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Im Rückblick betrachtet C. seinen Freund Hessus als ''princeps'' unter seinen Freunden (siehe [[OCEp 0347]]).<ref>Vgl. [[Camerarius, Epistolae doctorum, 1568]], Bl. A3v: ''Inter omnes autem quod magnifeci et amicos, familiares, necessaries habui illis temporibus, princeps fuit Eobanus Hessus, et sua excellentia, et consuetudinis nostrae diuturnitate''.</ref> Der inzwischen 68-Jährige betont die Dauer einer Freundschaft, die maximal 22 Jahre (1518 bis 1540) gedauert hatte, von denen beide weniger als die Hälfte (1518-21 und 1526-33) am selben Ort verbracht hatten. In den wenigen Briefen, die aus gemeinsamen Erfurter Jahren (1518-1521) erhalten sind, zeigt sich entsprechend ein Hierarchiegefälle: Auf der einen Seite der hochgeehrte Dichter Hessus, auf der anderen der aufstrebende junge Gelehrte.<ref>Die Verehrung für den Dichterfürsten durch den heranwachsenden C. macht dieser in der [[Erwähntes Werk::Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553|Narratio]], Kapitel 11, deutlich.</ref> Schon damals aber muss sich die Freundschaft herausgebildet haben. <ref>Vgl. ebda., Kapitel 2: '' incredibilis animorum beneuolentia existeret'').</ref> Das wird auch deutlich durch die Aufforderung an C., H. als Gleichrangigen anzusprechen.<ref>[[OCEp 0090]].</ref> Wenn H. Befehle gegenüber C. erteilt,<ref>Z.B. in [[OCEp 0013]].</ref> ist das kein Ausdruck einer echten Hierarchie, sondern einer humanistischen Spielerei, bei der H. sich als König (der Dichter) aufführte.<ref>Die Bezeichnung stammt von [[Johannes Reuchlin]], der H. in Anlehnung an ein [[Kallimachos]]-Zitat (Kallimachos, Hymnus auf Zeus, V. 66: οὔ σε θεῶν ἑσσῆνα πάλοι θέσαν, ἔργα δὲ χειρῶν) als ἑσσῆνα, König, bezeichnete. H. griff dies auf und vergab an seinen Freundeskreis Titel wie in einem Hofstaat: Vgl. [[Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553]], Bl. Cr und [[Burkard/Kühlmann 2003]], S. 88f.</ref> Problematisch ist, dass viele Briefe überhaupt nicht datiert sind. Über die Postulierung einer aymmetrischen Beziehung in [[Erfurt]]er Zeiten, die in Nürnberg zu einer Freundschaft auf Augenhöhe wurde, werden viele der undatierten Briefe in diese oder jene Epoche datiert. Dieses Vorgehen birgt aber einige Risiken. In Nürnberg war C. als Schulleiter des [[Erwähnte Körperschaft::Egidiengymnasium (Nürnberg)|Egidiengymnasiums]] zwar der Vorgesetzte von Hessus, doch hat das auf ihr Verhältnis im Briefwechsel kaum Auswirkungen. | Im Rückblick betrachtet C. seinen Freund Hessus als ''princeps'' unter seinen Freunden (siehe [[OCEp 0347]]).<ref>Vgl. [[Camerarius, Epistolae doctorum, 1568]], Bl. A3v: ''Inter omnes autem quod magnifeci et amicos, familiares, necessaries habui illis temporibus, princeps fuit Eobanus Hessus, et sua excellentia, et consuetudinis nostrae diuturnitate''.</ref> Der inzwischen 68-Jährige betont die Dauer einer Freundschaft, die maximal 22 Jahre (1518 bis 1540) gedauert hatte, von denen beide weniger als die Hälfte (1518-21 und 1526-33) am selben Ort verbracht hatten. In den wenigen Briefen, die aus gemeinsamen Erfurter Jahren (1518-1521) erhalten sind, zeigt sich entsprechend ein Hierarchiegefälle: Auf der einen Seite der hochgeehrte Dichter Hessus, auf der anderen der aufstrebende junge Gelehrte.<ref>Die Verehrung für den Dichterfürsten durch den heranwachsenden C. macht dieser in der [[Erwähntes Werk::Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553|Narratio]], Kapitel 11, deutlich.</ref> Schon damals aber muss sich die Freundschaft herausgebildet haben. <ref>Vgl. ebda., Kapitel 2: '' incredibilis animorum beneuolentia existeret'').</ref> Das wird auch deutlich durch die Aufforderung an C., H. als Gleichrangigen anzusprechen.