesu voneinander zu trennen (abalienare) und betont umgekehrt, dass die entgegengesetzte Argumentation, nach der Vater, Sohn und Heiliger Geist ununterscheidbar (idem) seien, ebenso falsch sei und Jesus allzu viel Verehrung zukommen lasse.[272] Beide Formen des Antitrinitarismus sind somit abzulehnen.
Mit seiner Geburt sei Jesus Mensch geworden, ohne dadurch jedoch aufzuhören, Gott zu sein, und habe die Sünde auf sich übertragen, um so die Menschen zu befreien und mit Gott zu versöhnen. Damit eröffnet Jesus den Menschen den Weg zum Heil, das nur erreichen kann, wer Jesus folgt.[273]
Maria ist die unberührte ewige Jungfrau (intacta et perpetua castitate pura virgo),[274] und, wie Camerarius unmissverständlich betont, sie ist ein Mensch: [Maria] habuit ... [Iosephum] assiduum atque diligentissimum socium educationis et curae filii DEI et hominis, id est sui.[275] Ob sie mit oder ohne ihren Körper in das Himmelreich aufgenommen wurde, möchte Camerarius dagegen explizit nicht entscheiden, da keine der beiden Varianten durch die Bibel gestützt werde.[276] Lehren, die Marias Rolle feiern und ihrem Andenken dienen, akzeptiert er; solche jedoch, die ihr Andenken beleidigen, seien abzulehnen. Keinesfalls sei Maria als Göttin zu verehren, wie es manche in Vergangenheit und Gegenwart, wenn nicht in Worten, so doch in Taten getan hätten.[277] Die falsche Verehrung (perversa veneratio) Marias durch Bildnisse, Opfer und Votivgaben lehnt Camerarius als Aberglaube (superstitio) ab, der die Kirche schon seit Jahrhunderten heimsuche.[278]
Allgemein kritisiert Camerarius die bildliche Darstellung von Jesus, Maria und ihrem Umfeld:[279] Bilder seien nur solange unproblematisch, wie die Lehre rein sei. Wie die Einfachheit der biblischen Sprache für Camerarius notwendig ist, um den Menschen die göttliche Wahrheit nahezubringen, und nicht durch übermäßige rhetorische Mittel verfälscht werden darf, so gilt auch für die Bilder, dass die reine Wahrheit zu erhalten und nicht durch menschliche Ausschmückungen zu überdecken ist.[280]

Die Nachwirkung - Camerarius' Werk als Geschichtswerk

Angesichts der Konzeption von Camerarius' Jesus-Vita als historiographisches Werk ist es nur natürlich, das diese auch als solches rezipiert wurde. Joachim von Beust zitiert Camerarius in seiner 1591 gedruckten "Orthodoxa enarratio" als Quelle zum Leben des Paulus[281] sowie zur Identität des Judas Thaddäus.[282] Auf Camerarius' genealogische Arbeiten stützen sich zwei spätere Werke: Eine 1685 von Johann Georg Kulpis herausgegebenen Kompilation von Werken zur deutschen Geschichte enthält neben zahlreichen anderen Werken auch das "Chronicon" des Albert von Stade; zu dem Abschnitt, an dem der Autor Jesu Abstammung behandelt und dies mit einem Stammbaum illustriert, notiert der Herausgeber: Potiorem de hac genealogia sententiam ducimus, quam sequitur Camerarius de vita Christi pag[ina] 41 et seq[uentibus].[283] Ebenso verwendet der katholische Priester und Archäologe Jean-Jacques Bourassé in seinem polemischen Werk zur Jungfrau Maria Camerarius als Autorität gegen die Lutheraner, die keine Aussagen über Marias Abstammung anerkennen, die sich nicht anhand der Bibel belegen lassen: Schon Epiphanius und Augustinus hätten zur Ergänzung der Lehre der Heiligen Schrift auf die Autorität der Kirche verwiesen und auch die Lutheraner könnten nicht so viele Bücher füllen, wenn sie sich nicht in Teilen auf diese stützten. Marias Abstammung sei gut belegt und es gebe keinen Grund, gerade bei diesem Thema nur die Bibel als Quelle akzeptieren zu wollen, wie es Luther einst getan habe. Als eines der Beispiele für protestantische Gelehrte, die in dieser Frage von ihrem Lehrer Luther abweichen, führt Bourassé Joachim Camerarius an.[284] Dabei kehrt er freilich Camerarius' Absicht um, der zwar die Benutzung der antiken Autoren empfahl, diese aber ja gerade nicht als unfehlbare Autoritäten sah.

(Alexander Hubert)

Zeitgeschichte: Camerarius' Geschichte der Böhmischen Brüder

Der Kontakt zu den Böhmischen Brüdern

Das Verhältnis Martin Luthers zu den Böhmischen Brüdern war im Laufe seines Lebens einem starken Wandel unterworfen; nach anfänglicher Skepsis, die noch von Luthers Erziehung als Mönch geprägt war, öffnete er sich ab den 1520er Jahren zunehmend der Bewegung, gerade zu einer Zeit, als sich umgekehrt in Böhmen eine neue Generation immer mehr Wittenberg zuwandte.[285] Auch wenn Luther und die Unität[286] nie wirklich enge Freunde wurden und Luther seine eigene Lehre als die korrekte sah, waren die böhmischen Brüder für ihn doch der Wahrheit recht nahe. Philipp Melanchthon schätzte die Brüder bereits 1535 und sah in den wesentlichen Inhalten keine bedeutenden Unterschiede zur Lehre der Lutheraner.[287] Im Streben nach Anerkennung nährte sich auch die Unität ihrerseits in ihrem Bekenntnis von 1535 deutlich an Luther an; dieses Bekenntnis wurde nach weiteren Überarbeitungen im Sinne Luthers 1538 mit einem Vorwort desselben in Wittenberg gedruckt wurde. Darin distanziert sich Luther deutlich von seiner früheren Ablehnung der Unität, die seinem früheren 'Papismus' geschuldet gewesen sei; dass manche Riten und Zeremonien der Brüder von denen der Protestanten abwichen, sei nur eine natürliche Folge der geografischen und kulturellen Verschiedenheit: Nie hätten alle Kirchen in allen Riten übereingestimmt.[288]
Mit Caspar Peucer gab es in Camerarius' Umfeld zudem eine weitere Person, die den Böhmischen Brüdern gegenüber überaus aufgeschlossen war: Anders als bei Luther war der Grund für Peucer keine theologischen Argumente, sondern seine Herkunft: Gebürtig stammte Peucer aus Bautzen, seine Muttersprache war das Sorbische;[289] Peucers Dialekt war dem Tschechischen ähnlich genug, dass er eine tschechische Bibelübersetzung als eine Übersetzung in "unsere Sprache" (nostra lingua) bezeichnete.[290] Immer wieder übernahm Peucer daher Übersetzungsarbeiten aus dem Slawischen für Philipp Melanchthon; zugleich fungierte er als Anlaufstelle für Besucher Wittenbergs aus dem slawischen Raum und kümmerte sich besonders um die aus slawischen Gebieten stammenden Studenten in Wittenberg.[291] Somit war es wohl eher das Ergebnis eines gewissen Zugehörigkeitsgefühls denn theologischer Übereinstimmung, dass Peucer "während der ganzen Zeit seines Wittenberger Aufenthaltes als Beschützer der böhmischen Brüder aufgetreten und der ständige Fürsprecher ihrer verschiedenen kirchlichen, theologischen und auch persönlichen Anliegen gewesen ist, und daß ihn während der ganzen Zeit eine enge Freundschaft mit den verschiedenen Führern und geistigen Häuptern der Brüder verband".[292]

Joachim Camerarius selbst war mit den Böhmischen Brüdern spätestens 1540 in Berührung gekommen: Damals hatte die Unität ihren Bruder Matthias Erythraeus (Červenka) zu Martin Bucer nach Straßburg entsandt.[293] Am dritten Tag des Aufenthalts wurde die Gesandtschaft von Wolfgang Capito zu einem Essen eingeladen, bei dem auch mehrere andere Gelehrte zugegen waren. Unter diesen befanden sich neben Bucer und Capito selbst auch Caspar Hedio, Johannes Sturm, Johannes Calvin und eben Joachim Camerarius.[294] 1556 traf er zudem den Unitätspriester Jan Blahoslav, als dieser von Magdeburg über Leipzig nach Böhmen zurückreiste;[295] ein weiteres Treffen mit diesem auf Camerarius' Rückreise von Wien im Jahr 1568 scheiterte.[296]
Isaiah Caepolla, der ebenfalls den Böhmischen Brüdern angehörte, immatrikulierte sich am 23.06.1563 an der Universität Wittenberg,[297] wo Camerarius' Schwiegersohn Esrom Rüdinger lehrte. Vermutlich lernte er während seines Studiums auch Camerarius kennen, mit dem er in der Folge brieflichen Kontakt hielt. Es ist einer dieser Briefe, der in gedruckter Form erhalten ist, in dem Camerarius seine Sympathie mit den Böhmischen Brüdern ausdrückt und bedauert, diese in ihrer schwierigen Lage nicht unterstützen zu können.[298] Außerdem erfahren wir dort, dass Caepolla Camerarius Gesangbücher als Geschenk schickte und Camerarius selbst auch tatsächlich Lieder daraus sang.[299] Als Caepolla im August 1571 erneut nach Deutschland reiste, nutzte Blahoslav die Gelegenheit, um Briefe an Camerarius, Rüdinger und Caspar Peucer überbringen zu lassen;[300] in diesem rekurriert er ebenfalls auf Camerarius' positive Einstellung seiner Kirche gegenüber, von der er unter anderem über Johannes Crato gehört habe.[301]

Eine Reihe an Zitaten verdeutlicht Camerarius' positive Einstellung gegenüber der Unität, die für ihn offenbar eine ursprüngliche, reinere Urkirche darstellten: Esrom Rüdinger sagte dem Camerarius' Enkel Ludwig später, Camerarius habe sich immer gewünscht, vor seinem Tod einmal mit den Böhmischen Brüdern in Tschechien das Abendmahl zelebrieren und ihren Glauben in Aktion sehen zu können.[302] Im Stammbuch des Wenzel Placelius schrieb Camerarius nach dem Zeugnis des Johann Lasicius sogar, wenn es irgendwo auf der Welt die wahre Kirche Jesu gebe, dann bei den Böhmischen Brüdern.[303] Und in seiner Geschichte der Böhmischen Brüder schreibt Camerarius selbst, wer bereit sei, genau hinzuschauen und die Wahrheit zu bekennen, der werde nicht leugnen können, das bei den Böhmischen Brüdern die Kirche Christi nicht nur in Wahrheit und in der Sache selbst, sondern auch dem äußeren Anschein nach offensichtlich erhalten sei und verwaltet und geführt werde; daher werde, wer die Böhmischen Brüder kritisiert, kaum dem Verdacht des Neides und der Verleumdung entgehen können (Sane qui attendere animum voluerint faterique verum, ii negare non poterunt, quin apud eos Christi Ecclesia non solum in veritate et re ipsa, sed manifesta etiam specie, retenta administrataque et gesta sit; ut eos reprehendentes, vix effugere invidiae et obtrectationum suspicionem posse videantur). Zudem lobt er die Unität für ihre christlichen Tugenden und moralische Integrität, da all die Laster, die die Protestanten unter sich entzweiten, bei jener nicht aufträten.[304]
Dabei beruft sich Camerarius auf das positive Urteil Martin Luthers: So verweist er die Gegner der Unität auf das Bekenntnis, das kürzlich (in Rüdingers Übersetzung, s. den folgenden Abschnitt) neu aufgelegt und seinerzeit bereits von Luther abgesegnet worden sei. Wer nach Luthers Vorwort noch immer an der Orthodoxie der Brüder zweifle, hinterfrage allzu viel; wer sie aber gar anklage, der sein ein schlechter Mensch. Zwar habe Luther den Glauben der Brüder zunächst abgelehnt, weil er (als Mönch) die Wahrheit nicht gekannt habe, habe sich aber 1532 bei einem Treffen überzeugen lassen.[305] Was Luther seinerzeit gegen die Religion der Brüder gesagt oder geschrieben habe, habe er später in anderen Reden und Schriften wieder korrigiert. In der Folge habe Luther die Brüder bewundert und gelobt.[306] An anderer Stelle referiert Camerarius eine Aussage Luthers, die das Vorbild für den erwähnten Stammbucheintrag gewesen sein mag.[307]

Joachim Camerarius, Esrom Rüdinger und die lateinische confessio der Böhmischen Brüder

Das Bekenntnis der Böhmischen Brüder wurde wiederholt überarbeitet;[308] außerdem erfreute sich die lateinische Version, die 1538 durch Luthers Vermittlung gedruckt worden war, wegen des allzu unreinen Stils nur geringer Beliebtheit, wie Isaiah Caepolla selbst berichtet.[309] Zudem benötigten die Brüder eine reine lateinische Übersetzung der Konfession, um deren Übereinstimmung mit der "Confessio Augustana" aufzeigen und so an der durch diese zugestandenen Religionsfreiheit teilhaben zu können.[310] Peter Herbert, der die aktuelle deutsche Version des Bekenntnisses von 1564 besorgt hatte,[311] war aufgrund anderer Beschäftigungen nicht bereit, auch die lateinische Übersetzung zu übernehmen. Senior Blahoslav plädierte daher für eine Übersetzung durch den Bruder Johannes Aeneas, der damals unter Esrom Rüdinger in Wittenberg studierte. Dieser bat Rüdinger um eine Musterübersetzung einiger Abschnitte (wohl auf Basis des deutschen Textes[312]), deren Stil er dann imitieren konnte. Rüdinger lieferte diese; seine Version fand großen Gefallen bei Blahoslav, wie Isaiah Caepolla berichtet: Esromiana cum vidisset Blahoslaus, admodum delectatus est versione illa, ut diceret, se nunquam vidisse tam propriam, quae minus discederet a textu Bohemico, et tamen Latinissima esset.[313] Aeneas wurde bald nach Böhmen zurückberufen; Rüdinger ließ gegenüber Caepolla immer wieder verstehen, er würde gerne die vollständige Version aus dem Deutschen ins Lateinische übernehmen, wenn er nur die Zeit dazu hätte. Beide einigten sich, jeweils einige Abschnitte zu übersetzen, das Vorhaben scheiterte jedoch zunächst an Rüdingers anderen Beschäftigungen.[314]
Blahoslav ließ aber nicht locker und trug Caepolla auf, weiter mit Rüdinger zu verhandeln. Am 05.08.1571 traf Caepolla diesen und sprach erneut mit ihm über das Vorhaben. Rüdinger hatte anscheinend seinerseits bereits Camerarius auf das Thema angesprochen und diesen gebeten, die Übersetzung zu übernehmen. Camerarius habe sich jedoch angesichts seines Alters und seiner schlechten Gesundheit (→ Medizin) selbst nicht zu einer Übersetzung in der Lage gesehen und überdies angemerkt, sein lateinischer Schreibstil sei nicht mit dem des Bekenntnisses kompatibel.[315] Am 14. August besuchte Caepolla dann Camerarius in Leipzig und überbrachte Grüße von Blahoslav. Auch im persönlichen Gespräch lehnte Camerarius die Aufgabe der Übersetzung ab, versprach aber, jemanden zu finden, der sie übernehmen könne. Caepolla bat ihn daraufhin, Rüdinger zur Übersetzung zu bewegen.[316] Dieser übernahm die Aufgabe denn auch tatsächlich, als Caepolla von Leipzig nach Wittenberg zurückkehrte, und zeigte sich dabei zu dessen großer Freude äußerst engagiert.[317] Am 1. Oktober reiste Caepolla ein zweites Mal nach Leipzig und besuchte Camerarius erneut; wieder besprach man die Angelegenheiten der Unität. Über Dresden, wo gerade der "Consensus Dresdensis" beschlossen wurde,[318] kehrte er anschließend nach Böhmen zurück, wo er dem sterbenskranken Blahoslav erste Kapitel von Rüdingers Übersetzung präsentieren konnte. Außerdem überbrachte Caepolla neben Briefen von Peucer und Rüdinger ein Antwortschreiben des Camerarius auf Blahoslavs Brief, in dem Camerarius erneut seine Sympathie für die Unität sowie sein Bedauern bekundet, dieser nicht helfen zu können.[319]

