Camerarius an Unbekannt, 13.12.1557: Unterschied zwischen den Versionen
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Eine Gruppe bestehend aus Camerarius selbst, einem nicht namentlich genannten Begleiter (''NATO uno comite'' ?) und [[Erwähnte Person::Jakob Lechner]], der an dieser Stelle apostrophiert wird, sei an einem Morgen aus dem sich durch neue Befestigungen (Anm. 1) auszeichnenden [[Erwähnter Ort::Leipzig]] aufgebrochen. Man habe die fruchtbaren Felder Thüringens, das mehr als alle anderen Länder von Ceres begünstigt werde, durchquert und habe Saale und Unstrut, wo Weinbau betrieben werde, passiert. Im bewaldeten und unebenen hessischen Bergland habe man fünf stürmische Tage bei Regen ausgeharrt. Camerarius habe sich auf dem Weg zu dem ebenfalls apostrophierten Melanchthon befunden (Anm. 2). Auch die Festung von [[Erwähnter Ort::Ziegenhain]] habe er gesehen. Dann seien sie weiter nach [[Erwähnter Ort::Marburg]] gereist. Hier erwähnt Camerarius auch das vom Fürsten erwähnte Gymnasium (15-16; Anm. 3). Auch Adam, ein alter Freund (wohl [[Erwähnte Person::Adam Krafft]]), habe ihn hier erfreut. Camerarius erinnert an ihre gemeinsame Studienzeit in [[Erwähnter Ort::Erfurt]]. <br> | Eine Gruppe bestehend aus Camerarius selbst, einem nicht namentlich genannten Begleiter (''NATO uno comite'' ?) und [[Erwähnte Person::Jakob Lechner]], der an dieser Stelle apostrophiert wird, sei an einem Morgen aus dem sich durch neue Befestigungen (Anm. 1) auszeichnenden [[Erwähnter Ort::Leipzig]] aufgebrochen. Man habe die fruchtbaren Felder Thüringens, das mehr als alle anderen Länder von Ceres begünstigt werde, durchquert und habe Saale und Unstrut, wo Weinbau betrieben werde, passiert. Im bewaldeten und unebenen hessischen Bergland habe man fünf stürmische Tage bei Regen ausgeharrt. Camerarius habe sich auf dem Weg zu dem ebenfalls apostrophierten Melanchthon befunden (Anm. 2). Auch die Festung von [[Erwähnter Ort::Ziegenhain]] habe er gesehen. Dann seien sie weiter nach [[Erwähnter Ort::Marburg]] gereist. Hier erwähnt Camerarius auch das vom Fürsten erwähnte Gymnasium (15-16; Anm. 3). Auch Adam, ein alter Freund (wohl [[Erwähnte Person::Adam Krafft]]), habe ihn hier erfreut. Camerarius erinnert an ihre gemeinsame Studienzeit in [[Erwähnter Ort::Erfurt]]. <br> | ||
In einer Apostrophe wendet sich Camerarius an Melanchthon (27-42). Die Anrede erfolgt vom Standpunkt des Sprechers innerhalb der erzählten Zeit: Camerarius überkommen nun Sorgen. Wie gehe es Melanchthon? Wo sei er? Was mache er | In einer Apostrophe wendet sich Camerarius an Melanchthon (27-42). Die Anrede erfolgt vom Standpunkt des Sprechers innerhalb der erzählten Zeit: Camerarius überkommen nun Sorgen. Wie gehe es Melanchthon? Wo sei er? Was mache er, dem so sehr von den Feinden zugesetzt werde! Und dennoch liege ihm der Frieden, das Streben nach der Wahrheit und die Reinheit des Glaubens am Herzen. Er wisse jedoch noch nicht, welches trauervolle Unheil ihn aus der Heimat erwarte. Während er sich um religiöse Stabilität und Einheit bemühe, sei die Frau, mit der er 35 Jahre zusammengelebt habe([[Erwähnte Person::Katharina Melanchthon]]), gestorben.<br> | ||
