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| [[Benutzer:HIWI/Notes]] | | [[Benutzer:HIWI/Notes]] |
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| =[[Medizin (CamLex)]]= | | ==Theologie== |
| ==Zur Medizin in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts==
| | ===Historische Theologie=== |
| ===Ärzte, Heiler und Laien=== | | <div style="color:blue;>Vorrede zur Gliederung des Abschnitts: |
| Die praktische Medizin der frühen Neuzeit zeichnete sich durch die Pluralität der Behandlungsmöglichkeiten aus. So wird man in den meisten Fällen im Rahmen von Selbstbehandlung zunächst auf das eigene medizinische Wissen sowie auf die Kenntnisse von Freunden und Bekannten zurückgegriffen haben. Für eine gebildete Minderheit standen hierfür volkssprachige medizinische Werke zur Verfügung, ein noch geringerer Prozentsatz konnte auch auf die lateinischsprachigen antiken Quellen zurückgreifen. Für die Mehrheit war aber der mündliche Austausch das entscheidende Medium.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 507 und [[Stolberg 2003]], 108f. Vgl. auch [[Wear 2000]], 49ff.</ref>
| | * Camerarius Philologe, nicht Theologe |
| Selbst Angehörige der obersten Gesellschaftsschichten waren so bemüht, medizinisches Wissen zu erwerben und auch anzuwenden.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 508f. sowie 525ff.</ref>
| | * davon zeugt früh Theodoret |
| Das medizinische Laienwissen, dass sich auf diese Weise verbreitete, war umfangreich genug und von ausreichender Qualität, dass auch professionelle Heiler und Ärzte es nicht pauschal ablehnten, sondern immer wieder Heilmittel und Heilmethoden aus dem Wissenschatz des einfachen Volkes in ihre Therapien aufnahmen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 508.</ref>
| | * dann aber auch die Viten Jesu und der Apostel, wo Chronologie und historische Hintergründe im Mittelpunkt stehen |
| | * Viten Jesu und der Apostel als Krönung langjähriger Arbeit: Nikephorus' Chronologie als wichtige Vorarbeit, um historische Hintergrunde zu klären, bevor er sich die Viten als Details herausgreift |
| | * Chronologisch-historische Bemühungen auch bei Konziliengeschichte, die wie schon das Frühwerk Theodoret Altes neu aktualisieren will |
| | * Schließlich ganz Zuwendung an Gegenwart mit zeitgeschichtlichem Werk zu den Böhmischen Brüdern |
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| War das medizinische Laienwissen nicht ausreichend, hatten Kranke immer noch die Auswahl zwischen zahlreichen mehr oder weniger professionellen Heilern und Ärzten: Zeigte eine Behandlungsmethode keinen Erfolg, konnte man also einfach eine der zahlreichen Alternativen ausprobieren.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 507. Einen kompakten Überblick bietet [[Vanja 2010]], 13ff. Vgl. auch [[Nutton 2022]], Kapitel 5, S. 123-150 (zu den studierten Ärzten) und 6, S. 151-179 (zu den Alternativen).</ref><br>
| | ====Jesus und die Apostel als historische Personen - Die "Historia Iesu Christi"==== |
| So standen ihnen im Allgemeinen einerseits verschiedene studierte Ärzte (''physici'') zur Verfügung, die oft verschiedene Herangehensweisen an ein und dieselbe Krankheit verfolgten. Sie waren Gelehrte und hatten nach einer Schulausbildung, die auch das Studium der lateinischen Sprache umfasste, ein Studium an einer Universität absolviert; dort hatten sie zunächst das Curriculum der Artistenfakultät durchlaufen und sich intensiv mit der Philosophie des [[Erwähnte Person::Aristoteles]] vertraut gemacht, um im Anschluss mehrere Jahre an der Medizinischen Fakultät zu studieren.<ref>Dies gilt zumindest für den mitteleuropäischen Raum. In Italien wurde auch die Medizin üblicherweise an der Artistenfakultät gelehrt und beide Abschlüsse zugleich erworben (vgl. [[Stolberg 2022]], 8 und [[Nutton 2022]], 124).</ref>
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| Diese schlossen sie typischerweise mit einem Magister- oder Doktortitel ab.<ref>Hervorragende Überblicke über die Ausbildung akademischer Ärzte finden sich bei [[Stolberg 2022]], 3-113 und [[Nutton 2022]], 124-146.</ref>
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| Nicht wenige Ärzte hatten an mehreren verschiedenen Universitäten studiert. Oft verbrachten sie einen Teil ihres Studiums im Ausland, typischerweise in Italien oder Frankreich, aber auch in England; auf diese Weise erweiterten sie ihr persönliches Netzwerk und profitierten von dem Wissen und den Erfahrungen ausländischer Koryphäen.<ref>Zum Auslandsstudium vgl. [[Nutton 2022]], 129ff.</ref>
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| Ihre Dienste waren oft nicht billig, doch im Ernstfall konnten sich wohl die meisten Menschen auch aus ärmeren Schichten eine Konsultation sehr wohl leisten, zumal die dauerhaft von der Stadt angestellten "Stadtärzte" oft verpflichtet waren, ihre Dienste billig oder gar umsonst anzubieten.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 415ff.</ref><br>
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| Auf der anderen Seite standen die zahlreichen Bader, Barbiere und Chirurgen, die Apotheker sowie die verschiedensten Laienheiler und Quacksalber. Üblicherweise war die Behandlung von Vorgängen im Körperinneren sowie die Verabreichung von innerlich wirkenden Medikamenten Aufgabe der ''physici''. Chirurgen dagegen kümmerten sich mittels Salben und Verbänden sowie chirurgischen Eingriffen um äußere Wunden, Geschwüre, ausgerenkte Gelenke, Knochen- und Gewebebrüche. Manche spezialisierten sich auf das Ziehen von Zähnen, die Behandlung des Grauen Stares mittels des Starstechens oder die Lithotomie, das Herausschneiden von Harnsteinen.<ref>Wenn sie keine größere Stadt fanden, um sich niederzulassen, waren diese Spezialisten aus Mangel an Patienten oft gezwungen, umherzuziehen (vgl. [[Nutton 2022]], 166).</ref>
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| Auch für Aderlässe waren Chirurgen zuständig,<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 516; [[Vanja 2010]], 14.</ref>
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| wobei solche kleineren Eingriffe auch oft von Badern und Barbieren vorgenommen wurden; von diesen freilich suchten sich die Berufschirurgen wiederum zu distanzieren.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 160.</ref>
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| Sie waren Handwerker und mussten eine lange und gründliche Ausbildung sowie eine Abschlussprüfung absolvieren, um ihren Beruf ausüben zu dürfen. Typischerweise waren sie in Zünften organisiert,<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 513 und [[Nutton 2022]], 151ff. Wiederum gilt für Italien, dass Chirurgie dort teilweise auch an den Universitäten gelehrt wurde (vgl. [[Nutton 2022]], 124 und 152).</ref>
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| deren Gesetze ihnen das Monopol auf chirurgische Eingriffe sicherten. Während die studierten Ärzte somit gezwungen waren, sich auf ihren Bereich zu beschränken, hinderte die handwerklichen Heiler in der Praxis nichts daran, auch auf dem Gebiet der inneren Medizin aktiv zu werden, was sie vielfach auch taten.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 517.</ref><br>
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| Die dritte Gruppe, die offiziell im Gesundheitssektor tätig war, waren die Apotheker. Historisch waren sie Gewürzhändler, von denen sich einige mehr und mehr auf medizinische Produkte spezialisiert hatten, bis sie bis spätestens zum 16. Jahrhundert das Monopol auf diese hatten. Ärzten und Chirurgen war der Anbau von Heilpflanzen meist nur noch zum Eigenbedarf gestattet; sie waren es zwar, die den Patienten Rezepte ausstellten, diese wurden aber von einem Apotheker ausgeführt. Die gelehrten Ärzte forderten dafür, meist erfolgreich, für sich das Recht ein, die örtlichen Apotheken regelmäßig zu inspizieren und ihre Vorratshaltung zu überwachen. Wie die Chirurgen waren auch die Apotheker oft Mitglieder in einer Kaufmannsgilde, die ihre Interessen schützte.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 161.</ref> <br>
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| Trotz des dadurch entstehenden Konfliktpotenzials scheinen die drei Welten in der Praxis aber meist recht problemlos miteinander zusammengearbeitet haben. Die Arbeitsteilung zwischen Heilern und Apothekern war ohnehin recht klar definiert; ebenso scheinen Ärzte und Chirurgen je nach Zeit und Ort recht gut kooperiert und teilweise sogar voneinander gelernt zu haben.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 517f.</ref>
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| Vielfach forderten Krankheiten wie Krebs oder Syphilis auch die gleichzeitige interne und externe Behandlung durch einen Arzt und einen Chirurgen<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 153.</ref>
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| und ganz besonders bei gesellschaftlich hoch gestellten Patienten war eine Kooperation oft üblich.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 158.</ref>
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| Dagegen waren Laienheiler und Quacksalber der Gegenstand heftiger Polemik von Seiten der studierten Ärzte.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 518ff. Vgl. auch [[Helm 2002]], 24f. zur heftigen Kritik [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon]]s.</ref>
| | <span style="font-weight:bold;color:red;">[[OC 0763]], Bl. C5r: Dämonen haben Jesus getötet und damit ihre eigene Macht aufgehoben </span> |
| Im Fall der fahrenden Heiler (''medici circumforanei''), die allerdings unbedingt von den bereits erwähnten, meist ebenfalls nicht sesshaften Okulisten (Starstechern) und Steinschneidern zu unterscheiden sind,<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 166.</ref>
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| scheint diese auch aus heutiger Perspektive durchaus berechtigt: Generell unterlagen sie als fahrende Händler zwar meist den üblichen Regulierungen für Märkte, jedoch nur selten einer ärztlichen Aufsicht,<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 166.</ref>
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| und bis absehbar war, ob ihre Kur Wirkung zeigte, waren sie schon lange wieder außer Landes. Somit ergab sich hier reichlich Freiheit für Betrüger und Scharlatane.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 520.</ref> | |
| Während allerdings fahrende Heiler in Gegenden ohne sesshafte Ärzte oder Chirurgen wie Süditalien eine wichtige Ergänzung des Gesundheitswesens darstellten,<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 166f.</ref>
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| ist ihr Rolle für den deutschsprachigen Raum insgesamt eher als gering einzuschätzen.<ref>So Michael Stolberg, der sich im Gegensatz zu Vivian Nutton in seinem Buch v.a. auf den deutschsprachigen Raum beschränkt ([[Stolberg 2022]], 520).</ref><br>
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| Die sesshaften Laienheiler (''empirici'', ''vetulae'') dagegen nahmen gerade auf dem Land eine zentrale Rolle in der Krankenversorgung ein; entsprechend zeigte die gegen sie gerichtete Polemik der Ärzte eher geringe Wirkung.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 520f.</ref>
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| Sogar die ''physici'' selbst suchten sie bisweilen auf,<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 527.</ref>
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| und auch die lokalen Autoritäten sahen keinen Grund, ihren Untertanen (und sich selbst) einer Gruppe fähiger und gerne konsultierter Heiler zu berauben.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 521.</ref>
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| Lange Zeit spiegelte die medizinische Forschung die Haltung der Zeitgenössischen Ärzte wieder, indem sie "offiziell qualifizierte" Heiler wie Ärzte, Chirurgen und Apotheker auf der einen Seite von den "nicht qualifizierten", teils betrügerischen Laienheilern unterschied. Die Realität des 16. Jahrhunderts offenbart jedoch ein weitaus komplexeres Bild, dem Vivian Nutton Rechnung zu tragen sucht, indem er die verschiedenen Heilberufe als Facetten eines "kaleidoscope of healing" bezeichnet:<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 173.</ref> Wie die Behandlung durch einen studierten Arzt nach moderner Ansicht bisweilen eher schaden als nützen konnte,<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 545.</ref>
| | * [[OCEp 1461]] Widmungsbrief |
| waren viele der Laienheiler durchaus fähig und ihre Heilmethoden oft zumindest nicht weniger wirksam als die der ''physici''. Gerade für viele Angehörige niedriger Gesellschafts stellten sie eine legitime Alternative zur Behandlung durch einen Arzt dar. Es scheint gar, dass die medizinischen Vorstellungen der Laienmedizin mit der Zeit so dominant wurden, dass sie zwar nicht in der Theorie, wohl aber in der Praxis der akademischen Medizin einen Bewusstseinswandel bewirkten und das Bild, das man sich von Krankheit machte, nachhaltig prägten. Die Folge war eine nicht geringe konzeptuelle Diskrepanz zwischen der universitären Lehre und der alltäglichen Behandlung von Krankheit.
