Camerarius an Oporinus, 15.03.1556
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||||||
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Werksigle | OCEp 1406 |
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Zitation | Camerarius an Oporinus, 15.03.1556, bearbeitet von Jochen Schultheiß (17.12.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1406 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Druck), 1556 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 3-7 |
Zweitdruck in | Estienne, Σοφοκλέους αἱ ἑπτὰ τραγῳδίαι, 1568 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 3-4 |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Johann Oporinus |
Datum | 1556/03/15 |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | Datierung des Widmungsbriefes: Id(ibus) Martii. Zu der zeitlichen Verzögerung, die zwischen der Einsendung der Werke und der Abfassung des Widmungsbriefes im März und der endgültigen Drucklegung im August eingetreten ist, vgl. die von Camerarius in Camerarius an Hier. Wolf, 26.04.1555 zum Ausdruck gebrachte Besorgnis. |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Mitto tibi tandem Sophoclea nostra |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Werk), 1556 |
Kurzbeschreibung | Brief an den Drucker des Bandes, Johannes Oporinus, in dem Camerarius die Druckerlaubnis erteilt und Erklärungen zu Werkgenese und verfolgter Methodik gibt. |
Anlass | |
Register | Widmungsbrief; Werkgenese; Übersetzungstheorie; Drucklegung; Briefe/Parallelüberlieferung |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | Benutzer:US |
Datumsstempel | 17.12.2019 |
Werksigle | OCEp 1406 |
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Zitation | Camerarius an Oporinus, 15.03.1556, bearbeitet von Jochen Schultheiß (17.12.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1406 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Druck), 1556 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 3-7 |
Zweitdruck in | Estienne, Σοφοκλέους αἱ ἑπτὰ τραγῳδίαι, 1568 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 3-4 |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Johann Oporinus |
Datum | 1556/03/15 |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | Datierung des Widmungsbriefes: Id(ibus) Martii. Zu der zeitlichen Verzögerung, die zwischen der Einsendung der Werke und der Abfassung des Widmungsbriefes im März und der endgültigen Drucklegung im August eingetreten ist, vgl. die von Camerarius in Camerarius an Hier. Wolf, 26.04.1555 zum Ausdruck gebrachte Besorgnis. |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Mitto tibi tandem Sophoclea nostra |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Werk), 1556 |
Kurzbeschreibung | Brief an den Drucker des Bandes, Johannes Oporinus, in dem Camerarius die Druckerlaubnis erteilt und Erklärungen zu Werkgenese und verfolgter Methodik gibt. |
Register | Widmungsbrief; Werkgenese; Übersetzungstheorie; Drucklegung; Briefe/Parallelüberlieferung |
Datumsstempel | 17.12.2019 |
Regest
Zunächst erteilt Camerarius den Auftrag der Drucklegung an Oporinus: Camerarius sende Oporinus nun endlich seine Sophokles-Schriften (Sophoclea nostra), die er häufiger in seinen Briefen erwähnt habe (3). Diese seien jedoch weder bis ins Letzte ausgearbeitet noch durch eine Beschreibung erklärt (neque elaboratione perfecta neque descriptione explanata). Verschiedene, häufig unversehens auftretende Aufgaben hätten beidem hinderlich entgegengewirkt. Oporinus dürfte es ja nicht entgehen, mit welchen Schwierigkeiten, wie unzusammenhängend und wie lückenhaft auf diesem Gebiet gearbeitet werde. Dennoch habe Camerarius das Werk, in welchem Zustand auch immer es sei, lieber jetzt an Oporinus schicken wollen, als es noch länger in der unsicheren Hoffnung auf eine mögliche Ausfeilung bei sich zu behalten. Auf eine Erhöhung der Aufmerksamkeit für die schönen Künste sei nicht zu hoffen. Oporinus' Gelehrtheit und Sorgsamkeit wolle er nun alles andere überlassen. So sei die Zukunft der Ausgabe nun Sache beider. Camerarius gewährt Oporinus volle Entscheidungsgewalt über das Zugesandte, das nun gänzlich sein Besitz sei, nicht mehr der des Camerarius (3-4).
Sodann geht Camerarius auf die Genese des Werkes und die hierin verfolgte Methodik ein (4): Er habe diese Kommentierung der Sophokles-Tragödien, immer wenn sich die Gelegenheit ergab, und nicht in der Reihenfolge, in der sie nun herausgegeben werden, erstellt und nun nach einem Abstand von vielen Jahren zu Ende gebracht. Er habe zunächst damit begonnen, die Übersetzung nach zwei verschiedenen Prämissen zu erstellen: Die Übersetzung sollte sowohl den Worten verhaftet bleiben als auch den Sinn freier wiedergeben (Coeperam interpretari bifariam, ut et verbis conversio inhaereret, et sensum liberius exprimeret; Anm. 1). Als Camerarius jedoch bemerkte, dass eine vollständige Übersetzung der Tragödien dieses Dichters durch Veit Winsheim vorliege, habe er es nicht mehr für nötig befunden, Übersetzungen von noch weiteren Tragödien vorzulegen. Für die beiden Tragödien, die an erster und zweiter Stelle unter den herausgegebenen Stücken zu finden seien, habe er der Erläuterung (zu den Tragödien) eine Übersetzung (der Tragödien) beifügen wollen. Die Übersetzungen seien von unterschiedlicher Art, und stellten gewissermaßen Beispiele nicht so sehr seines Fleißes als eher seiner Methode dar (quasi specimen non tam industriae meae quam consilii). Camerarius glaube, dass Gelehrten beider Sprachen diese Leistung zur Erkenntnis der eigenen und reinen Sprache (ad proprii et puri sermonis cognitionem) hilfreich sein werde.
