Camerarius an Oporinus, 15.03.1556: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Sodann geht Camerarius auf die Genese des Werkes und die hierin verfolgte Methodik ein (4): Er habe diese Kommentierung der Sophokles-Tragödien, immer wenn sich die Gelegenheit ergab, und nicht in der Reihenfolge, in der sie nun herausgegeben werden, erstellt und nun nach einem Abstand von vielen Jahren zu Ende gebracht. Er habe zwei verschiedene Formen der Übersetzung erstellt: Die Übersetzung solle den Worten verhaftet bleiben, als auch den Sinn freier wiedergeben (''Coeperam interpretari bifariam, ut et verbis conversio inhaereret, et sensum liberius exprimeret''). Als Camerarius jedoch bemerkte, dass eine [[Erwähntes Werk::Winsheim, Interpretatio tragoediarum Sophoclis (Werk), 1546|vollständige Übersetzung der Tragödien dieses Dichters durch Veit Winsheim]] vorliege, habe er es nicht mehr für nötig befunden, Übersetzungen von noch weiteren Tragödien vorzulegen. Für die beiden Tragödien, die an erster und zweiter Stelle unter den herausgegebenen Stücken zu finden seien, habe er eine Übersetzung der Erläuterung beifügen wollen. Die Übersetzungen seien von unterschiedlicher Art, und stellten gewissermaßen Beispiele nicht so sehr seines Fleißes als eher seiner Methode dar (''quasi specimen non tam industriae meae quam consilii''). Camerarius glaube, dass Gelehrten beider Sprachen diese Leistung zur Erkenntnis der eigenen und reinen Sprache (''ad proprii et puri sermonis cognitionem'') hilfreich sein werde.<br>
Sodann geht Camerarius auf die Genese des Werkes und die hierin verfolgte Methodik ein (4): Er habe diese Kommentierung der Sophokles-Tragödien, immer wenn sich die Gelegenheit ergab, und nicht in der Reihenfolge, in der sie nun herausgegeben werden, erstellt und nun nach einem Abstand von vielen Jahren zu Ende gebracht. Er habe zwei verschiedene Formen der Übersetzung erstellt: Die Übersetzung solle den Worten verhaftet bleiben, als auch den Sinn freier wiedergeben (''Coeperam interpretari bifariam, ut et verbis conversio inhaereret, et sensum liberius exprimeret''). Als Camerarius jedoch bemerkte, dass eine [[Erwähntes Werk::Winsheim, Interpretatio tragoediarum Sophoclis (Werk), 1546|vollständige Übersetzung der Tragödien dieses Dichters durch Veit Winsheim]] vorliege, habe er es nicht mehr für nötig befunden, Übersetzungen von noch weiteren Tragödien vorzulegen. Für die beiden Tragödien, die an erster und zweiter Stelle unter den herausgegebenen Stücken zu finden seien, habe er eine Übersetzung der Erläuterung beifügen wollen. Die Übersetzungen seien von unterschiedlicher Art, und stellten gewissermaßen Beispiele nicht so sehr seines Fleißes als eher seiner Methode dar (''quasi specimen non tam industriae meae quam consilii''). Camerarius glaube, dass Gelehrten beider Sprachen diese Leistung zur Erkenntnis der eigenen und reinen Sprache (''ad proprii et puri sermonis cognitionem'') hilfreich sein werde.<br>
Camerarius warnt Oporinus vor seiner undeutlichen Schrift. Hier solle er aufpassen, dass kein sinnloser Wortlaut entstehe. Ansonsten dürfe Oporinus durchaus nach eigenem Gutdünken verfahren, wenn ihm etwas falsch erscheine (4-5). Camerarius mahnt Oporinus, nicht zu viel Mühe in das Werk zu setzen. Auch wenn die gegenwärtige zeit den Künsten und Wissenschaften nich wohlgesonnen sei, werde das Schöne durch sich selbst gefunden (griechische Sentenz). Auch Oporinus werde eines Tages für sein Werk Dank erhalten, indem sich die Nachwelt an ihn erinnere.<br>
Camerarius warnt Oporinus vor seiner undeutlichen Schrift. Hier solle er aufpassen, dass kein sinnloser Wortlaut entstehe. Ansonsten dürfe Oporinus durchaus nach eigenem Gutdünken verfahren, wenn ihm etwas falsch erscheine (4-5). Camerarius mahnt Oporinus, nicht zu viel Mühe in das Werk zu setzen. Auch wenn die gegenwärtige zeit den Künsten und Wissenschaften nich wohlgesonnen sei, werde das Schöne durch sich selbst gefunden (griechische Sentenz). Auch Oporinus werde eines Tages für sein Werk Dank erhalten, indem sich die Nachwelt an ihn erinnere.<br>
Schließlich kündigt Camerarius andere Werke an, die sich bei ihm in der Herstellung befänden: eine Ausgabe von Aischylos (''Aeschylea'', ''editio''), zu deren Vollendung er noch die nötige Ruhe und Freiheit von öffentlichen und privaten Aufgaben brauche.
Schließlich kündigt Camerarius andere Werke an, die sich bei ihm in der Herstellung befänden: eine [[Erwähntes Werk::Camerarius, Aeschylea (unvollendet)|Ausgabe von Aischylos]] (''Aeschylea'', ''editio''), zu deren Vollendung er noch die nötige Ruhe und Freiheit von öffentlichen und privaten Aufgaben brauche.