Camerarius fährt mit der Reisebeschreibung fort: Die nächste Station ist [[Erwähnter Ort::Frankfurt am Main]], bei Sonnenuntergang gelangt man schließlich zur ''Bromia domus'' (?), wo sie Unterkunft finden. Weiter geht es an den Rhein, nach [[Erwähnter Ort::Worms]] und schließlich nach [[Erwähnter Ort::Heidelberg]], wo sich Melanchthon in der Pfalz (''in Palatina sese'') aufhielt. In Heidelberg habe sich der Fürst ([[Erwähnte Person::Ottheinrich von der Pfalz]]) gerade daran gemacht, Kultur und Bildung zu fördern. Deshalb habe sich Camerarius so schnell wie möglich dorthin begeben. Aus der Heimatstadt [[Erwähnter Ort::Bretten]] sei auch der Bruder ([[Erwähnte Person::Georg Melanchthon]]) herbeigekommen, was Camerarius sehr willkommen gewesen sei. Auch [[Erwähnte Person::Caspar Peucer]] sei anwesend gewesen, nachdem er aus Sachsen zu seinem Schwiegervater (Philipp Melanchthon) gekommen sei. Camerarius erinnert an die emotionale Begegnung mit Melanchthon, als er in Heidelberg ankam. Ein heiterer Tag unter Freunden sei dies gewesen. Am Morgen habe Melanchthon an der Reform der Universität gewirkt (''erudiit scholam''), nach dem Mittagessen habe man die wunderbaren Gärten Ottheinrichs besucht. Camerarius beschreibt sie mit Bewunderung. Hier habe Melanchthon vom Tod seiner Frau erfahren. Camerarius beschreibt die Gefasstheit, mit der | Camerarius fährt mit der Reisebeschreibung fort: Die nächste Station ist [[Erwähnter Ort::Frankfurt am Main]], bei Sonnenuntergang gelangt man schließlich zur ''Bromia domus'' (?), wo sie Unterkunft finden. Weiter geht es an den Rhein, nach [[Erwähnter Ort::Worms]] und schließlich nach [[Erwähnter Ort::Heidelberg]], wo sich Melanchthon in der Pfalz (''in Palatina sese'') aufhielt (49-110). In Heidelberg habe sich der Fürst ([[Erwähnte Person::Ottheinrich von der Pfalz]]) gerade daran gemacht, Kultur und Bildung zu fördern. Deshalb habe sich Camerarius so schnell wie möglich dorthin begeben. Aus der Heimatstadt [[Erwähnter Ort::Bretten]] sei auch der Bruder ([[Erwähnte Person::Georg Melanchthon]]) herbeigekommen, was Camerarius sehr willkommen gewesen sei. Auch [[Erwähnte Person::Caspar Peucer]] sei anwesend gewesen, nachdem er aus Sachsen zu seinem Schwiegervater (Philipp Melanchthon) gekommen sei. Camerarius erinnert an die emotionale Begegnung mit Melanchthon, als er in Heidelberg ankam. Ein heiterer Tag unter Freunden sei dies gewesen. Am Morgen habe Melanchthon an der Reform der Universität gewirkt (''erudiit scholam''), nach dem Mittagessen habe man die wunderbaren Gärten Ottheinrichs besucht. Camerarius beschreibt sie mit Bewunderung. Hier habe Melanchthon vom Tod seiner Frau erfahren. Camerarius beschreibt die Gefasstheit, mit der Melanchthon die Nachricht aufgenommen habe. Hierbei berichtet Camerarius Melanchthons Worte in direkter Rede. Bei allen Versuchen, sich abzulenken, habe ihn der Schmerz dann doch immer wieder übermannt. Melanchthon beklage sich über die Belastung durch seine Verpflichtungen, bei denen er allseits auf Eigenliebe und Ehrsucht stoße. Dann seien alle in seinem Haus zusammengekommen. Unter dieser Gruppe befand sich auch der greise Arzt [[Erwähnte Person::Johann Lange (Arzt)|(Johann) Lange]], den Camerarius bereits als Student in Leipzig bewunderte. Man habe die Nacht bei Musik verbracht. Im Haus des Cyrlerus ([[Erwähnte Person::Stephan Zirler]]) sei das Abendessen bereitet worden. Daraufhin habe Melanchthon eine noch schwere Krankheit ergriffen als gewöhnlich; vor allem als Camerarius wieder abgereist sei. Wichtige äußere Umstände hätten es Camerarius nicht erlaubt, noch lange zu bleiben. Nur drei Tage hätten sie sich in dieser Stadt aufgehalten.<br> | ||