Am 10.05.1572 brach Caepolla erneut nach Wittenberg auf, wo er am 23. desselben Monats ankam, um für Fertigstellung und nach Möglichkeit auch Druck von Esrom Rüdingers lateinischer Version des Bekenntnisses zu sorgen. Deren Fertigstellung gestaltete sich wegen Rüdingers anderer Beschäftigungen mühsam.[320] Zugleich bemühte sich Caepolla um die Unterstützung der Wittenberger Theologen in Form eines öffentlichen Testimoniums. Diese allerdings hatten Bedenken, da man sie am Hof bereits des Calvinismus verdächtige und ihnen klar gemacht habe, dass sie nichts ohne Zustimmung des Hofes publizieren sollten; zudem befürchtete man, dass, wenn man der Unität Unterstützung gewähren würde, andere Gruppen ebenfalls um solche ersuchen würden: Innerhalb von zwei Jahren seien schon 14 Bekenntnisse in Wittenberg vorgelegt worden; die Universität habe mit der Begründung abgelehnt, dass die "Confessio Augustana" als einziges genüge.[321]
Auch Rüdinger selbst äußerte zuweilen inhaltliche Bedenken am Bekenntnis und änderte neben seiner Übersetzertätigkeit den Text teilweise auch inhaltlich ab, etwa wenn es um den Ritus der erneuten Taufe ging, den die Unität eine Weile praktiziert hatte.[322] Am 11. August verließ Caepolla Wittenberg und reiste nach Böhmen zurück;[323] gegen Ende des Jahres machte er sich jedoch erneut auf den Weg ins Reich und kam am 01.01.1573 wieder in Leipzig und kurz darauf in Wittenberg an.[324] Dabei überbrachte er diverse Briefe an die Wittenberger Theologen, an Esrom Rüdinger und an Caspar Peucer, in denen die Brüder unter anderem offiziell um die Druckerlaubnis für das Bekenntnis sowie ein Testimonium der theologischen Fakultät zugunsten der Brüder ersuchen.[325] Vor der Weiterreise nach Wittenberg suchte er den Rat des Camerarius (s.u.); dieser sah jedoch - zurecht, wie sich zeigte - keine Möglichkeit, von den Wittenbergern eine öffentliche Äußerung zu erhalten, und war lehnte auch selbst eine solche ab, da er fachlich nicht zuständig sei: Er würde nur die Wut ihrer Gegner auf sich selbst wie auch auf die Unität lenken.[326] Schließlich wurde das Bekenntnis schließlich den Wittenberger Theologen zur Prüfung übergeben; der Theologe Georg Maior präsentierte daraufhin einen alten Brief Luthers - dessen Echtheit Caepollas Bericht explizit in Frage stellt -, in dem Luther auf Distanz zu den Böhmischen Brüdern und namentlich ihrer Abendmahlslehre ging.[327] Aus privaten Gesprächen entnahm Caepolla zudem, dass die Theologen sich allgemein zurückhaltend zeigten, nicht etwa - entgegen seiner Befürchtung - aufgrund Maiors Protest, sondern aus Angst, die Druckerlaubnis zu verlieren, wenn sie etwas zum Druck zuließen, was dem Hof nicht gefiele.[328] So antwortete der Zuständige für die Zensur Caspar Cruciger d.J.[329] denn auch am 30. Januar, er habe zwar persönlich nichts gegen den Druck, eine öffentliche Stellungnahme zugunsten der Unität sei jedoch nicht möglich, da man Wittenbergs Feinden keine Angriffsfläche bieten wolle. Die Entscheidung über die Druckerlaubnis aber stehe der Universität nicht frei, er empfehle jedoch den Druck in der Umgebung (etwa in Bautzen) auf Kosten und Risiko der Buchhändler.[330] Auf Caepollas schriftlichen Protest hin[331] entschied man sich dann aber dennoch für den Druck in Wittenberg; auf das öffentliche Testimonium verzichtete Caepolla von selbst, um die Wittenberger Theologen nicht zu gefährden,[332] diese verfassten jedoch selbst privat einen Brief an die Böhmischen Brüder, in dem sie den Druck und die Akzeptanz der Unität bis in rituelle Einzelheiten bestätigten.[333]
Dann ging alles recht schnell: Vom Beginn des Drucks zeugt ein Brief Esrom Rüdingers an Andreas Stephanus vom 06.02.1573;[334] am 1. März berichtet Rüdinger in einem Brief an Caepolla nach Abschluss des Drucks von seiner Unzufriedenheit mit dem Ergebnis: Er habe nicht durchsetzen können, dass ihm dieselbe Seite zweimal zur Korrektur vorgelegt werde, und so sei der Druck noch immer voller Fehler.[335] Zudem habe sich der Drucker geweigert, Bibelverse als Marginalien zu drucken (nur Buch und Kapitel wurden angegeben). Auf Anraten Caspar Peucers habe man zudem wieder Luthers Vorwort von 1538 abgedruckt. Außerdem enthält der Druck ein historisches Vorwort, das wohl Rüdinger und Caepolla gemeinschaftlich zuzuschreiben ist.[336] Zudem rate er, bald die deutsche Version des Bekenntnisses drucken zu lassen; diese hatte ja die Basis der lateinischen Übersetzung gebildet, war aber nun noch einmal so überarbeitet worden, dass sie dem von Rüdinger übersetzten und inhaltlich angepassten lateinischen Text wieder entsprach.[337] Diesem Rat folgten die Brüder bis Ende April.[338]

Die Genese der "Historica Narratio"

Parallel zu den Arbeiten an der lateinischen confessio verfasste Camerarius ein Geschichtswerk über die Böhmischen Brüder. Über die Entstehungsumstände ist wenig explizit bekannt: Camerarius beendete die Arbeit daran nicht vor 1568, wie eine Erwähnung von Flacius' Schrift über die Böhmischen Brüder zeigt, vermutlich begann er allerdings erst deutlich später. Andererseits begann Camerarius definitiv vor dem Spätsommer 1572.[339] Einiges lässt sich aber aus den Berichten des Isaiah Caepolla und seiner Korrespondenz mit Joachim Camerarius erschließen. Der Pole Johannes Lasicius (Jan Łasicki), der mit den Brüdern in seiner Heimat Polen, aber auch in Böhmen selbst in Kontakt gekommen war,[340] hatte bis 1568 von sich aus eine Geschichte der böhmischen Brüder "De origine et institutis fratrum Christianorum, qui sunt in Prussia, Polonia, Boemia et Moravia commentarius" verfasst.[341] Das Manuskript hatte er zunächst an Théodore de Bèze zur Begutachtung geschickt, der es mit zwei Jahren Verzögerung am 01.03.1570 mit Verbesserungsvorschlägen an Lasicius zurückschickte und diesen insbesondere anwies, eine Antwort auf Matthias Flacius' Schrift "Confessio Valdensium" einzufügen und Anfeindungen so zuvorzukommen; wenn Lasicius das täte, wolle de Bèze gerne für den Druck des Werkes sorgen. Lasicius ließ seine Schrift zusammen mit Bezas Gutachten in der Folge wenig später dem Unitätsbruder Jan Lorenc zukommen und bot an, sie drucken zu lassen.[342]
Vermutlich über diesen,[343] vielleicht auch später in einer überarbeiteten Version[344] gelangte das Manuskript in die Hände Jan Blahoslavs; dieser hatte einige Bemerkungen notiert und gab die Schrift Isaiah Caepolla mit, als dieser im August 1571 nach Wittenberg reiste, mit dem Auftrag, er möge dort mit Lasicius konferieren.[345] In einem Brief an Lasicius, den ebenfalls Caepolla überbrachte, fordert Blahoslav Lasicius auf, sein Unternehmen weiterzuführen und so die große Lücke zu schließen, die der Mangel an prounitärer Geschichtsschreibung darstelle; außerdem ließ er durch Caepolla weitere Quellen und historische Notizen überbringen[346] und wies diesen an, Lasicius bei der Arbeit zu unterstützen.[347] Zunächst traf Caepolla Lasicius in Wittenberg jedoch nicht an; erst am 28. August kehrte dieser aus Polen zurück, sprach kurz mit Caepolla und versprach ihm dann, nach seiner Rückkehr aus Frankreich nach Mähren zu kommen und dort gemeinsam an seinem Werk arbeiten zu wollen.[348] So hatte Caepolla noch vor Lasicius' Ankunft aus Polen noch ausreichend Gelegenheit, sich mit Esrom Rüdinger und Caspar Peucer über Lasicius' Werk austauschen zu können. Beide fanden jedoch keinen Gefallen an der Schrift: Für Rüdinger war der Stil für das ernste Thema nicht angemessen; man habe das Gefühl, Lasicius könne nicht schreiben (Apparere inde, non multum esse versatum hominem in scribendo).[349] Auch Peucer, der sich die Mühe machte, das Werk auf einer Schulvisitation komplett zu lesen, lobte im Anschluss Lasicius' Vorhaben, bemängelte jedoch den Stil (placere sibi dicebat studium ipsius [sc. Lasicii], sed historicum stylum se desiderare in opere contexto).[350]

Rüdinger hatte jedoch an den historischen Notizen Gefallen gefunden, die Caepolla eigentlich zur Unterstützung des Lasicius mitgebracht hatte. Wenn ein Historiograph diese in die Hände bekäme, so meinte er, könne er damit leicht ein historisches Werk verfassen (Longe praeferebat [sc. Rüdingerus] breves istas Blahoslai notas seu annales nostros; si quispiam historicus eas haberet, haud difficile chronicon scribere posset). Er selbst würde dies gerne übernehmen, wenn er die Zeit dafür hätte.[351] Dieses Gespräch zwischen Rüdinger und Caepolla im August 1571 liefert somit einen Terminus ante quem für Camerarius' eigene Bemühungen um eine Geschichte der böhmischen Brüder: Gewiss hätte Rüdinger gewusst, wenn sein Schwiegervater bereits an einem solchen Geschichtswerk arbeitete, und hätte es im Gespräch erwähnt und Caepolla aufgefordert, seine Quellensammlung Camerarius zukommen zu lassen; Caepolla hatte ebenfalls keinen Grund, eine solche Äußerung Rüdingers in seinem Bericht zu verschweigen, da er Camerarius' eigenes Werk kurz darauf selbst unterstützte und offen in seinem Bericht erwähnt.
Vielmehr nahm Camerarius' Interesse für die Geschichte der Böhmischen Brüder vermutlich tatsächlich hier im August 1571 seinen Anfang: Bei Caepollas Besuch am 14.08.1571, bei dem er Camerarius auch den erwähnten Brief des Blahoslav überbrachte (s.o.) und mit Camerarius über die Pläne zur Übersetzung des Bekenntnisses sprach (s.o.), zeigte sich dieser hochinteressiert an den Angelegenheiten der Unität, ihrer Geschichte und ihren Riten. Auf Caepollas genauere Erklärung einiger Rituale bekannte Camerarius, dass er diese nicht als Neuerungen der Brüder, sondern als Wiedereinführung von Riten sah, die schon in der frühen Kirche zelebriert worden seien (dicebat ... nihil novi a nostris fieri, sed eundem ritum fuisse in veteri ecclesia, id quod videre est ex scriptis patrum).[352] Auch bei Caepollas zweitem Besuch im Oktober tauschten sich beide wieder über die Brüder aus.[353]
In seiner (undatierten) Antwort auf Blahoslavs Schreiben, die Caepolla im Oktober 1571 mit nach Tschechien nahm, bedauert Camerarius erneut, den Brüdern nicht recht helfen zu können, da er zu alt und zu krank sei und seine Autorität in Glaubenssachen allzu wenig wiege.[354] Auch hier also noch keine Erwähnung des Vorhabens, ein Geschichtswerk zu verfassen, geschweige denn ein Versprechen, solches zu tun;[355] doch das Interesse an der Geschichte der Unität war im Sommer 1571 offensichtlich bereits geboren. Über Rüdinger und Peucer hörte Camerarius zudem vermutlich von dem Versuch des Lasicius und erhielt eine erste Einschätzung von dessen Qualität; auch mit Lasicius selbst sprach er nach dessen Zeugnis im Sommer 1571 über die Geschichte der Unität.[356] Vermutlich war dies für Camerarius letztlich der Anlass, sein Interesse für die Geschichte der Unität in schriftliche Form zu gießen.

Auch der Inhalt des Geschichtswerks selbst legt die Vermutung nahe, dass Camerarius in der zweiten Hälfte des Jahres 1571 oder Anfang 1572 von der Planung zum aktiven Schreiben übergegangen war: Die "Historica Narratio" ist zweigeteilt; nach einer oberflächlichen Darstellung der Geschichte der Böhmischen Brüder kehrt die Erzählung nach einem zweiten Proöm an den Anfang zurück und beginnt detaillierter von Neuem.[357] Jaroslav Goll erklärt dieses Phänomen dadurch, dass Camerarius von Caepolla neues Quellenmaterial erhalten und daraufhin von vorne begonnen habe;[358] diese Erklärung ist plausibel und deckt sich zudem mit dem, was wir von Caepolla hören: Demnach wäre der erste Teil des Werks irgendwann nach Caepollas Abreise im Winter 1571/72 entstanden.
Bei seinem nächstem Aufenthalt in Wittenberg zwischen dem 23.05. und dem 11.08.1572 nutzte Caepolla dann die Zeit, die Rüdinger mit der Übersetzung des Bekenntnisses verbrachte, um selbst einige historische Notizen aus dem Tschechischen ins Lateinische zu übertragen;[359] im Rahmen zweier weiterer Besuche in diesem Zeitraum überbrachte er diese Übersetzungen an Camerarius nach Leipzig.[360] Dieser begann nach Erhalt des neuen umfangreichen Quellenmaterials von vorne, was die zweigeteilte Struktur der "Historica Narratio" erklärt.[361]
Bei seiner erneuten Reise nach Sachsen zum 01.01.1573 überbrachte Caepolla ein Schreiben des Andreas Stephanus, in dem dieser Camerarius - wie auch schon die Wittenberger - um ein Testimonium zugunsten der Brüder bittet und Camerarius bittet, soweit es Gesundheit und Beschäftigungen zulassen, sein Geschichtswerk fortzusetzen.[362] Wie die Wittenberger lehnte Camerarius ein öffentliches Testimonium ab (s.o.), macht jedoch anderweitig Hoffnung: Er habe sich bereits in seiner Übersetzung der Flaminius-Briefe positiv über die Brüder geäußert[363] und er hoffe, ein noch umfangreicheres und bedeutenderes Werk zu hinterlassen: Eine klare Anspielung auf das im Entstehen begriffene Geschichtswerk.[364] An diesem arbeitete Camerarius nun im Laufe des folgenden Jahres, er wartete aber offenbar noch auf weitere Unterstützung von Seiten der Unität. Am 13.05.1574 dann jedoch musste Esrom Rüdinger Caepolla mitteilen, es sei nun zu spät, da Camerarius gerade gestorben sei; er selbst befinde sich daher in tiefer Trauer, und es komme noch hinzu, dass einige Leute ihm - im Zuge der Kryptocalvinistenverfolgungen in Wittenberg - mit dem Exil drohten.[365] In der Tat folgte Rüdinger bald darauf dem Ruf der Böhmischen Brüder nach Eibenschütz (Ivančice), um dort das Internat des Gymnasiums zu leiten, und kehrte erst 1588 nach Altdorf bei Nürnberg zurück.[366]

Die Bewertung des Geschichtswerks

So starb Camerarius, ohne der "Historica Narratio" den letzten Schliff gegeben zu haben; im Rahmen eines solchen wäre vermutlich auch die doppelte Erzählung zu einer einzigen vereint worden. Camerarius' Enkel Ludwig fand das handschriftliche Werk nach eigener Aussage im Jahr 1600 oder 1601 im Nachlass seines Vaters Joachim Camerarius d.J. und beschloss auf die Bitten von Freunden hin, es zu drucken. Diese empfahlen auch auch, die mittlerweile kaum noch verfügbare lateinische "Confessio" in den Druckverbund einzugliedern. Dies wolle er jedoch nicht ohne die Erlaubnis der Unität tun, um deren Sache es immerhin gehe.[367] Das Werk ging letztlich - ohne die "Confessio", aber in Verbund mit diversen weiteren Schriften zu den Böhmischen Brüdern - 1605 in den Druck.[368] Auch von Ausgaben aus den Jahren 1615 und 1625 ist berichtet worden.[369]
Jaroslav Goll bezeichnet insbesondere die zweite, detailliertere Hälfte als "die erste wissenschaftliche Darstellung der älteren Brüdergeschichte (...). Sie wurde im 16. und 17. Jahrhunderte von keiner späteren Arbeit übertroffen und ist auch für uns, die wir auf ihre Quellen zurückgreifen können, nicht ohne Wert".[370] Auch Alfred Eckert sieht die "Historica Narratio" als "wertvolle Quelle zur Erforschung der Geschichte der Brüdergemeinde".[371] Zugleich sei das Werk von antiken Vorbildern - in Bezug auf "unnötige" Exkurse - und der typischen Apologetik der unitären Geschichtsschreibung geprägt.[372] In der Tat äußert sich Camerarius zu Beginn des Werks geradezu programmatisch zu dem Ziel der "Historica narratio": Zu viele Lügen und Unwahrheiten seien im Laufe der Zeit über die Böhmischen Brüder verbreitet worden und beeinflussten die Urteilsbildung der Menschen. Er wolle nun die wahre Geschichte der Unität verkünden und so dem Leser ein angemessenes Urteil darüber erlauben, ob man sich bei den Brüdern von der wahren Lehre entfernt habe oder ob sie im Gegenteil diese aus gleichsam babylonischer Verwirrung wiederhergestellt hätten.[373] Die apologetische Note verstärken die Textbeigaben, die gezielt ausgefwählt wurden, um den Zusammenhang zwischen Hussiten und den Böhmischen Brüdern zu belegen und die Verbindung zu Waldensern und Albigensern zu widerlegen.[374] Indem er die Böhmischen Brüder nicht von den Taboriten unterscheide, begehe Camerarius laut Goll allerdings einen ähnlichen Fehler, wie er Flacius in dessen Vermischung von Waldensern und Unität vorgeworfen habe.[375] Die Blahoslav zugeschriebene "Summa"[376] habe Camerarius vollständig übernommen, wenn auch teilweise sprachlich überarbeitet, und anschließend inhaltlich erweitert.[377]