| | * [[OC 0762]] Jesus (1566 zweimal, 1581) |
| | * [[OC 0761]] Apostel (dito) |
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| ('''Alexander Hubert''')
| | * [https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Mathesius Johannes Mathesius] veröffentlichte 1568 eine Historia Jesu |
| | :: <small>Das scheint aber eine Predigtsammlung zu sein</small> |
| | * Griech. Jesus-Epos 1573: https://books.google.de/books?id=3h1hgZQ4jkIC |
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| ===Theorie und Praxis der akademischen Medizin===
| | Merke: Interessant ist auch, was JC ''nicht'' erzählt! Z.B. alles, was schon in der Bibel steht! |
| ====Galen und Hippokrates - Die theoretischen Grundlagen====
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| Die universitäre Medizin des 16. Jahrhunderts unterschied sich insofern kaum von der des Mittelalters, als sie in ihren Theorien und Behandlungsformen auf den Schriften von [[Erwähnte Person::Galen]] und [[Erwähnte Person::Hippokrates]] basierte; diese standen seit Beginn des Jahrhunderts erstmals auch auf Griechisch zur Verfügung. Ihre medizinischen Lehren hatten die Jahrhunderte überdauert; sie entsprachen den aktuellen wissenschaftlichen Ansprüchen und hatten in den Augen der Menschen ihren Nutzen wiederholt bewiesen: Schließlich wurden immer wieder Menschen unter ärztlicher Behandlung gesund.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], XXII; 545f.: Tatsächlich ist es nach heutigem Verständnis mit den meisten Krankheiten so, dass sie sowohl mit als auch ohne Behandlung abheilen oder sich der Gesundheitszustand zumindest zeitweise bessert. Diese Besserung schreiben behandelte Patienten aber typischerweise ihrer Behandlung zu und nehmen sie als Beweis für den Erfolg einer medizinischen Theorie.</ref>
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| "Something that had survived for so long and had centuries of apparently successful cures to its credit could not be dismissed as worthless."<ref>[[Nutton 2022]], 2.</ref>
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| Neben Galen und Hippokrates war Avicennas "Canon medicinae" als systematisch geordnetes Lehrwerk in Gebrauch, bis es in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von Jean Fernels ebenfalls auf Galens und Hippokrates' Werken basierender "Universa medicina" abgelöst wurde.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 26f.</ref>
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| Galen und Hippokrates waren ihrerseits wiederum ganz der Philosophie des [[Erwähnte Person::Aristoteles]] verpflichtet, die somit das Grundgerüst der gesamten theoretischen Medizin bildete;<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 529.</ref>
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| für deren Kenntnis sprach sich Galen höchstpersönlich in seiner Schrift "Quod optimus medicus sit quoque philosophus" aus. Dies ermöglichte es der Medizin als Fachgebiet letztlich, sich an der Universität zu etablieren, wo traditionell die Lehre der ''artes liberales'' nach Aristoteles' Schriften im Zentrum stand, obwohl ihre praktischen Inhalte sie eigentlich näher ans Handwerk rückten.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 6.</ref>
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| Die profunde Kenntnis von Aristoteles' Naturphilosophie und das damit einhergehende tiefere Verständnis der Vorgänge im Körper sowie die eingehende Kenntnis der Schriften von Hippokrates und Galen bis zu einem Punkt, wo der Arzt zu einer Krankheit passende Belegstellen frei zitieren konnte, waren auch im 16. Jahrhundert noch ''das'' Merkmal, durch das sich die studierten Ärzte von anderen Heilern abgrenzten;<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 7f.</ref>
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| darauf weist nicht zuletzt auch die Berufsbezeichnung als ''physicus'' hin: Während der ''medicus'' praktisch arbeitet, ist der ''physicus'' Theoretiker und stützt sich in erster Linie auf das tiefere Weltverständnis, dass ihm seine Vertrautheit mit Aristoteles' Physik verleiht.<ref>Vgl. [[Schipperges 1976]], 359f.</ref>
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| Nicht umsonst betonte auch [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon]] in seiner Rede "De Hippokrate", dass die Kenntnis der Natur und der Ursachen so notwendig sei, dass jemand, der auf philosophische Bildung verzichte, nicht Arzt, sondern Henker genannt werden müsse.<ref>''[''sc.'' naturae et causarum cognitio] ita necessaria est in exercenda arte, ut illi, qui non adhibent doctrinam, carnifices, non Medici iudicandi sint'' ([[CR XI]], Sp. 507).</ref><br>
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| Auch wenn in dieser Zeit mit Paracelsus neue Ideen in die Medizin Eingang fanden, basierten diese in ihrer Theorie weiterhin größtenteils auf der antiken Humoralpathologie (Säftelehre) nach Galen. Dieser zufolge bestimmen sich Charakter, Aussehen und Gesundheit eines Menschen nach der individuellen Mischung der vier "Säfte" bzw. Primärqualitäten Blut (warm und feucht), Schleim (kalt und feucht), Gelbe Galle (warm und trocken) sowie Schwarze Galle (kalt und trocken);<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], XVIII; 33f.</ref>
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| der Makrokosmos der Welt, dessen Grundbestandteile nach Aristoteles die Primärqualitäten waren, fand somit im Mikrokosmos des menschlichen Körpers sein Spiegelbild.<ref>Vgl. [[Wear 2000]], 37.</ref> | |
| Das individuelle Mischungsverhältnis der Flüssigkeiten bzw. Qualitäten bilden so das "Temperament" des einzelnen Menschen, das den Charakter, aber auch Haar- und Augenfarbe bestimmt.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 34; 140. [[Stolberg 2003]], 117f. [[Wear 2000]], 38. [[Gentilcore 2015]], 15.</ref>
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| Andererseits sind es in der Theorie Abweichungen von diesem individuellen idealen Mischungsverhältnis (''intemperies'', ''dyscrasia''), die Krankheiten bewirken.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 42; 141.</ref>
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| Krankheit ist somit in der universitären Theorie erstens immer ein Teil des Menschen, da sie eine Form der Abweichung von einem Idealzustand bedeutet; zweitens ist sie nach diesem Verständnis auch immer individuell, da der gesunde Zustand für jeden Menschen in einem anderen Mischungsverhältnis der Säfte liegt.<ref>[[Stolberg 2003]], 38.</ref>
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| ====Das praktische Verständnis - Krankheit als Fremdkörper==== | | =====Widmungsbrief===== |
| Während die ''intemperies'', ein falsches Mischungsverhältnis der Säfte im Körper, noch im Mittelalter auch in der Behandlung von Krankheiten von großer Bedeutung war und in der theoretischen Medizin an den frühneuzeitlichen Universitäten eine durchaus große Rolle spielte,<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 530f.</ref>
| | * Geschichtsschreibung als Teil der bonae artes wichtig --> am besten wenn christlich --> daher hat JC die Bibel gelesen --> dabei zur Ergänzung auch andere Quellen hinzugezogen --> zu Jesus und den Aposteln interessante Infos gefunden --> aufschreiben |
| dominierten in der medizinischen Praxis des 16. Jahrhunderts andere Ansätze.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 118 und besonders 140ff., [[Stolberg 2015]], 114ff., [[Stolberg 2003]], 129f.</ref>
| | * JC gibt auch "Fehlmeinungen" an, sofern sie sich hartnäckig gehalten haben --> macht sich angreifbar --> aber die Alternative wäre, gar nichts zu publizieren, also auch keine Lösung |
| ''Intemperies'' als Krankheitsursache spielte hier höchstens für einzelne Organe eine Rolle, nicht aber für den Körper im Ganzen,<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 141. Eine Ausnahme war die Blutfülle (''plethora''); zu dieser vgl. [[Stolberg 2003]], 121.</ref>
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| "[u]nd selbst in diesen Fällen stand in der Regel nicht das Gleichgewicht der Säfte untereinander im Vordergrund, sondern das Mißverhältnis zum verfügbaren Raum".<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 121.</ref>
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| Stattdessen lässt sich in dieser Zeit beobachten, dass Krankheit zunehmend durch die Einwirkung fremder, verdorbener Stoffe erklärt wird, die sich im Körper lokal ansammeln und Probleme bereiten:<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 122f. und 140, [[Stolberg 2003]], 129f., [[Wear 2000]], 39, 133, 137, [[Nutton 2022]], 213.</ref>
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| Diese Stoffe konnten von außen in den Körper gelangen, wie etwa die Miasmata (verdorbene Luft) oder Kontagien (krankhafte Stoffe in der Umwelt), die als Erklärung insbesondere für große Seuchen wie die Pest oder den Englischen Schweiß herangezogen wurden.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 158 und [[Stolberg 2022]], 135.</ref>
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| Sie konnten aber auch im Körper entstehen, etwa durch "Verstopfungen" (''obstructiones''): Waren Durchgangswege im Körperinneren oder auch Ausscheidungswege blockiert, etwa durch zu zäh gewordene Galle, verblieb alte, minderwertige Materie im Körper.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 173f. und 182, [[Stolberg 2015]], 115f., [[Stolberg 2022]], 129ff.</ref>
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| Dies war deshalb gefährlich, weil sie dort beginnen konnte, zu faulen, wodurch erstens die Materie selbst krankhaft wurde und zweitens krankmachende Dämpfe (''vapores'') entstanden.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 131. Zur großen Bedeutung von Zersetzung im Krankheitsbild der Zeit vgl. auch [[Wear 2000]], 136ff.</ref>
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| Beim Verfaulen entstand außerdem, wie jeder Laie im Alltag etwa auf seinem Misthaufen beobachten konnte, Hitze. Diese widernatürliche Hitze konnte sich als Fieber äußern.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 194 und [[Stolberg 2022]], 133.</ref><br>
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| Dabei muss man sich vor Augen halten, dass der Körper laut frühneuzeitlicher Vorstellung sehr viel durchlässiger war als nach heutiger Vorstellung, sodass Feststoffe wie Nahrung ebenso wie Flüssigkeiten wie die Säfte und Dämpfe sich nahezu frei darin bewegen konnten,<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 172.</ref>
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| und dass aufgrund der großen Bedeutung der vier Säfte auch deren Ausscheidung für äußerst wichtig erachtet wurde.<ref>[[Stolberg 2022]], 138.</ref>
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| Zu den Ausscheidungsvorgängen zählten damit auch solche Prozesse, die wir heute nicht mehr unbedingt darunter zählen wie Schweiß,<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 174ff.</ref>
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| Tränen, Haare und Samen, aber auch Menstrual- und Hämorrhoidalblutungen, bei denen, wie man glaubte, altes, verdorbenes oder überschüssiges Blut ausgeschieden wurde<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 123f. und [[Stolberg 2022]], 139 sowie 208ff.</ref>.
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| War einer dieser Ausscheidungswege weniger aktiv als üblich, bot dies sofort Anlass zur Sorge, da die Befürchtung bestand, Materie könnte sich stauen und verderben.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 173f. und [[Stolberg 2022]], 138ff. und 209ff.</ref>
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| "Health consisted in clearing and cleansing the body, whilst blockages caused a build-up of putrid matter and consequent illness."<ref>[[Wear 2000]], 140.</ref><br>
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| Eine zweite häufige Ursache von im Körper entstandener verdorbener Materie war die mangelnde "Verkochung" der Nahrung:<ref>Vgl. auch [[Wear 2000]], 174.</ref>
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| Nach galenistischem Verständnis fanden im menschlichen Verdauungstrakt keine chemischen Reaktionen statt (von denen man noch keine Kenntnis hatte); vielmehr wurde die Nahrung im Körperinneren bei immenser Hitze gekocht. Dabei gelangte Nahrung zunächst in den Magen-Darm-Trakt, der sie in der ersten Verdauungsstufe (''digestio prima'') zu dem "Chymus" genannten Speisebrei verarbeitet. Dieser gelangt in die Leber, wo er in der zweiten Stufe (''digestio secunda'') in Blut umgewandelt wird, das vom Herzen über die Venen in den Körper geleitet wird. In der dritten Verdauungsstufe (''digestio tertia'') wird das Blut an seinem Zielort im Gewebe oder den Organen in die jeweils benötigte Materie umgewandelt, an die Materie des Körpers "assimiliert".<ref>Insbesondere gab es also keinen Blutkreislauf. Das Blut floss von der Leber über das Herz in den Körper, wo es vollständig verbraucht wurde. Vgl. [[Stolberg 2003]], 121f. und 167; [[Stolberg 2022]], 36, 123; [[Wear 2000]], 171.</ref>
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| Ein Teil des Blutes wurde außerdem vom Herzen über die Arterien geleitet. Daraus entstand im Körper die Lebensenergie, die den Körper am Funktionieren hielt, und im Gehirn die Seelengeister, die über die Nerven zirkulierten und so die Bewegung des Körpers steurten und Empfindungen empfangen.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 96.</ref><br>
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| Kam es nun an einer Stelle zu Problemen, konnte dies sich auf den ganzen Körper auswirken. Typischerweise waren die Ursache der Probleme ein zu kalter Magen oder eine zu heiße Leber: War der Magen zu kalt, konnte nicht ausreichend verkochte Nahrung in den Körper gelangen, wo sie verfaulen oder wichtige Durchgangswege verstopfen konnte; letzteres führte wiederum zu Stauungen und Verfaulen von Materie.<ref>[[Stolberg 2003]], 124 und 182.</ref>
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| Weiterhin konnte eine Leber, die mit minderwertigem ''chymus'' arbeiteten musste, auch nur minderwertiges Blut erzeugen, was wiederum an anderen Stellen im Körper für Probleme sorgen konnte.<ref>[[Stolberg 2003]], 125.</ref>
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| Außerdem konnte der Magen "verschleimen", was wiederum zu einem Teufelskreis führte: Waren seine Wände mit Schleim überzogen, konnte die ohnehin schon nicht ausreichende Hitze noch schlechter an den Mageninhalt gelangen.<ref>[[Stolberg 2003]], 124 und 170. Zu den Folgen mangelnder Verkochung allgemein vgl. auch [[Stolberg 2015]], 115.</ref><br>
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| War dagegen die Leber zu heiß, verbrannte der Speisebrei und es entstanden giftige Dämpfe und Schlacken im Körper, die ebenfalls für Verstopfungen mit schlimmen Folgen sorgen konnten. Dämpfe konnten außerdem in den Kopf aufsteigen und dort im Gehirn für Unheil sorgen, indem sie das Denken oder die "Seelengeister" störten,<ref>[[Stolberg 2003]], 192 und [[Stolberg 2022]], 133f.</ref>
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| oder sie konnten, da sie die Schädeldecke nicht durchqueren konnten, an dieser konsensieren; das Resultat der nun in den Körper zurückfließenden oder tropfenden Materie waren sie sogenannten "Flüsse" (''fluxus'', ''catarrhus''), die neben Verstopfungen und der Anwesenheit krankhafter oder verdorbener Materie eine der am häufigsten erkannten Krankheitsursachen darstellten.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 129ff. und [[Stolberg 2022]], 127f.</ref><br>
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| Es lässt sich in der Frühen Neuzeit somit ein Bewusstseinswandel erkennen, der, wie Michael Stolberg argumentiert, nicht aus der Neuentdeckung der griechischen Originaltexte Galens zu erklären ist; stattdessen zeugt er vermutlich von Veränderung der Vorstellung von Krankheit in der Laienmedizin, die sich mit der Zeit auch auf die Praxis der studieren ''physici'' übertrug: Anstatt Krankheit körperintern als eine Abweichung von einem individuellen Idealzustand zu erklären ("physiologisches Krankheitsverständnis"<ref>[[Stolberg 2003]], 38; [[Stolberg 2022]], 223.</ref>), wurde sie externalisiert, wurde zu etwas Fremdem, das nicht zum Körper gehörte ("ontologisches Krankheitsverständnis"<ref>[[Stolberg 2003]], 38; [[Stolberg 2022]], 222.</ref>). Damit einher ging die zunehmende Abstrahierung der Krankheit als eine eigene Instanz, die unabhängig von dem Individuum existierte, das sie traf. Mehrere Menschen konnten nun also dieselbe Krankheit haben, mit denselben Ursachen und daher derselben Behandlung.<ref>[[Stolberg 2003]], 40f.</ref>
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| Außerdem resultierte aus dem ontologischen Verständnis die tröstende Vorstellung, dass man von einer Krankheit vollständig genesen konnte, indem man die krankmachenden Stoffe ausleitete; dem physiologischen Verständnis nach war der Körper dagegen ständig dem Risiko eines Missverhältnisses der Säfte und damit einer schwerwiegenden Krankheit ausgesetzt gewesen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 534.</ref>
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| ====Therapie und Behandlung==== | | =====Zum Inhalt===== |
| Aus der Vorstellung von der Krankheit als etwas Fremdem, das man aus dem Körper entfernen konnte, sowie der großen Bedeutung von Ausscheidungsvorgängen resultiert, dass die meisten Behandlungsmethoden purgierender Natur waren: Der Aderlass<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 189ff.</ref>
| | *Bl. A8v in Widmungsbrief: Heiliger Georg = Lüge auf Basis der Perseus-Sage |
| diente ebenso wie die regelmäßig verschriebenen Abführ- und Brechmittel sowie Schweißbäder<ref>Zu Abführmitteln sowie schweißtreibenden Behandlungen vgl. [[Stolberg 2022]], 183ff., zu letzteren auch ebd., 201. Zu Brechmitteln vgl. ebd, 188f.</ref>
| | :: <small>Kontext: Historische Berichte werden im Laufe der Zeit überhöht und fabuliert, bis man ihnen nicht mehr trauen kann. --> Was sagt das in der Jesus-Biographie aus? Das ist ja fast schon Kritik an der biblischen Darstellung</small> |
| und Klistiere<ref>Zu diesen vgl. [[Stolberg 2022]], 188.</ref>
| | * S. 4: Betonung: Jesus ist homoousios: Geboren aus der Jungfrau Maria, aber gezeugt von Gott vor Anbeginn der Zeit |
| im Gegensatz zur mittelalterlichen Medizin in der Regel nicht mehr dazu, das Säftegleichgewicht wiederherzustellen;<ref>Außer im Fall der Plethora (Blutfülle): vgl. [[Stolberg 2022]], 190 sowie [[Stolberg 2003]], 121.</ref>
| | * S. 5f.: Maria = homo, nicht göttlich |
| vielmehr hatten sie das Ziel, krankhafte Materie zu mobilisieren und aus dem Körper aus- oder von der kranken Stelle wegzuleiten,<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 192, [[Wear 2000]], 39.</ref>
| | * S. 6: Jesus ist anarchos = ohne Anfang, da er keinen Beginn in der Zeit hat, aber zugleich archen geneseos habens mit Blick auf den Vater |
| indem sie blockierte Wege freimachten oder Ersatz für solche schufen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 155ff., 174ff.</ref>
| | * S. 13ff. und 20ff. ausführlich zum Geburtstermin Jesu |
| Selbst chirurgische Maßnahmen konnten das Ziel haben, schadhafte Stoffe, etwa Eiteransammlungen, zu entfernen.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 213.</ref>
| | * S. 40: explizit keine Entscheidung, ob Maria mit oder ohne ihren physischen Körper ins Himmelreich aufgenommen wurde |