Am Rhein (nicht eher Neckar?) entlang hätten sie sich in Richtung Franken begeben. Aufnahme hätten sie bei den Brüdern zu Erbach gefunden. Es folgt ein Lob auf Georg (wohl [[Erwähnte Person::Georg II. (Erbach)|Georg II. von Erbach]]) und seine Frau. [[Erwähnte Person::Daniel Stiebar von Rabeneck|Daniel Stiebar]] habe ihn als Freund in höchsten Ehren gehalten. Nach drei Tagen habe man [[Erwähnter Ort::Würzburg]] erreicht. Seinen Namen habe es vom Most (''mustum'') sei einst Hauptstadt Frankens gewesen. Auch jetzt sei es noch Sitz eines Fürsten und werde "Vurcipurgiacum" von den Einwohnern genannt. Camerarius geht auch auf den hier betriebenen Weinbau ein. Camerarius bringt seine Sympathie gegenüber der Stadt zum Ausdruck. Camerarius verbindet die Darstellung seines Aufenthalt in Würzburg mit einem gefühlvollen Nachruf auf den verstorbenen Stiebar: Mit schweren Schmerzen in seinem Herzen sei Camerarius an dessen Haus vorbeigefahren. Am folgenden Tag sei er dann in seiner Heimatstadt [[Erwähnter Ort::Bamberg]] angekommen, dann habe er Aufnahme in [[Erwähnter Ort::Nürnberg]] gefunden. Die Reise geht weiter zur Eger über [[Erwähnter Ort::Sankt Joachimsthal|Joachimsthal]], [[Erwähnter Ort::Annaberg]], [[Erwähnter Ort::Chemnitz]] und [[Erwähnter Ort::Penig]].<br> | Am Rhein (nicht eher Neckar?) entlang hätten sie sich in Richtung Franken begeben. Aufnahme hätten sie bei den Brüdern zu Erbach gefunden. Es folgt ein Lob auf Georg (wohl [[Erwähnte Person::Georg II. (Erbach)|Georg II. von Erbach]]) und seine Frau. [[Erwähnte Person::Daniel Stiebar von Rabeneck|Daniel Stiebar]] habe ihn als Freund in höchsten Ehren gehalten. Nach drei Tagen habe man [[Erwähnter Ort::Würzburg]] erreicht. Seinen Namen habe es vom Most (''mustum'') sei einst Hauptstadt Frankens gewesen. Auch jetzt sei es noch Sitz eines Fürsten und werde "Vurcipurgiacum" von den Einwohnern genannt. Camerarius geht auch auf den hier betriebenen Weinbau ein. Camerarius bringt seine Sympathie gegenüber der Stadt zum Ausdruck. Camerarius verbindet die Darstellung seines Aufenthalt in Würzburg mit einem gefühlvollen Nachruf auf den verstorbenen Stiebar: Mit schweren Schmerzen in seinem Herzen sei Camerarius an dessen Haus vorbeigefahren. Am folgenden Tag sei er dann in seiner Heimatstadt [[Erwähnter Ort::Bamberg]] angekommen, dann habe er Aufnahme in [[Erwähnter Ort::Nürnberg]] gefunden. Die Reise geht weiter zur Eger über [[Erwähnter Ort::Sankt Joachimsthal|Joachimsthal]], [[Erwähnter Ort::Annaberg]], [[Erwähnter Ort::Chemnitz]] und [[Erwähnter Ort::Penig]].<br> | ||
