Camerarius an Oporinus, 01.03.1566: Unterschied zwischen den Versionen
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Oporinus habe Camerius angedeutet, dass er trotz schwieriger Umstände einen Neudruck der Vorlagen zu Plautus (''Plautina exemplaria'') plane. Auch wenn Camerarius sehr beschäftigt gewesen sei und ihn schon längst der Überdruss an einer solchen Arbeit ergriffen habe, sei er dennoch ein weiteres Mal diese Schriften durchgegangen und habe erneut seine Ausgabe mit "alten Büchern verglichen'' (''cum veteribus libris ... contuli''). So habe sich Camerarius seiner eigenen Sorgfalt vergewissern können. Dann habe Oporinus jedoch der Tod seiner Frau in tiefe Trauer gestürzt, wie Camerarius aus Briefen von Freunden habe erfahren können. Aus seinem Glauben habe Oporinus aber sicherlich Trost schöpfen können. Camerarius wünsche, er könnte Oporinus bei Schwierigkeiten, auch in Hinblick auf die Kommentierung, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Da dies aber nicht möglich sei, wolle er sich auch weitere Worte ersparen.<br> | Oporinus habe Camerius angedeutet, dass er trotz schwieriger Umstände einen Neudruck der Vorlagen zu Plautus (''Plautina exemplaria'') plane. Auch wenn Camerarius sehr beschäftigt gewesen sei und ihn schon längst der Überdruss an einer solchen Arbeit ergriffen habe, sei er dennoch ein weiteres Mal diese Schriften durchgegangen und habe erneut seine Ausgabe mit "alten Büchern verglichen'' (''cum veteribus libris ... contuli''). So habe sich Camerarius seiner eigenen Sorgfalt vergewissern können. Dann habe Oporinus jedoch der Tod seiner Frau in tiefe Trauer gestürzt, wie Camerarius aus Briefen von Freunden habe erfahren können. Aus seinem Glauben habe Oporinus aber sicherlich Trost schöpfen können. Camerarius wünsche, er könnte Oporinus bei Schwierigkeiten, auch in Hinblick auf die Kommentierung, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Da dies aber nicht möglich sei, wolle er sich auch weitere Worte ersparen.<br> | ||
Was die Mühen anbelange, die Camerarius in die Ausgabe der Stücke des Plautus gesteckt habe, habe er schon zuvor einiges geschrieben. Es stehe wirklich zu befürchten, dass er hierfür zu viel Zeit und Anstrengung aufwende. Camerarius halte es für angebracht, hierüber nun einiges zu schreiben, denn er wisse, dass Oporinus ein religiöse und gebildeter Mensch sei. Camerarius meine, den Leute wie er und Oprinos, die siche dem christlichen Glauben verschrieben hätten, insbesondere darauf achten müssten, dass bei ihnen nichts gefunden werden könne, was dieser Zuschreibung widerspreche. Deshalb wolle er nun einige Gedanken über die schönen Künste in Hinblick auf die Religion und das öffentliche Leben anstellen. Was den zweiten Punkt anbelange, stütze sich Camerarius auf einen Ausspruch des Ennius: Nur in wenigen Dingen solle man sich der Philosophie widmen; dies generell zu tun, gefalle nicht (vgl. Cic., Tusc. 2,1,1; de orat. 2,37,156; de re Publ. 1,18,30). Sich der Gelehrsamkeit im Übermaß zu widmen, sei nicht nur unnötig, sondern der Lebensklugheit in öffentlichen und privaten Dingen, auf denen die menschlich Gesellschaft beruhe, sogar noch abträglich. Wie es aber in anderen Künsten Lehrer gebe, so müsse es auch in der Kunst der Lebensführung Lehrer geben, die mit einem Wissen über die Betrachtung der Wahrheit ausgestattet sind. | Was die Mühen anbelange, die Camerarius in die Ausgabe der Stücke des Plautus gesteckt habe, habe er schon zuvor einiges geschrieben. Es stehe wirklich zu befürchten, dass er hierfür zu viel Zeit und Anstrengung aufwende. Camerarius halte es für angebracht, hierüber nun einiges zu schreiben, denn er wisse, dass Oporinus ein religiöse und gebildeter Mensch sei. Camerarius meine, den Leute wie er und Oprinos, die siche dem christlichen Glauben verschrieben hätten, insbesondere darauf achten müssten, dass bei ihnen nichts gefunden werden könne, was dieser Zuschreibung widerspreche. Deshalb wolle er nun einige Gedanken über die schönen Künste in Hinblick auf die Religion und das öffentliche Leben anstellen. Was den zweiten Punkt anbelange, stütze sich Camerarius auf einen Ausspruch des Ennius: Nur in wenigen Dingen solle man sich der Philosophie widmen; dies generell zu tun, gefalle nicht (vgl. Cic., Tusc. 2,1,1; de orat. 2,37,156; de re Publ. 1,18,30). Sich der Gelehrsamkeit im Übermaß zu widmen, sei nicht nur unnötig, sondern der Lebensklugheit in öffentlichen und privaten Dingen, auf denen die menschlich Gesellschaft beruhe, sogar noch abträglich. Wie es aber in anderen Künsten Lehrer gebe, so müsse es auch in der Kunst der Lebensführung Lehrer geben, die mit einem Wissen über die Betrachtung der Wahrheit ausgestattet sind. Diese Fähigkeit werde ausschließlich durch das Studium der Weisheit, das die Griechen Philosophie nannten, erlangt. Diese habe ihre Grundlage in der Kenntnis der Literatur und in der in der Ausbildung in den freien Künsten. Hierbei stützt sich Camerarius auf [[Erwähnte Person::Aristoteles]], aus dessen Erkenntnislehre er knapp referiert. | ||
(Jochen Schultheiß) | (Jochen Schultheiß) | ||
===Anmerkungen=== | ===Anmerkungen=== | ||