Johann Lasicius, den die Brüder ursprünglich hatten unterstützen wollen, überarbeitete nach Erhalt des zusätzlichen Materials 1571 seine angefangene Geschichte der böhmischen Brüder gründlich und erweiterte sie innerhalb über einer Dekade zu acht Büchern.[378] An diesen arbeitete er zunächst bis 1585 und stützte sich dabei auch - in handschriftlicher Form - auf das Werk des Camerarius[379]. Dann schickte er seine Schrift erneut zur Begutachtung an die Brüder, "deren Reaktion allerdings auch diesmal ausweichend war. 1592 beschloss die Unität, nicht länger auf die Nachfragen von Lasitius zu reagieren".[380] Lasicius unternahm daraufhin eine weitere Überarbeitung mit neuen Materialien, die der polnische Senior der Brüder Simeon Theophil Turnowski ihm zur Verfügung stellte. Mit seinem Schreiben vom 12.01.1599 widmete er es Karl von Žerotín in der Hoffnung, dass dieser das Werk zum Druck bringen würde. Dazu kam es jedoch zu Lasicius' Lebzeiten nicht mehr;[381] "Karl der Ältere von Žerotín brachte der Historia offenkundig kein größeres Interesse entgegen."[382] Auch Jaroslav Golls Urteil über Lasicius' Werk fällt hart aus: "Weitschweifigkeit, ja Schwatzhaftigkeit könnte man [Lasicius] zum Vorwurf machen. Je weiter die Arbeit fortschreitet, desto wertloser wird sie."[383] Das Manuskript verschwand in Archiven, ohne allerdings vollständig vergessen zu werden,[384] bis es an Johann Amos Comenius kam, der 1649 das achte Buch mitsamt Auszügen aus den anderen Büchern und Inhaltsverzeichnissen zu diesen drucken ließ.[385] Vermutlich dachte er es als eine Art Sittenspiegel, um den Böhmischen Brüdern seiner Zeit, ein Jahr nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs, vorzuhalten, wie weit man sich bereits von den Idealen der Frühzeit entfernt hatte, vergleicht Lasicius die Unität seiner Zeit doch noch mit den urchristlichen Gemeinden des Epheserbriefs.[386] Das ursprüngliche Manuskript verbrannte vermutlich 1656 in Lissa, wohin Comenius es mitgenommen hatte.[387] Einige Abschriften von Teilen des Werks haben sich erhalten, außerdem Exzerpte des Comenius.[388] Lasicius' erstes, kürzeres Werk blieb in Auszügen zumindest bis 1925 in verschiedenen Archiven erhalten.[389]

(Alexander Hubert)

Systematische Theologie (Die theologischen Positionen des Camerarius)

Das lange Leben des Camerarius weist in theologischer Hinsicht sicherlich einige Brüche auf. Die Hinwendung zur Reformation ist dabei der offensichtlichste. Weitere Veränderungen aufzuzeigen kann gelingen, indem man seine Positionen zu bestimmten theologischen Fragen an verschiedenen Zeitpunkten vergleicht, sofern er sie klar äußert. Vorsicht ist dagegen geboten bei Aussagen Außenstehender, die ihn (oft polemisch) bestimmten Denkrichtungen zuordnen, so wie Jakob Andreae ihn etwa als Haupt der Leipziger Calvinisten bezeichnet.[390] Man geht jedoch sicher nicht fehl, wenn man ihn einen Philippisten nennt;[391] jedoch ist dieser Begriff mangels klarer Definition[392] genauso uneindeutig wie müßig, um den wohl besten Freund Melanchthons zu charakterisieren. Vielgerühmt ist auch seine Irenik: So lobt ihn Johannes Sturm in einem Hodoeporicon[393]: De religione ita disserit et quidem de magnis controversiis: ut in nullum ordinem sit acerbus, in nullum horum iniquus, et tamen gravis vitiorum reprehensor: et falsae doctrinae acer castigator et superstitionis emendator vehemens.[394]

Bekenntnisse im Gutachten

In einem Gutachten vom 15.2.1559 nimmt Camerarius im Auftrag von Kurfürst August Stellung zum Weimarer Konfutationsbuch 1559, an dessen Aufbau (Einteilung in neun Kapitel) er sich orientiert. Eine Edition seiner Schrift ist ihm Rahmen dieses Projekts erfolgt: Camerarius, Bedencken den Wimmarischen buchs halbenn, 1559. Camerarius bekennt sich unter anderem zur Gewissensfreiheit und zur Trinität (1. Abschnitt) und nimmt Stellung zur Abendmahlsfrage (5. Abschnitt, Bl. 29r/v): "Es seie bey dem nachtmal deß Herrn, oder Sacrament des leibs vnd bluets Iesu Christi, Er der Herr selbst, des das nachtmal ist, gegenwertig, vnd werde aldo entpfangen, in austeilung des brots der leib Christi, vnd austeilung des Kelchs das blut Christi, warhafftig, vnd nitt erdichter weiße, dieweil geschrieben stehet ausdrucklich, Das ist mein leibe, das ist mein bluethe (...) Das im nachtmal des Herrn entfangen werde, nitt gemeine brothe vnd wein, sunder ein solche broth vnd wein, Welchs ist die gemeinschafft des leibs vnd bluets Christi, nitt fleischlicher, sinnlicher entpfindlicher weysse, oder das brott vnd wein verschwinde, sunder wie der Herr weisse vnd wille, der diesser geistlichen speisse niessung verordnet, vnd die geschaffet hathe".[395] Er äußert sich zur Rechtfertigungslehre (6. Abschnitt)[396] und verteidigt adiaphoristische Positionen (9. Abschnitt), die er seit 1545 zusammen mit Georg III. (Anhalt-Plötzkau) und Philipp Melanchthon vertreten habe.[397] Anklänge der vier protestantischen Prinzipien sola scriptura, sola gratio, sola fide, solus Christus finden sich ebenso. Camerarius führt die theologische Autorität eines Georg von Anhalt (9. Abschnitt) und eines Melanchthon ins Feld, dessen Schriften sogar Martin Luther gelobt habe (6. Abschnitt)[398].

Deutlich verworfen werden u.a. die Lehren Servets und Schwenckfelds (1. Abschnitt), der Antinomismus, die Lehre der Wiedertäufer (4. Abschnitt) sowie weitere Lehrmeinungen. Die Lehren von Osiander und Stancari teilt C. zwar nicht, verwirft sie aber auch nicht. Hierbei verweist er auf das Gutachten Philipp Melanchthons aus Nürnberg von 1555, das auch Camerarius unterschrieben hat und worin Osianders Lehre klar verworfen wird.[399] Auffällig ist, dass Camerarius im Jahr 1559 den osiandrischen Positionen gleichgültiger gegenübersteht als noch 1555. Er nimmt aber Stellung gegen das Papsttum (9. Abschnitt). Starke Kritik übt er an Matthias Flacius Illyricus und Nikolaus Gallus (jeweils 9. Abschnitt).[400] Zum Majorismus vermeidet er eine klare Stellungnahme (8. Abschnitt).

Es liegt in der Natur des Gutachtens, dass andere Themen ausgespart bleiben. So kann zwar in manchen Punkten C.' Übereinstimmung mit Melanchthon und Georg von Anhalt festgestellt werden. Fragen der Kirchenorganisation, in denen Georg sich zu Lebzeiten im Sinne eines Episkopalismus positioniert hatte, werden aber nicht angerissen.[401] Somit kann C.' Haltung dazu nicht durch diesen Text geklärt werden.[402]

Ansonsten finden sich theologische Positionen vereinzelt in Werken und Briefen, z.B. in den "Capita pietatis", der "Catechesis", "De invocatione sanctorum" und der "Theodoret-Einleitung".[403] Sein konsensorientiertes Denken zeigt sich immer wieder in einzelnen Briefen, so in einem Brief an Crato, in dem er seine Rolle im Streit um Victorinus Strigel kritisch reflektiert.[404] Auch eine Universitätsrede von 1544 und die posthum herausgegebene Schrift De dissidio in religione offenbaren seine Standpunkte.[405] Scheinbar konträr zu Camerarius' vielgerühmter Irenik steht die Aussage in einem Brief an Karlowitz, lieber zu sterben als die (evangelische) Wahrheit zu verraten. Einige Gutachten verfasste er gemeinsam mit anderen Theologen.[406] Hier ist es schwieriger, Camerarius' eigene Position zu erkennen. Zur Problematik der Kanonisierung christlicher Schriften zeigt sich in der "Historia Iesu Christi" starke, aber reflektierte Affinität zu einzelnen Kirchenschriftstellern: Nur Schriften über Jesus seien als Grundlage für kirchliche Lehrmeinung geeignet und man müsse spätere Quellen stets auf die Übereinstimmung mit Jesus Christus prüfen.[407] Hierin verdeutlicht sich die bereits 1559 ausgesprochene Ablehnung des Papsttums ebenso wie die (im Gutachten ausgesparte) Verwerfung der Heiligenverehrung: Verehrung dürfe nur der Trinitität erwiesen werden, aber nicht den Heiligen und auch nicht der Jungfrau Maria. So argumentiert C. bereits 1545 in "De invocatione sanctorum", lobt aber die Apostel andernorts als Vorbilder.[408] Eine systematische Untersuchung von Camerarius' theologischen Positionen erfolgt in den kommenden Abschnitten.

(Vinzenz Gottlieb)

Christologie

Sakramentenlehre

Trinitätslehre

Soteriologie und Rechtfertigung

Ekklesiologie

Eschatologie

"Praktische Theologie und Pädagogik"