<ref>[[OCEp 0090]].</ref> Wenn H. Befehle gegenüber C. erteilt,<ref>Z.B. in [[OCEp 0013]].</ref> ist das kein Ausdruck einer echten Hierarchie, sondern einer humanistischen Spielerei, bei der H. sich als König (der Dichter) aufführte.<ref>Die Bezeichnung stammt von [[Johannes Reuchlin]], der H. in Anlehnung an ein [[Kallimachos]]-Zitat (Kallimachos, Hymnus auf Zeus, V. 66: οὔ σε θεῶν ἑσσῆνα πάλοι θέσαν, ἔργα δὲ χειρῶν) als ἑσσῆνα, König, bezeichnete. H. griff dies auf und vergab an seinen Freundeskreis Titel wie in einem Hofstaat: Vgl. [[Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553]], Bl. Cr und [[Burkard/Kühlmann 2003]], S. 88f.</ref> Problematisch ist, dass viele Briefe überhaupt nicht datiert sind. Über die Postulierung einer aymmetrischen Beziehung in [[Erfurt]]er Zeiten, die in Nürnberg zu einer Freundschaft auf Augenhöhe wurde, werden viele der undatierten Briefe in diese oder jene Epoche datiert. Dieses Vorgehen birgt aber einige Risiken. In Nürnberg war C. als Schulleiter des [[Erwähnte Körperschaft::Egidiengymnasium (Nürnberg)|Egidiengymnasiums]] zwar der Vorgesetzte von Hessus, doch hat das auf ihr Verhältnis im Briefwechsel kaum Auswirkungen. | ||
=== | === Gemeinsame Erfurter Zeit 1518-1521 === | ||
Hessus war der Star der Erfurter Humanistenszene, als Camerarius 1518 in die Stadt kam. Der „König“, wie er sich nennen ließ, war bestens vernetzt, hatte Erasmus und Reuchlin persönlich kennengelernt und war ein berühmter Dichter, der auch (letztlich erfolglos) nach der Dichterkrone lechzte.<ref>Den Lorbeer trug er sogar in seinem Wappen: Vgl. [[Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553]], Kapitel 31.</ref> Seine lateinischen Dichtungen, die sich nicht auf bloße Nachahmung antiker Vorbilder beschränkten, verschafften ihm Geltung auch über Fachkreise hinaus. Der Kreis um Hessus umfasste auch den Altmeister [[Conradus Mutianus Rufus]], [[Crotus Rubianus]], [[Euricius Cordus]] und [[Adam Krafft]], der Hessus um 18 Jahre überlebte und dem C. die Hessus-Biographie widmete. Auch [[Leonhard Crispinus]], Widmungsempfänger der [[Camerarius, Epistolae Eobani, 1561|Briefedition 1561]], gehört wohl zu diesem Kreis: Darunter waren hessische Landeskinder, die in Erfurt studierten und von denen einige anschließend wieder nach Hessen gingen, um dort theologisch oder humanistisch tätig zu werden. | |||
=== Wanderjahre des Camerarius === | |||
=== Nürnberger Jahre 1526-1533 === | |||
==== Das Egidiengymnasium ==== | |||
Im Jahr 1526 wurde in Nürnberg, auf Betreiben [[Hieronymus Baumgartner d.Ä.]] und unter tatkräftiger Unterstützung [[Philipp Melanchthon]]s, das Egidiengymnasium als städtische Schule gegründet. Einige Stationen auf dem Weg dahin können mit Hilfe von dessen Briefwechsel erschlossen werden: Bereits am 31.10.1524 sinniert er in einem Brief ([https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=350 MBW Nr. 350]) darüber, Hessus mit einer Aufgabe zu betrauen, die er selbst nicht übernehmen könne. Aus dem parallelen Brief [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=348 MBW Nr. 348] sowie dem Vorgängerbrief [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=347 347] wird deutlich, dass eine Berufung ans Gymnasium gemeint ist. Die nochmalige Ablehnung seines Rufs in [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=357 MBW 357] macht deutlich, dass Baumgartner sich mit der ersten nicht zufriedengab. Es ist nicht klar, ob hier schon die Schulleitung thematisiert wird; Camerarius wird in diesem Kontext erst in [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=422 MBW Nr. 422] (26.9.1525) ins Spiel gebracht. | |||