| Ebenso diente das Thermalbad oder das Trinken von Thermalwasser zur innerlichen Reinigung des Körpers von Verunreinigungen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 202f.</ref><br>
| | * S. 19, 44: Überspringe die ganze Zeit, die in den Evangelien beschrieben wird, da nicht passend, wenn JC ("uninspiriert") die Geschichte neu erzählt |
| Viele Vorgänge, die heute als Krankheitssymptome gedeutet werden, verstand man damals als Methode des Körpers, sich von verdorbener oder überschüssiger Materie zu befreien; dementsprechend musste man sie nicht lindern, sondern unterstützen. Litt eine Frau an besonders heftigen Monatsblutungen, zeugte das etwa davon, dass sie zu viel (so die studierten Ärzte) oder besonders viel faules (so die übliche Interpretation der Laien) Blut angehäuft hatte, das der Körper auszuscheiden suchte;<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 123f.</ref>
| | * S. 79 gegen imagines: Schaden nicht, solange die Lehre rein ist, man sollte aber dennoch baldmöglichst zum Urzustand der Kirche zurückkehren |
| fiel die Blutung dagegen schwächer als üblich aus, bestand zu befürchten, das krankhafte Materie im Körper blieb.<ref>[[Stolberg 2003]], 179f.</ref>
| | :: S. 86 konkret: Gegen Übertreibung in Bildern: Augen nicht golden und purpur, sondern realistisch |
| Ein Aderlass konnte in beiden Fällen den Körper unterstützen, im letzteren half es auch, andere Ausscheidungswege zu öffnen, etwa durch Abführmittel.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 180.</ref><br>
| | * S. 83: Blasphemie ist es zu sagen, Jesus und Gott seien verschieden oder aber identisch |
| Ebenso sollte man die Schließung eines offenen Geschwürs nicht zu sehr unterstützen, da es einen Ausgang für verdorbene Materie darstellte und sich von selbst schließen würde, sobald diese vollständig ausgeleitet war. Eine überstürzte Heilung des Geschwürs konnte Krankheiten an anderer Stelle verursachen, da dabei krankhafte Materie im Körper zurückblieb.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 215.</ref>
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| Unter Umständen konnte die Ausleitung solcher auch durch Kauterisation, also die Öffnung eines (zweiten) künstlichen Geschwüres (''fontanella'') unterstützt werden.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 200f.</ref><br>
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| Nach heutigem Verständnis ist freilich der Nutzen vieler in der frühen Neuzeit üblichen Therapien fraglich; viele, wie der großzügige Aderlass bei ohnehin schon heftigen Blutungen oder die heftigen Abführmittel mit bis zu 50 Stuhlgängen in kurzer Zeit hintereinander<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 185, 483, 494.</ref>
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| waren sicherlich eher schädlich.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 545.</ref>
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| Dennoch scheinen die Menschen im 16. Jahrhundert vom Nutzen der zeitgenössischen Therapien überzeugt gewesen zu sein: Immerhin nahmen sie sie immer wieder in Anspruch. Einerseits wird das damit zu erklären sein, dass die meisten Krankheiten sich auch ohne Behandlung von alleine bessern oder zumindest in Schüben mit besseren und schlechteren Phasen verlaufen. Erholte sich der Patient, schrieb man dies dem Erfolg der Therapie zu; wenn nicht, konnte man das immer noch durch Fehler in der Anwendung der verschriebenen Medikamente durch den Patienten selbst, der Komplexität der Krankheit oder Gottes Willen zuschreiben.<ref>Vgl. Stolberg 2022, XXII; 545f.</ref>
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| Überhaupt ist davon auszugehen, dass die moderne Vorstellung davon, was den Erfolg oder Misserfolg einer Kur bedeutet, sich deutlich von der des 16. Jahrhunderts unterscheidet, einer Zeit, als Pest und Seuchen an der Tagesordnung, die Kindersterblichkeit deutlich höher und die Lebenserwartung niedriger als heute waren.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 175f.</ref>
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| ====Iatromathematik und Diätetik==== | | =====Zur Nachwirkung===== |
| Wie dargelegt, identifizierte man in der Medizin des 16. Jahrhunderts als Ursache von Krankheiten typischerweise verdorbene Materie, die die Vorgänge im Körper störte und die selbst auf verschiedene Arten, meistens im Körper selbst, entstanden war. Um aber zu erklären, wie es überhaupt erst zu solch schadhaften Veränderungen der Materie kommen konnte, wie etwa der Magen unterkühlen oder die Leber überhitzen oder ein bestimmter Ausscheidungsvorgang behindert werden konnte, wurden vielfach externe Ursachen herangezogen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 146.</ref>
| | * S. 42: Im Scanexemplar eine nicht kanonische Episode zwischen Jesus und Salome durchgestrichen |
| | * [[Joachim von Beust]] verwendet die Jesus-Biographie in [[Beust, Orthodoxa enarratio Evangeliorum, 1591]] (4 Auflagen) |
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| So sind es zum einen himmlische Vorgänge, die sich nach Ansicht von Camerarius' Zeitgenossen wie auf das ganze Leben so auch auf Krankheit und Gesundheit auswirken (vgl. auch → [[Astrologie (CamLex)|'''Astrologie''']]). Die Stellung von Mond, Sternen und Planeten insbesondere hatte nach Ansicht mancher Autoren direkten Einfluss auf den Gesundheitszustand der Menschen; andere waren der Meinung, die Rolle der Gestirne beschränke sich darauf, Gottes Plan zu verkünden.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 150.</ref>
| | =====Apostel===== |
| Jedenfalls ermöglichte das exakte Wissen um die Vorgänge am Himmel in Verbindung mit Kenntnis des Geburtsortes einer Person einem fähigen Iatromathematiker die Vorhersage nicht nur des Charakters dieser Person, sondern auch ihres Lebenslaufs einschließlich individueller Gesundheitsrisiken und der Todesart<ref>Philipp Melanchthon etwa schlug aufgrund seines Horoskops Berufungen nach England und Dänemark aus (vgl. → [[Astrologie (CamLex)#Melanchthon und die praktische Astrologie (Horoskope)|'''Astrologie''']]).</ref>;
| | * S. 106: Auch hier wird ausgespart, was in der Bibel steht, da es nur dort seine Kraft entfalten kann, etwa die Wundertaten des Petrus |
| dies erklärt die große Rolle, die Astrologie und Iatromathematik im Alltagsleben der Menschen spielte:<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 150.</ref>
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| Durch ein tieferes Verständnis der Ursachen von Krankheiten ermöglichten sie eine bessere Prävention und Behandlung derselben.<br>
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| Doch auch auf die Behandlung selbst nahmen astrologische Erwägungen Einfluss: Astrologische Kalender für einzelne Jahre und Orte gaben nicht nur Auskunft über den besten Tag für Saat und Ernte, sondern auch für medizinische Prozeduren wie Schröpfen oder Aderlass. Die Erstellung solcher Kalender stellte für viele Ärzte des 16. Jahrhunderts eine lukrative Einkommensquelle dar.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 151.</ref><br>
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| Wenngleich solche astrologische Methoden jedoch im Alltag der medizinischen Laien von großer Wichtigkeit waren, scheinen sie für die Behandlungspraxis der Ärzte nur eine geringe Rolle gespielt zu haben.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 151.</ref>
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| Die große Ausnahme war hier der Mond: Seine Größe am Himmel sowie seine sichtbaren Auswirkungen auf Ebbe und Flut legten einen durchaus relevanten Einfluss auf das alltägliche Leben nahe, und so wurden sein Phase und Position etwa beim Aderlass ebenso wie bei der Verabreichung von Purgantia regelmäßig berücksichtigt. Auch als Erklärung für die Entwicklung verschiedener Krankheiten, etwa das An- und Abschwellen von Geschwüren oder das Auftreten epileptischer Anfälle wurde die Wirkung des Mondes herangezogen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 152ff.</ref><br>
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| Auch die Jahreszeiten hatten spürbaren Einfluss auf die Umwelt, indem sich etwa Tageslänge, Temperatur und Feuchtigkeit veränderten. Entsprechend ging man auch hier von starken Einflüssen auf den menschlichen Körper aus. So sollte der kalte Winter die Entstehung schlechter Säfte fördern und sie bewahren, wohingegen die Sommerhitze zwar ebenfalls verdorbene Materie erzeugen konnte, diese aber auch leichter auflöste. Generell erleichterte warmes Wetter die Ausleitung von krankhafter Materie.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 154.</ref>
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| Allerdings waren es nicht nur Vorgänge am Himmel und in der Umwelt, die sich positiv oder negativ auf den menschlichen Körper auswirken konnten. Mindestens genauso wichtig waren die unmittelbare Umgebung sowie die individuelle Lebensweise und Ernährung. [[Erwähnte Person::Galen]]s Lehre von den sechs ''res non naturales''<ref>''Non naturalis'' bedeutet hier nicht "unnatürlich" im negativen Sinn. Vielmehr nannte man ''res naturales'' die Teile des einzelnen Körpers, die Säfte, ''facultates'' und ''spiritus''; die ''res non naturales'' dagegen bezeichneten externe Faktoren, die den Körper beeinflussen. Dem gegenüber stehen die ''res praeter naturam'', "gegen die Natur gerichtet": Krankheiten sowie deren Ursachen und Folgen (vgl. [[Gentilcore 2015]], 14).</ref>
| | ====Die Chronologie des Nikephoros (1561 gedruckt, vor 1547 begonnen (S. 51))==== |
| zufolge gab es sechs Faktoren, die als erste Ursachen von Krankheiten von besonderer Bedeutung waren: Luft und Umgebung, die Ernährung, Schlaf und Ruhe, Anstrengung und Muße, die Leidenschaften und Ausscheidungen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 146 und [[Wear 2000]], 156.</ref>
| | * zu Nikephoros nichts im MBW |
| Die große Bedeutung von Ausscheidungen wurde bereits angesprochen ([[#Das praktische Verständnis - Krankheit als Fremdkörper|'''s.o.''']]). Die Luft war an der Erzeugung der Seelengeister beteiligt, konnte aber, wenn sie verdorbene Dämpfe enthielt, schwere Krankheiten und Epidemien auslösen. Körperliche Anstrengung in Maßen kräftigte den Körper, förderte die Verkochung von Nahrung ([[#Das praktische Verständnis - Krankheit als Fremdkörper|'''s.o.''']]) und öffnete die Poren. Im Schlaf konnte sich die "Lebenswärme" ganz auf die Verkochung der Nahrung konzentrieren. Leidenschaftliche Emotionen, besonders negative Gefühle konnten den Körper schwächen und so zu Krankheiten beitragen. Die große Bedeutung der Ernährung schließlich erklärt sich wiederum aus der zeitgenössischen Vorstellung von der Verkochung der Nahrung: Zu viel rohes, "schleimiges" oder kühlendes (im Sinne der Primärqualität kalt) Essen konnte den Magen überanspruchen; zu viel erhitzende Nahrung konnte im Gegenteil den Körper überhitzen und die körperfremde Hitze etwa von Fiebern weiter anfachen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 146ff.</ref>
| | * ÄB gecheckt |
| Es versteht sich von selbst, dass nach diesem Verständnis manche Individuen, aber auch ganze Berufsgruppen aufgrund ihrer besonderen Lebensweise als gefährdet galten: Besonders Studenten und Gelehrte waren in Gefahr, heftig und langwierig zu erkranken, da das intensive Denken und Studieren den Körper erschöpfte.<ref>Vgl. [[Gentilcore 2015]], 17 und [[Hutten 1519]], Bl. i 1 r.</ref><br>
| | * Erwähnungen in anderen Briefen/Werken im Wiki angeschaut |
| In der medizinischen Literatur der Zeit spielt daher die Diätetik, die Lehre von der richten Lebensführung und Ernährung, eine große Rolle. Sie ermöglichte durch Kontrolle der sechs ''res non naturales'' sowohl die Prävention von Krankheiten als auch die Unterstützung des Körpers bei deren Bekämpfung. Während die meisten Menschen Luft und Umgebung ausgeliefert waren und im besten Fall Aufenthalte im Freien in kritischen Zeiten verhindern konnten, wohingegen Emotionen sowie Ausscheidungen immerhin einer gewissen Kontrolle unterlagen, war es vergleichsweise leicht, auf die Dauer des Schlafes, das Ausmaß körperlicher Anstrengung und die Ernährung Einfluss zu nehmen.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 206f.</ref>
| | * keine Literatur zum Thema |
| Im Allgemeinen galt es, in allem Maß zu halten: Körperliche Anstrengung war wichtig, man durfte es aber auch nicht übertreiben. Das gleiche galt für den Schlaf: Er musste lange genug dauern, um die ausreichende Verkochung der Nahrung zu gewährleisten, aber nicht so lange, dass die folgende Ausscheidung behindert wurde. Auch die Schlafposition war wichtig: So war es gefährlich, auf dem Rücken zu schlafen, da diese Position Albträume, Apoplexie und andere Probleme auslösen konnte.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 206.</ref> <br>
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| Am leichtesten beeinflussbar und für die ärztliche Behandlung am wichtigsten war die Ernährung, die der Arzt an Alter, Geschlecht, "Temperament" ([[#Galen und Hippokrates - Die theoretischen Grundlagen|'''s.o.''']]) und Lebensführung anpassen musste: "[A]s revived during the Renaissance, the Galenic system was intensely individualistic. Foods like cheese and wine might be converted into nourishing foods in some bodies but could be poisons in others".<ref>[[Gentilcore 2015]], 14.</ref>
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| Die Primärqualitäten der Nahrung (warm - kalt, feucht - trocken) mussten dabei auf die des individuellen Temperaments und den Lebensstil abgestimmt werden.<ref>Die Bestimmung der Primärqualitäten eines Nahrungsmittels erfolgte auf Grundlage wahrnehmbarer Eigenschaften: Süße und herzhafte Nahrungsmittel wurden tendenziell als warm und feucht eingestuft, solche, die Biss hatten oder den Körper spürbar wärmten, als heiß und trocken; saure und bittere Speisen galten als kalt und trocken, fade und wässrige schließlich als kalt und feucht. Vgl. [[Gentilcore 2015]], 20.</ref>
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| Getreu dem allopathischen Prinzip, wonach Gegensätzliches einander Abhilfe schafft, waren Speisen und Getränke angeraten, die dem dominanten Saft im Körper entgegengesetzt waren; so sollte ein Choleriker (Gelbe Galle = heiß, trocken) heiße, trockene Nahrung eher meiden.<ref>Vgl. [[Wear 2000]], 38.</ref>
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| Ebenso sollten Speisen mit unterschiedlichen Qualitäten kombiniert werden, um den Effekt auszugleichen, etwa indem Fisch, der als kalt und feucht galt, mit einem heißen und trockenen Gewürz verbunden wurde.<ref>Vgl. Vgl. [[Gentilcore 2015]], 21.</ref>
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| Generell waren Speisen zu empfehlen, die dem Patienten zusagten und die er regelmäßig zu sich nahm; Neuerungen sollten nur langsam eingeführt werden.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 207.</ref>
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| Essen sollte man regelmäßig zur gleichen Tageszeit und wenn man Appetit hatte, am besten nach ein wenig Bewegung und nachdem das vorherige Essen ausgeschieden war. Im Winter war eher warme, trockene Nahrung (wiederum im Sinne der Primärqualitäten) zu empfehlen, im Sommer waren kühlende Speisen und viel Trinken angesagt; im Frühling sollte mehr Fleisch gegessen werden.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 207.</ref>
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| Bei Krankheit erhielten Patienten oft lange Listen mit Speisen und Getränken, die bei ihrem Temperament und Lebensstil zu bevorzugen oder zu vermeiden waren.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 207f.</ref> <br>
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| Auch im Fall der Diätetik ist trotz der großen Bandbreite an diätetischen Schriften die praktische Bedeutung jedoch nicht zu überschätzen: Wie es scheint, wurden diätetische Werke gerne bei der Behandlung einzelner Krankheiten hinzugezogen; ob man sich im Alltag präventiv nach diätetischen Regeln zu richten pflegte, scheint zumindest fraglich, und das Nichtbefolgen diätetischer Ratschläge wurde unter Ärzten allgemein beklagt.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 205f., [[Wear 2000]], 154, [[Gentilcore 2015]], 21.</ref>
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| Freilich lag Prävention und Therapie dieselbe diätetische Theorie zugrunde.<ref>Vgl. [[Wear 2000]], 166.</ref>
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| ('''Alexander Hubert''')
| | <div style="color:blue;> |
| | *Wie Jesus-Biographie an Chronologie interessiert sich JC für Chronologie |
| | *S. 16f.: Jesus und Apostel sind die Krönung, Nikephoros in gewisser Weise als notwendige Vorarbeit |
| | </div> |
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| ===Herausforderungen für die akademische Medizin===
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| <span style="color:red;font-weight:bold;">Fehlt!</span>
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| ===Die Medizin an der Universität Wittenberg===
| | * www.aerztebriefe.de/id/00052202 https://doi.org/10.7891/e-manuscripta-19385 |
| ====Die Stellung der Medizin bei Philipp Melanchthon====
| | ** Kalligraphische Beurkundung der Beauftragung Zwingers mit der Aufsicht über die (durch Oporins Tod ins Stocken geratene) Drucklegung von Camerarius' Chronologia Nicephori; mit Schmuckinitiale und Siegel; ohne Unterschrift. |
| Wie auch die anderen Wissensfelder ist die Medizin an der Universität [[Erwähnter Ort::Wittenberg]] im Kontext von [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon]]s Naturphilosophie zu sehen: Die Betrachtung der Natur dient in erster Linie der Gotteserkenntnis (entsprechend auch die → [[Astrologie (CamLex)#Programmatisches zur Astrologie|'''Astrologie''']] und die → [[Mathematische Wissenschaften (CamLex)#Melanchthon und Camerarius über die Bedeutung der Mathematik|'''Mathematischen Wissenschaften''']]) und ist insofern eine Hinführung zur → '''Theologie'''.<ref>Vgl. [[Helm 2002]], 25.</ref>
| |
| Dasselbe gilt nun auch für die Medizin, die den Menschen von Gott gegeben ist, um diesen zu erkennen; dementsprechend ist es nicht nur dumm, sondern zeugt von Gottlosigkeit (''impietas''), die Medizin geringzuachten.<ref>''Stultitiam esse sentimus contemnere reliquas artes, quas humanum ingenium excogitavit. At Medicinam aspernari, non stultitia, sed impietas est. Nam coelestia dona contemnere, aut parum religiose colere, consceleratae mentis Furor et sacrilegium est'' ([[CR XI]], Sp. 199).</ref>
| |
| In seiner Rede "De doctrina anatomica" sagt Melanchthon über die Anatomie, diese sei eine Ernährerin vieler Tugenden, von denen die erste und wichtigste die Erkenntnis Gottes sei.<ref>''Nutrix est multarum virtutum haec ipsa aspectio aedificii multarum in nobis partium. Et ... prima virtus est, agnitio Dei opificis'' ([[CR XI]], Sp. 941).</ref>
| |
| Sie diente aber "[n]icht nur der Erkenntnis Gottes, sondern auch ... des Menschen selbst"<ref>[[Helm 2002]], 26.</ref>
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| und war damit "integraler Bestandteil seines anthropologischen Entwurfs"<ref>[[Helm 2002]], 26.</ref>. | |
| Entsprechend forderte er gewisse anatomische Kenntnisse nicht nur von Medizinstudenten, sondern von Studenten aller Fakultäten; nicht danach zu streben, sei geradezu eine Schande.<ref>Vgl. [[Helm 2002]], 27. Vgl. [[Erwähntes Werk::Melanchthon, De anima, 1540]], 40.</ref>
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| Für Melanchthon war die akademische Medizin "in erster Linie eine Buchwissenschaft"<ref>[[Helm 2002]], 24.</ref>.