Katechetisches

Homiletik

Polemik

Liturgik

Anmerkungen

  1. Diese Tatsache verdankt sich vor allem der unermüdlichen Arbeit der Melanchthonforschungsstelle Heidelberg und ihres Gründers Heinz Scheible, auf dessen Werke hier nur summarisch verwiesen werden kann. Der Briefwechsel mit Melanchthon (mit über 600 Briefen) ist mit Abstand der umfangreichste des Camerarius: Vgl. Mundhenk 2020, S. 686.
  2. Zu Redaktionen im Humanistenbrief vgl. Schlegelmilch 2017, S. 279-281.
  3. Im Katalog Summerus 1646 fehlt eine nicht unbeträchtliche Zahl an Werden.
  4. Stählin begnügt sich damit, „den Gehalt der biographischen Schriften an religiösen Anschauungen und Empfindungen herauszuarbeiten“ (a.a.O. S. 52). Dies erfolgt auf S. 52-61.
  5. Vgl. Dall'Asta 2024, S. 154.
  6. Deutlich wird dies zunächst bei Stählin, Wendorf 1957, Wartenberg 1988, Hasse 2000. Ein gutes Literaturverzeichnis zum Thema bietet Woitkowitz 2003, S. 19-27.
  7. Hier sind zunächst die Akten des Hauptstaatsarchivs Dresden zu nennen. Sehr gründlichen Gebrauch davon hat Günther Wartenberg gemacht, der die daraus gewonnenen Erkenntnisse in zahlreichen Artikeln niedergeschrieben hat. Eine explizite Camerarius-Abhandlung konnte Wartenberg abgesehen von der 2003 verfassten Studie Wartenberg 2003 vor seinem Tod nicht mehr verfassen. Auch Wendorf 1957 hat viele dieser Quellen genutzt, jedoch auf exakte Quellenangaben verzichtet.
  8. In der "Vita Melanchthonis" verschweigt er gelegentlich seine eigene Teilhabe an wichtigen von ihm erwähnten Ereignissen, z.B. die Mitschrift der "Confutatio" zur Augsburgischen Konfession: Vgl. Werner 2010, §41, S. 117 (mit Anm. 121).
  9. So beschwert er sich z.B. am 13.4.1545 in OCEp 0313, dass er sich bei den Berufungsverhandlungen für die Universität (Leipzig) ausgebeten hatte, keine Verpflichtungen außerhalb der Lehre auferlegt zu bekommen: Vgl. auch Gindhart/Hamm 2024, S. 16-18.
  10. Vgl. Aulinger/Schweinzer 2011, S. 83 etc. Zu C.‘ Mitschrift der "Confutatio" zur "Confessio Augustana" vgl. Peters 2014a, S. 226-236. Bei mehreren Reichstagen war Camerarius aber als Besucher anwesend und nutzte diese Treffen zur Pflege seiner Netzwerke. Es steht zu vermuten, dass er dabei auch seinen Freund Melanchthon beraten hat; diese Aufenthalte sind aber zumeist in den offiziellen Protokollen nicht erwähnt und daher die Auswirkungen schwer nachzuweisen. Zu Camerarius' Reichstagsbesuchen vgl. Gindhart/Hamm 2024, S. 18-30.
  11. Vgl. Schäfer 2003 und Mundt 2001 sowie Kunkler 1998, S. 269-278. Die Datenbank "Controversia et Confessio" ergibt heute (7.12.2023) zur Suchanfrage „Camerarius“ nur 8 Treffer, darunter als einziges seiner Werke die "Querela Luteri".
  12. Vgl. Wendorf 1957, S. 36-40, OC 0876, A4r.
  13. Vgl. Gindhart/Hamm 2024, S. 17 sowie Schultheiß 2017, S. 204-206.
  14. Vgl. Kunkler 1998, S. 237 und OC 0876.
  15. Zum Überblick vgl. Schultheiß 2024 und Gindhart/Hamm 2024.
  16. Zur Einführung vgl. Kirn 1909, S. 40-65 und Wartenberg 1988.
  17. Zu theologischen Fakultäten dieser Zeit vgl. Gößner 2005; zur Leipziger Theologischen Fakultät vgl. Junghans 2005, Beyer 2005, Jadatz 2005, Siegmund-Schultze 2005 und Hein/Junghans 2009.
  18. Schultheiß 2024, S. 198.
  19. Zu theologischer und reformationsgeschichtlicher Thematik hier besonders S. 18-30.
  20. Vgl. Kunkler 1998, S. 44; Freyhub, Oratio in funere Camerarii (Werk), 1574, Bl. B1r und Adam 1615, S. 259.
  21. Krafft war für C.' humanistisches Netzwerk von nicht zu unterschätzender Bedeutung: Er vermittelte ihm den Kontakt zu Hessus (vgl. Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553, Kapitel 3 und 16), Melanchthon (vgl. Camerarius, Vita Philippi Melanchthonis, 1566, Kapitel 11) sowie zu Conradus Mutianus Rufus und Ulrich von Hutten (vgl. Woitkowitz 2003, S. 35).
  22. So auch Stählin 1936, S. 56. Vgl. dazu Asche 2003, S. 59 sowie ebd., S. 43-60, zur Studienzeit des Camerarius in Leipzig und Erfurt.
  23. Vgl. Bernstein 2022, S. 163-170.
  24. Zum Niedergang der Universität Erfurt im Zuge der Reformation und zum dortigen Bruch zwischen Humanisten und Reformatoren vgl. Lindner 2015.
  25. Zur Studienzeit in Leipzig, Erfurt und Wittenberg vgl. Gindhart/Hamm 2024, S. 10-12.
  26. Laut MBW 343.2 brach C. um den 25.9. von Wittenberg nach Bamberg auf.
  27. Ihre Identität ist unsicher: So nennt Kunkler 1998, S. 72 sie in Berufung auf Schelhorn 1740, Stammtafel (hinter S. 8) Barbara. Schelhorns Angaben zu Barbara Camerarius sind aber nicht zuverlässig. Es kann sich auch um eine andere Schwester handeln.
  28. Beschreibung der Flucht in MBW 354 und Kunkler 1998, S. 73-78.
  29. Der Streit ist vielfach beschrieben worden, so in Schwanke 2012 und in Peters, Christian: Zwischen Erasmus und Luther. Justus Jonas und die Krise des Erfurter Humanistenkreises. In: Irene Dingel (Hrsg.): Justus Jonas (1493-1555) und seine Bedeutung für die Wittenberger Reformation. Leipzig 2009, S. 39-58. Die Rolle des Camerarius kommt dabei jedoch selten zur Sprache.
  30. Vgl. Kroker 1909, S. 51-54.
  31. Kroker, Ernst: Luthers Tischreden in der Mathesischen Sammlung: aus einer Handschrift der Leipziger Stadtbibliothek, Leipzig 1903, S. 146, Nr. 212. Zur Datierung dieser Intervention: Zwischen dem Erscheinen von "De libero arbitrio" (September 1524) und "De servo arbitrio" (Dezember 1525) war C. um den 24. August 1525 (vgl. MBW Nr. 416.3) und nochmals Mitte Oktober in Wittenberg (vgl. MBW Nr. 426 und 428). In diese Zeit muss er mit Frau Luther gesprochen haben.
  32. In einem Brief von 1527 äußert sich Crotus Rubianus dergestalt, dass er eine friedliches Auseinandergehen gewünscht hätte. Camerarius hatte ihm davon berichtet. Der entsprechende Brief ist aber nicht erhalten.
  33. Vgl. Kunkler 1998, S. 88-98.
  34. Vgl. Kolde 1911, S. 210-212 und MBW Nr. 555. Hieronymus scheint aber zumindest offziell dem alten Glauben treu geblieben zu sein; jedenfalls schreibt Melanchthon in einem Fürbittbrief (MBW Nr. 554.2): ne quidem Lutheranis ita favit unquam, ut reprehendi posset.
  35. MBW Nr. 555.2: Hoc scio nullam ei familiaritatem cum ullis Lutheranis unquam fuisse.
  36. Vgl. MBW Nr. 557.
  37. Vgl. Gindhart/Hamm 2024, S. 12-14; ausführlicher Heerwagen 1867 und Heerwagen 1868.
  38. Siehe die etwas später verfassten Praecepta. Aus seiner Nürnberger Zeit sind erstaunlicherweise kaum theologische oder pädagogische Schriften erhalten. Lediglich die Capita sacrosanctae fidei sind bekannt.
  39. Siehe den Brief Hessus an Groningen, 20.12.1526, in Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553, Q3v-Q4r.
  40. Vgl. Aulinger 2011, S. 100–101 und 955–956. Anscheinend mussten die Gesandten wegen der Türkengefahr (Schlacht von Mohács am 29.8.1526) am Fürstentag (1.-21.12.1526) teilnehmen. Damit reichte die Zeit für die Sendung nicht mehr, da Frankreich nur für vier Monate freies Geleit gewährt hatte. Für den Reichstag zu Regensburg, einberufen für den 1.4.1527, ist keine Mansfelder Delegation belegt (vgl. Aulinger/Schweinzer 2011).
  41. Zur Hochzeit vgl. Walter 2024. Arrangiert wurde die Hochzeit möglicherweise von Christoph Führer I. (vgl. Woitkowitz 2003, S. 39, Anm 107).
  42. Dazu Taegert 2023, S. 200 m. Anm. 25.
  43. Die Nürnberger Gesandtschaft schreibt dazu in ihrem Bericht über die Verlesung an den Nürnberger Rat (CR II, S. 249–252, hier S. 250): Darauf ist dieselbe Schrift, die über 50 Blaetter lang, verlesen. Also haben wir, so viel wir dieß Mal deß behalten moegen, den Effect davon Joachim Cammermeister, so wir auch zu uns hinein genommen, verzeichnen lassen, der es also mit Fleiß auf alle Artikel mit kurz in sein Taefelein aufgezeichnet so viel ihm moeglich, und mehr denn wir alle verstehen und behalten können, wie E. W. aus beiliegender Copey vernehmen. Eine Edition der für den Nürnberger Rat überarbeiteten Notizen des Camerarius nach der Abschrift Hall, StA, 4/55, 152r–158r u.a. bei Peters 2014a, S. 230–236. Vgl. auch Gindhart/Hamm 2024, S. 20 m. Anm. 59.
  44. Die Freundschaft zwischen Melanchthon und Baumgartner wurde dadurch aber nur für kurze Zeit beinträchtigt: Bereits Anfang 1531 geht Melanchthon einen Schritt zur Versöhnung: MBW Nr. 1110.4.
  45. Zu dieser Freundschaft vgl. Mährle 2024, S. 68-72. Baumgartner war nicht nur C.' Freund, sondern in Nürnberg auch sein Vorgesetzter.
  46. Vgl. MBW Nr. 827.3 und 939.
  47. Der Streit um Osianders Thesen könnte das Verhältnis beeinträchtigt haben. Noch 1555 leidet die Stadt Nürnberg am Streit um sie, den C. und Melanchthon im Rahmen ihrer Reise dorthin lösten.
  48. Vgl. Klaus 1958 passim sowie MBW Nr. 816, 1638, 1656.
  49. Vgl. MBW 1659.2, 1660, 1662.2).
  50. Vgl. OCEp 0262 und zahlreiche Melanchthon-Briefe: Vgl. MBW Regesten Nr. 1638.6, 1656, 1858-59, 1869.4, 1919/1920, 2052/2053, 2066/2067, 2086, 2141/2150, 2184.5, 2210/2201, 2314/15, 2407, 2414-16, 2484, 2725/2726.3, 2786/2787.5, 2789/90.
  51. Vgl. MBW Nr. 610.3 und 611.1. Gemeint ist hier wohl die Schrift "Articuli de quibus egerunt per visitatores in regione Saxoniae": Vgl. Bauer, Joachim: Kursächsische Bemühungen um "Ordnung und Reformation". Anmerkungen zur Entstehungsgeschichte des "Unterrichts der Visitatoren" von 1528. In: Joachim Bauer, Stefan Michel (Hrsg.): Der "Unterricht der Visitatoren" und die Durchsetzung der Reformation in Kursachsen. Leipzig 2017, S. 53-76, hier S. 70.
  52. Vgl. MBW Nr. 1406, OCEp 1002 und Heerwagen 1868, S. 16. In MBW Nr. 1330.2 wird auch C.' Bruder Hieronymus Camerarius trotz seiner Haft mit dieser Stelle in Verbindung gebracht.
  53. Dazu Holtz, Sabine: "[...] für eine conciliare katholische Reform der Kirche". Die Tübinger Theologische Fakultät und die Einführung der Reformation. In: Sönke Lorenz, Dieter R. Bauer und Oliver Auge: Tübingen in Lehre und Forschung um 1500. Zur Geschichte der Eberhard Karls Universität Tübingen. Festgabe für Ulrich Köpf. Tübingen 2008, S. 61-74. Dort wird auch ein Grundproblem der Tübinger Universitätsreform angerissen, nämlich die Erzwingung der Reformation durch landesherrliche Autorität statt durch Überzeugung der Universitätsmitglieder (ebd. S. 74).
  54. Vgl. MBW Nr. 1487-1489, 1492, 1505.4.
  55. MBW Nr. 1501, 1503.
  56. Zu deren Reformationsversuchen an der Universität vgl. Pill-Rademacher 1993, S. 110-130. Zur ersten Ordnung, die Ulrich der Universität am 20.1.1535 oktroyierte, siehe Köpf 2020, S. 58f. sowie Roth 1877, S. 176-185 (Edition der Ordnung). Dazu gehörte u.a. die Einrichtung von zwei (statt bisher vier) theologischen Lehrstühlen: Altes Testament und Neues Testament. Das trug auch der Schwierigkeit der Gewinnung von gut ausgebildeten evangelischen Theologen Rechnung.
  57. Zu C.' Berufung vgl. MBW Nr. 1584.1 sowie der Brief des Grynäus OCEp 0276.
  58. Vgl. Brief von Grynäus an (Ambrosius) Blarer, ca. 10.6.1535, Rädle 1990, S. 65. Für das Fach Theologie war Camerarius ausdrücklich nicht vorgesehen.
  59. Vgl. Köpf 2020, S. 44 und Roth 1877, S. 184.
  60. Vgl. Köpf 2020, S. 62-65; Statuten: Roth 1877, S. 205-231.
  61. Vgl. Brief-ID 12894, in: Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550-1620). Verfügbar unter: https://thbw.hadw-bw.de/brief/12894. Zugriff am 11.3.2024.
  62. Vgl. Schultheiß 2017, Pill-Rademacher 1993; zusammenfassend Gindhart/Hamm 2024, S. 14-15.
  63. Vgl. MBW Nr. 1795 und 1796. Die Ordnung ist ediert von Roth 1877, S. 185-204. Melanchthon hatte sogar auf eine Anstellung in Württemberg gehofft, da er in Kursachsen nicht zufrieden war. Aber er erhielt keine Freigabe des Kurfürsten Johann Friedrich I. (Sachsen): Vgl. MBW Nr. 1616.4, 1787. Es ist nicht vollständig geklärt, ob sein Besuch neben der Universitätsreform noch andere Zwecke hatte. Dazu Pill-Rademacher 1993, S. 142-145.
  64. Siehe auch Pill-Rademacher 1993, S. 412, Nr. 16. Der Gebrauch des Begriffs Superattendent ist hier noch zu klären. Sicher handelt es sich um etwas anderes als die sächsische Verwendung des Begriffs. Dazu Goldenstein 2015. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass C. kirchliche Funktionen ausgeübt hätte. Der Begriff taucht u.a. in der zweiten herzoglichen Ordnung vom 3.11.1536 auf (Roth 1877, S. 185-204, hier S. 193f.) bezieht sich dort auf Aufseher über die Conturbernien, Bursen und das Pädagogium. Da dort ausdrücklich Theologen, Juristen und Mediziner genannt sind, kann hier keine kirchliche Leitungsposition gemeint sein.
  65. Die Mitwirkung des Kanzlers an Promotionen war durch die päpstliche Gründungsbulle von 1476 vorgeschrieben (vgl. Köpf 2020, S. 44f. und Roth 1877, S. 18f.). Zu den Lösungsversuchen durch Melanchthon und Camerarius vgl. MBW Nr. 2039.2 und 2051.4 sowie Volz 1977, S. 70-82. Wirklich lösen ließ sich die Problematik erst durch Widmanns Tod 1561.
  66. Vgl. MBW Nr. 2018.2.
  67. Vgl. Pill-Rademacher 1993, S. 167.
  68. Vgl. Hermelink 1906, S. 278-283: Wir finden hier u.a. die Familien Baumgartner, Grundherr, Römer und Coler. Zu den Familien siehe Fleischmann 2008.
  69. Vgl. Mährle 2014, S. 30 und Heerwagen 1868, S. 26.
  70. MBW Nr. 1919.3
  71. Vgl. MBW Nr. 1796.2 und 1824.3
  72. Vgl. MBW Nr. 1659.2, 1660.2, 1858-1860, 1869.4.
  73. Vgl. Köpf 2020 S. 49; MBW Nr. 1919.2.
  74. Vgl. Pill-Rademacher 1993, 172-173. Auch Martin Aichmann macht in seiner historischen Abhandlung über die Visitationen (1599) den Dissens zwischen Senat und Artistenfakultät über Forsters Entlassung verantwortlich dafür, dass Camerarius Tübingen verließ, freilich ohne Nennung von Belegen: in Pill-Rademacher 1993, S. 380-385, besonders S. 383.
  75. Ediert von Roth 1877, S. 427f. Dort führt er u.a. die grassierende Pest als Grund seiner Abreise an, geht aber auch auf das sächsische Stellenangebot ein. Melanchthon befürchtete eine gewaltsame Rückholung oder gar Inhaftierung C.' durch Herzog Ulrich (Württemberg), ähnlich dem Schicksal von C.' Bruder Hieronymus Camerarius in Bamberg: Vgl. MBW Nr. 2789, 2794 und 2807.1
  76. Vgl. Schultheiß 2017, S. 206-208 sowie Horst Schmidt-Grave, Leichenreden und Leichenpredigten Tübinger Professoren (1550-1570). Untersuchungen zur biographischen Geschichtsschreibung in der Frühen Neuzeit. Tübingen 1974, S. 41-42.
  77. Gindely 1859, S. 37. Mit keinem von beiden sind Briefwechsel des Camerarius erhalten. Jedoch geht aus dem Briefwechsel mit Bedrott hervor, dass sich Bucer und C. mindestens seit 1536 kannten (vgl. OCEp 0256).
  78. Vgl. MBW Nr. 2579.1 und 2584.
  79. Vgl. Luttenberger, Albrecht/Neerfeld, Christiane: Deutsche Reichstagsakten /11. Band, Der Reichstag zu Regensburg 1541. 2. Teilband, Göttingen 2018, S. 1617: Christoph von Kreytzen an Hg. Albrecht von Preußen – Regensburg, 1541 April 30/Mai 1.
  80. Es gibt gewisse Unstimmigkeiten der Quellen: Aulinger/Schweinzer 2011 führen Hieronymus Kammermeister als (einzigen) Gesandten Philipps von Pfalz-Neuburg in Regensburg (die beide vorzeitig abreisten: Vgl. MBW Nr. 2732.2), erwähnen Joachim aber nicht. Dagegen nennt Rädle 1990 Joachim als Württemberger Vertreter unter Berufung auf einen Brief von Frecht an Grynäus (28.7.1541; Herminjard VII, Nr. 1019, S. 211). Daraus ergibt sich, dass Joachim C. sich fast einen Monat lang in Regensburg aufhielt. Das wäre ungewöhnlich lange, sofern er keinen offiziellen Auftrag hätte.