Camerarius endet mit allgemein gehaltenen Schlussworten. Er habe nun Grund und Weg seiner Reise dargelegt. Wer das Gedicht lese, solle gut darüber urteilen. Geschrieben habe er auf dem Weg. Er habe das beschrieben, was ihm die Liebe bald aufzuschreiben befohlen habe. Die Liebe stufe alles, was sie betreffe, für bedeutsam ein. Camerarius schließt mit der Jahresangabe (1557) und einer autobiographischen Sphragis mit der Angabe seines Geburtstages (12. April), seines Geburtsortes (Bamberg) und seiner Betätigungsfelder (Dichtung und Gelehrsamkeit). Der letzte Satz endet in einer Beteuerung der Bescheidenheit. | Camerarius endet mit allgemein gehaltenen Schlussworten. Er habe nun Grund und Weg seiner Reise dargelegt. Wer das Gedicht lese, solle gut darüber urteilen. Geschrieben habe er auf dem Weg. Er habe das beschrieben, was ihm die Liebe bald aufzuschreiben befohlen habe. Die Liebe stufe alles, was sie betreffe, für bedeutsam ein. Camerarius schließt mit der Jahresangabe (1557) und einer autobiographischen Sphragis mit der Angabe seines Geburtstages (12. April), seines Geburtsortes (Bamberg) und seiner Betätigungsfelder (Dichtung und Gelehrsamkeit). Der letzte Satz endet in einer Beteuerung der Bescheidenheit. | ||
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*Anm. 3: Das 1527 von Landgraf Philipp dem Gutmütigen gegründete protestantische Pädagogium (heute: "Philippinum"). | *Anm. 3: Das 1527 von Landgraf Philipp dem Gutmütigen gegründete protestantische Pädagogium (heute: "Philippinum"). | ||
===Adressaten=== | ===Adressaten=== | ||
Im Titel des Briefes sind keine Adressaten angegeben. Zwar werden mehrere Personen im Vokativ apostrophiert (Jakob Lechner, Philipp Melanchthon, Adam Krafft). Dies scheint jedoch eher Ausdruck einer subjektiv-emphatischen Erzählhaltung als die Anrede an Briefadressaten zu sein. Diese wohnen zudem an unterschiedlichen Orten und können nicht in einem einzigen Brief angeschrieben werden. | Im Titel des Briefes sind keine Adressaten angegeben. Zwar werden mehrere Personen im Vokativ apostrophiert (Jakob Lechner, Philipp Melanchthon, Adam Krafft, Georg von Erbach u.a.). Dies scheint jedoch eher Ausdruck einer subjektiv-emphatischen Erzählhaltung als die Anrede an Briefadressaten zu sein. Diese wohnen zudem an unterschiedlichen Orten und können nicht in einem einzigen Brief angeschrieben werden. | ||
===Titel=== | ===Titel=== | ||
Das Briefgedicht trägt in der ältesten für uns fassbaren Ausgabe von 1561 den Titel "Odoeporicum hiemale Anni M.D.LVII" und ebenso in der zweiten von 1575 den Titel "Hoedoeporicon hyemale anno 1557". Reusner betitelt es schließlich mit "Iter hyemale". Hier finden sich ferner als Marginalien Auflösungen zu den Ortsangaben. | Das Briefgedicht trägt in der ältesten für uns fassbaren Ausgabe von 1561 den Titel "Odoeporicum hiemale Anni M.D.LVII" und ebenso in der zweiten von 1575 den Titel "Hoedoeporicon hyemale anno 1557". Reusner betitelt es schließlich mit "Iter hyemale". Hier finden sich ferner als Marginalien Auflösungen zu den Ortsangaben. |
Version vom 28. November 2018, 09:47 Uhr
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||||||||
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Werksigle | OCEp |
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Zitation | Camerarius an Unbekannt, 13.12.1557, bearbeitet von Jochen Schultheiß (28.11.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae Eobani, 1561 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. P3v-P6v |
Zweitdruck in | Chyträus, Hodoeporica sive itineraria, 1575 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 158-164 |