| | ====Camerarius' Theodoret-Übersetzung - Philologie, nicht Theologie==== |
| Die Studenten sollten im Rahmen ihres Studiums sowohl die Anatomie als auch die Erkennung von Krankheiten und ihre Therapie in erster Linie aus Büchern lernen.<ref>[[Helm 2002]], 24.</ref>
| | * [[OCEp 1468]]: Widmungsbrief |
| Bereits 1519 betonte er den großen Wert der griechischen Autoren für die zeitgenössische Medizin. In seiner an den Herausgeber Peter Burckhard gerichteten Vorrede zu [[Erwähnte Person::Hippokrates]]' [[Erwähntes Werk::Burckhard, Parva Hippocratis tabula, 1519|"Parva Hippocratis tabula"]] schreibt er, der größte medizinische Autor, Hippokrates, liege verachtet darnieder; wenn er wieder auflebe, bestehe noch Hoffnung für die Medizin.<ref>''Unus omnium Hippocrates maxime contemptus iacet, quo authore non habet alium medicina superiorem. Is si revivicescet accisis rebus aliquid adhuc spei, reliquum est'' ([[Erwähntes Werk::Burckhard, Parva Hippocratis tabula, 1519]], Bl. A ii r). Vgl. auch [https://melanchthon.hadw-bw.de/regesten.html MBW - Regesten online], Nr. 37.</ref>
| | * [[OC 0194]]: Übersetzung selbst |
| Es war [[Erwähnte Person::Galen]], der für ihn die Grundsteine der Medizin gelegt hatte, auch wenn andere Griechen und Araber die Medizin mit großem Verdienst ausgeübt hätten.<ref>''Etsi enim postea Medicinam magna cum laude exercuerunt et Arabes et Graeci nonnulli, tamen fontes esse apud Galenum constat utriusque generis, disputationum artis seu dogmatici generis, et remediorum'' ([[CR XI]], Sp. 502).</ref>
| | * [[OC 0195]]: Lateinisches Epigramm |
| Dies war denn auch das Zentrum von Melanchthons Konzept: "Im Vordergrund stand die Wiederentdeckung der antiken medizinischen Schriften, die die mittelalterlichen Übersetzungen und Kommentare als grundlegende Texte der Universitätsmedizin ablösen sollten."<ref>[[Helm 2002]], 20.</ref>
| | * [[OC 0196]]: Griechisches Epigramm |
| Zugleich legte Melanchthon großen Wert auf die philosophische Grundbildung der Ärzte, die es zur dringend notwendigen Erkenntnis der Ursachen von Krankheiten brauche; wer sie nicht habe, müsse eher Henker denn Arzt genannt werden.<ref>''[''sc.'' naturae et causarum cognitio] ita necessaria est in exercenda arte, ut illi, qui non adhibent doctrinam, carnifices, non Medici iudicandi sint'' ([[CR XI]], Sp. 507). Vgl. auch [[Helm 2002]], 22.</ref>
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| Nicht umsonst war auch in Wittenberg ein Studium an der Artistenfakultät notwendige Voraussetzung für das Medizinstudium. Für Bewerber, die keinen Magister Artium nachweisen konnten, wurde die Mindeststudienzeit für den ''Baccalaureus medicinae'' von zwei auf drei Jahre erhöht.<br>
| |
| Melanchthon war mit seiner Wertschätzung für Galen ganz auf der Höhe seiner Zeit: 1525 kam in Venedig mit der sogenannten Aldine die erste griechische Gesamtausgabe von Galens Werken auf den Markt.<ref>Vgl. [[Helm 2002]], 23.</ref>
| |
| Zugleich bedeutete dies nicht, dass er spätere Werke grundsätzlich ablehnte. So empfahl Melanchthon explizit die Lektüre von Avicennas "Canon"<ref>Vgl. [[CR XI]], Sp. 831f.</ref>
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| und fügte in der zweiten überarbeiteten Auflage seiner Schrift [[Erwähntes Werk::Melanchthon, De anima, 1553|"De anima"]] von 1553 auch neue Erkenntnisse aus [[Erwähnte Person::Andreas Vesalius]]' Schrift [[Erwähntes Werk::Vesalius, De humani corporis fabrica, 1543|"De humani corporis fabrica"]] ein.<ref>Vgl. [[Helm 2002]], 23.</ref>
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| ====Die Medizinische Fakultät in Wittenberg==== | | ====Altes aktualisiert - Konziliengeschichte (1552 und 1561)==== |
| An der Wittenberger Universität entwickelte sich die Lehre der Medizin im 16. Jahrhundert in drei Stufen: Die Statuten der Universität von 1508<ref>Abgedruckt in [[Muther 1867]].</ref>
| | * [[OC 0573]]: Nicäa (1552) |
| legen ursprünglich zwei medizinische Professuren fest: Eine "niedere" Professur für die theoretische sowie eine "höhere" Professur für praktische Medizin; erstere sollte ein Doktor oder Lizentiat, letztere ein Doktor bekleiden. Die praktische Medizin sollte dabei am Vormittag im Sommer ab sechs, im Winter ab sieben Uhr gelesen werden, die theoretische folgte dann am Nachmittag ab ein Uhr. Auf dem Lehrplan standen Rhazes "Liber nonus ad Almansorem", Auszüge von Avicennas "Canon" sowie Kommentare zu diesen, Hippokrates Aphorismen sowie lateinische Versionen von Galens "Articella" und "De febribus ad Glauconem"; gelesen wurde in einem Zyklus von vier Jahren, dann wiederholten sich die Vorlesungen.<ref>Vgl. [[Muther 1867]], 37f. Vgl. auch [[Helm 2002]], 27f. und [[Disselhorst 1929]], 81.</ref><br>
| | * [[OC 0676]]: alle (1561) |
| Die Aufteilung in eine Professur für "Praktische Medizin", die sich mit der Lehre von Krankheiten und ihrer Behandlung befasste, und eine für "Theoretische Medizin", die sich mit allgemeinen Fragen um die Medizin und der allgemeinen Körper- und Säftelehre nach [[Erwähnte Person::Galen]] befasste, entspricht dem üblichen Normalfall für das 16. Jahrhundert, allerdings war die Gewichtung zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Regel umgekehrt: Die theoretische Professur war die höhere, die praktische die niedere.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 213f. und [[Stolberg 2022]], 37.</ref>
| |
| Erst im Laufe des Jahrhunderts kehrte sich die Gewichtung langsam um.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 37.</ref>
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| Thematische Überlappungen zwischen beiden Professuren kamen allerdings regelmäßig vor. Üblicherweise stieg der niedere Professor bei Vakanz der höheren Professur in diese auf.<ref>Vgl. [[Nutton 2022]], 213f. und [[Stolberg 2022]], 37.</ref> <br>
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| In der Fundationsurkunde des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen von 1536<ref>Abgedruckt in [[Hering 1882]] sowie [[Israël 1913]], 104-116 und [[Friedensburg 1926]], 172-183.</ref>
| |
| werden dann erstmals drei Professuren eingerichtet. Der erste Professor, der einen Doktortitel haben sollte, sollte "die nutzlichsten bücher hipocratis und galeni" lesen, der zweite Doktor Rhazes und Avicenna; der dritte Professor sollte zumindest Lizentiat sein und anatomische Vorlesungen halten.<ref>"Ferner, Wiewoll unser universitet, anfenglich nit mer dan ainen und nu ain zaitlang zwene doctorn Medicine gehapt die in derselben Facultet ordinarie gelesen, So wollenn wir doch, das bei unns und unsern nachkommen, nu fortmer drei Lectores in derselben Facultet, der zwene, So die ersten Lection haben, doctores, der dritte aber zum wenigsten ain Licentiat sein sollenn, Der Erste unnd Elter Lector doselbst soll, die nutzlichsten bücher hipocratis und galeni, Der annder Rasyn und aviconnam Und der dritte anathomicos libros lesen, Und der Erste Soll anderthalb hundert, der ander hundert unnd dreissig, der dritte achtzig guldenn, zu solde habenn"([[Hering 1882]], 10). Vgl. [[Israël 1913]], 108, [[Friedensburg 1917]], 181, [[Friedensburg 1926]], 176 und [[Helm 2002]], 28.</ref>
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| Auch wenn die zu lesenden Texte nicht genauer benannt sind, ist doch der klare Vorrang der Griechen gegenüber den Arabern zu erkennen.<ref>Vgl. [[Helm 2002]], 28.</ref><br>
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| Einen dritten Schritt bedeuteten schließlich die neuen Statuten der Universität von 1572, die "deutlich die humanistische Grundorientierung der medizinischen Fakultät" zeigten.<ref>[[Helm 2002]], 28.</ref>
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| Die ersten zwei Professoren sollten nun beide Schriften von Hippokrates und Galen, aber auch anderer antiker Ärzte lesen, mit deren Inhalten "die Lehren arabischer Ärzte sorgfältig verglichen werden" sollten.<ref>[[Helm 2002]], 28.</ref>
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| Explizit wird dort auch die Korrektur von Galens Schriften nach den neuen Erkenntnissen Vesals und Gabriele Falloppios geboten.<ref>Vgl. [[Helm 2002]], 28.</ref>
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| Indem er sich auf die in den "Scripta publice proposita" gedruckten Vorlesungsankündigungen der Jahre 1540 bis 1569 stützt, kommt Jürgen Helm zu dem schluss, dass den erhaltenen Quellen zufolge "der medizinische und anatomische Unterricht an der Wittenberger Universität weitgehend mit Melanchthons programmatischen Reden und Texten übereinstimmte".<ref>[[Helm 2002]], 29.</ref>
| | ====Zeitgeschichte: Die Böhmischen Brüder (posthum 1605)==== |
| Demnach wurden im entsprechenden Zeitraum vor allem Galen sowie teilweise Rhazes und Avicenna gelesen, bisweilen sogar Melanchthons Schrift "De anima".