  81. Zum Reichstag vgl. Wolgast 2003, S. 20-22.
  82. So Werner 2010, S. 155. Siehe zum Hyänentraum auch den entsrpechenden Abschnitt im Lemma → Naturkunde.
  83. Vgl. Wartenberg 2003, S. 17-19.
  84. Vgl. Rudersdorf 2009, S. 357-365 und Rudersdorf 2015.
  85. Wartenberg 2003, S. 11; vgl. Dall'Asta 2024, S. 159f.
  86. Dieses Junktim unterliegt keiner zwingenden Logik; allerdings ist die Quellenlage für die sächsische Landesgeschichte weitgehend davon abhängig. So existieren für Moritzens Regierungszeit wesentlich mehr systematische Untersuchungen und mit der "Politischen Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen" (Band 1 bis 6, entspricht PKMS 1 bis PKMS 6) eine umfassende Quellenedition. Ein Äquivalent zu Augusts Regierungszeit liegt noch nicht vor. Die diesbezüglichen Originalquellen im Dresden, HStA sind jedoch wesentlich umfangreicher und warten noch auf eine gründliche Aufarbeitung.
  87. Die Jahre 1541 bis 1546 sieht auch Wartenberg 1988, S. 19 als Einheit.
  88. Vgl. Nicklas 2007, S. 26f.
  89. Für die Wittenberger war es nicht selbstverständlich, nach dem Krieg ihre Universität wieder zu beziehen. Einige blieben ihrem bisherigen Dienstherren Johann Friedrich I. (Sachsen) treu und gingen an die Hohe Schule nach Jena. Den Ausschlag für die Wiedereröffnung der Universität Wittenberg gab sicher die Rückkehr Melanchthons, der seinem Freund Camerarius nun nicht mehr nur räumlich nahestand, sondern auch durch den gemeinsamen Dienstherren.
  90. Vgl. Nicklas 2007, S. 40.
  91. Vgl. zu Georg vor allem die Biographie, die Camerarius über Georg verfasst hat, den Briefwechsel mit Camerarius sowie Wartenberg 1988 und Gabriel 1997 passim.
  92. Im Herbst 1553 hielt er sich in Franken auf, entschied sich dann aber doch für die Rückkehr nach Sachsen.
  93. Vgl. Schlagwort Biographisches (Wienreise).
  94. Vgl. Bruning 2004, S. 168f.
  95. Vgl. Zinck 1903, S. 118.
  96. Vgl. Hasse 2000, S. 140-148 und 229-232. Der Buchdrucker Vögelin musste 1576 außer Landes fliehen; im selben Jahr verlor der Theologe Freyhub seine Stellung. Bersmann wurde 1580 entlassen, nachdem er die Unterschrift unter das Konkordienbuch verweigert hatte.
  97. Zur Einführung in die Leipziger Stadt- und Universitätsgeschichte vgl. Hofmann 1739 und Wartenberg 1996a. Zur Vorgeschichte der Reformation in Leipzig vgl. Wartenberg 1988, S. 29-38. Zu Georgs kirchlichen Reformen vgl. Wartenberg 1988, S. 89-93 und Volkmar 2008.
  98. Volkmar 2008, S. 610.
  99. Vgl. Volkmar 2008, S. 380f.: Selbst Herzog Georg opponierte gegen einige Auswüchse des Ablasswesens, wobei hier nicht der Ablass an sich das Problem war, sondern der Geldfluss ins Ausland.
  100. Vgl. Hofmann 1739, S. 29-33.
  101. Vgl. Freyhub, Oratio in funere Camerarii (Werk), 1574, Bl. A4v-B1r. Andere Quellen zu diesem Ereignis liegen bislang nicht vor.
  102. Vgl. Beyer 2005.
  103. Vgl. Vita Melanchthonis, §10-11 und Woitkowitz 1997, S. 31.
  104. Vgl. dazu den Aufsatz von Enge 2017, der eine größere Eigenleistung Herzog Heinrichs würdigt, als dies die bisherige Forschung unternommen hat. Die Schwierigkeiten, die sich dabei aus Herzog Georgs Gegenmaßnahmen und Nachfolgepläne, insbesondere in seinen Testamenten, ergeben haben, hat kürzlich Winter 2023 herausgestellt. Vgl. auch Wartenberg 2005, S. 69-77.
  105. Zum folgenden vgl. Junghans 2009, S. 47-50 sowie Wartenberg 1981.
  106. Zur Durchführung der Reformation in Stadt und Universität Leipzig vgl. Freudenberger 1988, S. 356-373. Auch legt Heinrich den Grundstein für die Reform der Universität, unter anderem die Bestellung Caspar Borners zum Rektor im Wintersemester 1539/40 hat er wahrscheinlich mit beeinflusst. Auch die ersten Schritte zur Berufung des Camerarius unternahm er noch selbst, wobei in all diesen Belangen die Rolle Melanchthons nicht zu unterschätzen ist: Vgl. MBW Nr. 2785. So verfasste dieser ein Gutachten mit Reformvorschlägen: Vgl. Rudersdorf 2009, S. 354-363, bes. 359f., siehe MBW Nr. 2542. Die Umsetzung konkreter Reformmaßnahmen blieb aber als Aufgabe für Heinrichs Sohn Moritz.
  107. Hofmann 1739, S. 405; vgl. Freudenberger 1988, S. 367.
  108. Die Leipziger Theologen hatten Stiftspfründe in Meißen, Halle (Saale) und Magdeburg.
  109. Vgl. Freudenberger 1988, S. 350-352 sowie Zarncke 1859, S. 96-98.
  110. Scheubleyn starb bei einem Sturz im Weinkeller: Vgl. MBW Nr. 2653.3.
  111. Zur Universitätsreform 1543 vgl. Rudersdorf 2009, S. 357-379.
  112. Vgl. Hein/Junghans 2009, S. 305. Die dortige Übersichtstabelle ist mit Vorsicht zu genießen, da nur Lehrstuhlinhaber verzeichnet sind, die der Fakultät angehören. Alesius war zwar schon im Herbst 1542 berufen worden und hatte am 24.9.1543 pro loco disputiert, wurde aber erst am 17.10.1544 in die Theologische Fakultät aufgenommen (vgl. Siegmund-Schultze 2005, S. 164). An der Doktorpromotion 1543 wirkte er aber bereits mit. Eine wichtige Rolle bei den Stellenbesetzungen spielte auch Melanchthon: Vgl. MBW Nr. 2802.
  113. Vgl. Wartenberg 1988, S. 155f. Schenk hatte sich in Wittenberg und Leipzig viele Feinde gemacht, darunter auch Superintendent Johann Pfeffinger. Vgl. P. Vetter: Jakob Schenk und die Prediger zu Leipzig 1541 - 1543. In: NASG 12 (1891), S. 247-271.
  114. Samuel fand Ende 1543 oder Anfang 1544 Anstellung bei Herzog Albrecht (Preußen): Vgl. MBW Nr. 3352 und 3441.1
  115. Dass Melanchthon regen Anteil nahm, zeigt sich auch daran, dass er Georg III. (Anhalt-Plötzkau) um Wildbret für den Doktorschmaus bat: Vgl. MBW Nr. 3322.
  116. Div., Quaestiones quinque, 1544. Vgl. dazu Weng 2003.
  117. Zur Universitätsreform vgl. die ausführliche Darstellung Rudersdorf 2009, S. 355-391 (davon 361-365 explizit zur Rolle des Camerarius), Rudersdorf 2015 und Zarncke 1859, S. 238-278 (Edition von Borners Bericht aus den Rektoratsakten).
  118. Zu dieser Angelegenheit vgl. Wartenberg 1988, S. 181-187 sowie die herzogliche Anordnung vom 22.9.1543: Dresden, HStA, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10532: Leipzigische Händel 1422-1533, Bl. 303b. Aufforderung Moritzens an Camerarius für Gutachten: Dresden, HStA, 10004 Kopiale, Nr. 0181, Bl. 152a. Diese Gremienarbeit war nicht im Sinne von Camerarius, der sich in einem Brief an Stramburger darüber beschwert, dass dies nicht der Zweck seines Dienstes sei.
  119. Vgl. Wartenberg 1988, S. 186 mit Anm. 70 und Zarncke 1859, S. 196f.; auch MBW 3343 und 3372.
  120. Georg von Karlowitz hatte bereits zu Lebzeiten Herzog Georgs einen eigenen Kompromisskurs über Religionsgespräche und kirchliche Reformen versucht, wobei auch Julius von Pflug einige Versuche unternahm, Erasmus von Rotterdam für eine Vermittlerrolle zu gewinnen. Dazu Wartenberg 1988, S. 65-70.
  121. Vgl. Wartenberg 1988, S. 184.
  122. Vgl. Gabriel 1997 und Achim Detmers: 500 Jahre Georg III. Fürst und Christ in Anhalt. Köthen 2008.
  123. Vgl. Ratajszczak 2009, S. 60-63, Wartenberg 2003, S. 19.
  124. Vgl. Ratajszczak 2009, S. 159-163.
  125. Vgl. Thomas 2005, S. 125-127.
  126. Vgl. Zarncke 1857, S. 664-666.
  127. Zur Beziehung zwischen C. und Albrecht vgl. Voigt 1841, S. 110-139. Der Melanchthon-Briefwechsel zählt 92 Briefe Melanchthons an den Herzog und 97 in der Gegenrichtung. Auch Melanchthons Schwiegersohn Georg Sabinus, ein Freund des Camerarius, wirkte als Königsberger Rektor in dieser Angelegenheit mit.
  128. Zur Angelegenheit vgl. MBW Nr. 3931 und 3933.2. Eine endgültige Lösung des Problems brachte erst die Erteilung des Privilegs durch König Sigismund II. August (Polen) am 28.3.1560: Vgl. Bues, Almut: Herzog Albrecht von Preußen (1490-1568). In: Armin Kohnle und Manfred Rudersdorf (Hg.), unter Mitarbei von Marie Ulrike Jaros: Die Reformation. Fürsten - Höfe - Räume. Leipzig 2017 (Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 42), S. 63, Anm. 44.
  129. Vgl. Volz 1977, S. 90-93 und 3970 Anm.. Eine Abschrift ist in der Collectio Camerariana erhalten: München, BSB, clm 10355, f. 108f.
  130. MBW Nr. 3340 und Vogt 1966, Nr. 127 (S. 274f.). Autoren des Briefs waren Melanchthon, Martin Luther, Johannes Bugenhagen und Camerarius. Der Brief zählt zu den wenigen Belegen für eine Zusammenarbeit zwischen Bugenhagen und Camerarius.
  131. Vgl. besonders OCEp 0330 sowie OCEp 1038, OCEp 0631, OCEp 1039 und das Itinerar.
  132. Vgl. Klaus 1958, S. 254, MBW Nr. 4570.1, 4585a, 4605.3.
  133. Vgl. OCEp 0572.
  134. Vgl. MBW Nr. 4721.4. Eine Stelle als Rektor der dortigen Hochschule wurde Camerarius bereits im Herbst 1543 angeboten, was dieser aber nicht annehmen konnte: Vgl. MBW Nr. 3334.4,2 und .4,4], 3371.1 3377.1.
  135. Vgl. MBW Nr. 4853.1-3
  136. Vgl. MBW Nr. 4778.2.
  137. Vgl. PKMS 3, Nr. 697. Weitere Briefe dazu sind zitiert bei Woitkowitz 2003, S. 185. Zusätzlich existiert ein dort nicht erwähnter Brief des Camerarius an den Rektor (Paul Bussius) vom 21.6. (ohne Jahr, aber auf 1547 datierbar), worin C. sich auf ein Schreiben von Kurfürst Moritz und Ulrich von Mordeisen bezieht. Er könne momentan noch nicht zurückkehren: Leipzig, UA, Bestand des Rektors, Rep. I/VIII/I (einzelne Professoren, ab 1549), Bl. 4r.
  138. Camerarius lässt in der Vita Melanchthonis kein gutes Haar an Helding, den er nach dessen Titularbistum verächtlich als "Sidonius" bezeichnet (vgl. Werner 2010, S. 169f.). Besser waren seine Beziehungen zu Julius von Pflug, einem humanistisch orientierten Reformkatholiken, der erst durch den Schmalkaldischen Krieg sein Bischofsamt in Naumburg (Saale) antreten konnte. Bis dahin hatte dort der Lutherfreund Nikolaus von Amsdorf dieses Amt ausgeübt, in das ihn der ernestinische Kurfürst Johann Friedrich I. (Sachsen) 1542 eigenmächtig eingesetzt hatte.
  139. Die Nicht-Durchsetzung des Interims in Sachsen sollte schließlich dazu führen, dass Karl V. (HRR) wieder auf das Konzil als einzige Lösung für die Glaubensspaltung zurückkam. Dies wurde ermöglicht durch den Tod Pauls III. am 10.11.1549; das Konzil wurde in Trient am 1.5.1551 erneut eröffnet. Vgl. Wartenberg 1996, S. 275-276.
  140. PKMS 3, Nr. 1041 = MBW Nr. 5137.
  141. Zu diesem sog. Leipziger Interim vgl. Wartenberg 2006, 25-32; Issleib 1907, S. 194; Issleib 1892, S. 206-220; Wartenberg 1988a (Philipp Melanchthon und die sächsisch-albertinische Interimspolitik. In: Jonas Flöter und Markus Hein (Hrsg.): Wittenberger Reformation und territoriale Politik. Leipzig 2003, S. 87-103), S. 98-100; Engel 2014, 106–113 und OCEp 0648 (C. an H. Baumgartner vom 10.2.1548).
  142. Zum Text vgl. PKMS 4, S. 254-257, Nr. 212.
  143. Vgl. Engel 2014, S. 101-104.
  144. Zur Teilnahme des Camerarius vgl. MBW Nr. 5380 und OCEp 0648 sowie Engel 2014, S. 108-113.
  145. Zu den Landtagsverhandlungen vgl. Wartenberg 2006, S. 25-27; auf S. 27-32 wird die Landtagsvorlage mit dem Augsburger Interim verglichen.
  146. Die sogenannte Georgsagende verfasste Georg III. (Anhalt-Plötzkau) unter Mitwirkung von Melanchthon, Camerarius, Johann Pfeffinger, Johannes Bugenhagen, Georg Maior, Johann Forster und Daniel Greiser. Nach der zwischenzeitlichen Verwerfung brachte Kurfürst August (Sachsen) die Agende im August 1553 wieder ins Spiel. Vgl. Jadatz 2007, S. 182.
  147. Vgl. dazu ausführlich Issleib 1894, S. 558-570 und zusammenfassend Engel 2014, S. 115-120.
  148. Vgl. Peters, Christian: Der Macht des Kaisers widerstehen. Die süddeutschen Theologen und das Interim. In: Irene Dingel und Günther Wartenberg (Hrsg.): Politik und Bekenntnis. Die Reaktionen auf das Interim von 1548. Leipzig 2006, S. 65-81, hier S. 66-68.
  149. Vgl. Werner 2010, S. 193 zu Dietrichs Kampf gegen Kaiser und Interim sowie Klaus 1958, S. 272-299 zur Haltung der Reichsstadt Nürnberg gegenüber dem Interim. Das Verhältnis Dietrichs zu Camerarius scheint sehr gut gewesen zu sein. Der edierte Briefwechsel spiegelt das nicht wider, da die Camerarius-Söhne nur Briefe von Camerarius edierten. Handschriftlich existieren aber nur zahlreiche Briefe Dietrichs an Camerarius.
  150. Vgl. Wiedermann 1988, S. 66f. Demnach lehnte Alesius nicht nur das Augsburger Interim, sondern auch Melanchthons Adiaphora-Verständnis ab. In einem Gutachten setzt er sich gar mit dem Widerstandsrecht gegen den Kaiser auseinander: Vgl. Gotha, FB, Chart. A 401, f. 227r-229r und Siegmund-Schultze 2005, S. 248-250.
  151. Vgl. Wengert 2006.
  152. Vgl. Koch 2006, S. 179.
  153. Vgl. Schäfer 2003.
  154. Vgl. Wartenberg 1996 und Issleib 1907, S. 203-205.
  155. Vgl. Brief-ID 15094, in: Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550-1620). Verfügbar unter: https://thbw.hadw-bw.de/brief/15094. Zugriff am 24.11.2023, und Brief-ID 15263, in: Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550-1620). Verfügbar unter: https://thbw.hadw-bw.de/brief/15263. Zugriff am 24.11.2023.
  156. Vgl. MBW Nr. 6165 und 6175 sowie Brief-ID 15304, in: Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550-1620). Verfügbar unter: https://thbw.hadw-bw.de/brief/15304. Zugriff am 22.1.2024. Anwesend waren von Württemberger Seite Jakob Beurlin und Johannes Isenmann sowie der Straßburger Johannes Marbach.
  157. Melanchthon reiste mit seinem Schwiegersohn Caspar Peucer sowie mit Erasmus Sarcerius und Valentin Paceus am 13.1.1552 aus Leipzig ab, Camerarius begleitete sie bis Zwickau: Vgl. MBW Regesten Nr. 6303 und 6310.
  158. Die sächsischen Gesandten forderten ein Geleit in der Form des Konzils von Basel aus dem Jahr 1431: Vgl. Freudenberger 1975, S. 336.
  159. Vgl. MBW Nr. 3678 und 6380. Die sächsischen Konzilsvorbereitungen beschreibt ausführlich Freudenberger 1975, besonders S. 315-341.
  160. Bei den Stellenbesetzungen wirkte Melanchthon mit, indem er Paceus als Hebräischprofessor empfahl: Vgl. MBW Nr. 6361.6 und 6392.
  161. Vgl. Woitkowitz 2008, S. 74. Hommel hatte immerhin Theologie studiert und mehrere Jahre als Pfarrer gearbeitet, war aber mittlerweile in der Mathematik zu einer Koryphäe geworden → Mathematische Wissenschaften.
  162. Vgl. Jadatz 2007, S. 189.
  163. Vgl. MBW Nr. 6927.1 und 6928.4. Georg III. (Anhalt-Plötzkau), der bis dahin die kursächsische Religionspolitik geprägt hatte, war schwer krank und starb kurz darauf.
  164. Vgl. MBW - Regesten online, Nr. 7184-7195 und Theologenbriefwechsel, Naumburger Konvent sowie Dresden, HStA, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10298/4, 56r-62v. Vgl. Siegmund-Schultze 2005, S. 298f. Siegmund-Schultze kennt nur die Marburger, aber nicht die Dresdner Fassung des Abschlussdokuments, bei dem Camerarius und Alesius unter den Unterzeichnenden zu finden sind. Insofern geht er fälschlich davon aus, dass beide nicht dabei waren. Tatsächlich könnte die Unterschrift des Alesius (Ego Alexander Alesius D legi, et probo) nachträglich beigefügt sein. Camerarius unterzeichnet im Dresdner Dokument als Letzter mit Hinweis auf seine Teilnahme (Ego Ioachi. Camerar. huic actioni interfui & his ...). Er war also dabei. Freilich schreibt er in der Vita Melanchthonis (Z3v), dass Alesius anwesend gewesen sei. Unterzeichner des Dresdner Dokuments sind, neben den Genannten, auch Valentin Paceus, Heinrich Salmuth, Andreas Hyperius, Caspar Lanius und Johannes Sleidanus.