*Anm. 1: Hierbei handelt es sich wohl um den Plautus-Kommentar, der erst nach Oporins Tod in einer Kommentarsammlung zu Plautus bei Eusebius Episcopus gedruckt wird ([[Erwähntes Werk::Diverse, Commentationes de comoedia, 1568]]). | *Anm. 1: Hierbei handelt es sich wohl um den Plautus-Kommentar, der erst nach Oporins Tod in einer Kommentarsammlung zu Plautus bei Eusebius Episcopus gedruckt wird ([[Erwähntes Werk::Diverse, Commentationes de comoedia, 1568]]). |
Version vom 30. April 2019, 08:27 Uhr
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||||||
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Werksigle | OCEp 1282 |
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Zitation | Camerarius an Oporinus, 01.03.1566, bearbeitet von Manuel Huth und Jochen Schultheiß (30.04.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1282 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1595 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 529-542 |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | ja |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Johann Oporinus |
Datum | 1566/03/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Cal. Martii |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | ja |
Incipit | Cum mihi in maximis gravissimisque tuis curis |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Bildungsdiskurs; Drucklegung; Philosophie |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | unkorrigiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Datumsstempel | 30.04.2019 |
Werksigle | OCEp 1282 |
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Zitation | Camerarius an Oporinus, 01.03.1566, bearbeitet von Manuel Huth und Jochen Schultheiß (30.04.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1282 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1595 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 529-542 |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | ja |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Johann Oporinus |
Datum | 1566/03/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Cal. Martii |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | ja |
Incipit | Cum mihi in maximis gravissimisque tuis curis |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Bildungsdiskurs; Drucklegung; Philosophie |
Datumsstempel | 30.04.2019 |
Regest
Oporinus habe Camerius angedeutet, dass er trotz schwieriger Umstände einen Neudruck der Vorlagen zu Plautus (Plautina exemplaria) plane. Auch wenn Camerarius sehr beschäftigt gewesen sei und ihn schon längst der Überdruss an einer solchen Arbeit ergriffen habe, sei er dennoch ein weiteres Mal diese Schriften durchgegangen und habe erneut seine Ausgabe mit "alten Büchern verglichen (cum veteribus libris ... contuli). So habe sich Camerarius seiner eigenen Sorgfalt vergewissern können. Dann habe Oporinus jedoch der Tod seiner Frau in tiefe Trauer gestürzt, wie Camerarius aus Briefen von Freunden habe erfahren können. Aus seinem Glauben habe Oporinus aber sicherlich Trost schöpfen können. Camerarius wünsche, er könnte Oporinus bei Schwierigkeiten, auch in Hinblick auf die Kommentierung, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Da dies aber nicht möglich sei, wolle er sich auch weitere Worte ersparen.
Was die Mühen anbelange, die Camerarius in die Ausgabe der Stücke des Plautus gesteckt habe, habe er schon zuvor einiges geschrieben. Es stehe wirklich zu befürchten, dass er hierfür zu viel Zeit und Anstrengung aufwende. Camerarius halte es für angebracht, hierüber nun einiges zu schreiben, denn er wisse, dass Oporinus ein religiöse und gebildeter Mensch sei. Camerarius meine, den Leute wie er und Oprinos, die siche dem christlichen Glauben verschrieben hätten, insbesondere darauf achten müssten, dass bei ihnen nichts gefunden werden könne, was dieser Zuschreibung widerspreche. Deshalb wolle er nun einige Gedanken über die schönen Künste in Hinblick auf die Religion und das öffentliche Leben anstellen. Was den zweiten Punkt anbelange, stütze sich Camerarius auf einen Ausspruch des Ennius: Nur in wenigen Dingen solle man sich der Philosophie widmen; dies generell zu tun, gefalle nicht (vgl. Cic., Tusc. 2,1,1; de orat. 2,37,156; de re Publ. 1,18,30). Sich der Gelehrsamkeit im Übermaß zu widmen, sei nicht nur unnötig, sondern der Lebensklugheit in öffentlichen und privaten Dingen, auf denen die menschlich Gesellschaft beruhe, sogar noch abträglich. Wie es aber in anderen Künsten Lehrer gebe, so müsse es auch in der Kunst der Lebensführung Lehrer geben, die mit einem Wissen über die Betrachtung der Wahrheit ausgestattet sind. Diese Fähigkeit werde ausschließlich durch das Studium der Weisheit, das die Griechen Philosophie nannten, erlangt. Diese habe ihre Grundlage in der Kenntnis der Literatur und in der in der Ausbildung in den freien Künsten. Hierbei stützt sich Camerarius auf Aristoteles, aus dessen Erkenntnislehre er knapp referiert.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- Anm. 1: Hierbei handelt es sich wohl um den Plautus-Kommentar, der erst nach Oporins Tod in einer Kommentarsammlung zu Plautus bei Eusebius Episcopus gedruckt wird (Diverse, Commentationes de comoedia, 1568).