| | * [[Kersken 2022]]: |
| | ** S. 37 "Die reformatorischen Brüche, die im Heiligen Römischen Reich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zu dauerhaften kulturellen Neuprägungen führten, betrafen in besonderer Weise die Geschichtsschreibung, die durch die von Wittenberg und Magdeburg ausgehenden Impulse (Philipp Melanchthon, Caspar Peucer, Matthias Flacius) ein neues, protestantisches Interesse an der Geschichte markierten." |
| | ** Im Osten Mitteleuropas durch Jan Hus bereits ein Jahrhundert früher Interesse an konfessioneller Geschichtsschreibung und Zeitgeschichtsschreibung |
| | *** => Hier bereits Tradition |
| | * [[Fritsch 2022]]: |
| | ** |
| | * [[Gindely 1859]]: |
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| ('''Alexander Hubert''')
| | * [[Goll 1878]] |
| | * [[Beyreuther et al. 1980]] |
| | * [[Kunkler 2000]] |
| | * [[Ellis 2017]] |
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| ===Die Medizin an der Universität Leipzig===
| | * Kontakt zwischen JCII und BB (Caepolla): http://www.aerztebriefe.de/id/00009579 addressiert JCII als amicus |
| Auch an der Universität in [[Erwähnter Ort::Leipzig]] war ein Studium an der Artistenfakultät Voraussetzung für das Medizinstudium.<ref>Vgl. [[Rudersdorf 2009]], 386 sowie [[Stolberg 2022]], 7ff.</ref>
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| Bereits seit 1438 bestanden eine "höhere" Professur für "Therapie", also wie in [[Erwähnter Ort::Wittenberg]] für praktische Medizin, und eine "niedere" Professur für "Pathologie", also Krankheitslehre oder theoretische Medizin. Die höhere Professur war bis 1796 automatisch mit dem Dekanat verbunden.<ref>Vgl. [[Riha 2009]], 953.</ref>
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| Gelesen wurden in der theoretischen Medizin der erste Teil von Avicennas "Canon", Galens "Ars parva" sowie Hippokrates' Aphorismen; in der praktischen Medizin Rhazes (wahrscheinlich "Liber ad Almansorem", "Liber continens" und "Liber de variolis et morbillis") sowie die Bücher IV und V von Avicennas "Canon" (Fieber- und Heilmittellehre).<ref>Vgl. [[Riha 2009]], 953f.</ref>
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| Die Promotion fand gerade in der frühen Zeit der Universität meist im Ausland, in der Regel in Italien statt.<ref>Vgl. [[Riha 2009]], 954.</ref>
| |
| Eine Evaluation des [[Erwähnte Person::Georg (Sachsen)|Herzogs Georg]] bemängelte 1502 die schlechte medizinische Ausbildung in Leipzig.<ref>Vgl. [[Riha 2009]], 954.</ref><br>
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| 1531 wurde eine Professur für Physiologie eingerichtet und allen drei Professuren dasselbe Gehalt zugeordnet; der neue Professor wurde zudem speziell als Ratgeber für Syphiliskranke in den Hospitälern abgestellt.<ref>Vgl. [[Stübel 1879]], Nr. 362, S. 485f.. Vgl. auch [[Rudersdorf 2009]], 385 und [[Rabl 1909]], 2.</ref>
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| Eine vierte Professur für Chirurgie wurde schließlich 1542 durch Herzog [[Erwähnte Person::Moritz (Sachsen)|Moritz von Sachsen]] eingerichtet;<ref>[[Stübel 1879]], Nr. 420, S. 547: "Dieweyl auch inn dysenn lanndenn nit kleiner gebrauch ann denn die der wuntertzney recht erfarenn, ordenenn und wollenn wyr, das nhun hinfurder einem chirurgo hundert und dreyssick guldenn sollenn gebenn werdenn." Vgl. [[Zaunick 1925]], 190 und danach [[Stolberg 2022]], 74. Anderslautend 1549 [[Riha 2009]], 956 und danach [[Rudersdorf 2009]], 385.</ref>
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| die dafür angedachten Mittel wurden aber zunächst anderweitig verwendet, darunter für die Anstellung des zunächst dritten Mathematikprofessors [[Erwähnte Person::Johann Hommel]] (→ [[Mathematische Wissenschaften (CamLex)#Camerarius als Förderer von Mathematikern|'''Mathematische Wissenschaften''']]).<ref>Vgl. [[Zaunick 1925]], 194ff.</ref>
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| Erst als Kurfürst [[Erwähnte Person::August (Sachsen)|August]] insistierte, wurde die Stelle 1554 mit Gregor Schett besetzt.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 74 und [[Zaunick 1925]], 194.</ref>
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| Auch ansonsten wurde die Medizin in Leipzig zwar wohl gefördert, jedoch wurden die entsprechenden Maßnahmen nur langsam umgesetzt: Ein ''hortus medicus'' wurde 1542 durch Moritz von Sachsen bewilligt, doch erst 1576 gegründet.<ref>Vgl. [[Riha 2009]], 956 und [[Rudersdorf 2009]], 385.</ref>
| | * [[OC 0949]] |
| Außerdem ordnete Moritz 1543 mit den neuen Statuten der Universität jährliche Sektionen an;<ref>[[Zarncke 1861]], 618: ''Cumque non mediocris fructus per inspectionem humani corporis, quae per sectionem fit (''ἀνατομίαν'' appellant), ad discipulos redeat, itaque placuit constituere, ut singulis annis ad praescriptum medicorum corpus aliquod dissectetur, ita tamen ut partes corporis humani et'' ἁρμονία ''eiusdem discipulis accurate ostendatur.''</ref>
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| deren Durchführung konnte zunächst jedem beliebigen Fakultätsmitglied aufgetragen werden, mit der Zeit übernahm sie jedoch regelmäßig der Professor für Chirurgie.<ref>Vgl. [[Riha 2009]], 956.</ref>
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| Außerdem fehlte zunächst ein passender Raum, bis 1555 im Gebäude der Artistenfakultät zufällig ein Raum frei wurde; "relativ rasch verlagerten sich die ... Sektionen jedoch in ein Nebengelaß des Paulinerkreuzgangs"<ref>Vgl. [[Riha 2009]], 956.</ref>.
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| Tatsächlich fanden sie aber offenbar so selten statt, dass Herzog August 1580 die Fakultät zu ihrer regelmäßigen Durchführung ermahnen musste.<ref>[[Lünig 1724]], Sp. 741: "Zu dem soll [der Professor für Chirurgie] auch in einer ''publica Anatomia'', alle Jahr zum wenigsten einmahl, in einem ''humano corpore'', wenn es vorhanden, was er gelesen, demonstriren und weisen, und das erste Jahr ''figuram'' und ''compagem omnium ossium''; auf andere Jahr die ''musculos, cutim, atque una inter secandum intercedentes partes, et intercurrentia vasa, venas, arterias, et nervos''; auf das dritte Jahr aber, ''ventrium trium, hoc est: capitis, thoracis, et abdominis contenta viscera'', demonstriren und zeigen" (danach [[Rabl 1909]], 27). Vgl. [[Riha 2009]], 956 und [[Rudersdorf 2009]], 385.</ref>
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| ('''Alexander Hubert''')
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| ===Camerarius und die Medizin===
| | '''Reise im August:''' |
| Joachim Camerarius stand zu zahlreichen Medizinern in persönlichem Kontakt. Mit großem Abstand am meisten erhaltene Briefe umfasst die Korrespondenz mit dem [[Erwähnter Ort::Breslau]]er Arzt [[Erwähnte Person::Johannes Crato]]: Die Ärztebriefdatenbank<ref>Vgl. https://www.aerztebriefe.de/.</ref>
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| listet nicht weniger als 456 Briefe Cratos an Camerarius und 121 Briefe von Camerarius an Crato. Doch auch aus Korrespondenzen mit anderen Ärzten sind zahlreiche Briefe erhalten. Die Mediziner [[Erwähnte Person::Leonhart Fuchs]], [[Erwähnte Person::Wolfgang Fuhrmann]], [[Erwähnte Person::Hieronymus Herold]] und [[Erwähnte Person::Sebald Hauenreuter]] gehörten mit respektive 28, 33, 17 und 55 erhaltenen Briefen ebenso zu Camerarius' Korrespondenzpartnern wie sein ehemaliger Kommilitone [[Erwähnte Person::Antonius Niger]], die [[Erwähnter Ort::Leipzig]]er Ärzte und Professoren [[Erwähnte Person::Wolfgang Meurer]] und [[Erwähnte Person::Andreas Ellinger]] sowie die [[Erwähnter Ort::Wittenberg]]er [[Erwähnte Person::Jakob Milich]] und [[Erwähnte Person::Caspar Peucer]]; im Süden reichte sein Netzwerk bis hinunter nach [[Erwähnter Ort::Wien]] zu [[Erwähnte Person::Johannes Sambucus]], im Norden hielt er zu den Preußen [[Erwähnte Person::Johann Placotomus]] und [[Erwähnte Person::Matthias Stojus]]<ref>Die Korrespondenz von Camerarius und Stojus untersucht Alexander Hubert ausführlich in seiner am Camerariusprojekt angesiedelten Dissertation.</ref>
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| mehr oder weniger regelmäßigen Kontakt.<br>
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| Außerdem war Camerarius auch persönlich medizinisch höchst interessiert. Dies war sicherlich mit biographisch begründet, war doch seine Lebensgeschichte immer wieder von langwierigen und schweren Krankheiten geprägt (↓ [[#Varii morbi - Camerarius als Patient|'''Varii morbi - Camerarius als Patient''']]). Ebenso stand Camerarius Familie, Freunden und Bekannten gerne mit Rat und Tat bei Seite, wenn deren Gesundheit es erforderte (↓ [[#Medizinkenntnisse und medizinische Ratschläge an Dritte|'''Medizinkenntnisse und medizinische Ratschläge an Dritte''']]). Eine im 16. Jahrhundert weit verbreitete Behandlungsmethode war der Besuch von Thermalbädern; es verwundert daher nicht, wenn dieses Thema auch in Camerarius' Werk vertreten ist (↓ [[#Badbesuche|'''Badbesuche''']]). Nicht zuletzt waren die Pest und andere Epidemien zu Camerarius' Zeit allgegenwärtig und prägten das alltägliche Leben ebenso wie das literarische Schaffen (↓ [[#"Pest" und Epidemiegeschehen|'''"Pest" und Epidemiegeschehen''']]).
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| Es ist daher keineswegs erstaunlich, dass medizinische Themen, in der Regel in Rückbezug auf antike Formen und Inhalte, in Camerarius' gesamtem Werk reichlich vertreten sind. Er verarbeitet sie poetisch in '''Lobhymnen''' auf die Gesundheit (↓ [[#In Orpheus' Fußstapfen - Camerarius' Lob der Gesundheit|'''In Orpheus' Fußstapfen - Camerarius' Lob der Gesundheit''']]), in diätetischen '''Lehrgedichten''' (↓ [[#Diätetik|'''Diätetik''']]) und in '''Werbegedichten''' für medizinische Schriften (↓ [[#Epigramme für medizinische Abhandlungen und Disputationen Dritter|'''Epigramme für medizinische Abhandlungen und Disputationen Dritter''']]).<br>
| | Caepolla hatte Lasitius dabei<ref>Vgl. [[Gindely 1859]], 321.</ref> |
| Außerdem beschäftigt sich der astrologisch interessierte Camerarius mit '''iatromathematischen Themen''' (↓ [[#Iatromathematik|'''Iatromathematik''']]) und ist an der '''Gesamtedition''' der Schriften [[Erwähnte Person::Galen]]s beteiligt (↓ [[#Beteiligung an der Galen-Edition|'''Beteiligung an der Galen-Edition''']]). Als die Pest in [[Erwähnter Ort::Nürnberg]] wütet, veröffentlicht er hochaktuell eine '''Sammlung antiker Theriakrezepte''' (↓ [[#Theriak|'''Theriak''']]) und versucht so, seine Expertise in den antiken, besonders griechischen Schriften einzubringen. Philologie und Medizin verbindet Camerarius, als er umfangreiche '''terminologische Materialsammlungen''' anlegt und teilweise veröffentlichen (↓ [[#Terminologie|'''Terminologie''']]). Schließlich fanden medizinische ebenso wie diverse andere Themen Eingang in seine großen Sammlungen gemischter '''''quaestiones''''' (↓ [[#Medizinisches in den "Decuriae" und der "Appendix problematum"|'''Medizinisches in den "Decuriae" und der "Appendix problematum"''']]).
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| <span style="color:red;font-weight:bold;">Fehlt:</span>
| | [[Gindely 1859]], 325 Brief an Lasitius |
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| * Aufgeschlossenheit für Neues, wenn altes versagt: Guajak
| | Außerdem zeigte Caepolla Rüdinger einige historiographische Texte. Insbesondere von den "Annalen" des Blahoslav zeigte Rüdinger sich begeistert und meinte, ein Historiograph könne auf deren Basis leicht ein Geschichtswerk über die Unität verfassen.<ref>Vgl. [[Gindely 1859]], 328.</ref> |
| * Kritik:
| | Auf Frage, ob dies schon mal jemand versucht habe, zeigt Caepolla ihm das Werk des Lasitius, dessen Stil Rüdinger jedoch nicht gefiel<ref>Vgl. [[Gindely 1859]], 329.</ref> |
| ** JC: Kritik an erfolglosen Therapien zeitgenössischer Ärzte: Dreh- und Angelpunkt sei deren mangelnde Medikamenten-Expertise -> Theriakschrift an Magenbuch
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| *** Analogia als Schlüsseltechnik bei der Herstellung von Kompositdrogen
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| **** Zu Komposita vgl. Wear 2000, 92ff.
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| ** Epigramme mit Ärztekritik in hell. Tradition
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| * Verantwortlich für Umwidmung der Anatomie-Mittel für Hommel!!!
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| | Camerarius zeigte großes Interesse an der Geschichte und den Riten der Böhmischen Brüder.<ref>Vgl. [[Gindely 1859]], 329.</ref> |
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| ('''Alexander Hubert''')
| | '''Reise im Oktober:''' |
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| ==Medizinisches in Werken und Briefen des Camerarius==
| | Am 1. Oktober reiste Caepolla ein zweites Mal nach Leipzig und besuchte Camerarius erneut; wieder besprach man die Angelegenheiten der Unität. |
| ===In Orpheus' Fußstapfen - Camerarius' Lob der Gesundheit (AH) ===
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| ''fertig und online''
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| ===Diätetik (MG)===
| | '''Reise 1572:''' |
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| ===Iatromathematik (MG)===
| | Am 10.05.1572 brach Caepolla erneut nach Wittenberg auf, wo er am 23. desselben Monats ankam, um dafür zu sorgen, dass Esrom Rüdingers lateinische Version des Bekenntnisses auch gedruckt würde. Deren Fertigstellung gestaltete sich mühsam;<ref>Vgl. Gindely 1859, 338f.</ref> |
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| ===Badewesen (MG)===
| | Caepolla nutzte die Zeit, um einige Quellen über die Geschichte der Unität aus dem Tschechischen ins Lateinische zu übertragen und seine Versionen Camerarius zukommen zu lassen.<ref>Vgl. Gindely 1859, 339.</ref> |
| ''fertig und online''
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| ====Baden in Württemberg====
| | 11. August Abreise aus Wittenberg zurück nach Tschechien<ref>Vgl. Gindely 1859, 339.</ref> |
| ''fertig und online''
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| ===Theriak (MG)===
| | '''Gegen Ende 1572 erneute Reise nach Wittenberg, Ankunft 01.01.1573'''<ref>Vgl. Gindely 1859, 341 und 346.</ref> |
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| ===Beteiligung an der Galen-Edition (MG)===
| | Dabei Brief an Wittenberger Theologen,<ref>Vgl. Gindely 1859, 341f.</ref> |
| | Caspar Peucer<ref>Vgl. Gindely 1859, 344f.</ref> |
| | und Esrom Rüdinger,<ref>Vgl. Gindely 1859, 345f.</ref> |
| | in dem die Brüder um Druck ersuchen |
| | und Brief des Andreas Stephanus an JC mit Dank für dessen Engagement sowie sein Vorhaben, ein Geschichtswerk zu schreiben, und Aufforderung, dies fortzusetzen, sowie Bitte um Testimonium<ref>Vgl. Gindely 1859, 343f.</ref> |
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| ===Terminologie (AH)===
| | Besuch bei JC; dieser übt Kritik an Uneinigkeit unter Protestanten<ref>Vgl. Gindely 1859, 346f. 347 über Pfeffinger: ''etsi non erat excellenter doctus, tamen suo loco utiliter et bene docebat et scribebat, et patiebatur sibi subiici et moneri. Habebam, inquit [sc. Camerarius] ipsum quasi in manibus et potuissem ipso viro de successu rei melius sperare''.</ref> |
| Immer wieder ist es die Terminologie, die den Philologen Camerarius besonders fasziniert (→ '''Philologie'''). Programmatisch äußert sich Camerarius dazu in seinem [[Erwähntes Werk::OC 0629|Glossar zum Thema "Pferd"]]: Nichts sei so nützlich zur Erkenntnis der Welt (''rerum ullarum cognitio'') wie das Wissen um die genaue Bedeutung der Wörter und eine gewisse Sprachgewandtheit (''nominum primum explorata significatio, deinde proprii sermonis peritia'').<ref> Vgl. [[Erwähntes Werk::Xenophon, Hippocomicus, 1556]], Bl. G5r.</ref>
| | ähnlich Peucer [[Benz 1971]], S. 138 und 139 nach Gindely 1859, 334 und 337 unten |
| An anderer Stelle schreibt er, es gebe keinen "Henkel", also kein anderes Mittel, mit dem sich eine Aussage oder eine Vorstellung so genau fassen lasse wie mit der Sprache; wer diese nicht beherrsche, dem müsse auch alles andere entgleiten.<ref>''Nulla autem certe est ansa, qua apprehendi possit vera et certa sententia, et animi conceptio, et cogitationis inventum, nisi orationis: quam qui non comprehendit, huic cetera etiam elabantur necesse est'' ([[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. α4r).</ref><br>
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| Diese Einstellung findet in der Entstehung mehrerer Glossare zu naturkundlichen (→ [[Naturkunde (CamLex)#Aliquid de equis - Glossar und "Hippocomicus"|'''Naturkunde''']]) und theologischen Themen (→ '''Theologie''') Ausdruck; auch in seinen mathematischen Werken legt Camerarius stets großen Wert auf terminologische Genauigkeit (→ [[Mathematische Wissenschaften (CamLex)|'''Mathematische Wissenschaften''']]). Es verwundert daher kaum, dass Camerarius sich auch und gerade in der Medizin für die korrekte Terminologie interessierte.