Im Herbst reisten C. und M. nach dem 21.10. (vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=428 MBW 428]) nach Nürnberg für die weiteren Verhandlungen, wo sie vor dem 15.11. (vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=429 MBW 429]) eintrafen. Danach ging C. zunächst nach Bamberg zurück, während M. auf dem Weg nach Wittenberg in Erfurt Station machte. Im Gepäck hatte er einen Brief des Camerarius ([[OCEp 0007]]) und ein offizielles Schreiben des Nürnberger Stadtrats. Melanchthons Verhandlungen mit Hessus (nach dem 2.12. und vor dem 20.12., vgl. [https://www.aerztebriefe.de/id/00013024 www.aerztebriefe.de/id/00013024] und [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=432 MBW 432]) waren erfolgreich, wie man in [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=438 MBW 438.2] und dem Parallelbrief des Hessus ([[Hessus, Epistolae familiares, 1543]], S. 38) an B. sieht: Hessus trat in den Schuldienst ein und widmete der am 23.5.1526 mit einer Rede Melanchthons eingeweihten Anstalt eine Elegie.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 8f.</ref> | |||
Die Berufung Sigmund Gelens gelang nicht (vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=474 MBW Nr. 474] und [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=457 MBW Nr. 457]); stattdessen wurden [[Michael Roting]] und [[Johannes Schöner]] als Lehrkräfte gewonnen. Wenig wissen wir über den Hebräischlehrer Johann Böschenstein.<ref>Vgl. [[Krause 1879]], Bd. II, S. 12</ref> | |||
Aus der Nürnberger Zeit sind sehr viele Briefe von Hessus an Camerarius erhalten. Die Schule wird darin fast nie erwähnt, sondern wir erleben einen heiteren Austausch von dichterischen Spielereien und wissenschaftlichen Erörterungen. | |||
Von geschäftlichen Verrichtungen sprechen [[OCEp 0066]] und [[OCEp 0067]]. | |||
In der ersten Zeit hatte Hessus noch ein ungetrübtes Verhältnis zu seiner Schule; so ehrte er sie auch in [[Hessus, Elegiae tres, 1526|Elegien]]. Bald schon aber taten sich erste Wolken am Himmel auf: vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=494 MBW Nr. 494.5]. | |||
==== Die spanische Gesandtschaft ==== | |||
C. begab sich im Gefolge des Grafen Albrecht von Mansfeld im Spätjahr 1526 auf eine Reise nach Spanien, bei der er als Lateindolmetscher dienen sollte. Die Reise endete jedoch in Esslingen. Über die Gründe ist anzunehmen, dass es mit dem dortigen Fürstentag zu tun hatte: 18 Fürsten berieten über die Ereignisse in Ungarn (Schlacht von Mohács) und beschlossen, die Gesandtschaft an [[Karl V. (HRR)]] nicht abzusenden. Als Begründung gegenüber dem Kaiser wurde angegeben, dass das freie Geleit durch Frankreich nur auf vier Monate begrenzt war, diese Zeit aber bereits durch die Vorbereitung verstrichen war. So wurde die Angelegenheit auf den nächsten Reichstag verschoben.<ref>Vgl. Kurfürsten und Fürsten an Karl V. (wegen der zu Speyer beschlossenen Gesandtschaft) – Esslingen, 1526 Dezember 19. In: Deutsche Reichstagsakten unter Karl V. Der Reichstag zu Augsburg 1525. Der Reichstag zu Speyer 1526. Der Fürstentag zu Esslingen 1526. Bearbeitet von Rosemarie Aulingen. München 2011 (Deutsche Reichstagsakten, jüngere Reihe, fünfter/sechster Band), S. 100f. und 955f.</ref> Es ist nicht klar, warum C. so kurz nach Beginn seiner Schulleitertätigkeit und vor seiner Eheschließung so begierig darauf war, diese Reise zu unternehmen. In seiner Abwesenheit übertrug er Hessus die Leitung der Schule ([[OCEp 0008]]). H. verabschiedete C. mit den Briefen [[OCEp 0028]], [[OCEp 0029]] und evtl. [[OCEp 0030]]. Den unerwartet schnell Zurückgekehrten begrüßte er mit [[OCEp 0034]]. | |||
=== Zeit der Trennung === | |||
=== Nachleben der Freundschaft === | |||