Camerarius warnt Oporinus vor seiner hier und da undeutlichen Schrift. Hier solle er aufpassen, dass bei der Anordnung des Textes (in disponendo) kein sinnloser Wortlaut entstehe. Ansonsten dürfe Oporinus durchaus nach eigenem Gutdünken verfahren, wenn ihm irgendein Denkfehler oder ein Fauxpas in der Formulierung auffalle (4-5). Camerarius mahnt Oporinus, auch wenn seine Offizin viele bekannte Werke herausgibt, nicht (zu viel) Mühe in das Werk zu setzen. Auch wenn die gegenwärtige Zeit den Künsten und Wissenschaften nicht wohlgesinnt sei, tröste sich Camerarius doch mit der Überzeugung, dass das Schöne durch sich selbst gefunden werde (griechische Sentenz). Auch Oporinus werde eines Tages für sein Werk Dank erhalten, indem sich die Nachwelt an ihn erinnere.
Camerarius könne auch noch weitere, vergleichbare Werke in Aussicht stellen, die sich bei ihm noch in der Herstellung befänden. Hierbei führt er eine Ausgabe von Aischylos (Aeschylea, editio) an, zu deren Vollendung er noch die nötige Ruhe und Freiheit von öffentlichen und privaten Aufgaben finden müsse.
Der Brief endet zunächst mit einer Grußformel (Vale) und der Datumsangabe (Id. Martii) (6). Dann folgt ein Postskriptum (6-7):
Zu dem Zeitpunkt, zu dem er dies schreibe, komme ihm zu Ohren, dass in Frankreich irgendwann ausführliche Erläuterungen zu den sophokleischen Schauspielen in einem umfangreichen Buch herausgegeben worden seien (in Gallia editas esse nescio quando explicationes copiosas fabularum Sophoclis libro grandi; vgl. Anm. 2). Camerarius habe sich daraufhin gefragt, ob er seine Ausgabe nun nicht doch zurückhalten und statt dieser die französische erweitern solle (ornarem illa, atque redderem locupletiora). Aber es habe der Beschluss gesiegt, seine Ausgabe nun doch in der Form zuzuschicken, wie er es sich bereits vorgenommen hatte. Auch wenn das Werk knapp ausgefallen sei, könne der aufmerksame Leser sicherlich einen Nutzen daraus ziehen. Wenn andere mehr leisteten, dann müsse man nicht neidisch auf sie sein, vielmehr solle man ihnen gratulieren. Wie Camerarius gerne Beiträge zum Nutzen anderer vorlege, so ziehe er selbst ebenso die Ergebnisse anderer mit größten Eifer heran. Zum Schluss wiederholt Camerarius die an Oporinus ausgesprochene Erlaubnis, das Werk, das er ihm zum größten Teil als Autograph aus eigener Hand zusende, entweder herauszugeben oder zu unterdrücken (potestatem edendi vel supprimendi), ja sogar zu retten oder zu vernichten (σαωσέμεν ἢ ἀπόλεσθαι) (6-7). Camerarius kümmere sich nicht sonderlich darum, was aus seinen Schriften werde, sobald sie einmal herausgegeben seien.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- Anm. 1: Die in dem Brief ausgedrückte Intention, zwei verschiedene Formen des Übersetzens exemplarisch darstellen zu wollen, wird auch im Drucktitel angezeigt: cum exemplo duplicis conversionis.
- Anm. 2: Bei den angesprochenen explicationes zu Sophokles aus Frankreich kann es sich nicht um die im Brief des Camerarius an Adrien Turnèbe von 1556 erwähnten "Sophokles" des Turnebus handeln. Bei dem im Postskriptum zu diesem Brief genannten Werk handelt es sich wohl eher um eine Ausgabe als um einen Kommentar. Das legt die Aussage nahe, Camerarius wolle diesen gerne kommentieren (explicare). Deshalb muss es sich bei dem Werk Turnèbes um eine Edition handeln. Dies deckt sich auch mit der Tatsache, dass es eine Edition zu Sophokles war, die Turnèbe 1553 herausgegeben hat.
Forschungsdiskussion
Dass Camerarius die schwierigen Zeitumstände anspricht, deutet Ryan 2017, 156 dahingehend, dass Camerarius seine Auseinandersetzung mit der Tragödie als eine Reaktion auf den moralischen Zerfall der damaligen Zeit betrachtete.