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| Das früheste medizinterminologische Werk des Camerarius ist ein kurzes Glossar mit dem Titel [[Erwähntes Werk::OC 0111|"Partium humani corporis nomina"]], das er seiner 1532 gedruckten [[Erwähntes Werk::Dürer, De symmetria partium in rectis formis humanorum corporum, 1532|lateinischen Übersetzung von Albrecht Dürers "Vier Büchern von menschlicher Proportion"]] beigibt. Es zeugt von Camerarius' gewissenhafter Übersetzungsarbeit, dass er, wo der Autor des Werkes sich bewusst um exakte Bezeichnungen bemüht und teilweise neue Ausdrücke geprägt habe und wo kein antikes Vorbild vorhanden war,<ref>''[C]um autor curiosa pene diligentia exquisiverit partium in corpore humano nomina, quo mensurationes certiores essent, quibusdam etiam nova imposuerit, confido fore ut studiosi versionis vel hac in parte difficultatem intelligant. Nam reliqua praetereo quae et ipsa non possint facilia videri fuisse, cum in hoc genere quod imitaremur, antiquorum extaret nihil'' ([[Erwähntes Werk::Dürer, De symmetria partium in rectis formis humanorum corporum, 1532]], Bl. A4v).</ref>
| | JC will BB gerne unterstützen, kann dies jedoch nicht öffentlich tun, weil er kein Theologe ist und daher Anlass zu Kritik geben und damit schaden als nutzen würde<ref>Vgl. Gindely 1859, 347.</ref> |
| besonders auf die Transparenz seiner Entscheidungen als Übersetzer achtet. So listet Camerarius also auf knapp über einer Seite die lateinischen Begriffe für Körperteile auf, die er verwendet hat, sowie ihre Entsprechungen in Dürers deutschem Original.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Dürer, De symmetria partium in rectis formis humanorum corporum, 1532]], Bl. A5r/v.</ref>
| | --> Verweist auf Übersetzung der Briefe des Marcantonio Flaminio ([[OC 0865]]), in denen er seine Meinung über die BB verkündet habe,<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Flaminio, Epistolae, 1571]], Bl. I4r/v.</ref> |
| Dabei geht es ebenso um eher triviale Begriffe wie "''Frons.'' Die stiern" und "''Nasus.'' Die nase" wie auch um ausgefallenere Bezeichnungen wie "''Occiput et occipitium.'' Hinden der kopff ob dem genigk" oder "''Mons pedis sive convexus pes.'' Des fues ritz". Die Aufzählung folgt dabei dem Aufbau des menschlichen Körpers von oben nach unten.
| | und er hoffe, dies mit einem weiteren Werk zu tun --> Geschichtswerk!<ref>Vgl. Gindely 1859, 347.</ref> |
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| Bei aller Bedeutung für Camerarius' Leistung als Übersetzer handelt es sich bei dem Glossar, das Dürers Werk beigegeben ist, doch um ein sehr kleines Werk. In seinen späteren Lebensjahren brachte Camerarius allerdings ein weiteres Glossar zum Druck, dieses von gewaltigem Umfang: Das knapp 500 Spalten (auf ca. 250 Seiten) umfassende Werk, das, wieder in der Richtung von oben nach unten geordnet, lateinische und griechische Bezeichnungen für die menschlichen Körperteile enthält, wurde 1551 unter dem Titel [[Erwähntes Werk::OC 0553|"Διασκευή ὀνομαστική partium corporis humani"]] gedruckt; Thomas Baier bezeichnete es in seiner Analyse von Camerarius' Bildungsprogramm als ein "besonderes Herzensanliegen" des Camerarius, ja "[w]omöglich ... seine Leipziger 'Lebensaufgabe'".<ref>[[Baier 2017]], 78. Vgl. dort auch zur programmatischen Bedeutung des Werks. Vgl. außerdem [[Kößling 2000]] für eine detaillierte Untersuchung.</ref><br>
| | 3. Januar zurück zu Esrom nach Wittenberg, weitere Arbeit an Übersetzung und Übergabe an Theologen zur Prüfung<ref>Vgl. Gindely 1859, 348f.</ref> |
| Zumindest arbeitete Camerarius schon mindestens seit Beginn seiner Zeit in Leipzig 1541 an dem Werk: Die letzte bedruckte Seite des Bandes enthält einen Abdruck des Privilegs, das König Ferdinand Camerarius ausstellte; es ist auf den 26.11.1538 datiert und führt zahlreiche Werke des Camerarius namentlich auf, deren Nachdruck verboten ist, darunter auch explizit die "Διασκευή ὀνομαστική".<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. M6r.</ref>
| | 30.01. Antwort Crucigers: Persönlich nichts dagegen, aber öffentliches Statement für BB nicht möglich, um Feinden Wittenbergs keine Angriffsfläche zu bieten; Entscheidung über Druck nicht in Hand der Uni, Cruciger rät zu Druck in Bautzen o.Ä. auf eigene Kosten und Risiko eines Buchhändlers<ref>Vgl. Gindely 1859, 350.</ref> |
| Somit scheint Camerarius den Druck dieses Werks bereits mindestens seit 1538 geplant zu haben. Auch ein Brief des [[Erwähnte Person::Simon Grynäus]], der dem Druck beigegeben ist, in dem Grynäus Camerarius zur Abfassung des Glossars ermutigt,<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. α4r.</ref>
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| und Camerarius' [[Erwähntes Werk::OC 0550|Widmungsbrief]] an [[Erwähnte Person::Wolfgang von Werthern]], in dem er erwähnt, dass Grynäus ihn in seinem Vorhaben immer bestärkt habe,<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. β1v.</ref>
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| deuten auf den frühen Beginn der Arbeit hin, da Grynäus bereits 1541 an der Pest starb.<br>
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| Tatsächlich scheint es sich bei der "Διασκευή ὀνομαστική" um ein Ergebnis von Camerarius' persönlicher Exzerpierarbeit zu handeln: Wie Camerarius im Widmungsbrief schreibt, habe er sich, immer auf der Suche nach dem korrekten Gebrauch lateinischer und griechischer Termini, bei der Lektüre antiker Autoren die Gebrauchsweise einzelner Wörter notiert; als seine Freunde dies erfahren hätten, hätten sie ihm zur Veröffentlichung geraten.<ref>''[D]um versor in scriptis veterum autorum, horumque libros lego, annotavi praecipuorum verborum in his usum: quo comperto, olim ex amicis quidam nostris censuerunt ea quae collegissem, a me edi et publicari oportere'' ([[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. β1v).</ref>
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| Obwohl seine Notizen Camerarius' Meinung nach einer gründlichen Überarbeitung bedurften, habe er nach stetiger Aufforderung durch seine Freunde das folgende Material über den menschlichen Körper ausgewählt (''coepi decerpere''); dieses habe er einst auf eine Bitte des [[Erwähnte Person::Georg Sturtz]] hin zusammenzustellen begonnen, als sie einen besseren Ersatz für [[Erwähnte Person::Martius Galeottus| Martius Galeottus']] Werk [[Erwähntes Werk::Martius Galeottus, De homine, 1517|"De homine"]] gesucht hätten.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. β1v-2r.</ref>
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| Da Camerarius aber trotz allem aufgrund seiner Gesundheit sowie zahlreicher Pflichten die Zeit für eine eigenständige Gliederung des Gegenstands nach οὐσία / ''natura'', δύναμις / ''potestas'', ἐνέργεια / ''effectio'' und χρεῖα / ''actio'' (den aristotelischen Kategorien Wesen, Vermögen, Verwirklichung (Aktualität) und Nutzen<ref>Vgl. [[Kößling 2000]], 65f.</ref>)
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| fehlte, sei er in der Anordnung dem [[Erwähnte Person::Iulius Pollux]] gefolgt,<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. β2r.</ref>
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| wie er es später auch bei seinem Glossar zum Thema "Pferd" tat (→ [[Naturkunde (CamLex)#Aliquid de equis - Glossar und "Hippocomicus"|'''Naturkunde''']]). Er strebe dabei keine Vollständigkeit an,<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. β2r/v.</ref>
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| hoffe aber, dass sein kleines und bescheidenes Werk den um beide Sprachen Bemühten dennoch großen Nutzen bringen werde. Andere könnten hierauf aufbauen und ein umfangreicheres Werk schaffen.<ref>''Et parva tamen ista atque humilia, magna commoda et fructum singularem allatura esse studiosis utriusque linguae, mihi persuasum est. Et potuerunt haec tanquam fundamenta esse, super quibus aliorum observatio et attentio et sagacitas, maiora alia et magis spectabilia extruat ac collocet'' ([[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. β2v).</ref>
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| Die 1551 erschienene "Διασκευή ὀνομαστική partium corporis humani" trägt als Untertitel "Τὰ ἔξω, id est, partes exteriores" und behandelt entsprechend nur die äußeren Körperteile. Offenbar plante Camerarius ein dazu komplementäres [[Erwähntes Werk::OC 0962|Glossar der inneren Körperteile]], wie Georg Summer notiert. Diese führt unter Camerarius' unvollendeten Werken als erstes "Commentarii de partium internarum humani corporis nominibus tam Graecis quam Latinis" auf.<ref>Vgl. [[Summerus 1646]], Bl. D5r.</ref>
| | schriftlicher Protest Caepollas <ref>Vgl. Gindely 1859, 351-355.</ref> |
| Bei dem zweiten Werk in der Liste handelt es sich ebenfalls um ein Glossar medizinischen Inhalts, nämlich eines, das die Namen von Krankheiten aufführen sollte ([[Erwähntes Werk::OC 0961|"De nominibus morborum"]]).<ref>Vgl. [[Summerus 1646]], Bl. D5r. Weiterhin erwähnt Summer, dass zu diesem Werk bereits ein ausführlich ausgearbeitetes Vorwort vorliege.</ref>
| | --> Druckerlaubnis<ref>Vgl. Gindely 1859, 355.</ref> |
| Beide Werke konnte Camerarius offenbar zu Lebzeiten nicht mehr vollenden und auch seine Söhne ließen sie nicht mehr drucken. Allerdings waren sie ebenso wie zwei weitere bei Summer aufgeführte unveröffentlichte Glossare in dem königlichen Privileg von 1538 für Camerarius bereits enthalten.<ref>''Quod privilegium in praesentia tibi IOACHIMO Camerario Pabergensi ... autoritate ... Imperatoris Romanorum Caroli Quinti, confirmamus: atque edicimus, Ne quis impressor contra sententiam nostram intra tempus praescriptum annorum, nisi te concedente, ullum abs te emendatum compositumve librum quo in genere supra dictum est, nominatim vero ... Nomina Graeca et Latina partium humani corporis, morborum, coniunctionum, agriculturae, per te congesta ... typis describere ausit'' ([[Erwähntes Werk::Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551]], Bl. M6r; ebenso [[Erwähntes Werk::Linacre, De emendata structura, 1545]], Bl. Aa7v-a2r).</ref>
| | Weiterhin öffentliches Statement abgelehnt; Caepolla bemüht sich nicht weiter, um Wittenberger nicht zu gefährden.<ref>Vgl. Gindely 1859, 356.</ref> |
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| Camerarius' bestehendes Interesse für Medizin und medizinische Terminologie zeigt auch ein [[Erwähntes Werk::OCEp 1508|Brief]], den er 1554 als Begleitgedicht für [[Erwähnte Person::Nikolaus Selnecker]]s Lehrgedicht [[Erwähntes Werk::Selnecker, De partibus corporis humani, 1554|"De partibus corporis humani"]] verfasste. Darin lobt er Selneckers Werk, das er trotz zahlreicher Pflichten sofort gelesen habe, sowohl auf fachlicher als auch auf dichterischer Ebene und vergleicht Selnecker selbst mit seinem alten Freund [[Erwähnte Person::Helius Eobanus Hessus]].<ref>Vgl. [[Selnecker, De partibus corporis humani, 1554]], Bl. A1r.</ref>
| | vom Beginn des Drucks zeugt ein Brief Esrom Rüdingers an Andreas Stephanus vom 06.02.1573<ref>Vgl. Gindely 1859, 359.</ref> |
| | 01.03.1573 an Caepolla: Jedoch Esrom mit Druck nicht zufrieden: zu viele Fehler und er hat nicht durchsetzen können, dass ihm dieselbe Seite zweimal zur Korrektur gezeigt wurde; rät zu schnellem Druck der deutschen Version<ref>Vgl. Gindely 1859, 361f.</ref> |
| | 24. April auch Druck des deutschen Bekenntnisses<ref>Vgl. Gindely 1859, 360.</ref> |
| | 25. April an Caepolla: Druck der deutschen Version schreitet voran<ref>Vgl. Gindely 1859, 362f.</ref> |
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| '''(Alexander Hubert)''' | | Esrom an Caepolla 13.05.1574: JCII verhandelt außerdem mit einem Nürnberger Drucker über den Druck deutschsprachiger Lieder der BB; |
| | ''Historica vestra nimis diu distulistis, cum senex noster iam sit mortuus. Ego socero amisso non tantum in luctu sum gravissimo, sed sunt etiam, qui exilia nobis minantur[sic!].''<ref>Vgl. Gindely 1859, 363.</ref> |
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| ===Epigramme für medizinische Abhandlungen und Disputationen Dritter (AH)===
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| Nicht nur für [[Erwähnte Person::Nikolaus Selnecker]]s Lehrgedicht [[Erwähntes Werk::Selnecker, De partibus corporis humani, 1554|"De partibus corporis humani"]] verfasste Camerarius ein [[Erwähntes Werk::OCEp 1508|Werbegedicht]] ([[#Terminologie|'''s.o.''']]). Ähnliche Werbegedichte des Camerarius existieren zu drei Werken des [[Erwähnte Person::Leonhart Fuchs]]: Fuchs' [[Erwähntes Werk::Fuchs, Apologiae tres, 1538|drei Apologien]] gegen Gulielmus Puteanus, Sebastianus Montuus und Jeremias Thriverus Brachelius, die 1540 einmal unter [[Erwähntes Werk::Fuchs, Apologiae tres, 1540|demselben Titel]] und einmal [[Erwähntes Werk::Fuchs, Libri, 1540|mit leicht veränderter Anordnung]] neu aufgelegt wurden, gibt Camerarius ein [[Erwähntes Werk::OC 0214|Werbegedicht]] bei, in dem er sich ganz deutlich auf Fuchs' Seite stellt: Die drei hätten lieber schweigen sollen, denn nun werde Fuchs' Verteidigung sie erdolchen wie die Spitzmaus, die sich dem alten Sprichwort nach durch ihr eigenes Pfeifen verrate. Dennoch hätten die drei insofern alles richtig gemacht, als nun Fuchs die Gelegenheit habe, seine Schrift zu veröffentlichen, mit der er nicht nur für sich selbst, sondern auch um die Ehre der antiken Ärzte kämpfe.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Fuchs, Apologiae tres, 1538]], Bl. A1r.</ref> <span style="color:red;">'''Fuchs vertrat die neue Interpretation Galens in der Aderlassdebatte, die sich aus der Neuentdeckung des griech. Galen ergab, Triverius die mittelalterliche Interpretation. --> Camerarius als Philologe und Gräzist natürlich für die neue Interpretation am griech. Wortlaut!!'''</span> <br>
