Camerarius, De Theriacis antidotis, 1533: Unterschied zwischen den Versionen

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|d_werktitle=De Theriacis antidotis ad Iohannem Magenbuchium Medicum Noricum amicum suum Ioachimi Camerarii Commentariolus
|d_werktitle=De Theriacis antidotis ad Iohannem Magenbuchium Medicum Noricum amicum suum Ioachimi Camerarii Commentariolus
|Register=Theriak;
|Kurzbeschreibung=In der Johannes Magebuch gewidmeten Schrift erläutert Camerarius, dass die oft erfolglosen Therapieversuche zeitgenössicher Ärzte auf mangelnde Erfahrung (''experientia'') im Umgang mit Medikamenten zurückzuführen seien. Die Schrift sei vor dem Hintergrund der in Nürnberg herrschenden Pest verfasst worden. Sie fasst antikes Wissen (vor allem Galens) zu den Gegengiften Theriak und Mithridateion zusammen. Den Abschluss bildet eine Auflistung der Zutaten von Theriak.
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|Druck=[[Camerarius, De Theriacis, 1533]]
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===== Widmung an Magenbuch (Bl. a5v-a6r) =====  
===== Widmung an Magenbuch (Bl. a5v-a6r) =====  
Die Widmung ist komplementär zur Dedikationsepistel an Weyll angelegt.
Die Widmung ist komplementär zur [[Camerarius an Schütz, 13.09.1533|Dedikationsepistel an Johann Schütz von Weyll]] angelegt.


Wie oft habe ich mit meinen Freunden und Bekannten über solche Themen gesprochen? Das pflege ich als naturkundlicher Gelehrter gern zu tun. Zum Beispiel habe ich ihnen die Gegengifte Theriak und Mithridat vorgestellt, denen die Alten, wie ich gesehen habe, größte Wirkung zugeschrieben haben und deren Zusammenstellung wirklich bewundernswert ist. Einige haben mich also gebeten, mich zu bemühen, irgendwann einmal auf Latein das auszuführen, was ich über dieses Thema bei den griechischen Schriftstellern gefunden habe. Ich habe also nicht nur irgendeinen einzelnen Autoren übersetzt, sondern bin nach meinem Dafürhalten die Schriften und Erfindungen der Griechen durchgegangen. Zu dieser Vorgehensweise schienen mich die aktuellen gegenwärtigen Umstände ermutigt zu haben zu haben, hatte ich mich doch mit meiner Familie auf das der Stadt benachbarte Land geflüchtet, während die Bürger von der Furcht vor der Pest erschüttert waren und mein Dienstverhältnis gleichsam aufgehoben war, da alle sich auf hastiger Flucht befanden.  
Wie oft habe der naturkundlich gelehrte Camerarius im Bekanntenkreis über medizinische Themen gesprochen? Zum Beispiel habe er die Gegengifte Theriak und Mithridat vorgestellt, denen die Alten größte Wirkung zugeschrieben hatten und deren Zusammenstellung wirklich bewundernswert sei. Einige hätten ihn dann gebeten, irgendwann einmal auf Latein auszuführen, was er darüber bei den griechischen Schriftstellern gefunden habe. Er habe also nicht nur irgendeinen einzelnen Autoren übersetzt, sondern sei nach seinem Dafürhalten die Schriften und Erfindungen der Griechen durchgegangen. Zu dieser Vorgehensweise hätten ihn nicht nur die aktuellen gegenwärtigen Umstände ermutigt (sc. die Pest), hatte er sich doch mit seiner Familie auf das der Stadt benachbarte Land (sc. [[Erwähnter Ort::Gut Eschenau]]) geflüchtet, während die Bürger von der Furcht vor der Pest erschüttert waren und mein Dienstverhältnis gleichsam aufgehoben war, da alle sich auf hastiger Flucht befanden.