  165. Vgl. MBW Nr. 7147.
  166. Dies tut C. auch 1559, wobei er die osiandrischen Positionen dort zwar nicht teilt, aber toleriert.
  167. Vgl. Wartenberg 2004, S. 43f. Text des Abschlussvertrages bei Glafey, Adam Friedrich: Kern der Geschichte des Hohen Chur- und Fürstlichen Hauses zu Sachsen. Frankfurt/Leipzig 1721, S. 236-263. Der Vertrag klärte territoriale und finanzielle Fragen, bestätigte die Wittenberger Kapitulation vom 19.5.1547 und regelte das künftige Zusammenleben beider Linien des Wettinischen Gesamthauses, mit deutlichem Übergewicht der Albertiner. Das enthaltene "Ruhegebot" für theologische Streitigkeiten hatte kaum Konsequenzen. Zur Vorgeschichte vgl. Wartenberg 2006a.
  168. Vgl. Meyer 1897: Bis 1570 war er fast jährlich an den Visitationsreisen beteiligt.
  169. Vgl. Jadatz 2007, S. 184.
  170. Vgl. Wartenberg 2006c, S. 69.
  171. Vgl. OCEp 0680 und OCEp 0909.
  172. Vgl. Zäh 2013 Nr. 95 = OCEp 2540. Dazu auch Bruning 2003, S. 88.
  173. Vgl. Wendorf 1957, S. 77f.: Verhandlungen in Nürnberg 26.-30.9.; kurfürstliches Schreiben vom 27.8. vgl. MBW 7568; zwei Konzepte des Schreibens an Melanchthon, C. und Valentin Paceus: Dresden, HStA, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10298/04 Religionssachen 1554-1558, f. 94r-95v sowie f. 96r-97v. Nähere Informationen zur Reise unter MBW 7591 m. Anm.; siehe auch Siegmund-Schultze 2005, S. 304-307.
  174. Vgl. OCEp 0688 und MBW Nr. 8008 (28.10.56): Dort wird berichtet, dass C. mit Franz Kram in Regensburg war.
  175. Vom 17.10. bis 19.11. waren die Sitzungen unterbrochen: Vgl. Bundschuh 1988, S. 583.
  176. Zu C.' Reise vgl. Werner 2010, S. 255; MBW Nr. 8394, 8409,8412, 8427. Vgl. zusammenfassend Gindhart/Hamm 2024, S. 28f. Zu Vorgeschichte und Ablauf des Religionsgesprächs vgl. Bundschuh 1988 passim.
  177. Vgl. handschriftliche acta rectorum (Leipzig, UA, Bestand rektor, Rep. B 007, Liber Actorum Academiae Lipsiae MDLVIII "Handell-Buch" M) 1558-1579, Bl. 4r-17r; Zarncke 1859, S. 475-482.
  178. Vgl. Zarncke 1861, S. 516-544.
  179. Vgl. Hein/Junghans 2009, S. 306.
  180. Die entsprechende Angabe im Brief an Baumgartner vom 28.7.1559 wird durch [1] bestätigt, während die Melanchthon-Briefe MBW Nr. 9011 und 8989 nicht zwingend dagegen sprechen. Auch ein Brief an Crato (8.9.1559) belegt seine zweimonatige Abwesenheit von Leipzig.
  181. Vgl. Woitkowitz 2003, S. 44. In der handschriftlichen Biographie (Joachim Camerarius II. mit Notizen von Philipp Camerarius: Handschriftlicher Abriß vom Leben ihres Vaters. München, BSB: clm 10376, Nr. 8, Bl. 13/21v) ist davon nichts erwähnt, statt dessen jedoch eine Reise nach Tübingen im Jahr 1560, wobei der Herzog C. zur Rückkehr an die dortige Universität bewegen wollte.
  182. Zu seinem Sterben vgl. handschriftliche Acta rectorum (Leipzig, UA, Bestand rektor, Rep. B 007, Liber Actorum Academiae Lipsiae MDLVIII "Handell-Buch" M) 1558-79, Bl. 52r: Überlegungen der Universität Leipzig. Vgl. auch den ausführlichen Bericht bei Müller 1910 sowie neuerdings Rhein 2024, S. 124f.
  183. Vgl. die Verlautbarung von Vizerektor Georg Maior und Professoren vom 23.4.1560, in: Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1561, Bl. Q6r-R3v, besonders Q8r-R1v. Es scheint aber, dass Camerarius dieses Lehrangebot abgelehnt hat, denn Georg Maior übernahm die Veranstaltung (vgl. Ludwig 2009, S. 73f.; Dresden, HStA, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10542/20, Des Hern Philippi Melanthonis seligen (...), f. 21r). Die anderen Lehrveranstaltungen übertrug man Veit Winsheim, Paul Eber, Petrus Vincentius, Sebastianus Theodoricus, Paul Crell und Johann Major. Der Melanchthon-Schwiegersohn Caspar Peucer wurde gebeten, die Ausarbeitung zu Carions "Chronicon" zu übernehmen. Er gewann in den nächsten Jahren erheblichen Einfluss in Wittenberg, gerade durch seine engen Beziehungen zum Kurfürsten August (Sachsen). Vgl. dazu Bruning 2004 und Kolb, Robert: Memoria Melanchthoniana 1560. The Public Presentation of Philip Melanchthon at his Death. In: Irene Dingel (Hrsg.): Memoria – theologische Synthese – Autoritätenkonflikt. Die Rezeption Luthers und Melanchthons in der Schülergeneration. Tübingen 2016, S. 89-102. Die Leipziger Theologische Fakultät jener Jahre ist noch unzureichend erforscht. Man beachte den Brief Jakob Andreaes, in dem er Camerarius nach dessen Tod als Haupt der Leipziger Calvinisten(!) bezeichnet: Brief an Selnecker vom 23.5.1574, Brief-ID 20922, in: Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550-1620). Zugriff am 16.2.2024.
  184. So Woitkowitz 2003, S. 44.
  185. Bei der Neubesetzung von Melanchthons Lehrstuhl wurde Camerarius um Rat gefragt: Vgl. Ludwig 2009, S. 73, und auch in Fragen der Religionspolitik wurde er noch gelegentlich herangezogen.
  186. Vgl. Gehrt 2006, Gehrt 2011 und Gehrt 2014, S. 111-117.
  187. Vgl. Gehrt 2014, S. 109f.
  188. Vgl. Steinherz 1914, S. 187f.
  189. Steinherz 1914, S. 195.
  190. Vgl. Steinherz 1914, S. 194-198, 203-204, 274-275, 278; Anhang zu Schelhorn 1740, S. 61 und 89.
  191. Zit. in Steinherz 1914, S. 444; vgl. ebda. S. 423 und 444-445.
  192. Der Bericht des Philipp Camerarius über die Ereignisse ist abgedruckt in der „Relatio vera et solida de captivitate Romana ... Philippi Camerarii et Petri Rieteri“ (Anhang zu Schelhorn 1740), S. 57-61. Philipp deutet diesen Vorfall als Anlass für seine Freilassung. Der wahre Zweck des Besuchs von Cauchius bei Joachim Camerarius I. wird dort aber nicht genannt, sondern ergibt sich erst aus den bei Steinherz veröffentlichten Nuntiaturberichten.
  193. Mordeisens Entlassung erfolgte im Mai wegen des gescheiterten dänisch-habsburgischen Heiratsprojekts: Vgl. Steinherz 1914, S. 241, 388.
  194. OCEp 0528.1, OCEp 0726, OCEp 1179.
  195. Vgl. Koller 2023, S. 346-347.
  196. Vgl. Gehrt 2014, S. 117-121.
  197. Vgl. dazu Otto 1889, S. 30-32, Steinmann 2017, Gindhart/Hamm 2024, S. 29 und andere. Vgl. auch das Schlagwort Biographisches (Wienreise) sowie die Akten in Dresden, HStA, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9936/53, mit eigenhändigem Bericht des Camerarius auf Bl. 4r-8v.
  198. Vgl. Briefwechsel-David Chyträus
  199. Vgl. Mager 1999, Hasse 2000, S. 111-119 und Dingel 2008, S. 794-822.
  200. Vgl. Koch 2001, S. 217-228.
  201. Die gründlichste Darstellung der Hintergründe und Zusammenhänge gibt Hasse 2000, S. 69-136; zum Thema "Sturz des Philippismus im Jahr 1574 als Zensurfall" vgl. ebda. S. 137-182. Vgl. auch Roebel 2012, Kluckhohn 1869, Bruning 2004, Hund 2006, Wustmann 1905, Calinich 1866 sowie ganz besonders Zinck 1903, S. 103-108.
  202. Instruktion der Visitatoren: Dresden, HStA, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10596/03, Bl. 1r-8v, ediert Hasse 2000, S. 397-401. Zur Visitationsreise vgl. Hasse 2000, S. 154-163.
  203. Dresden, HStA, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10596/03, Bl. 25r-29v. Das Schreiben enthält keine Unterschriften. Jedoch ergeben sich die Mitwirkenden aus dem zusammenfassenden Bericht in den handschriftlichen Acta rectorum (Leipzig, UA, Bestand rektor, Rep. B 007, Liber Actorum Academiae Lipsiae MDLVIII "Handell-Buch" M) 1558-1579, Bl. 383r/v: Commissum itaque fuit D.D. Theologis Zachariae Schiltero Rectori academiae, Henrico Salmut Decano Theologici collegii p. Wolfgango Hardero Pastori ad S. Nicolaum et Andreae Freyhub, et uni de consistorio Iurisconsulto D. Iohanni Reifschmieder et uni de professorum numero D. Ioachimo Camerario, ut responsi formulam conciperent.
  204. Zu diesen Einigungsbemühungen, die vor allem Jakob Andreae entschieden prägte, vgl. Peters 2007.
  205. Kategorie:Briefwechsel-Georg III. (Anhalt-Plötzkau) und Leppin, Volker: Anknüpfung und Neuansatz: Fürst Georg III. auf dem Weg zur Reformation. In: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 17 (2008), Sonderband 500 Jahre Georg III. Fürst und Christ in Anhalt. Köthen 2008, S. 23-33.
  206. Vgl. Melanchthon-Briefwechsel: MBW - Regesten online sowie in Rhein 2024, S. 133-137
  207. Vgl. Klaus 1958.
  208. Vgl. ThBW 1, S. lxxii-lxxiv, lxxx, xcix, 16-18, 23-25, 70-72, 205-207. Zum Verhältnis von Brenz und C. vgl. Peters, Christian: Melanchthon und Brenz. Eine Freundschaft in Briefen. In: Johanna Loehr (Hrsg.), Dona Melanchthoniana. Festgabe für Heinz Scheible zum 70. Geburtstag. Stuttgart-Bad Cannstatt 2001, S. 277-311. Brenz und Camerarius lernten sich wohl nicht vor 1529 kennen, vgl. MBW Nr. 827.3 vom 7.10.1529.
  209. Vgl. Kategorie:Briefwechsel-David Chyträus.
  210. Zu Alesius vgl. Siegmund-Schultze 2005, wo auch C. und Melanchthon gebührende Beachtung finden. Briefe des Alesius findet man u.a. in: München, BSB, Clm 10358, fol. 139-141.
  211. Halm 1873, S. 10.
  212. WA Luther 1883, Bd. 16; S.138: WA 1980: 1524: III,395; 1530: V,307-308 (Nr. 1562 vom 6.5.) und S. 540f. (Nr. 1679 vom 6.8.); 1541: IX,423.
  213. Mathesius, Die Tischreden von 1540, S. 92, Nr. 51.
  214. Colloquia oder Tischreden D. Mart: Luthers ... Auffs newe Corrigieret. Hrsg. v. Joannes Aurifaber: VD 16 L 6749, Bl. 2r. Germann 1894, S. 44, liest Forstemius und bezieht diese Nennung auf Johann Forster. Ebenso Martin Keßler: Viele Stimmen in der Summe. Die anonyme Flugschrift ,Warhafftig ursach das der leib Christi nitt inn der creatur des brots aber [...] im [...] hertzen der glaubigen sei‘ (Worms 1529 und Augsburg 1536). In: Gudrun Litz, Susanne Schenk, Volker Leppin (Hrsg.): Vielstimmige Reformation in den Jahren 1530 – 1548. Ulm 2018, S. 103-129, hier S. 120, der aber trotzdem die Schreibung Forschemius wählt. Bei diesem Namen kann man auch an Camerarius' Leipziger Lehrer Georg Helt denken, der wegen seiner Herkunft aus Forchheim oft als Forchemius bezeichnet wird. Für ihn sind jedoch bisher keine Hebräisch-Kenntnisse nachgewiesen.
  215. ThBW 1, S. 176-179: Alber bezeichnet C. als "mein allt bekhandter freindt"; vgl. auch MBW - Regesten online, Nr. 6175.
  216. ThBW 1, S. 614
  217. Kategorie:Briefwechsel-Erasmus von Rotterdam
  218. Vgl. Rhein 2024, S. 135.
  219. Kategorie:Briefwechsel-Daniel Stiebar von Rabeneck. Vgl. Mayer 1952 und Wendehorst 1989, S. 316f.
  220. Obwohl sie sich nicht mehr im Kurfürstentum aufhielten, war Joachim Camerarius II. als kurfürstlicher Leibarzt (von Haus aus) noch gelegentlich in Sachsen (http://www.aerztebriefe.de/id/00063632).
  221. Gindely 1859, S. 37.
  222. Leipzig, UA, Theol. Fak. 011, f. 5r-v und 10r-v bzw. f. 4r-v und 11r-v. Siehe MBW - Regesten online, Nr. 6082a mit Anmerkung sowie Hasse 1997, S. 55f und 64.
  223. Leipzig, UA, Theol. Fak. 011, f. 51 (Theologische Fakultät Wittenberg an Theologische Fakultät Leizig, 7.1.1573), und das Antwortschreiben ebda. 010, f. 326r-327r (Theologische Fakultät Leipzig an Theologische Fakultät Wittenberg, 10.1.1573), worin die Leipziger die Wünsche auf Georg Maior ausdehnen: (oremus Deum, ut) reverendos atque clarissimos viros Dominum D. Georgium Maiorem, et Dominum Ioachimum Camerarium, patres et praeceptores nostros cum observantia colendos, quorum vel umbra plurimum rebus afflictis et perturbatis prodesse posse videtur, diu: sicut et vestras reverendas dignitates: salvos et incolumes conservet: Domino Praeceptori Ioachimo pergrata fuit salutatio vestra et iussit vos omnes et singulos suis verbis a nobis officiose resalutari.
  224. Vgl. OCEp 1468. Wenn Camerarius krank darniederlag, pflegte er zu lesen; die daraus resultierende intensive Beschäftigung mit einem Stoff äußerte sich in der Folge immer wieder in literarischer Produktivität. Vgl. hierzu → Medizin. So führte eine Krankheit 1538 letztlich zur Abfassung und Publikation mehrerer hippologischer Schriften (→ Naturkunde).
  225. Der Brief ist ohne Jahresangabe auf den 13. August datiert. Die Übersetzung entstand laut dem Brief in demselben Sommer. Der Druck erschien laut Titelblatt 1536. Philipp Melanchthon bedankt sich bereits im Februar 1536 für Camerarius' bereits erfolgte Übersetzungsarbeit und freut sich über dessen Vorhaben, sie Justus Jonas zu widmen (vgl. MBW - Regesten online, Nr. 1694), der Druck liegt ihm aber offenbar noch nicht vor. Als Entstehungsjahr der Übersetzung und damit auch des Widmungsbriefes ergibt sich somit 1535; dies deckt sich auch mit dem Absendeort Nürnberg (vgl. Itinerar). (Eine noch frühere Datierung des Briefes erscheint dagegen aufgrund des dann sehr großen Abstandes zum Druck unplausibel.)
  226. 1535 erschien in Basel, Léon Parmentier zufolge auf Basis des Codex Basileensis A III 18, die Editio princeps von Theodorets Kirchengeschichte; der Codex wurde selbst für den Druck benutzt und dazu die Blattbindung gelöst (vgl. Parmentier 1911, X und LXVI). Die Edition selbst wurde schon 1535 ohne eigenes Vorwort in Rhenanus' Kompendium eingebunden, das außerdem Fragmente von Epiphanius' Übersetzung als Teile der "Historia Tripartita" enthielt; Parmentier sind jedoch auch Exemplare bekannt, in denen sie mit Camerarius' Übersetzung zusammengebunden ist, die immerhin bereits ein Jahr später ebenfalls in Basel erschien (vgl. ebd., LXVI).
  227. Vgl. OCEp 1468, Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, Bl. A2r/v. Was Camerarius meint, wenn er Epiphanius' Kenntnis des Griechischen so kritisiert, verdeutlicht wohl bereits einer der ersten Ausschnitte aus Theodoret, den Epiphanius übersetzt hat. Im griechischen Text heißt es hier: Ἤκουσεν γὰρ τοῦ θείου νόμου βοῶντος· ἐὰν ... (Rhenanus, Autores historiae ecclesiasticae, 1535, Bl. αa2v). Theodoret verwendet also klassisch griechisch das Verb ἀκούειν mit folgendem Genitiv und Partizip. Epiphanius übersetzt hier jedoch: Audiverat enim clamante divina lege: Si ... (Rhenanus, Autores historiae ecclesiasticae, 1535, S. 283). Die Partizipialkonstruktion im Genitiv deutet er also nicht als Objekt des Verbs ἀκούειν, das lateinisch als Akkusativobjekt zu audire wiederzugeben wäre, sondern als Genitivus absolutus, den er dann folgerichtig als Ablativus absolutus ins Lateinische überträgt. Camerarius übersetzt korrekt: Audierat enim divinam legem clamantem: Si... (Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, S. 4).
    Nur wenige Zeilen später heißt es im Griechischen: [Βιτάλιος] καἰ τὴν ἐν τῇ παλαιᾷ καταλυθεῖσαν ὑπὸ τῶν τυράννων, ᾠκοδόμησεν ἐκκλησίαν (Rhenanus, Autores historiae ecclesiasticae, 1535, Bl. αa2v). Epiphanius bietet hierfür: [Vitalius] etiam antiquam ex multis temporibus destructam a tyrannis aedificavit ecclesiam (Rhenanus, Autores historiae ecclesiasticae, 1535, S. 283), Camerarius dagegen: Vitalius ... extruxit in antiqua urbe dirutam a tyrannis ecclesiam (Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, S. 4). Während Camerarius also ἐν τῇ παλαιᾷ korrekt als Ortsangabe ("in der Altstadt") versteht, übersetzt Epiphanius als hätte er stattdessen bloßes παλαιάν vorliegen; was sich leicht durch eine alternative Textgestalt erklären lässt (vgl. die Anmerkungen bei Parmentier 1911, S. 7), mag auf Camerarius als Fehler gewirkt haben.