(Jochen Schultheiß)
(Jochen Schultheiß)

Version vom 3. September 2018, 10:49 Uhr



Chronologisch vorhergehende Briefe
Chronologisch folgende Briefe
 Briefdatum
Camerarius an Oporinus, 03.15401540 JL
Camerarius an Oporinus, 13.01.153813 Januar 1538 JL
 Briefdatum
Camerarius an Oporinus, 15.03.155615 März 1556 JL
Camerarius an Oporinus, 25.08.156025 August 1560 JL
Camerarius an Oporinus, 07.03.15627 März 1562 JL
Werksigle
Zitation Camerarius an Oporinus, 15.03.1556, bearbeitet von Jochen Schultheiß (03.09.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Druck), 1556
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 3-7
Zweitdruck in Estienne, Σοφοκλέους αἱ ἑπτὰ τραγῳδίαι, 1568
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck S. 3-4
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Johann Oporinus
Datum 1556
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum Datum des Druckes
Unscharfes Datum Beginn 1556/08/01
Unscharfes Datum Ende 1556/08/31
Sprache Latein
Entstehungsort o.O.
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Mitto tibi tandem Sophoclea nostra
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? nein
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Werk), 1556
Kurzbeschreibung Brief an den Drucker des Bandes Johannes Oporinus, in dem Camerarius die Druckerlaubnis erteilt und Erklärungen zu Werkgenese und verfolgter Methodik gibt.
Anlass
Register Widmungsbrief; Werkgenese; Übersetzungstheorie; Drucklegung
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand korrigiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von
Datumsstempel 3.09.2018
Werksigle
Zitation Camerarius an Oporinus, 15.03.1556, bearbeitet von Jochen Schultheiß (03.09.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Druck), 1556
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 3-7
Zweitdruck in Estienne, Σοφοκλέους αἱ ἑπτὰ τραγῳδίαι, 1568
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck S. 3-4
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Johann Oporinus
Datum 1556
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum Datum des Druckes
Unscharfes Datum Beginn 1556/08/01
Unscharfes Datum Ende 1556/08/31
Sprache Latein
Entstehungsort o.O.
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Mitto tibi tandem Sophoclea nostra
Regest vorhanden? nein
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Commentatio explicationum omnium tragoediarum Sophoclis (Werk), 1556
Kurzbeschreibung Brief an den Drucker des Bandes Johannes Oporinus, in dem Camerarius die Druckerlaubnis erteilt und Erklärungen zu Werkgenese und verfolgter Methodik gibt.
Register Widmungsbrief; Werkgenese; Übersetzungstheorie; Drucklegung
Datumsstempel 3.09.2018