Auf dem Land habe ihm genug Zeit zur Verfügung gestand und so habe er , vom Wunsch seiner Freunde ermutigt, dieses Werk in Angriff, um über die Theriak-Gegengifte gleichsam durch die Schriften Galens streifend Einiges aufzuzeichnen und einige griechische Rezepte dieser Gegengifte hinzuzufügen sowie einige in Übersetzung (s. Anm.). Er hoffe dadurch den jungen Studenten kein unnützes Werk zu erweisen, wenn ich jene wunderschönen Zeugnisse der Alten ihnen zum Kennenlernen vor Augen führte. Denn dass sie für den Gebrauch in der Gegenwerk ausgearbeitet würden, das wage ich zwar kaum zu hoffen, aber pflege ich zu wünschen.  
Auf dem Land habe ihm genug Zeit zur Verfügung gestand und so habe er, vom Wunsch seiner Freunde ermutigt, dieses Werk in Angriff genommen, um über die Theriak-Gegengifte gleichsam durch die Schriften Galens streifend Einiges aufzuzeichnen und einige griechische Rezepte dieser Gegengifte hinzuzufügen sowie einige in Übersetzung (s. Anm.). Er hoffe dadurch den jungen Studenten kein unnützes Werk zu erweisen, wenn er ihnen jene wunderschönen Zeugnisse der Alten vor Augen führte. Denn dass sie für den Gebrauch in der Gegenwerk ausgearbeitet würden, das wage er zwar kaum zu hoffen, wiewohl er es wünsche.  


 
Er widme diese Arbeit Magenbuch, denn er habe ihn immer als äußerst hilfsbereit sich und seiner Familie gegenüber erfahren. Er vertraue darauf, dass Magenbuch dieses Zeichen seiner Dankbarkeit und Erinnerung zulasse. Er habe es aber hauptsächlich deswegen Magenbuch geschickt, damit er sehen könne, dass Camerarius auch den Beruf des Mediziners schätze und damit ein erfahrener Arzt ein Urteil über dieses Werk fälle.
Er widme diese Arbeit Magenbuch, denn er habe ihn immer als äußerst hilfswillig und hilfreich sich und seiner Familie gegenüber erfahren. Er vertraue darauf, dass Magenbuch dieses Zeichen seiner Dankbarkeit und Erinnerung zulasse. Er habe es aber hauptsächlich deswegen Magenbuch geschickt, damit er sehen könne, dass Camerarius auch den Beruf des Mediziners schätze und ein erfahrener Arzt ein Urteil über dieses Werk fälle.


=====  Sammlung von „Lesefrüchten“ über Theriak (Bl. a6r-b6r) =====
=====  Sammlung von „Lesefrüchten“ über Theriak (Bl. a6r-b6r) =====
Der letzte Abschnitt (Bl. a6r-b6r) enthält kaum eigene theoretische Erläuterungen zu naturkundlichen Themen. Er stellt vielmehr eine von vielen Anekdoten und Exkursen durchzogene Zusammenfassung verschiedener Schriften Galens dar. Camerarius schreibt dort über Gegengifte, die Pest sowie Unterschied, Erfindung und Eigenschaften der Gegengifte Theriak und Mithridateion. Größeren Raum nehmen noch Erläuterungen zu der Zutat „Vipernfleisch“ ein. Eine (Rezept-)Beschreibung des Theriak, die unter dem Namen des Andromachos überliefert sei, habe er, wie er schreibt, nach Kräften emendiert und ins Lateinische übersetzt. In den letzten Zeilen listet Camerarius noch kurz die Zutaten des Theriak auf. Auch in diesem Abschnitt gibt es eine relevante Stelle, an der sich Camerarius zur Nachahmung antiker Medikamente äußert. Und zwar klagt Camerarius darüber, dass der usus (also das Wissen um die richtige Herstellung und den Gebrauch der Heilmittel) verloren gegangen sei. Wie wenig wisse man in allen Bereichen der Wissenschaft und Kunst noch über die Dinge, die in den antiken Schriften Erwähnung fänden! Man könne dieses Wissen zwar nicht wiederherstellen, aber dennoch sei die Kenntnis dieser Schriften nützlich, insofern die Menschen dieses Zeitalters wenigstens über ihre Lage und ihr Schicksal Reue empfänden und nach der Billigkeit jener Menschen aus ihrer verkommenen Zeit heraus strebten, damit ihr Wille und ihre Absicht Anerkennung fände. Denn, so meint Camerarius in Anlehnung an Properz II, 10, 5-6, in großen Dingen genüge es auch, gewollt zu haben.  Dies macht deutlich, dass es Camerarius im Wesentlichen darum ging, falsche Muster bei der Imitation der antiken Vorbilder aufzuzeigen. Diese Stelle verdeutlicht zugleich, dass die antiken Ärzte als Autoritäten gedacht werden, deren Nachahmung umfassend gedacht ist und auch eine ethische Komponente eignet: Nachahmung ist für Camerarius gleichsam eine verpflichtende Haltung gegenüber als Autoritäten gedachten Vorbildern, wobei die ganze Lebenshaltung nachgeahmt werden muss; blinde Imitation ist nicht zweckführend.
Der letzte Abschnitt enthält kaum eigene theoretische Erläuterungen zu naturkundlichen Themen. Er stellt vielmehr eine von vielen Anekdoten und Exkursen durchzogene Zusammenfassung verschiedener Schriften Galens dar. Camerarius schreibt dort über Gegengifte, die Pest sowie Unterschied, Erfindung und Eigenschaften der Gegengifte Theriak und Mithridateion. Größeren Raum nehmen noch Erläuterungen zu der Zutat "Vipernfleisch" ein. Eine (Rezept-)Beschreibung des Theriak, die unter dem Namen des Andromachos überliefert sei, habe er, wie er schreibt, nach Kräften emendiert und ins Lateinische übersetzt. In den letzten Zeilen listet Camerarius noch kurz die Zutaten des Theriak auf.  