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Version vom 31. Juli 2023, 18:36 Uhr
Vinzenz Gottlieb (Namen bitte nicht von dieser Seite löschen)
Helius Eobanus Hesses: Allgemein zum Briefwechsel
Für Camerarius ist es typisch, dass er schriftlich mit Briefpartnern kommuniziert, die sich andernorts aufhalten. Das passt auch mit seiner Praxis zusammen, wichtige Dinge eher nicht dem Papier anzuvertrauen, sondern mündlich zu erledigen. Wissenschaftliche Themen werden in seinen Briefen sowieso ausgespart. Allgemeine Neuigkeiten muss er vor Ort nicht schreiben, da sie sich schnell verbreiten, und Zeitenklage kann er auch persönlich vorbringen. Deutlich wird dies am Baumgartner-Briefwechsel: für die gemeinsamen Jahre in Nürnberg sind es keine (edierten) Briefe erhalten, sondern erst ab C.‘ Übersiedelung nach Tübingen bzw. Leipzig. Die Briefe des Hessus sind ganz anders gestaltet. Oft beinhalten sie eine Einladung zum Essen, häufig in Gedichtform. Auch nutzt er Briefe als Begleitschreiben für seine literarischen Werke, wenn er sie zur Korrektur an C. schickt. Entsprechend haben wir eine große Anzahl von Briefen des Hessus erhalten, die aus gemeinsam verbrachten Zeiten stammen, wohl überwiegend aus der Nürnberger Zeit (1526-1533). Auf ihnen ist in der Regel kein Datum verzeichnet, was die Datierung sehr erschwert. Gelegentlich ist eine relative Datierung möglich.
Verhältnis der Briefpartner
Im Rückblick betrachtet C. seinen Freund Hessus als princeps unter seinen Freunden (siehe OCEp 0347).[1] Der inzwischen 68-Jährige betont die Dauer einer Freundschaft, die maximal 22 Jahre (1518 bis 1540) gedauert hatte, von denen beide weniger als die Hälfte (1518-21 und 1526-33) am selben Ort verbracht hatten. In den wenigen Briefen, die aus gemeinsamen Erfurter Jahren (1518-1521) erhalten sind, zeigt sich entsprechend ein Hierarchiegefälle: Auf der einen Seite der hochgeehrte Dichter Hessus, auf der anderen der aufstrebende junge Gelehrte.[2] Schon damals aber muss sich die Freundschaft herausgebildet haben. [3] Das wird auch deutlich durch die Aufforderung an C., H. als Gleichrangigen anzusprechen.[4] Wenn H. Befehle gegenüber C. erteilt,[5] ist das kein Ausdruck einer echten Hierarchie, sondern einer humanistischen Spielerei, bei der H. sich als König (der Dichter) aufführte.[6] Problematisch ist, dass viele Briefe überhaupt nicht datiert sind. Über die Postulierung einer aymmetrischen Beziehung in Erfurter Zeiten, die in Nürnberg zu einer Freundschaft auf Augenhöhe wurde, werden viele der undatierten Briefe in diese oder jene Epoche datiert. Dieses Vorgehen birgt aber einige Risiken. In Nürnberg war C. als Schulleiter des Egidiengymnasiums zwar der Vorgesetzte von Hessus, doch hat das auf ihr Verhältnis im Briefwechsel kaum Auswirkungen.
Gemeinsame Erfurter Zeit 1518-1521
Hessus war der Star der Erfurter Humanistenszene, als Camerarius 1518 in die Stadt kam. Der „König“, wie er sich nennen ließ, war bestens vernetzt, hatte Erasmus und Reuchlin persönlich kennengelernt und war ein berühmter Dichter, der auch (letztlich erfolglos) nach der Dichterkrone lechzte.[7] Seine lateinischen Dichtungen, die sich nicht auf bloße Nachahmung antiker Vorbilder beschränkten, verschafften ihm Geltung auch über Fachkreise hinaus. Der Kreis um Hessus umfasste auch den Altmeister Conradus Mutianus Rufus, Crotus Rubianus, Euricius Cordus und Adam Krafft, der Hessus um 18 Jahre überlebte und dem C. die Hessus-Biographie widmete. Auch Leonhard Crispinus, Widmungsempfänger der Briefedition 1561, gehört wohl zu diesem Kreis: Darunter waren hessische Landeskinder, die in Erfurt studierten und von denen einige anschließend wieder nach Hessen gingen, um dort theologisch oder humanistisch tätig zu werden.