Sonstige Editionen | Reusner, Hodoeporicorum sive itinerum, 1580, S. 480-485 |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Unbekannt |
Datum | 1557/12/13 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Die Jahresangabe erfolgt aus der Sphragis am Ende (155-156) und aus dem Titel des Briefgedichts: "Odoepoericum hiemale Ann. MDLVII". Ferner ist der Brief an seinem Ende datiert: Ioachim(us) scr(ipsit) Id(ibus) X(decem)br(is). |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | O.O. |
Zielort | O.O. |
Gedicht? | ja |
Incipit | Lipsidos egressi renovatis moenibus urbis |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Briefe/Parallelüberlieferung; Briefe/Briefgedichte; Hodoeporicum; Biographisches (Reise); Wormser Religionsgepräch (1557); Biographisches; Universität (Heidelberg) |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | OCEp Nummer nachtragen |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Datumsstempel | 28.11.2018 |
Werksigle | OCEp |
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Zitation | Camerarius an Unbekannt, 13.12.1557, bearbeitet von Jochen Schultheiß (28.11.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae Eobani, 1561 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. P3v-P6v |
Zweitdruck in | Chyträus, Hodoeporica sive itineraria, 1575 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 158-164 |
Sonstige Editionen | Reusner, Hodoeporicorum sive itinerum, 1580, S. 480-485 |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Unbekannt |
Datum | 1557/12/13 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Die Jahresangabe erfolgt aus der Sphragis am Ende (155-156) und aus dem Titel des Briefgedichts: "Odoepoericum hiemale Ann. MDLVII". Ferner ist der Brief an seinem Ende datiert: Ioachim(us) scr(ipsit) Id(ibus) X(decem)br(is). |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | O.O. |
Zielort | O.O. |
Gedicht? | ja |
Incipit | Lipsidos egressi renovatis moenibus urbis |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Briefe/Parallelüberlieferung; Briefe/Briefgedichte; Hodoeporicum; Biographisches (Reise); Wormser Religionsgepräch (1557); Biographisches; Universität (Heidelberg) |
Datumsstempel | 28.11.2018 |
Regest
Eine Gruppe bestehend aus Camerarius selbst, einem nicht namentlich genannten Begleiter (NATO uno comite ?) und Jakob Lechner, der an dieser Stelle apostrophiert wird, sei an einem Morgen aus dem sich durch neue Befestigungen (Anm. 1) auszeichnenden Leipzig aufgebrochen. Man habe die fruchtbaren Felder Thüringens, das mehr als alle anderen Länder von Ceres begünstigt werde, durchquert und habe Saale und Unstrut, wo Weinbau betrieben werde, passiert. Im bewaldeten und unebenen hessischen Bergland habe man fünf stürmische Tage bei Regen ausgeharrt. Camerarius habe sich auf dem Weg zu dem ebenfalls apostrophierten Melanchthon befunden (Anm. 2). Auch die Festung von Ziegenhain habe er gesehen. Dann seien sie weiter nach Marburg gereist. Hier erwähnt Camerarius auch das vom Fürsten erwähnte Gymnasium (15-16; Anm. 3). Auch Adam, ein alter Freund (wohl Adam Krafft), habe ihn hier erfreut. Camerarius erinnert an ihre gemeinsame Studienzeit in Erfurt.