Regest

Zunächst erteilt Camerarius den Auftrag der Drucklegung an Oporinus: Camerarius sende Oporinus nun endlich seine Sophokles-Schriften (Sophoclea nostra), die er häufiger in seinen Briefen erwähnt habe (3). Diese seien jedoch weder bis ins Letzte ausgearbeitet noch durch eine Beschreibung erklärt (neque elaboratione perfecta neque descriptione explanata). Verschiedene, häufig unversehens auftretende Aufgaben hätten hinderlich gewirkt. Oporinus dürfte es ja nicht entgehen, wie mit welchen Schwierigkeiten, wie unzusammenhängend und wie lückenhaft auf diesem Gebiet gearbeitet werde. Dennoch habe Camerarius das Werk lieber jetzt an Oporinus schicken wollen, als es noch länger in der unsicheren Hoffnung auf eine mögliche Ausfeilung noch weiter bei sich behalten. Auf eine Erhöhung der Aufmerksamkeit für die schönen Künste sei nicht zu hoffen. Oporinus' Gelehrtheit und Sorgsamkeit wolle er nun alles andere überlassen. Die Zukunft der Ausgabe sei nun Sache beider. Oporinus soll das Werk auch als seines betrachten, weshalb ihm Camerarius auch freie Hand bei Entscheidungen einräume (3-4).
Sodann geht Camerarius auf die Genese des Werkes und die hierin verfolgte Methodik ein (4): Er habe diese Kommentierung der Sophokles-Tragödien, immer wenn sich die Gelegenheit ergab, und nicht in der Reihenfolge, in der sie nun herausgegeben werden, erstellt und nun nach einem Abstand von vielen Jahren zu Ende gebracht. Er habe zwei verschiedene Formen der Übersetzung erstellt: Die Übersetzung solle den Worten verhaftet bleiben, als auch den Sinn freier wiedergeben (Coeperam interpretari bifariam, ut et verbis conversio inhaereret, et sensum liberius exprimeret). Als Camerarius jedoch bemerkte, dass eine vollständige Übersetzung der Tragödien dieses Dichters durch Veit Winsheim vorliege, habe er es nicht mehr für nötig befunden, Übersetzungen von noch weiteren Tragödien vorzulegen. Für die beiden Tragödien, die an erster und zweiter Stelle unter den herausgegebenen Stücken zu finden seien, habe er eine Übersetzung der Erläuterung beifügen wollen. Die Übersetzungen seien von unterschiedlicher Art, und stellten gewissermaßen Beispiele nicht so sehr seines Fleißes als eher seiner Methode dar (quasi specimen non tam industriae meae quam consilii). Camerarius glaube, dass Gelehrten beider Sprachen diese Leistung zur Erkenntnis der eigenen und reinen Sprache (ad proprii et puri sermonis cognitionem) hilfreich sein werde.
Camerarius warnt Oporinus vor seiner undeutlichen Schrift. Hier solle er aufpassen, dass kein sinnloser Wortlaut entstehe. Ansonsten dürfe Oporinus durchaus nach eigenem Gutdünken verfahren, wenn ihm etwas falsch erscheine (4-5). Camerarius mahnt Oporinus, nicht zu viel Mühe in das Werk zu setzen. Auch wenn die gegenwärtige zeit den Künsten und Wissenschaften nich wohlgesonnen sei, werde das Schöne durch sich selbst gefunden (griechische Sentenz). Auch Oporinus werde eines Tages für sein Werk Dank erhalten, indem sich die Nachwelt an ihn erinnere.
Schließlich kündigt Camerarius andere Werke an, die sich bei ihm in der Herstellung befänden: eine Ausgabe von Aischylos (Aeschylea, editio), zu deren Vollendung er noch die nötige Ruhe und Freiheit von öffentlichen und privaten Aufgaben brauche.

(Jochen Schultheiß)