=== Überlieferung ===
=== Überlieferung ===
Das Werk erschien 1533 und wurde nur ein einziges Mal nachgedruckt und zwar im Kontext einer von [[Joachim Camerarius II.]] verfassten Schrift über Theriak.
=== Forschungsliteratur ===
=== Forschungsliteratur ===
* [[Stannard/Dilg 1978]]
* [[Stannard/Dilg 1978]]

Version vom 4. Juni 2018, 15:45 Uhr


Opus Camerarii
Werksigle
Zitation De Theriacis antidotis ad Iohannem Magenbuchium Medicum Noricum amicum suum Ioachimi Camerarii Commentariolus, bearbeitet von Manuel Huth (04.06.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/
Name Joachim Camerarius I.
Status Verfasser
Sprache Latein
Werktitel De Theriacis antidotis ad Iohannem Magenbuchium Medicum Noricum amicum suum Ioachimi Camerarii Commentariolus
Kurzbeschreibung In der Johannes Magebuch gewidmeten Schrift erläutert Camerarius, dass die oft erfolglosen Therapieversuche zeitgenössicher Ärzte auf mangelnde Erfahrung (experientia) im Umgang mit Medikamenten zurückzuführen seien. Die Schrift sei vor dem Hintergrund der in Nürnberg herrschenden Pest verfasst worden. Sie fasst antikes Wissen (vor allem Galens) zu den Gegengiften Theriak und Mithridateion zusammen. Den Abschluss bildet eine Auflistung der Zutaten von Theriak.
Erstnachweis 1533
Bemerkungen zum Erstnachweis
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) 1533/07/14
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) 1533/09/13
Schlagworte / Register Theriak; Werkgenese
Anlass Pest (Nürnberg)
Paratext zu
Paratext? ja
Paratext zu Camerarius, Antidotus Antiochi, 1533; Camerarius, Medicamentum Theriacae, 1533; Camerarius, Philonis Antidotus, 1533; Camerarius, Theriaca Antidotus, 1533; Camerarius, δαμοκράτους θηριακή ἀντίδοτος, 1533; Camerarius, (δαμοκράτους) τὸ διὰ βοτάνης πάγχρηστον, 1533; Camerarius, θηριακή, 1533; Camerarius, ἐκ τῶν εὐδήμου ἀντιόχειος ἀντίδοτος, 1533; Camerarius, Ἀνδρομάχου θηριακή, 1533; Camerarius, ἀντίδοτος προγνωστικὴ δαμοκράτους, 1533; Camerarius, ἡ τοῦ χάρμιδος πολυτελής (Inc.), 1533
Überliefert in
Druck Camerarius, De Theriacis, 1533
Erstdruck in
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck
Volltext http://texte.camerarius.de/
Carmen
Gedicht? nein
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken
Wird erwähnt in
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk
Bearbeitungsstand
Überprüft am Original überprüft
Bearbeitungsstand korrigiert
Notizen Ausgabe des Sohnes
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:MH
Gegengelesen von
Bearbeitungsdatum 4.06.2018
Opus Camerarii
Werksigle
Zitation De Theriacis antidotis ad Iohannem Magenbuchium Medicum Noricum amicum suum Ioachimi Camerarii Commentariolus, bearbeitet von Manuel Huth (04.06.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/
Name Joachim Camerarius I.