Wanderjahre des Camerarius
Nürnberger Jahre 1526-1533
Das Egidiengymnasium
Im Jahr 1526 wurde in Nürnberg, auf Betreiben Hieronymus Baumgartner d.Ä. und unter tatkräftiger Unterstützung Philipp Melanchthons, das Egidiengymnasium als städtische Schule gegründet. Einige Stationen auf dem Weg dahin können mit Hilfe von dessen Briefwechsel erschlossen werden: Bereits am 31.10.1524 sinniert er in einem Brief (MBW Nr. 350) darüber, Hessus mit einer Aufgabe zu betrauen, die er selbst nicht übernehmen könne. Aus dem parallelen Brief MBW Nr. 348 sowie dem Vorgängerbrief 347 wird deutlich, dass eine Berufung ans Gymnasium gemeint ist. Die nochmalige Ablehnung seines Rufs in MBW 357 macht deutlich, dass Baumgartner sich mit der ersten nicht zufriedengab. Es ist nicht klar, ob hier schon die Schulleitung thematisiert wird; Camerarius wird in diesem Kontext erst in MBW Nr. 422 (26.9.1525) ins Spiel gebracht. Im Herbst reisten C. und M. nach dem 21.10. (vgl. MBW 428) nach Nürnberg für die weiteren Verhandlungen, wo sie vor dem 15.11. (vgl. MBW 429) eintrafen. Danach ging C. zunächst nach Bamberg zurück, während M. auf dem Weg nach Wittenberg in Erfurt Station machte. Im Gepäck hatte er einen Brief des Camerarius (OCEp 0007) und ein offizielles Schreiben des Nürnberger Stadtrats. Melanchthons Verhandlungen mit Hessus (nach dem 2.12. und vor dem 20.12., vgl. www.aerztebriefe.de/id/00013024 und MBW 432) waren erfolgreich, wie man in MBW 438.2 und dem Parallelbrief des Hessus (Hessus, Epistolae familiares, 1543, S. 38) an B. sieht: Hessus trat in den Schuldienst ein und widmete der am 23.5.1526 mit einer Rede Melanchthons eingeweihten Anstalt eine Elegie.[8] Die Berufung Sigmund Gelens gelang nicht (vgl. MBW Nr. 474 und MBW Nr. 457); stattdessen wurden Michael Roting und Johannes Schöner als Lehrkräfte gewonnen. Wenig wissen wir über den Hebräischlehrer Johann Böschenstein.[9] Aus der Nürnberger Zeit sind sehr viele Briefe von Hessus an Camerarius erhalten. Die Schule wird darin fast nie erwähnt, sondern wir erleben einen heiteren Austausch von dichterischen Spielereien und wissenschaftlichen Erörterungen. Von geschäftlichen Verrichtungen sprechen OCEp 0066 und OCEp 0067. In der ersten Zeit hatte Hessus noch ein ungetrübtes Verhältnis zu seiner Schule; so ehrte er sie auch in Elegien. Bald schon aber taten sich erste Wolken am Himmel auf: vgl. MBW Nr. 494.5.
Die spanische Gesandtschaft
C. begab sich im Gefolge des Grafen Albrecht von Mansfeld im Spätjahr 1526 auf eine Reise nach Spanien, bei der er als Lateindolmetscher dienen sollte. Die Reise endete jedoch in Esslingen. Über die Gründe ist anzunehmen, dass es mit dem dortigen Fürstentag zu tun hatte: 18 Fürsten berieten über die Ereignisse in Ungarn (Schlacht von Mohács) und beschlossen, die Gesandtschaft an Karl V. (HRR) nicht abzusenden. Als Begründung gegenüber dem Kaiser wurde angegeben, dass das freie Geleit durch Frankreich nur auf vier Monate begrenzt war, diese Zeit aber bereits durch die Vorbereitung verstrichen war. So wurde die Angelegenheit auf den nächsten Reichstag verschoben.[10] Es ist nicht klar, warum C. so kurz nach Beginn seiner Schulleitertätigkeit und vor seiner Eheschließung so begierig darauf war, diese Reise zu unternehmen. In seiner Abwesenheit übertrug er Hessus die Leitung der Schule (OCEp 0008). H. verabschiedete C. mit den Briefen OCEp 0028, OCEp 0029 und evtl. OCEp 0030. Den unerwartet schnell Zurückgekehrten begrüßte er mit OCEp 0034.
Zeit der Trennung
Nachleben der Freundschaft
- ↑ Vgl. Camerarius, Epistolae doctorum, 1568, Bl. A3v: Inter omnes autem quod magnifeci et amicos, familiares, necessaries habui illis temporibus, princeps fuit Eobanus Hessus, et sua excellentia, et consuetudinis nostrae diuturnitate.