In einer Apostrophe wendet sich Camerarius an Melanchthon (27-42). Die Anrede erfolgt vom Standpunkt des Sprechers innerhalb der erzählten Zeit: Camerarius überkommen nun Sorgen. Wie gehe es Melanchthon? Wo sei er? Was mache er, dem so sehr von den Feinden zugesetzt werde! Und dennoch liege ihm der Frieden, das Streben nach der Wahrheit und die Reinheit des Glaubens am Herzen. Er wisse jedoch noch nicht, welches trauervolle Unheil ihn aus der Heimat erwarte. Während er sich um religiöse Stabilität und Einheit bemühe, sei die Frau, mit der er 35 Jahre zusammengelebt habe(Katharina Melanchthon), gestorben.
Camerarius fährt mit der Reisebeschreibung fort: Die nächste Station ist Frankfurt am Main, bei Sonnenuntergang gelangt man schließlich zur Bromia domus (?), wo sie Unterkunft finden. Weiter geht es an den Rhein, nach Worms und schließlich nach Heidelberg, wo sich Melanchthon in der Pfalz (in Palatina sese) aufhielt (49-110). In Heidelberg habe sich der Fürst (Ottheinrich von der Pfalz) gerade daran gemacht, Kultur und Bildung zu fördern. Deshalb habe sich Camerarius so schnell wie möglich dorthin begeben. Aus der Heimatstadt Bretten sei auch der Bruder (Georg Melanchthon) herbeigekommen, was Camerarius sehr willkommen gewesen sei. Auch Caspar Peucer sei anwesend gewesen, nachdem er aus Sachsen zu seinem Schwiegervater (Philipp Melanchthon) gekommen sei. Camerarius erinnert an die emotionale Begegnung mit Melanchthon, als er in Heidelberg ankam. Ein heiterer Tag unter Freunden sei dies gewesen. Am Morgen habe Melanchthon an der Reform der Universität gewirkt (erudiit scholam), nach dem Mittagessen habe man die wunderbaren Gärten Ottheinrichs besucht. Camerarius beschreibt sie mit Bewunderung. Hier habe Melanchthon vom Tod seiner Frau erfahren. Camerarius beschreibt die Gefasstheit, mit der Melanchthon die Nachricht aufgenommen habe. Hierbei berichtet Camerarius Melanchthons Worte in direkter Rede. Bei allen Versuchen, sich abzulenken, habe ihn der Schmerz dann doch immer wieder übermannt. Melanchthon beklage sich über die Belastung durch seine Verpflichtungen, bei denen er allseits auf Eigenliebe und Ehrsucht stoße. Dann seien alle in seinem Haus zusammengekommen. Unter dieser Gruppe befand sich auch der greise Arzt (Johann) Lange, den Camerarius bereits als Student in Leipzig bewunderte. Man habe die Nacht bei Musik verbracht. Im Haus des Cyrlerus (Stephan Zirler) sei das Abendessen bereitet worden. Daraufhin habe Melanchthon eine noch schwere Krankheit ergriffen als gewöhnlich; vor allem als Camerarius wieder abgereist sei. Wichtige äußere Umstände hätten es Camerarius nicht erlaubt, noch lange zu bleiben. Nur drei Tage hätten sie sich in dieser Stadt aufgehalten.
Am Rhein (nicht eher Neckar?) entlang hätten sie sich in Richtung Franken begeben. Aufnahme hätten sie bei den Brüdern zu Erbach gefunden. Es folgt ein Lob auf Georg (wohl Georg II. von Erbach) und seine Frau. Daniel Stiebar habe ihn als Freund in höchsten Ehren gehalten. Nach drei Tagen habe man Würzburg erreicht. Seinen Namen habe es vom Most (mustum) sei einst Hauptstadt Frankens gewesen. Auch jetzt sei es noch Sitz eines Fürsten und werde "Vurcipurgiacum" von den Einwohnern genannt. Camerarius geht auch auf den hier betriebenen Weinbau ein. Camerarius bringt seine Sympathie gegenüber der Stadt zum Ausdruck. Camerarius verbindet die Darstellung seines Aufenthalt in Würzburg mit einem gefühlvollen Nachruf auf den verstorbenen Stiebar: Mit schweren Schmerzen in seinem Herzen sei Camerarius an dessen Haus vorbeigefahren. Am folgenden Tag sei er dann in seiner Heimatstadt Bamberg angekommen, dann habe er Aufnahme in Nürnberg gefunden. Die Reise geht weiter zur Eger über Joachimsthal, Annaberg, Chemnitz und Penig.