Sprache Latein
Werktitel De Theriacis antidotis ad Iohannem Magenbuchium Medicum Noricum amicum suum Ioachimi Camerarii Commentariolus
Kurzbeschreibung In der Johannes Magebuch gewidmeten Schrift erläutert Camerarius, dass die oft erfolglosen Therapieversuche zeitgenössicher Ärzte auf mangelnde Erfahrung (experientia) im Umgang mit Medikamenten zurückzuführen seien. Die Schrift sei vor dem Hintergrund der in Nürnberg herrschenden Pest verfasst worden. Sie fasst antikes Wissen (vor allem Galens) zu den Gegengiften Theriak und Mithridateion zusammen. Den Abschluss bildet eine Auflistung der Zutaten von Theriak.
Erstnachweis 1533
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) 1533/07/14
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) 1533/09/13
Schlagworte / Register Theriak; Werkgenese
Anlass Pest (Nürnberg)
Paratext zu
Paratext? ja
Paratext zu Camerarius, Antidotus Antiochi, 1533; Camerarius, Medicamentum Theriacae, 1533; Camerarius, Philonis Antidotus, 1533; Camerarius, Theriaca Antidotus, 1533; Camerarius, δαμοκράτους θηριακή ἀντίδοτος, 1533; Camerarius, (δαμοκράτους) τὸ διὰ βοτάνης πάγχρηστον, 1533; Camerarius, θηριακή, 1533; Camerarius, ἐκ τῶν εὐδήμου ἀντιόχειος ἀντίδοτος, 1533; Camerarius, Ἀνδρομάχου θηριακή, 1533; Camerarius, ἀντίδοτος προγνωστικὴ δαμοκράτους, 1533; Camerarius, ἡ τοῦ χάρμιδος πολυτελής (Inc.), 1533
Überliefert in
Druck Camerarius, De Theriacis, 1533
Carmen
Gedicht? nein
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken
Wird erwähnt in
Bearbeitungsdatum 4.06.2018


Widmung und Entstehungskontext

Die dem Arzt Johannes Magenbuch gewidmete Schrift ist lt. Camerarius während einer in Nürnberg grassierenden Pestepidemie (Juli 1533-Februar 1534) verfasst worden, während der Camerarius aufs Land (nach Gut Eschenau) geflohen war. Die Widmung legt nahe, die Schrift als Dank für medizinische Hilfe zu sehen (Magenbuchi, quem, ut semper cognovi, promptissima erga me meosque voluntate, et opera fuisse, ita confido libenter, admissurum hanc significationem gratitudinis et memoriae nostrae; vgl. Stannard/Dilg 1978, S. 181).

Aufbau und Inhalt

Das Werk zerfällt in drei Teile:

  • Reflexionen über die zeitgenössische Medizin (Bl. a2r-a5r).
  • Widmung an Magenbuch (Bl. a5v-a6r)
  • Sammlung von „Lesefrüchten“ über Theriak (Bl. a6r-b6r).
Reflexionen über die zeitgenössische Medizin (Bl. a2r-a5r)

Camerarius eröffnet den Commentariolus mit der Frage, warum in seiner Gegenwart nur so wenig Ärzte erfolgreich bei ihren Behandlungsversuchen seien, obwohl sie doch über großes naturkundliches Wissen (scientia) verfügten. Dies liege an ihrer mangelnder Erfahrung (experientia) im Umgang mit Medikamenten. Camerarius kritisiert an der zeitgenössischen Medizin, dass sie zu stark buchwissenschaftlich auf das Studium und die Adaption antiker Medikamente ausgerichtet sei, und die Ärzte ihre Aufgaben nicht wahrnähmen, wozu die Qualitätskontrolle vor allem ausländischer Medikamente gehöre, die sie in der Regel den Apothekern überließen. Die meisten Ärzte besäßen ja kaum Medikamente oder unternähmen den Versuch, die Inhaltsstoffe kennenzulernen.

Camerarius geht nun genauer auf die Faktoren ein, die die Imitation antiker Medikamente beeinträchtigen: Die Medikamente der Apotheker seien oft verdorben, gepanscht oder verschnitten. Viele antike Öle, Flüssigkeiten und Salben seien heute unbekannt, während es durch die Araber erstaunliche neue Verfahrensweisen (wie die Destillation von Blütenextrakten) gebe, (die man nicht ignorieren dürfe).

Anhand antiker Ärzte und insbesondere Galen zeigt Camerarius im Folgenden auf, dass diese Autoritäten nicht nur über naturkundliches Wissen (scientia) verfügten, sondern selbst Arbeit und Mühe in den Bereich der Arzneikunde investiert sowie den heutigen Apothekern nicht alles tradiert hätten. Er betont erneut die Bedeutung der experientia sowie der Praxis (usus), der Autopsie und der Sorgfalt (cura).