- ↑ Die Verehrung für den Dichterfürsten durch den heranwachsenden C. macht dieser in der Narratio, Kapitel 11, deutlich.
- ↑ Vgl. ebda., Kapitel 2: incredibilis animorum beneuolentia existeret).
- ↑ OCEp 0090.
- ↑ Z.B. in OCEp 0013.
- ↑ Die Bezeichnung stammt von Johannes Reuchlin, der H. in Anlehnung an ein Kallimachos-Zitat (Kallimachos, Hymnus auf Zeus, V. 66: οὔ σε θεῶν ἑσσῆνα πάλοι θέσαν, ἔργα δὲ χειρῶν) als ἑσσῆνα, König, bezeichnete. H. griff dies auf und vergab an seinen Freundeskreis Titel wie in einem Hofstaat: Vgl. Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553, Bl. Cr und Burkard/Kühlmann 2003, S. 88f.
- ↑ Den Lorbeer trug er sogar in seinem Wappen: Vgl. Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, 1553, Kapitel 31.
- ↑ Vgl. Krause 1879, Bd. II, S. 8f.
- ↑ Vgl. Krause 1879, Bd. II, S. 12
- ↑ Vgl. Kurfürsten und Fürsten an Karl V. (wegen der zu Speyer beschlossenen Gesandtschaft) – Esslingen, 1526 Dezember 19. In: Deutsche Reichstagsakten unter Karl V. Der Reichstag zu Augsburg 1525. Der Reichstag zu Speyer 1526. Der Fürstentag zu Esslingen 1526. Bearbeitet von Rosemarie Aulingen. München 2011 (Deutsche Reichstagsakten, jüngere Reihe, fünfter/sechster Band), S. 100f. und 955f.
Editionen, Literatur und weiterführende Links
- Hessus, Sylvae, 1535
- Hessus, Epistolae familiares, 1543
- Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553
- Camerarius, Epistolae Eobani, 1557
- Camerarius, Epistolae Eobani, 1561
- Camerarius, Epistolae doctorum, 1568
- Kreyssig 1843
- Krause 1879
- Stählin 1936
- Weiss 1980, S. 148-156
- Bauer 1999, S. 258-261
- Huber-Rebenich 2001
- Burkard/Kühlmann 2003
- Robert 2004
- Bernstein 2014
- Schlegelmilch 2017
Überlieferung und statistische Übersicht
Insgesamt wurden 187 Briefe in die Datenbank aufgenommen. Davon wurden
- 27 von Camerarius verfasst.
- 157 an Camerarius geschrieben.
Im Rahmen des Projektes wurden nur die zeitgenössisch (bis ca. 1600) gedruckten Briefe erfasst. Die folgenden statistischen Daten bilden daher nur einen Ausschnitt des ohnehin nicht vollständig überlieferten Briefwechsels ab und dienen somit eher der Orientierung. Um sie aufzurufen, drücken Sie bitte unten auf "Semantic Drilldown".
Andere Notizen
Alle Briefe mit Erstdruck und Erwähnten Personen
Werke
Briefe
Chyträus an Camerarius, 13.01.1571 |
Camerarius an Chyträus, 14.02.1569 |
Camerarius an Stiebar, 01.08.1527 |
Camerarius an Jonas, 13.08.1535 |
Camerarius an Vogler, 01.01.1542 |
… weitere Ergebnisse |
Unkorrigierte Briefe
Bearbeitungsstand | |
---|---|
Hessus an Camerarius, 15XX aw | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, 09.09.1521 | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, 07.04.1524 | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, September 1524? | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, 1526-1533 ar | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, 1526-1533 z | unkorrigiert |
Camerarius an Mylius, 1526-1535 | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, 1527 | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, 15XX cq | unkorrigiert |
Hessus an Camerarius, 15XX br | unkorrigiert |
… weitere Ergebnisse |
Briefe ohne Regest
Beispielabfragen
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{{Itinerar |ItinerarOrt=Ansbach |AufenthaltBeginn=1529/04/04 |AufenthaltEnde=1529/04/15 |Grund des Aufenthalts=Durchreise nach (Nürnberg) |AngabeGesichert=nein |Anmerkungen=Auf der Reise traf Camerarius Georg Vogler. Genaues Datum unsicher (vor 07.05.1529) }}