Camerarius endet mit allgemein gehaltenen Schlussworten. Er habe nun Grund und Weg seiner Reise dargelegt. Wer das Gedicht lese, solle gut darüber urteilen. Geschrieben habe er auf dem Weg. Er habe das beschrieben, was ihm die Liebe bald aufzuschreiben befohlen habe. Die Liebe stufe alles, was sie betreffe, für bedeutsam ein. Camerarius schließt mit der Jahresangabe (1557) und einer autobiographischen Sphragis mit der Angabe seines Geburtstages (12. April), seines Geburtsortes (Bamberg) und seiner Betätigungsfelder (Dichtung und Gelehrsamkeit). Der letzte Satz endet in einer Beteuerung der Bescheidenheit.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- Anm. 1: Nach der Belagerung Leipzigs während des Schmalkaldischen Krieges (1547) wurden die Befestigungsanlagen neu gestaltet.
- Anm. 2: Die in dem Hodoeporicum beschriebene Reise des Camerarius zu dem sich in Worms zu Religionsgesprächen aufhaltenden Melanchthon (Dauer 14.08.-23.12.), lässt sich auch im Melanchthonbriefwechsel nachvollziehen. In einem Brie vom 13.10.1557 informieren Wittenberger Professoren M. darüber, dass seine Frau gestorben und Camerarius auf dem Weg zu ihm sei (MBW – Regesten online, Nr. 8394). In einem Brief vom 29.10. informiert Philipp Melanchthon seinen Neffen Sigismund Melanchthon, dass Camerarius ihn am 27.10. getröstet habe, als ihm die Nachricht vom Tod seiner Frau zugegangen sei (MBW – Regesten online, Nr. 8409). An diesem Tag muss also Camerarius in Worms gewesen sein. In einem Brief vom 31.10 teilt Melanchthon Petrus Vincentius mit, dass Camerarius in Heidelberg gewesen sei (MBW – Regesten online, Nr. 8411).
- Anm. 3: Das 1527 von Landgraf Philipp dem Gutmütigen gegründete protestantische Pädagogium (heute: "Philippinum").
Adressaten
Im Titel des Briefes sind keine Adressaten angegeben. Zwar werden mehrere Personen im Vokativ apostrophiert (Jakob Lechner, Philipp Melanchthon, Adam Krafft, Georg von Erbach u.a.). Dies scheint jedoch eher Ausdruck einer subjektiv-emphatischen Erzählhaltung als die Anrede an Briefadressaten zu sein. Diese wohnen zudem an unterschiedlichen Orten und können nicht in einem einzigen Brief angeschrieben werden.
Titel
Das Briefgedicht trägt in der ältesten für uns fassbaren Ausgabe von 1561 den Titel "Odoeporicum hiemale Anni M.D.LVII" und ebenso in der zweiten von 1575 den Titel "Hoedoeporicon hyemale anno 1557". Reusner betitelt es schließlich mit "Iter hyemale". Hier finden sich ferner als Marginalien Auflösungen zu den Ortsangaben.
Forschung
Das Briefgedicht nimmt Elemente aus dem Hodoeporicum "Nemetum" (Camerarius an Ebner und Sabinus, 13.04.1529) auf. Anregungen könnten auch von Thomas Morus gekommen sein. (Vgl. Wiegand 1984, 122-123).
Überlieferung
Das Gedicht ist zwar bei Fabricius 1726, 519 unter Camerarius' Werke aufgenommen, aber nicht bei Baron/Shaw 1978 verzeichnet. Erst Wiegand 1984, 122 hat wieder auf dieses Hodoeporicum aufmerksam gemacht.