  228. Vgl. Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536.
  229. Vgl. Rhenanus, Autores historiae ecclesiasticae, 1535, S. 283f. für das Lateinische, ebd., Bl. αa2v für das Griechische.
  230. Vgl. Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, S. 4f.
  231. Vgl. Rhenanus, Autores historiae ecclesiasticae, 1535, S. 284 für Epiphanius, ebd., Bl. αa2v für das Griechische, Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, S. 5 für Camerarius.
  232. Vgl. OCEp 1468, Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, Bl. A3r.
  233. In der Folge kritisiert Camerarius besonders Rufinus' "Historia Ecclesiastica" sowie namentlich nicht genannte Theodoretübersetzer.
  234. Vgl. OC 0194, Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, S. 28 in Camerarius' Übersetzung.
  235. Zu Rufinus' Version der Erzählung, in der Arius' Tod in der Tat nach dem des Konstantin eingeordnet ist, vgl. Rhenanus, Autores historiae ecclesiasticae, 1535, S. 229.
  236. Vgl. OC 0196, Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, Bl. a1r.
  237. Vgl. OC 0195, Theodoret, Res Ecclesiasticae, 1536, Bl. a1r.
  238. Vgl. die Streckenbeschreibung des Drucks von 1536.
  239. MBW - Regesten online, Nr. 1694: De Theodorito verso gratiam tibi habeo. Est et illud mihi gratissimum, quod Ionae dedicas, sic enim intellexi tuas literas. Amo enim Ionam et candorem ac fidem ei tribuo. Scio eum et de tuo ingenio tuisque virtutibus honorifice sentire.
  240. Vgl. Eusebius, Ecclesiasticae historiae autores, 1539, Eusebius, Ecclesiasticae historiae autores, 1544, Eusebius, Ecclesiasticae historiae autores, 1549, Eusebius, Ecclesiasticae historiae autores, 1554, Eusebius, Ecclesiasticae historiae autores, 1557, Eusebius, Ecclesiasticae historiae autores, 1562 und Eusebius, Ecclesiastica historia, 1570.
  241. Zu Camerarius' Jesus-Vita vgl. auch Seckt 1888, 21-31 und Kunkler 1998, 242-251.
  242. So schon auf dem Titelblatt des Drucks: "Historiae Iesu Christi filii Dei nati in terra matre sanctiss[ima] sempervirgine Maria summatim relata expositio".
  243. Procedente autem aetate, attentius, ut fit, cogitans: Quid et iucundum inprimis esse deberet, et profuturum maxime videretur, facile animadverti utrunque eo potissimum contineri, in quo hominis Christiani professio versaretur. Ea est profecto cognitio illustris rerum divinarum, quam historiae congruentis copia non modo augeri, sed cum personarum tum eventuum consideratione explicari declarando constat (OCEp 1461, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, Bl. A2v).
  244. Indem er die alleinige Bedeutung der Heiligen Schrift zur Erlangung des Heils betont, hält sich Camerarius tatsächlich eng an Martin Luther (vgl. Kunkler 1998, 245).
  245. Kunkler 1998, 243.
  246. Vgl. OCEp 1461.
  247. Dies geht aus Camerarius' an Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken gerichtetem Proöm der Chronologie des Nikephorus hervor (vgl. OC 0678).
  248. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 2.
  249. Vgl. Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566 und Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566a sowie Camerarius, Historia Iesu, 1581.
  250. Vgl. OC 0678.
  251. Vgl. OC 0762 und OC 0761.
  252. Vgl. VD16 G 508.
  253. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 15f.
  254. Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 15.
  255. Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 18.
  256. Vgl. Kunkler 1998, 249.
  257. Kunkler 1998, 251.
  258. Kunkler 1998, 248.
  259. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 5.
  260. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 6-13.
  261. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 13ff. Vgl. auch S. 67f. und 70f. zu Camerarius' Erklärung, warum Jesus "am dritten Tage" auferstanden ist, wenn der doch am Freitag gestorben und am Sonntag auferstanden ist.
  262. Auf Bl. A3v-A4v verkündet Camerarius, er werde an einigen Stellen auf verbreitete Fehllehren eingehen; er wisse, dass er sich damit Kritik aussetze, aber die Alternative sei, überhaupt nichts zu schreiben. Auf Bl. A7v zeigt er auf, dass die Werke der Frühscholastik (ea, quae ante annos circiter quingentos edita sunt) noch recht nahe an der wahren Lehre sind, jedoch mit geringen Abweichungen, und dass jede folgende Generation der Scholastik auf den Fehlern ihrer Vorgänger aufbauend sich weiter von Jesu Lehre entfernt habe (vgl. auch Kunkler 1998, 247). Auf Bl. A8v erklärt er den Ursprung der Sage von Georg dem Drachentöter aus der Perseus-Sage; bei Fragen der Chronologie vergleicht Camerarius verschiedene Quellen und gewichtet sie nach ihrer Zuverlässigkeit (S. 13ff.); auf S. 75 äußert er sich kritisch zum Schweißtuch der Veronika und ähnlichen Erzählungen. Auf S. 89 fordert Camerarius, die Antike müsse hochgehalten werden, jedoch in ihrer reinen und wahren Form, unverdorben durch übertriebene Ausschmückungen (antiquitas quidem venerabilis esse debet universis, sed ea sancta, incorrupta, sincera). Die Apokryphen verwirft Camerarius auf Bl. A7v und S. 100f.
  263. Kunkler 1998, 245.
  264. Kunkler 1998, 246.
  265. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 19.
  266. Vgl. Kunkler 1998, 248.
  267. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 19: Nam quo accuratius expoliuntur [sc. ea quae intelligentiam animi nostri excedunt], eo inter tractandum profaciora quodammodo redduntur.
  268. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 19.
  269. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 19.
  270. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 4.
  271. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 6.
  272. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 83: Nam qui in filium DEI blasphemi sunt, ... ii abalienare naturam huius a patris Deitate cupide studuerunt. Alii autem contra diversa sententia evecti tanquam ad ampliorem cultum, eundem esse hunc et patrem dixere. Itemque eundem filium et SPIRITUM sanctum. Est auten in his ambabus partibus plaga insanabilis. Der griechische Text bei Epiphanios lautet (Panarion 23): Οἱ μὲν γὰρ εἰς τὸν υἱὸν βλασφημοῦντες, καθάπερ μοι ἄνω προδεδήλωται, φύσει ἀπαλλοτριοῦν αὐτὸν τῆς τοῦ πατρὸς θεότητος ἐφιλοτιμήσαντο· ἄλλοι δὲ πάλιν ἑτέρως φρονήσαντες, ὡς δῆθεν τιμῆσαι περισσοτέρως προαχθέντες, τὸν αὐτὸν εἶναι πατέρα εἶπον καὶ τὸν αὐτὸν υἱὸν καὶ τὸ αὐτὸ ἅγιον πνεῦμα· ἔστι δὲ τοῖς μέρεσιν ἀμφοτέροις ἀνίατος ἡ πληγή.
  273. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 5, 48f. Wie Camerarius an anderer Stelle ebenfalls um 1565 darlegt, hatte Jesu Tod zugleich zur Folge, dass die Macht der Dämonen, die die Menschen lange Zeit beherrscht hatten, gebrochen wurde: Atque ab his [sc. daemonibus] caussa tandem data fuit mortis, qua per summam contumeliam tolleretur e medio [sc. Iesus]. Qua quidem morte eorum vis et potestas peremta est, et mortuus hic atque sepultus, cum mox diuina potentia excitatus revixisset, vitam amissam reconciliata Dei aeterni gratia hominibus restituit: Tunc igitur et potentia ista [sc. daemonum] fracta, et regnum ereptum, et in contrarium cuncta fuere conuersa (OC 0763, Plutarch, De natura et effectionibus daemonum, 1565, Bl. C5r). Vgl. auch den Artikel zu → Mantik und Magie.
  274. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 5.
  275. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 5f.
  276. Ac potius castissimae virginis memoriam colere nunc quidem sive una cum corpore seu absque hoc assumtae in vitam aeternam a filio. Id quod ideo utrunque posui quia neutrum iis literis quarum est sancta autoritas mandatum legitur (OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 40). Vgl. auch ebd., 76.
  277. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 40.
  278. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 81f.
  279. Vgl. OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 79ff.
  280. Neve veritatis pulcritudinem ac decus contaminent atque polluant aspersis mendaciorum maculis (OC 0762, Camerarius, Historiae Iesu Christi expositio (Druck), 1566, 86). Als Beispiel nennt Camerarius mit Bezug auf Platon (wohl nach Hipp. mai. 290 a ff. und 295 c) die Augen der Statuen, die nicht in grellen Farben wie Gold und Purpur zu bemalen seien, sondern in natürlichen Farben, sodass sie auls Augen erkennbar seien.
  281. Vgl. Beust, Orthodoxa enarratio Evangeliorum, 1591, 65.
  282. Vgl. Beust, Orthodoxa enarratio Evangeliorum, 1591, 248f.
  283. Kulpis 1685, 141.
  284. Vgl. Bourassé 1862, Sp. 674f.
  285. Vgl. Molnár 1981, 4ff.
  286. Die Böhmischen Brüder maßten sich niemals die Bezeichnung einer Kirche an, da sie diesen Begriff für die universelle christliche Kirche reservierten; die selbst waren eine Unität (lat. unitas, tsch. jednota) von Brüdern (vgl. Molnár 1951, 102).
  287. Vgl. MBW - Regesten online, Nr. 1559.
  288. Vgl. Molnár 1981, 13 und VD16 C 4825.
  289. So Peucer selbst in einem Brief an Jan Blahoslav vom 19.06.1566 (vgl. http://www.aerztebriefe.de/id/00051842 ), unvollständig abgedruckt in Benz 1971, 132, vollständig in Gindely 1859, 289. Er gibt darin zu, dass er die Sprache nicht mehr fließend spreche, aber sich bemühe, sie zu üben, und ihre vollständige Beherrschung sogar der der üblichen Bildungssprachen (ohne konkrete Nennungen) vorziehen würde: Nam et henetam linguam, in qua natus sum, interdum per otium repetere conor et sane integram malim, quam ex illis aliquam, quae a nostris hominibus sumptibus magnis, sed ambitione quadam magis, quam fructu discuntur. Vgl. auch Roebel 2012, 16 (mit Anm. 10), 29, 95.
  290. Vgl. Benz 1971, 129ff. und Roebel 2012, 97.
  291. Vgl. Roebel 2012, 96f.
  292. Benz 1971, 133.
  293. Zu den Beziehungen zwischen Martin Bucer und den Böhmischen Brüdern vgl. Molnár 1951.
  294. Vgl. Erythraeus' eigenen Bericht in Gindely 1859, 37 (deutsche Übersetzung), 62 (tschechisches Original). Camerarius' Aufenthalt in Straßburg bezeugt ein Brief an Daniel Stiebar vom 10. Juni (vgl. OCEp 1019).
  295. Vgl. Blahoslavs Erinnerung an das Treffen in einem Brief an Camerarius vom 16.07.1571, ediert in Gindely 1859, 321f. Vgl. auch Goll 1878, 63, MBW - Regesten online, Nr. 7845 (dat. 01.06.1556), Tschižewskij 1940, 112 und Fritsch 2022, 306.
  296. So Camerarius in einem Brief an Isaiah Caepolla vom 25.07.1569 (vgl. OCEp 1426).
  297. Vgl. Förstemann 1894, 53.
  298. Vgl. OCEp 1426 (dat. 25.07.1569); Camerarius adressiert Caepolla in dem Schreiben als amicus. Sein Sohn Joachim führte diesen Kontakt später fort (vgl. Caepollas Brief an diesen vom 11.09.1576 ( http://www.aerztebriefe.de/id/00009579).)
  299. Es mag sich dabei um das 1566 gedruckte deutschsprachige Gesangbuch "Kirchengeseng" der Böhmischen Brüder gehandelt haben (VD16 XL 117). Zu den Gesangbüchern der Unität schreibt Sladká 2022, 231: "[Die] aufwendig ausgeschmückten Gesangbücher [der Böhmischen Brüder] wurden berühmt und erfuhren eine Verbreitung quer durch alle Konfessionskirchen; die Verwendung durch Katholiken, Lutheraner und Utraquisten ist in zeitgenössischen Quellen dokumentiert." Tatsächlich scheinen die Gesangbücher ein bedeutender Teil der Selbstinzenierung und "Propaganda" der Böhmischen Brüder gewesen zu sein (ebd., 233). Von Caepolla haben sich außerdem Korrekturbögen zu einem 1569 gedruckten Gesangbuch erhalten (vgl. Sladká 2022, 250).
  300. Datiert auf den 16.07.1571, Edition in Gindely 1859, 321f.
  301. Zum Kontakt zwischen Crato und Blahoslav vgl. dessen Brief an Crato vom 17.08.1568 ( http://www.aerztebriefe.de/id/00034057). Daneben hatte Blahoslav auch regelmäßigen Kontakt zu Caspar Peucer (vgl. http://www.aerztebriefe.de/).
  302. Ludwig Camerarius an Karl von Žerotín vom 01.02.1601 (ediert in Hrubý 1970, 116-118): nempe vovere [Camerarium] ac precari solitum dicebat [sc. Esromus], ut antequam immutabili Dei aeterni voluntate et providentia migrandum esset ipsi ex hac vita, interesse ipsi liceret Fratrum in regionibus illis coetibus et cum communione ipsorum Christiana frui, tum disciplinae, quae inter illos vigeret, integritatem conspicere.
  303. Similiter praeclarus ille Joachimus Camerarius in Academia Lipsensi Graecae linguae Professor, scriptura ornans sua, more Germanis recepto, album amicorum Wenceslaii Placelii, nobilis Bohemi, nunc apud Fratres iudicis, huius sententiae verba in eo exaravit; Sicubi gentium nunc est vera Christi Ecclesia, certe apud Fratres Bohemicos est. Quod vir tantus haud temere pronunciavit: sed quia cum de ipsis historiam concinnare haberet in animo, scire prius eum oportuit, quales ii effent de quibus scripturus erat (Lasicius 1649, 122).
  304. OC 0949, Camerarius, Historica narratio, 1605, 142f.
  305. ... Martinus Lutherus, tale prooemium curavit proponendum, ut qui post illud testimonium accurate et firmis rationibus explicatum, de religionis Fratrum sincera integritate, et pura disciplina honestate, dubitare et quaerere amplius velit, nimis curiosus; qui vero accusare adhuc illos audeat, improbus ac malus sit. Fuit autem initio M. Lutherus inscius veritatis, et ipse Fratribus iniquior. A quibus missi ad eum anno Christi M. D. XXII. quidam, ad considerationem diligentiorem commoverunt animum huius, et tunc conciliata est illius ipsis benevolentia atque amicitia, assensioque et approbatio tam dogmatum quam rituum, quae defenderent, et quos servarent (OC 0949, Camerarius, Historica narratio, 1605, 99).
  306. Sane quicquid [Lutherus] aliquando rumusculis dissipatis assentiens, contra Fratrum religionem, aut de eis criminose contra veritatem, dixit aut scripsit, id postea aliis sermonibus atque scriptis satis superque correxit. Constatque eum huius coetus admiratorem laudatoremque maximum fuisse (OC 0949, Camerarius, Historica narratio, 1605, 127).
  307. Solos prope in orbe terrarum Fratres, cum puritate doctrinae, vigorem etiam disciplinae Christi apud se restituisse; Quae laus ut eis detur, et hoc in illis opus Domini praedicetur, rem ipsam cogere (OC 0949, Camerarius, Historica narratio, 1605, 142).
  308. Vgl. Gindely 1859, 451ff. für eine Übersicht.
  309. Vgl. Gindely 1859, 320. Vgl. auch Goll 1878, 62: "Die Latinität der früheren Confessionen entsprach keineswegs den Ansprüchen des humanistisch gebildeten Zeitalters".
  310. Vgl. Benz 1971, 137. Vgl. dort auch zu dem Folgenden.
  311. Zu ihm vgl. Meyer, Gerhard, "Herbert, Petrus" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 582 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119706032.html#ndbcontent.