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| Ein [[Erwähntes Werk::OC 0353|Begleitgedicht]] stellte Camerarius auch Fuchs' 1539 gedrucktem [[Erwähntes Werk::Fuchs, De medendis passionibus ac febribus, 1539|Kompendium über die Behandlung verschiedener Krankheiten]] zur Seite. In der ganzen antiken Literatur, so Camerarius, finde man kein Werk, das diesem ebenbürtig sei. Fuchs lehre hier die "wahre Heilkunst" (''vera ratio medendi''), sodass der Benutzer hier nicht nur theoretisches, sondern auch praktisches Wissen mitnehmen könne.<ref>''Nunc poteris ex his (in quo sunt omnia) plane / Non modo quid sapias discere, sed quid agas'' ([[Erwähntes Werk::Fuchs, De medendis passionibus ac febribus, 1539]], Bl. 1r).</ref><br>
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| Ein drittes [[Erwähntes Werk::OC 0199|Werbegedicht]] gab Camerarius Leonhart Fuchs' [[Erwähntes Werk::Hippokrates, Epidemiōn liber sextus, 1537|Hippokrates-Ausgabe]] bei. Hier lobt er Fuchs, der der Welt den fähigen Arzt Hippokrates wiederbringe, dessen Schriften schon beinahe verloren gewesen seien und der so vielen Patienten das Leben zurückgegeben habe.<ref>''Quique dedit multis sperato funere vitam, / Per te huic extincto nunc prope vita datur'' ([[Erwähntes Werk::Hippokrates, Epidemiōn liber sextus, 1537]], Bl. A1v).</ref>
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| Weitere Werbegedichte schrieb Camerarius für medizinische Disputationen. Der Leipziger Medizinprofessor [[Erwähnte Person::Wolfgang Meurer]] stellte 1549 eine Disputation [[Erwähntes Werk::Meurer, De catarrhis disputatio, 1549|"De catarrhis"]], bei der [[Erwähnte Person::Philipp Bech]] als Respondent auftrat. Der Druck wird von drei griechischen Werbegedichten eingeleitet, von denen das auf dem Titelblatt mit Sicherheit, die beiden auf der folgenden Seite wahrscheinlich von Camerarius sind.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Meurer, De catarrhis disputatio, 1549]], Bl. A1r/v.</ref> | | '''Weitere Notizen:''' |
| Das [[Erwähntes Werk::OC 0511|erste Gedicht]] stellt eine einfacherere Version des Modells dar, von dem Camerarius auch in seinem nur handschriftlich überlieferten [[Erwähntes Werk::OC 1032|Werbegedicht]] für [[Erwähnte Person::Nikolaus Kopernikus|Kopernikus']] [[Erwähntes Werk::Kopernikus, De revolutionibus, 1543|"De revolutionibus"]] Gebrauch macht:<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OC 1032]].</ref>
| | Andreas Stephanus hörte Rüdingers Vorlesung zu Melanchthons "De anima"<ref>Vgl. Gindely 1859, 364.</ref> |
| In einem fingierten Dialog fragt eine nicht benannte Person, ein "Unwissender", den ebenfalls nicht weiter benannten "Wissenden", um was für ein Buch es sich handle (Τίς λόγος οὗτος;). Auf die Antwort, dass es um "Flüsse" (im medizinischen Sinn) gehe, fragt der "Unwissende" weiter, was für ein Mensch denn der "Vater dieses Werks" (πατὴρ τοῦδε λόγοιο) Wolfgang Meurer sei. Der "Wissende" lobt darauf hin Meurer als fähigen Arzt und Freund der Musen.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Meurer, De catarrhis disputatio, 1549]], Bl. A1r.</ref><br>
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| Das [[Erwähntes Werk::OC 0513|zweite]] wie auch das [[Erwähntes Werk::OC 0512|dritte Gedicht]] auf der folgenden Seite sprechen das Thema des Bandes an, die "Flüsse" (ῥεύματα), die die Menschen belästigen.<ref>Zum Begriff des ''fluxus'' vgl. [[Stolberg 2003]], 129ff. und [[Stolberg 2022]], 127f.</ref>
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| Der Leser möge Meurers Mühe schätzen, der dieses Thema zur Untersuchung gestellt habe.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Meurer, De catarrhis disputatio, 1549]], Bl. A1v.</ref>
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| Camerarius verfasste Werbegedichte für noch zwei weitere Disputationen Meurers: In einer 1555 gedruckten Disputation mit dem Titel [[Erwähntes Werk::Meurer, De vera corroborandi ratione capita, 1555|"De vera corroborandi ratione capita"]] und [[Erwähnte Person::Sebastian Scheib]] als Respondent behandelt Meurer Kraft und Stärkung des menschlichen Körpers. Camerarius wirbt in [[Erwähntes Werk::OC 0612|drei griechischen Distichen]] auf dem Titelblatt: Zwar habe einst jemand (gemeint ist Oppian) gesagt, Kraft ohne Verstand sei wertlos,<ref>Opp. hal. V, 95: ἀλκή δ' ἀνεμώλιος ἄφρων. Camerarius schreibt ῥώμη τις μὲν ἔειπεν ὃτ' ἐστ' ἀνεμώλιος ἄφρων ([[Meurer, De vera corroborandi ratione capita, 1555]], Bl. A1r), unter Austausch des Wortes ἀλκή gegen ῥώμη; dies ermöglicht es ihm, den Wortstamm im Folgevers mit ἄρρωστος für "krank, kraft-los (= ohne ῤώμη)" aufzugreifen.</ref>
| | '''Überlegungen:''' |
| allerdings sei der Verstand eines Menschen ohne Kraft ebenso ohne Nutzen; Meurer habe sowohl Kraft als auch Verstand bewiesen. Im letzten Distichon verzichtet der Sprecher bereitwillig auf Ehre (τιμή) und Wohlstand (ὄλβος), solange er bei Kräften sei (εὔρωστος)<ref>Beachte die dritte Verwendung dieses Wortstocks in Antithese zum vorherigen ἄρρωστος.</ref>
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| und ihn der Verstand (γνώμη) nicht verlasse.<br>
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| Schließlich erschien 1562 eine von Meurer gestellte [[Erwähntes Werk::Meurer, De recta medendi ratione, 1562|Disputation "De recta medendi ratione"]], für die Camerarius ebenfalls ein [[Erwähntes Werk::OC 0690|Geleitgedicht]] schrieb: Jemand habe einmal gesagt, das Wichtigste im menschlichen Leben sei die Gesundheit, das zweitwichtigste aber ohne Betrug erhaltener Reichtum.<ref>Vielleicht nach einem Zitat in Athen. deipn. XV, 50 (dann aber ungenau bzw. inkorrekt zitiert): ὑγιαίνειν μὲν ἄριστον ἀνδρὶ θνητῷ, / δεύτερον δὲ καλὸν φυὰν γενέσθαι, / τὸ τρίτον δὲ πλουτεῖν ἀδόλως.</ref>
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| Die Heilkunst könne als einzige der Künste beides verschaffen. Asklepios habe diese die Menschen gelehrt, [[Erwähnte Person::Hippokrates]] habe sie ausgearbeitet, [[Erwähnte Person::Galen]] habe beide noch übertroffen. Meurer wird als der nächste in der Reihe gefeiert, der Galens Methode folgend das, was dieser in vielen Büchern ausgeführt habe, in einer kleinen Schrift vereine.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Meurer, De recta medendi ratione, 1562]], Bl. A1v.</ref>
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| Auch für [[Erwähnte Person::Johannes Hoffmann]]s [[Erwähntes Werk::Hoffmann, De vino eiusque partibus, 1558|Disputation über den Wein]] von 1558 schrieb Camerarius ein griechisches [[Erwähntes Werk::OC 0328|Werbegedicht]]. Hoffmann wird darin mit [[Erwähnte Person::Homer]] verglichen, der, indem er den Wein lobte,<ref>Hier wird Camerarius ebenso wie Hor. epist. I, 19, V. 6 auf die zahlreichen lobenden Epitheta anspielen, die Homer dem Wein beigibt.</ref>
| | * Historia definitiv nach 1568 wegen Erwähnung Flacius |
| selbst Ruhm gefunden habe und nun den ersten Rang im Musenchor innehabe.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Hoffmann, De vino eiusque partibus, 1558]], Bl. A1v.</ref>
| | * Aber: Hätte nicht Rüdinger bei seiner Begeisterung für die Annalen ganz konkret auf JC verwiesen, statt allgemein auf einen Historiker, wenn er gewusst hätte, dass JC da an etwas arbeitet??? |
| Welches Lob verdiene nun also Hoffmann, der ein ganzes Buch über den Wein geschrieben habe? Ein solches sei überdies für einen Franken wie Hoffmann nur passend.<br>
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| Zu einer [[Erwähntes Werk::Ellinger, De erysipelate seu igne sacro, 1560|Disputation über das Erysipel]] (Wundrose), die [[Erwähnte Person::Andreas Ellinger]] 1560 stellte (Respondent war der Leipziger Apotheker [[Erwähnte Person::Moritz Steinmetz]]), hatte Camerarius persönlichen Bezug, da er selbst seit spätestens 1558 häufiger darunter gelitten hatte ([[#Fieber, Haut- und Augenleiden|'''s.u.''']]). Entsprechend gibt Camerarius dem Druck ein ausführliches griechisches [[Erwähntes Werk::OC 0661|Werbegedicht]] in 34 Hendekasyllaben bei, in dem er die Symptome der Krankheit beschreibt. Ellinger wird [[Erwähnte Person::Galen]] gleichgestellt.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Ellinger, De erysipelate seu igne sacro, 1560]], Bl. A2r/v.</ref>
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| Schließlich wird es sich auch bei Camerarius' Beitrag zu Simon Schreibes [[Erwähntes Werk::Scheibe, Disputatio ordinaria, 1569|"Disputatio ordinaria de causis famis animalis"]], den der VD16-Katalog verzeichnet, um ein Werbegedicht handeln. Die Überprüfung dieser These steht mangels Verfügbarkeit des Bandes jedoch noch aus.
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| '''(Alexander Hubert)'''
| | Gindely 1859, 365 aufgehört zu lesen |
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| | '''Nähe zu Calvinisten''' |
| | * Molnár 1981, 15: böhmische Brüder waren den Calvinisten nahe |
| | * Kapitel zu Peucer und den BB |
| | * Verhältnis zu Bucer?? |
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| | ====Werke==== |
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| * consolatio an sich selbst bei Krankheit?
| | ====Briefe==== |
| * Verweise an Stellen, wo Fluss erwähnt u.Ä.
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| ===Medizinisches in den "Decuriae" und der "Appendix problematum" (AH)=== | | ====Drucke==== |
| ''fertig und online''
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| == Camerarius und die praktische Medizin ==
| | </div> |
| ===Medizinkenntnisse und Medizinische Ratschläge an Dritte (AH)===
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| Joachim Camerarius war kein studierter Arzt; doch wie Michael Stolberg feststellt, waren grundlegende medizinische Kenntnisse im 16. Jahrhundert in der Bevölkerung weit verbreitet, sei es durch die Lektüre teils volkssprachiger Schriften durch die gebildete Oberschicht, sei es durch mündlichen Erfahrungsaustausch.<ref>Vgl. [[Stolberg 2022]], 507. "Even those in the highest circles of society – people who could easily afford the help of a physician – were keen to acquire medical knowledge and sometimes engaged in healing practices of their own" (ebd., 508). Vgl. auch [[Stolberg 2003]], 112. Zum weit verbreiteten medizinischen Allgemeinwissen gehörte etwa das Wissen um die "klimakterischen", also gesundheitlich besonders kritischen Lebensjahre: Camerarius erwartet das als kritisch gesehene 63. Lebensjahr voller Sorge, wie er [[Erwähnte Person::Lazarus von Schwendi]] am 16.10.1562 schreibt (vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0928]]).</ref>
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| Dies gilt ganz besonders für Camerarius, dem zum persönlichen Austausch freilich ein ganzes Netzwerk medizinisch gebildeter Gelehrter und studierter Ärzte zur Verfügung stand. Nach Zeugnis des an [[Erwähnte Person::Johannes Magenbuch]] gerichteten Vorworts zu Camerarius' 1533 gedruckten [[Erwähntes Werk::Camerarius, De Theriacis, 1533|Theriakschrift]] führte der naturkundlich interessierte Camerarius häufig mit Freunden und Bekannten Gespräche über medizinische Themen, etwa über die Frage, warum die zeitgenössische Medizin so geringe Heilungserfolge verbuchen konnte oder über Theriakrezepte, die er in antiken Werken fand.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::Camerarius, De Theriacis, 1533]], Bl. a5v.</ref>
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| Diese Form des theoretischen Austausches fand allerdings offenbar vor allem in persönlicher Form statt und lässt sich daher nur über Selbstaussagen von Camerarius nachvollziehen. In Camerarius' Briefwechsel spielen wissenschaftlich-medizinische Themen aus brieftheoretischen Gründen<ref>Natur- und sittenphilosophische Themen haben, wie Camerarius in seinem [[Erwähntes Werk::OC 0387|großen rhetorischen Lehrwerk]] schreibt, in Briefen keinen Platz. Senecas Briefe an Lucilius seien ebenso wenig Briefe wie Ciceros Werk "De officiis", das ebenfalls einen Adressaten habe. Diese Themen kämen manchmal in kleineren Abschnitten vor, seien aber mit Vorsicht zu behandeln, wenn sie notwendig seien: ''[I]llae disputationes de natura et moribus, et tota philosophia, non sunt epistolae putandae, quanquam salus praescripta fuerit, sed libri. Nec magis Senecae scripta epistolae possunt videri, quod ad Lucilium missa sint cum praefatione amoris, quam Ciceronis de Officiis liber, similiter ad filium datus: et Plutarchi multa aliquibus inscripta opuscula. Quamvis et haec interdum incidunt, ut epistolis includantur: sed aliena tamen res est a toto genere. itaque caute et prudenter tractabitur, etiam tum, cum necesse fuerit'' ([[Erwähntes Werk::OC 0387]], [[Erwähntes Werk::Camerarius, Elementa rhetoricae, 1541]], 197).</ref>
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| kaum eine Rolle, wie etwa die Korrespondenz mit dem Arzt [[Erwähnte Person::Leonhart Fuchs]] zeigt.<ref>Vgl. die entsprechenden Datensätze unter http://www.aerztebriefe.de/.</ref><br>
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| Camerarius' eigene Patientengeschichte mag ihm einen Anreiz gegeben haben, sich mit medizinischen Themen zu beschäftigen (vgl. den Abschnitt ↓ [[#Varii morbi - Camerarius als Patient|'''Varii morbi - Camerarius als Patient''']], besonders ↓ [[#Krankheit als Impulsgeber|'''Krankheit als Impulsgeber''']]).