Camerarius bewundert die Begabung und die Weisheit (sapientia) der antiken Ärzte, die so verschiedene (d.h. ihrer Qualität nach unterschiedliche) Inhaltsstoffe in das Corpus eines Medikaments verbinden konnten. Diese Herstellung von Kompositdrogen vergleicht er mit der Schöpfung des Menschen durch den als Demiurgen beschriebenen Gott. Die Alten hätten dies mit Hilfe der Geometrie und die Arithmetik, die genauesten Künste in jeder Disziplin, zu beschreibend und lehren versucht. Camerarius betont dabei die Rolle der ἀναλογία, denn wo sie herrsche, könne es keine Fehler geben. Sie besitze eine universelle Kraft bei der Herstellung von Medikamente, denn sie ermögliche die richtige Temperierung der Qualitäten. Wenn er dies bedenke, sei es umso tadelnswerter, wenn jemand die Herstellung übereilt betreibe.

Die Erfinder jener Kompositdrogen verdienten größte Bewunderung und es sei kein Wunder, dass man sie nicht mehr für Menschen, sondern Götter oder deren Kinder oder Schüler hielt.

Widmung an Magenbuch (Bl. a5v-a6r)

Die Widmung ist komplementär zur Dedikationsepistel an Johann Schütz von Weyll angelegt.

Wie oft habe der naturkundlich gelehrte Camerarius im Bekanntenkreis über medizinische Themen gesprochen? Zum Beispiel habe er die Gegengifte Theriak und Mithridat vorgestellt, denen die Alten größte Wirkung zugeschrieben hatten und deren Zusammenstellung wirklich bewundernswert sei. Einige hätten ihn dann gebeten, irgendwann einmal auf Latein auszuführen, was er darüber bei den griechischen Schriftstellern gefunden habe. Er habe also nicht nur irgendeinen einzelnen Autoren übersetzt, sondern sei nach seinem Dafürhalten die Schriften und Erfindungen der Griechen durchgegangen. Zu dieser Vorgehensweise hätten ihn nicht nur die aktuellen gegenwärtigen Umstände ermutigt (sc. die Pest), hatte er sich doch mit seiner Familie auf das der Stadt benachbarte Land (sc. Gut Eschenau) geflüchtet, während die Bürger von der Furcht vor der Pest erschüttert waren und mein Dienstverhältnis gleichsam aufgehoben war, da alle sich auf hastiger Flucht befanden.

Auf dem Land habe ihm genug Zeit zur Verfügung gestand und so habe er, vom Wunsch seiner Freunde ermutigt, dieses Werk in Angriff genommen, um über die Theriak-Gegengifte gleichsam durch die Schriften Galens streifend Einiges aufzuzeichnen und einige griechische Rezepte dieser Gegengifte hinzuzufügen sowie einige in Übersetzung (s. Anm.). Er hoffe dadurch den jungen Studenten kein unnützes Werk zu erweisen, wenn er ihnen jene wunderschönen Zeugnisse der Alten vor Augen führte. Denn dass sie für den Gebrauch in der Gegenwerk ausgearbeitet würden, das wage er zwar kaum zu hoffen, wiewohl er es wünsche.

Er widme diese Arbeit Magenbuch, denn er habe ihn immer als äußerst hilfsbereit sich und seiner Familie gegenüber erfahren. Er vertraue darauf, dass Magenbuch dieses Zeichen seiner Dankbarkeit und Erinnerung zulasse. Er habe es aber hauptsächlich deswegen Magenbuch geschickt, damit er sehen könne, dass Camerarius auch den Beruf des Mediziners schätze und damit ein erfahrener Arzt ein Urteil über dieses Werk fälle.

Sammlung von „Lesefrüchten“ über Theriak (Bl. a6r-b6r)

Der letzte Abschnitt enthält kaum eigene theoretische Erläuterungen zu naturkundlichen Themen. Er stellt vielmehr eine von vielen Anekdoten und Exkursen durchzogene Zusammenfassung verschiedener Schriften Galens dar. Camerarius schreibt dort über Gegengifte, die Pest sowie Unterschied, Erfindung und Eigenschaften der Gegengifte Theriak und Mithridateion. Größeren Raum nehmen noch Erläuterungen zu der Zutat "Vipernfleisch" ein. Eine (Rezept-)Beschreibung des Theriak, die unter dem Namen des Andromachos überliefert sei, habe er, wie er schreibt, nach Kräften emendiert und ins Lateinische übersetzt. In den letzten Zeilen listet Camerarius noch kurz die Zutaten des Theriak auf.

Überlieferung

Das Werk erschien 1533 und wurde nur ein einziges Mal nachgedruckt und zwar im Kontext einer von Joachim Camerarius II. verfassten Schrift über Theriak.

Forschungsliteratur