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Werksigle
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OCEp 1282
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Zitation
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Camerarius an Oporinus, 01.03.1566, bearbeitet von Manuel Huth und Jochen Schultheiß (30.04.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1282
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Besitzende Institution
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Signatur, Blatt/Seite
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Ausreifungsgrad
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Druck
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Erstdruck in
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Camerarius, Epistolae familiares, 1595
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Blatt/Seitenzahl im Erstdruck
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S. 529-542
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Zweitdruck in
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Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
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Sonstige Editionen
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Wird erwähnt in
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Fremdbrief?
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ja
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Absender
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Joachim Camerarius I.
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Empfänger
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Johann Oporinus
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Datum
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1566/03/01
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Datum gesichert?
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ja
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Bemerkungen zum Datum
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Cal. Martii
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Unscharfes Datum Beginn
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Unscharfes Datum Ende
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Sprache
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Latein
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Entstehungsort
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Leipzig
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Zielort
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o.O.
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Gedicht?
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ja
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Incipit
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Cum mihi in maximis gravissimisque tuis curis
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Link zur Handschrift
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Regest vorhanden?
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ja
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Paratext ?
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nein
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Paratext zu
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Kurzbeschreibung
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Anlass
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Register
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Bildungsdiskurs; Drucklegung; Philosophie; Bibelhermeneutik; Hermeneutik
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Handschrift
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unbekannt
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Bearbeitungsstand
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unkorrigiert
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Notizen
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Wiedervorlage
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ja
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Bearbeiter
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Benutzer:MH; Benutzer:JS
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Gegengelesen von
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Datumsstempel
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30.04.2019
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Regest
Oporinus habe Camerius angedeutet, dass er trotz schwieriger Umstände einen Neudruck der Vorlagen zu Plautus (Plautina exemplaria) plane. Auch wenn Camerarius sehr beschäftigt gewesen sei und ihn schon längst der Überdruss an einer solchen Arbeit ergriffen habe, sei er dennoch ein weiteres Mal diese Schriften durchgegangen und habe erneut seine Ausgabe mit "alten Büchern verglichen" (cum veteribus libris ... contuli). So habe sich Camerarius seiner eigenen Sorgfalt vergewissern können. Dann habe Oporinus jedoch der Tod seiner Frau in tiefe Trauer gestürzt, wie Camerarius aus Briefen von Freunden habe erfahren können. Aus seinem Glauben habe Oporinus aber sicherlich Trost schöpfen können. Camerarius wünsche, er könnte Oporinus bei Schwierigkeiten, auch in Hinblick auf die Kommentierung, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Da dies aber nicht möglich sei, wolle er sich auch weitere Worte ersparen.
Was die Mühen anbelange, die Camerarius in die Ausgabe der Stücke des Plautus gesteckt habe, habe er schon zuvor einiges geschrieben. Es stehe wirklich zu befürchten, dass er hierfür zu viel Zeit und Anstrengung aufwende. Camerarius halte es für angebracht, hierüber nun einiges zu schreiben, denn er wisse, dass Oporinus ein religiöse und gebildeter Mensch sei. Camerarius meine, dass Leute wie er und Oprinos, die sich dem christlichen Glauben verschrieben hätten, insbesondere darauf achten müssten, dass bei ihnen nichts gefunden werden könne, was dieser Zuschreibung widerspreche. Deshalb wolle er nun einige Gedanken über die schönen Künste in Hinblick auf die Religion und das öffentliche Leben anstellen. Was den zweiten Punkt anbelange, stütze sich Camerarius auf einen Ausspruch des Ennius: Nur in wenigen Dingen solle man sich der Philosophie widmen; dies generell zu tun, gefalle nicht (vgl. Cic., Tusc. 2,1,1; de orat. 2,37,156; de re publ. 1,18,30). Sich der Gelehrsamkeit im Übermaß zu widmen, sei nicht nur unnötig, sondern der Lebensklugheit in öffentlichen und privaten Dingen, auf denen die menschlich Gesellschaft beruhe, sogar noch abträglich. Wie es aber in anderen Künsten Lehrer gebe, so müsse es auch in der Kunst der Lebensführung Lehrer geben, die mit einem Wissen über die Betrachtung der Wahrheit ausgestattet sind. Diese Fähigkeit werde ausschließlich durch das Studium der Weisheit, das die Griechen Philosophie nannten, erlangt. Diese habe ihre Grundlage in der Kenntnis der Literatur und in der in der Ausbildung in den freien Künsten. Hierbei stützt sich Camerarius auf Aristoteles, aus dessen Erkenntnislehre er knapp referiert: Die Fähigkeit zum Denken besäßen alle, die Betätigung dieser Fähigkeit finde sich hingegen bei nur sehr wenigen. Die Studien, von denen Camerarius rede, gehörten aber in diesen herausragenden Bereich der menschlichen Natur.
Könne man jedoch sagen, dass auch die Religion in diesen Bereich gehöre? Welche Bedeutung hätten "externe Disziplinen" (externae disciplinae) - so würden nämlich die Theologen die literarische und freie Bildung nennen - für die Pflege der Frömmigkeit? Dies habe Basilius in einem außerordentlichen Buch zu zeigen versucht (Anm. 2). Camerarius weist darauf hin, dass ohne die freien Künste gebildete Schriften überhaupt nicht gelesen werden könnten. Ferner bedürfe es eines Wissens über die Natur und die Eigenheiten einer Sprache, damit ein Autor auch selbst Texte verfassen könne. Es bedürfe der Strebsamkeit und der Sorgfalt, damit die Gnadengabe des Heiligen Geistes, die der Kirche zuteil werde, auch bei denjenigen wirken könne, die der Religiosität zuneigten. Wie vieles bleibe in der Heiligen Schriften im Dunkeln verborgen, wenn man sich in der Geschichte, in den Naturgesetzen oder im Staatswesen nicht auskenne. Ferner müsse derjenige, der anderen etwas beibringen wolle, auch in der Beredsamkeit ausgebildet sein. All dies seien nur einige jedoch hinreichende Belege für die Nützlichkeit der Bildung für den Glauben. Über die falsche und verderbliche Verwendung der Gelehrsamkeit brauche hier nicht gesprochen werden, da sich hiermit andere und Camerarius selbst an anderer Stelle beschäftigt hätte.
Über die Neugierde und die ängstliche Sorgsamkeit einiger bei der Erforschung des Altertums und zur pedantischen Übergenauigkeit bei der Textinterpretation müsse er doch einiges sagen. Hier prangert Camerarius selbstzweckhafte Detailverliebtheit an. Camerarius behandelt verschiedene Formen falsch verstandener Gelehrsamkeit aus und mahnt zu vernünftiger Ausgewogenheit. Mäßigung solle auch unter den Gelehrten herrschen. Diesen Gedanken führt Camerarius variantenreich aus.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- Anm. 1: Hierbei handelt es sich wohl um den Plautus-Kommentar, der erst nach Oporins Tod in einer Kommentarsammlung zu Plautus bei Eusebius Episcopus gedruckt wird (Diverse, Commentationes de comoedia, 1568).
- Anm.2: Hiermit meint Camerarius wohl die Basilius-Schrift "De legendis libris gentilium".