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| Auch bei der Lektüre musste Camerarius sich, anders als viele seiner Zeitgenossen, nicht auf volkssprachige Werke beschränken, sondern konnte auf die antiken Klassiker zurückgreifen. So zeugen von seiner medizinischen Bildung nicht nur die zahlreichen Zitate aus [[Erwähnte Person::Hippokrates]] und [[Erwähnte Person::Galen]], die sein ganzes Werk durchziehen. Nach Zeugnis seines Sohnes [[Erwähnte Person::Joachim Camerarius II.|Joachim]] begann Camerarius spätestens 1538, angeregt durch sein langwieriges Fußleiden ([[#Malum pedis inveteratum - Ein hartnäckiges Geschwür|'''s.u.''']]) mit der intensiveren Lektüre antiker medizinischer Werke, darunter Galen.<ref>Vgl. [[München, BSB]], [https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00111092-3 Sgn. Clm 10376], Nr. 8, Bl. 9r. Joachim Camerarius d.J. verortet den Beginn dieser Studien ins Jahr 1539; aufgrund der dort erwähnten, bereits 1538 erschienenen [[Erwähntes Werk::Galen, Γαληνοῦ δ, 1538|Galenedition]] ist er jedoch um mindestens ein Jahr früher zu datieren. Immerhin zeugt schon die erwähnte Theriakschrift von 1533 von seiner gründlichen Kenntnis der Schriften Galens ([[#Theriak|'''s.o.''']]).</ref>
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| Im Umgang mit seinen eigenen Krankheiten zeigt sich Camerarius - notgedrungen - ebenfalls als medizinisch gebildet, wenn er etwa [[Erwähnte Person::Andreas Ellinger]]s [[Erwähntes Werk::Ellinger, De erysipelate seu igne sacro, 1560|Disputation zum Erysipel]] rezipiert ([[#Fieber, Haut- und Augenleiden|'''s.u.''']]) oder sein Nierenleiden als chronisch erkennt ([[#Nierensteine - eine Familienkrankheit|'''s.u.''']]).
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| Schließlich äußern sich Camerarius' medizinische Kenntnisse immer wieder im Rahmen des mündlichen oder brieflichen Erfahrungsaustausches in praktischen medizinischen Ratschlägen für Freunde und Bekannte. Denn die Rolle von Familie und Freunden in Krankheitsfällen beschränkte sich in der Frühen Neuzeit nicht allein auf moralische Unterstützung, vielmehr nahmen sie an Diagnose und Behandlung lebhaft teil, "äußerten ihre eigenen Vermutungen über die Natur der Krankheit[,] ... empfahlen besonders begabte Heilkundige oder als wirksam bewährte Heilmittel oder neue Diagnoseverfahren"<ref>[[Stolberg 2003]], 76. Vgl. auch ebd., 84f.</ref>.
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| Besonders letztere waren auch oft Gegenstand der Korrespondenz.<ref>Vgl. [[Stolberg 2003]], 76.</ref>
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| Als sein enger Freund [[Erwähnte Person::Daniel Stiebar von Rabeneck]] 1534 schwer erkrankt, augenscheinlich an einer Fieberkrankheit, zeigt sich Camerarius in einem [[Erwähntes Werk::OCEp 1001|Brief]] zutiefst betroffen. Er lobt Stiebars Seelenstärke (''firmitas animi''), von der die mitgesandte Schrift Stiebars zeuge und die auch Stiebars Gesundheit förderlich sei. Neben dem nur allzu zeitgemäßen Rat, sich von der Krankheit nicht zur Verzweiflung bringen zu lassen und auf Gott zu vertrauen,<ref>"Haderte ein Schwerkranker mit seinem Schicksal, so konnte er damals in der Regel nicht auf Verständnis hoffen. Gefordert war nach der christlichen Ethik ein geduldiges Erleiden der Krankheit, die von Gott geschickt war" ([[Jütte 2013]], 186).</ref>
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| gibt Camerarius konkrete medizinische Ratschläge: Das Schwitzen solle Stiebar vergehen lassen und nicht aktiv herbeiführen, wie man es gemeinhin tue. Auch diätetische Ratschläge gibt er seinem Freund. Außerdem sendet Camerarius Säfte und ''confectiones'', also Kompositdrogen, die er nach Anweisung eines Arztes habe anfertigen lassen, mit Empfehlung: Falls Stiebar durstig sei, solle er ein wenig von den mitgeschickten Säften in Wasser lösen und trinken; im Anschluss könne er, wenn und sooft er wolle, die erste ''confectio'' zu sich nehmen und am Abend von der zweiten. <br>
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| Schließlich fordert Camerarius Stiebar auf, er möge doch, wenn es ihm ein wenig besser gehe, zu ihm (nach [[Erwähnter Ort::Nürnberg]]) kommen, um sich dort ganz auszukurieren.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 1001]], [[Erwähntes Werk::Camerarius, Epistolae familiares, 1595]], 137f.</ref>
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| Es ist dies ein ganz besonderes Zeichen der engen Freundschaft beider Männer. Wie Robert Jütte schreibt, beeinflusste bereits in der Frühen Neuzeit "enge Blutsverwandtschaft maßgeblich den Grad der [pathischen] Betroffenheit"<ref>[[Jütte 2013]], 183.</ref>,
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| also der Sorge und Niedergeschlagenheit angesichts der Krankheit eines anderen. "Wenn es die beengten Wohn- und Familienverhältnisse erlaubten, ging die Betroffenheit häufig sogar soweit, dass auch entfernt lebenden Verwandten ein Krankenquartier im Haus in Aussicht gestellt wurde."<ref>[[Jütte 2013]], 184.</ref>
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| Dagegen machte die Krankheit nicht blutsverwandter Freunde und Bekannter oft nur so weit betroffen, wie man sich mit deren Leiden identifizieren konnte oder es von größerem Interesse war.
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| Von einem weiteren Fieberfall in der Familie Stiebar zeugt Camerarius' [[Erwähntes Werk::OCEp 1043|Brief vom 03.06.1547]] an Daniel Stiebar: Hier ist es ein namentlich nicht genannter Bruder Stiebars, dessen Krankheit Camerarius als ein Dreitagefieber identifiziert.<ref>Fieber waren in der frühen Neuzeit ein eigenes Krankheitsbild: "A 'fever' was not a symptom but a disease" ([[Stolberg 2022]], 226). Zum Begriff des "Dreitagefiebers" vgl. ebd. 231.</ref>
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| Wieder spricht Camerarius mit einem Arzt und veranlasst diesen, Stiebars Bruder Medikamente zu schicken.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 1043]].</ref><br>
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| Den Arzt [[Erwähnte Person::Cornelius Sittard]] empfiehlt Camerarius Stiebar in einem [[Erwähntes Werk::OCEp 1046|Brief vom 29.01.1548]] und rät Stiebar, Sittard zu Stiebars krankem Freund zu schicken; obwohl Sittard sich skeptisch gezeigt hatte, dass er selbst mehr wisse als andere Ärzte, zeigt sich Camerarius überzeugt, dass gerade in der Medizin der Erfolg nicht nur Glücks (''fortuna'') und des richtigen Zeitpunkts (''tempus''), sondern auch der richtigen ausführenden Person (''homo'') bedürfe.
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| Zwei nicht datierte Fälle, in denen Camerarius sich "pathisch betroffen" zeigt, betreffen [[Erwähnte Person::Matthäus von Wallenrode]] und sein Umfeld. Von dessen Freundschaft zu Camerarius zeugt ein Brief [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon]]s vom 09.04.1544: Darin fordert dieser Wallenrode auf, seiner Freundschaft zu Camerarius entsprechend diesen von einigen Reitern nach Würzburg geleiten zu lassen, da Camerarius sonst große Gefahr drohe.<ref>Vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regesten.html MBW - Regesten online], Nr. 3510: ''Nec dubito quin gravissimis caussis moveare, cur Ioachimum Camerarium et vere ames, et omni genere officii iuvandum esse censeas. ... Etsi igitur scio Te tuo iudicio tuaque voluntate omnia tua officia delaturum esse, tamen te oro, ut hac in re et Rempublicam ipsam intueare, et propter eam amanter excipias Ioachimum, et adiunctis aliquot Equitibus Würtzeburgum comiteris. Scis unde sit ei periculum, et quantum et quam iniustum'' (zitiert nach [[CR V]], 356f Nr. 2910).</ref> <br>
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| Nun schreibt Camerarius in einem [[Erwähntes Werk::OCEp 0945|nur auf den 7. Oktober (ohne Jahr) datierten Brief]] an Wallenrode, er habe von dessen Krankheit gehört. Obwohl er nichts genaueres darüber habe in Erfahrung bringen können, habe er aus dem Bekannten auf Ischias geschlossen. Hätte man ihm nicht mitgeteilt, dass Wallenrode in einem Bad sei (freilich ohne dieses näher zu benennen), wäre Camerarius sofort aufgebrochen, um für Wallenrode zu sorgen.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0945]].</ref>
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| Was uns heute übertrieben scheint, war zu Camerarius Zeiten durchaus üblich: "Schenkt man den Berichten der Ärzte Glauben, dann waren die Kranken zu Hause oft von Menschen umringt, von der eigenen Familie, aber auch von Freunden und Bekannten. ... Den Laien ... waren Krankenbesuche offenbar Pflicht und Bedürfnis zugleich."<ref>[[Stolberg 2003]], 76.</ref><br>
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| In einem [[Erwähntes Werk::OCEp 0942|zweiten Brief ohne Jahr]], in dem Camerarius auch seine langjährige Bekanntschaft mit Wallenrode anspricht, geht es um die Krankheit von Wallenrodes Frau, bezüglich derer Camerarius sich zutiefst betroffen zeigt (''non potui non, sicut par erat, graviter perturbari''). Mit dem Brief schickt Camerarius drei Medikamente, "die man für wirksam und gut hält" (''quae efficacia et bona perhibentur''); mit dem zweiten und dritten habe Camerarius schon selbst gute Erfahrungen gemacht.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0942]].</ref>
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| Hier darf eine Anekdote nicht fehlen, die Georg Andreas Will in seinem Nürnbergischen Gelehrtenlexikon zu Camerarius' Freund in Nürnberg [[Erwähnte Person::Michael Roting]] bringt: Demnach habe Camerarius Roting "zur Zeit der Bauernaufruhr", also vermutlich 1525, im letzten Moment vor der Amputation eines entzündeten Schenkels bewahrt und ihm jede Hilfe versprochen. Schließlich habe Camerarius Roting unter Anwendung von Guajak sogar geheilt.<ref>"Zur Zeit der damaligen Bauern-Aufruhr hat [Roting] sich zu Bamberg eines entzuendeten Schenkels halben eine Zeitlang aufgehalten; und da ihm derselbe hat sollen abgeschnitten werden/ auch schon deswegen gebunden gewesen ist/ kam ohngefaehr Joach[im] Camerarius dazu und sagte: Nicht/ mein Freund/ Michael/ es ist besser zween als einen Schenkel haben/ ich will dir mit Huelf und Rath nach Moeglichkeit beyspringen. Wie er ihn denn auch hernach mit der Kur ''ligni Guaiaci'' gluecklich wieder herstellen lassen" ([[Will 1757]], 411).</ref>
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| Will bringt leider keine Quellen für seine Anekdote an, weshalb sie sich kaum bestätigen lässt. Das Krankheitsbild erinnert offensichtlich an das offene Geschwür am linken Bein, das Camerarius zwischen 1529 und 1542 über ein Jahrzehnt hinweg plagte ([[#Malum pedis inveteratum - Ein hartnäckiges Geschwür|'''s.u.''']]). Auch hier brachte Guajak die Heilung. Man sollte meinen, dass Camerarius schneller zu diesem Mittel gegriffen hätte, wenn er mit Rotings Fall bereits zuvor solch positive Erfahrungen in seinem Bekanntenkreis gemacht hätte. Andererseits galt die Guajakkur als äußerst intensiv und auch dem Vorbild [[Erwähnte Person::Ulrich von Hutten|Ulrichs von Hutten]], das er ungeachtet Wills Anekdote auf jeden Fall hatte, folgte Camerarius nicht sofort.
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| Ebenso wurden innerhalb von Camerarius' eigener Familie medizinische Ratschläge und Medikamente weitergegeben, wie ein handschriftlich überlieferter Brief von Camerarius' Schwiegersohn [[Erwähnte Person::Esrom Rüdinger]] vom 05.04.1558 belegt:<ref>Vgl. [[Jonge 1980]].</ref>
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| Darin berichtet dieser Camerarius von der Krankheit von dessen Tocher [[Erwähnte Person::Anna Camerarius II.|Anna]]. Weiterhin schreibt er, sie habe heute Camerarius' Panacea genommen, nämlich Tabletten mit Aloe. In der Folge wolle man [[Erwähnte Person::Caspar Peucer]]s Ratschläge befolgen.
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| Wie man sieht, stand Camerarius Familie und Freunden stets mit Rat und Tat bei Seite und ließ zuweilen sogar extra Medikamente für kranke Bekannte oder Familienangehörige anrühren oder Besorgungen tätigen: Zur Vermittlung einer Brille durch Camerarius an seinen Freund [[Erwähnte Person::Helius Eobanus Hessus]] [[#Fieber, Haut- und Augenleiden|'''s.u.''']]. Von der hervorragenden Ausstattung von Camerarius' eigener Hausapotheke zeugt ein Brief [[Erwähnte Person::Philipp Bech]]s vom 17.06.1547: Nach der Eroberung [[Erwähnter Ort::Leipzig]]s durch die kaiserlichen Truppen ist Bech vor Ort und informiert Camerarius über den Zustand von dessen Haus: Camerarius' Bücher, so schreibt er, seien unberührt. Verloren seien allerdings größere Teile von Möbeln und Liegen und insbesondere auch Latwergen, Kompositdrogen, Arzneiwein und -essig sowie Pflanzen- und Blütendestillaten.<ref>Vgl. http://www.aerztebriefe.de/id/00000192.</ref>
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| Dass studierte Ärzte für die Bemühungen des Laien Camerarius bisweilen aber nicht mehr als ein müdes Lächeln übrig hatten, zeigt eine Anekdote, die Camerarius selbst seinem Freund [[Erwähnte Person::Hieronymus Wolf]] in einem [[Erwähntes Werk::OCEp 0816|Brief vom 15.10.1556]] erzählt: Einmal habe er einem Bekannten ein Medikament empfohlen, mit dem Hinweis, vor der Einnahme noch den Rat eines Arztes zu suchen. Dies habe der Bekannte auch getan. Als er dem Arzt das Rezept zeigte und aussagte, es stamme von Camerarius, habe der Medicus gelacht und es zwar nicht verworfen, aber doch kritisiert und gesagt, Camerarius habe das Rezept wohl von irgendeinem griechischen Autor übersetzt.<ref>Vgl. [[Erwähntes Werk::OCEp 0816]] (Edition des Autographs bei [[Zäh 2013]], Nr. 119).</ref>
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| ===''Varii morbi'' - Camerarius als Patient (AH)===
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| ''fertig und online''
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| ===Badbesuche (MG)===
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| ''fertig und online''
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| ==="Pest" und Epidemiegeschehen (MG)===
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| ==Anmerkungen==
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| <references />
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| </div> | |
| <div class="public"> | | <div class="public"> |
| Dies ist die Benutzerseite von Alexander Hubert. | | Dies ist eine Benutzerseite von [[Benutzer:HIWI|Alexander Hubert]]. |
| </div> | | </div> |
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