  312. Jedenfalls arbeitete Rüdinger später auf Basis der deutschen Version: Wittebergae eo tempore dum essem, familiaritate bonorum virorum et praecipuorum in academia usus sum, qui per occasionem saepe mecum loquebantur, esse ex re nostra, ut confessio Germanica Latine ederetur. Ipseque Esromus aliquoties miratus fuit, cur tam diu res differretur, atque aliquando inter conferendum mecum dixerat, se voluisse id officii nostris praestare, e Germanico in Latinum ut transferret, si per suas occupationes licuisset (Gindely 1859, 320).
  313. Gindely 1859, 320.
  314. Vgl. Gindely 1859, 320f. Vgl. auch Goll 1878, 62.
  315. Vgl. Gindely 1859, 328: [Esromus] [r]eferebat et hoc de Camerario, quod dixerit genus suae orationis periodicum esse, in nostra vero confessione esse commaticum quiddam.
  316. Vgl. Gindely 1859, 329f.
  317. Vgl. Gindely 1859, 330f. sowie Peucers eigene Aussage in seinem Brief an Blahoslav vom 01.10.1571 auf 334.
  318. Vgl. Gindely 1859, 332. Zum "Consensus" vgl. Mager 1999 und Hasse 2000, S. 111-119.
  319. Vgl. Gindely 1859, 331ff., Brieftext auf 332f.
  320. Vgl. Gindely 1859, 338.
  321. Vgl. Gindely 1859, 338 und Benz 1971, 137f.
  322. Vgl. Gindely 1859, 330, 338 und Benz 1971, 138.
  323. Vgl. Gindely 1859, 339.
  324. Vgl. Gindely 1859, 341 und 346.
  325. Vgl. Gindely 1859, 341ff.
  326. Vgl. Gindely 1859, 347. Wie an anderer Stelle Caspar Peucer (vgl. Benz 1971, 138f. nach Gindely 1859, 334 und 337) äußert sich Camerarius hier bitter über die Uneinigkeit der Protestanten. Gerade nach dem Tod Johann Pfeffingers sehe Camerarius schwarz: Dieser sei zwar nicht sehr gebildetet gewesen, habe jedoch mit sich Reden lassen und alleine durch seine Anwesenheit Hoffnung gemacht (etsi non erat excellenter doctus, tamen suo loco utiliter et bene docebat et scribebat, et patiebatur sibi subiici et moneri. Habebam, inquit [sc. Camerarius] ipsum quasi in manibus et potuissem ipso viro de successu rei melius sperare). Vgl. Gindely 1859, 346f.
  327. Vgl. Gindely 1859, 348f.
  328. Vgl. Gindely 1859, 349.
  329. Vgl. Hasse 2000, 390.
  330. Vgl. Gindely 1859, 350.
  331. Abgedruckt in Gindely 1859, 351-355.
  332. Vgl. Gindely 1859, 355f.
  333. Vgl. Gindely 1859, 356ff. Derselbe Brief hat dann in die Basler Edition des Bekenntnisses von 1575 Eingang gefunden (vgl. VD16 C 4828, 11ff.).
  334. Vgl. Gindely 1859, 359.
  335. Dies muss für die sonst überaus auf Perfektion bedachten Brüder schmerzlich gewesen sein, die sonst alles bis hin zur Kommasetzung streng regelten. Vgl. Sladká 2022, 247ff.
  336. So Goll 1878, 62. Zur lateinischen Version des Bekenntnisses vgl. VD16 C 4827.
  337. Vgl. Gindely 1859, 361f.
  338. Am 24. April befindet sich die deutsche Version im Druck (vgl. Rüdingers Brief an Stephanus Gindely 1859, 360); am 25. April schreibt Rüdinger auch Caepolla, der Druck der deutschen Version schreite voran (vgl. Gindely 1859, 362f.). Für den fertigen Druck vgl. VD16 C 4832.
  339. Vgl. Gindely 1859, 343f. Vgl. auch Goll 1878, 64.
  340. Zu diesem vgl. Wotschke 1925, Goll 1878, 74ff., Havelka 2022.
  341. Zu dieser ersten Schrift des Lasicius vgl. Goll 1878, 76ff., Havelka 2022, 482f.
  342. Vgl. Gindely 1859, 379ff., Wotschke 1925, 95f., Havelka 2022, 483. Allgemein bestanden innerhalb der Brüderunität strenge Regelungen bezüglich Druckpublikationen: Sämtliche Druckschriften von Mitgliedern der Unität mussten zunächst vom Inneren Rat genehmigt werden. Dieses Kontrollbestreben erstreckte sich jedoch auch auf Werke von Nicht-Mitgliedern. Vgl. Sladká 2022, 244f.
  343. So Havelka 2022, 483.
  344. So Goll 1878, 75.
  345. Vgl. Gindely 1859, 321.
  346. Zu den neuen Quellen schreibt Jaroslav Goll: "Als Br. Isaias Cepola im Jahre 1571 nach Deutschland kam, befand sich ein historisches Werk des Blahoslav in seinen Händen. Cepola selbst bezeichnet dasselbe als istas Blahoslai nostri notas seu annales nostros. Damit kann nur die Summa gemeint sein, da doch Peucer, dem Cepola diese Schrift lieh, das böhmische Werk, die jetzt allgemein dem Blahoslav zugeschriebene Geschichte der Brüder, nicht verstanden hätte." (Goll 1878, 56; zu Blahoslavs "Summa" vgl. ebd., 53ff. (Edition auf 114-128), zur böhmischen Geschichte vgl. ebd., 56ff.). Diese Schlussweise ist offensichtlich falsch, da Peucer, wie oben erläutert, Tschechisch (oder "Böhmisch") sehr wohl lesen konnte; das Ergebnis des Schlusses kann jedoch zumindest halb so bestehen bleiben: Denn nicht nur Peucer, sondern auch Rüdinger bekam die Blahoslai nota[e] seu annales nostr[i] zu sehen (vgl. Gindely 1859, 328f.); von Rüdinger sind nun aber definitiv keine Kenntnisse des Tschechischen - oder anderer slawischer Sprachen - bekannt (noch 1583 sagte Rüdinger selbst, er verstehe kein "Böhmisch", vgl. Ball 1898, S. 91). Die allgemein Blahoslav zugeschriebene lateinische "Summa" war also wohl in der Tat unter den Notizen, die Caepolla überbrachte; allerdings - und daher ist das Ergebnis des Schlusses nur halb korrekt - berichtet Caepolla später, er im Frühsommer 1572 habe einige der Notizen aus dem Tschechischen ins Lateinische übersetzt (vgl. Gindely 1859, 330). Es befanden sich also auch, wenn auch nicht nur, tschechische Quellen unter diesen. Dabei mag es sich ggf. auch um eine auf Tschechisch verfasste Geschichte Blahoslavs handeln (vgl. Goll 1878, 56ff., besonders aber 60f. zur Argumentation für die Existenz einer heute verlorenen Geschichte der Böhmischen Brüder von Blahoslavs Hand in unbekannter Sprache).
  347. Vgl. Gindely 1859, 325-328. Vgl. auch Goll 1878, 64.
  348. Vgl. Gindely 1859, 330.
  349. Vgl. Gindely 1859, 328.
  350. Vgl. Gindely 1859, 329.
  351. Vgl. Gindely 1859, 328f.
  352. Vgl. Gindely 1859, 329.
  353. Vgl. Gindely 1859, 331f.
  354. Vgl. Gindely 1859, 331ff., Brieftext auf 332f.
  355. Vgl. Goll 1878, 64: Zu einem solchen habe Caepolla Camerarius bewogen.
  356. Lasicius 1649, 122: Multis idem Camerarius de iisdem Fratribus mecum, praesente celebri illo Medico Gasparo Peucero, ... Lipsiae contulit, Anno 1971. cum tertio iter facerem in Galliam.
  357. Vgl. auch OC 0949.
  358. Vgl. Goll 1878, 65.
  359. Die Notizen hatte er ja bei sich behalten, nachdem Lasicius versprochen hatte, nach seiner Reise nach Frankreich nach Mähren zu kommen und Caepolla dort zu treffen (vgl. Gindely 1859, 330). Lasicius verstand als gebürtiger Pole vermutlich Tschechisch zumindest bis zu einem gewissen Grad; daher war keine Übertragung ins Lateinische vonnöten gewesen, solange Lasicius alleine der Adressat gewesen war. Mit Camerarius' Auftritt änderte sich das nun.
  360. Vgl. Gindely 1859, 339. Vgl. auch Goll 1878, 64.
  361. Vgl. auch OC 0949.
  362. Vgl. Gindely 1859, 343f.
  363. Vgl. Flaminio, Epistolae, 1571, Bl. I4r/v.
  364. Vgl. Gindely 1859, 347.
  365. Historica vestra nimis diu distulistis, cum senex noster iam sit mortuus. Ego socero amisso non tantum in luctu sum gravissimo, sed sunt etiam, qui exilia nobis minantur (Gindely 1859, 363). Es ist unklar, ob und inwieweit - den Befürchtungen der Wittenberger entsprechend - die Arbeit an und die Druckerlaubnis das Bekenntnis der Böhmischen Brüder sich auf die Verfolgungen auswirkte.
  366. Vgl. Ball 1898, S. 88-97, Fritsch 2022, 306 und Siegfried, C., "Rudinger, Esrom" in: Allgemeine Deutsche Biographie 29 (1889), S. 470 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117598690.html#adbcontent. Zur Rückkehr vgl. auch http://www.aerztebriefe.de/id/00041022.
  367. Brief an Karl von Žerotín vom 01.02.1601 (ediert in Hrubý 1970, 116-118). Zur Druckgeschichte vgl. auch Ludwig Camerarius' Widmungsbrief (Camerarius, Historica narratio, 1605, Bl. **5r/v).
  368. Vgl. Camerarius, Historica narratio, 1605 und Goll 1878, 64.
  369. Vgl. Beyreuther et al. 1980, 52, Fritsch 2022, 309.
  370. Goll 1878, 64.
  371. Vgl. Beyreuther et al. 1980, 46.
  372. Vgl. Goll 1878, 64.
  373. Vgl. OC 0949, Camerarius, Historica narratio, 1605, 6f.
  374. Vgl. Beyreuther et al. 1980, 52f.
  375. Vgl. Goll 1878, 65.
  376. Vgl. Goll 1878, 53.
  377. Vgl. Goll 1878, 65ff.
  378. Vgl. Goll 1878, 75, Havelka 2022, 483.
  379. Vgl. Goll 1878, 74 und 78, dort auch Anm. 2.
  380. Havelka 2022, 483.
  381. Vgl. Goll 1878, 75f., Wotschke 1925, 95, Kurze 1975 53f., Havelka 2022, 483f.
  382. Havelka 2022, 487.
  383. Goll 1878, 78f.
  384. Vgl. Havelka 2022, 487ff.: Zumindest Johannes Laetus (Veselský) und Andrzej Węgierski hatten Zugriff auf das Werk und verwendeten es in ihren eigenen kirchenhistorischen Darstellungen. Über Węgierski kamen vermutlich Laetus an Auszüge und das Manuskript schließlich in den Besitz von Comenius.
  385. Vgl. Goll 1878, 76 und VD17 12:116849B (= Lasicius 1649). Zu einer Edition von 1660 aus Amsterdam vgl. http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=335034. Vgl. ausführlich Havelka 2022, 491.
  386. Vgl. Havelka 2022, 496.
  387. Vgl. Havelka 2022, 484.
  388. Erhalten sind die Bücher 1-4 und 6, wobei einige Paragraphen von Buch 4 als Buch 5 gezählt werden. Vgl. genauer Havelka 2022, 484f., dort auch mit Kapitelüberschriften und Inhaltsangabe. Zu Comenius' Exzerpten vgl. ebd., 491.
  389. Vgl. Goll 1878, 76f. und Wotschke 1925, 96.
  390. Brief-ID 20922, in: Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550-1620). Verfügbar unter: https://thbw.hadw-bw.de/brief/20922. Zugriff am 16.2.2024.
  391. So Schubert 2013, S. 49.
  392. Zur Problematik vgl. Koch 1986 und Ludwig 2009, S. 8-16.
  393. Camerarius, Disputatio de precibus (Druck), 1560, Bl. A7r/v
  394. Übersetzt von Vinzenz Gottlieb: Zur Religion und auch zu den großen theologischen Zwistigkeiten äußerte er sich in der Weise, dass er gegen keine Gruppierung roh oder ungerecht agierte und dennoch schwerwiegende Missstände bemängelte: Er tadelte falsche Lehren streng und ging energisch gegen Aberglauben vor.
  395. Hier wird eine klare Absage an die katholische Transsubstantiationslehre deutlich. Es ist noch zu untersuchen, wie sich das Abendmahlsverständnis im innerprotestantischen Konflikt verorten lässt. In anderen Schriften versucht er den Spagat zwischen lutherischer und reformierter Abendmahlslehre, so in der Katechesis, S. 383, wo er die wahrhaftige Gegenwart Christi und gleichzeitig den Symbolcharakter betont (Übersetzung: Seckt 1888, S. 20): Wie der Gottessohn Mensch geworden, im Fleische gelitten, vom Tode erstanden, aufgefahren ist gen Himmel und zur Rechten sitzt des allmächtigen Vaters wahrhaft und wörtlich, ohne jede Allegorie und ohne Sinnbild (räumlich unbegrenzt und durch Menschengedanken nicht zu umfassen), aber so, daß es ein Geschöpf nicht zu verstehen, eines Menschen Wort nicht zu sagen, Menschenverstand nicht zu begreifen vermag, - so wird Leib und Blut Christi, nach der Einsetzung des Herrn, in der Gemeinde wahrhaft und wirklich ausgeteilt. Der gottselige Glaube allein versteht das Geschehende, das menschlichem Wissen verschlossen bleibt. - Das Abendmahl aber besiegelt die göttliche Liebe und Gnade. Wir feiern es zum Gedächtnis des Geheimnisses der Erlösung durch das Blut Christi, der Sündenvergebung und unserer dauernden Gemeinschaft mit Jesus Christus, unserm Herrn. Indem wir seinen Leib essen, werden wir mit Christo in einem Leibe vereinigt (...); wir werden im Glauben gestärkt, indem wir das Blut in seiner Gemeinde trinken. (...) Endlich ist das Herrenmahl auch ein σύμβολον καὶ σημεῑον φανερόν, ein Merkmal und Zeichen des übereinstimmenden Glaubens der Christen".
  396. Zur Rechtfertigungslehre bezieht C. gelegentlich Positionen, die lutherischem Denken fern stehen, ja an die Werkgerechtigkeit erinnern: Vgl. Stählin 1936, S. 59. Das bezieht sich vor allem auf die "Historia Jesu", S. 2, und die "Querela Luteri", S. 32 (Nescio sane ... si in Ecclesia Christi necessitas bonorum operum praedicari non debeat.). Im Gutachten stellt er sich vor Maior. Auch im Gutachten weist er darauf hin, dass gute Werke im Himmel und auf Erden ihre Belohnung erhalten.
  397. Das bezieht sich, wie der Hinweis auf 1545 zeigt, auf die Leipziger Bartholomäuskonferenz, an der Camerarius teilgenommen hatte: Vgl. Wartenberg 1988, S. 207-209.
  398. Hier ist die Position zur Willensfreiheit angesprochen. Bereits in den diesbezüglichen Streit zwischen Luther und Erasmus von Rotterdam hatte Camerarius 1524/25 vermittelnd einzugreifen versucht.
  399. Vgl. MBW Regesten, Nr. 7591.
  400. Diese ungewohnt heftige Positionierung gegen Flacianer findet man bereits in der "Querela Luteri" und im "Onar hypar".
  401. Zu Georgs stark katholisch geprägtem Kirchenverständnis vgl. Sander 2008 sowie Wartenberg 1988 passim.
  402. Dazu Stählin 1936, S. 54f.: Auch dort findet man aber nur Negativbeispiele. So habe Camerarius den Zustand der alten (römischen) Kirche abgelehnt und Irrwege immer wieder benannt.
  403. In der "Catechesis" aus dem Jahr 1552 ist bemerkenswert, dass C. einige reformierte (zur Abendmahlslehre) und katholische Positionen (Heiligenverehrung, Zölibat) ablehnt, sich jedoch für die Einheit der Kirche einsetzt. Dies passt zu seinen Einigungsbemühungen in der Interimsfrage und der "Confessio Saxonica". Siehe auch Schultheiß 2024, S. 198-200.
  404. Diese Rolle ist aber nicht ersichtlich: Wegen des Vorwurfs calvinischer Theologie hatte Superintendent Johann Pfeffinger ein Lehrverbot für Strigel durchsetzen lassen: [2], [3] und Jacobi, Carl Ludwig: Neue Beyträge von Alten und Neuen Theologischen Sachen, Büchern, Urkunden, Controversien, Anmerkungen, Vorschlägen etc.: zum Wachsthum der Theologischen Gelehrsamkeit, wie auch der Alten und Neuen Kirchen- und Gelehrten-Geschichte etc. ... mitgetheilet: auf das Jahr 1753, S. 459-471[4].
  405. "De dissidio in religione" wurde von Théodore de Bèze herausgegeben ohne Nennung des Verfassers, als der Camerarius vermutet wird. Ein Beweis dieser These könnte viele seiner Positionen unterstreichen.
  406. Dabei sind in erster Linie Gutachten Kooperationen mit Melanchthon und anderen Wittenberger Theologen gemeint. Zu Wittenberger Gemeinschaftsgutachten vgl. Kohnle 2002. Dort wird allerdings die Rolle des Camerarius nur marginal behandelt. Zu beachten ist, dass Camerarius gerade mit der Leipziger Theologischen Fakultät viel kooperiert hat. Aber auch da agierte er eher im Hintergrund, so dass seine genaue Rolle dabei kaum erforscht ist. In anderen Fällen wurde er qua Amt tätig: Im Sommersemester 1544 wurde er von der Regierung konsultiert, gemeinsam mit Leipziger Theologen, unter anderem für eine Stellungnahme zur kölnischen Ordination (wahrscheinlich sind die Reformationsversuche des Erzbischofs Hermann von Wied gemeint). Vgl. Zarncke 1859, S. 218 und 240.
  407. Vgl. OC 0762, S. 87: Ecclesiasticam doctrinam atque disciplinam instaurari, et vitia corrigi, et emendari pravitatem, secundum a filio De Domino nostro Iesu Christi declarata prophetica, et praeconii Euangelici apostolica scripta. Siehe auch Gindhart/Hamm 2024, S. 42f.
  408. In OC 0634 und OC 0635 sowie den Apostelviten.