Workshop Briefe: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Weniger klar ist die zeitgenössische Rezeption: Welche Bedeutung hat die Lektüre eines Widmungsbriefes für den zeitgenössischen Leser? (Und: Was hat der zeitgen. Leser von der Lektüre einer fremden Briefsammlung?)
Weniger klar ist die zeitgenössische Rezeption: Welche Bedeutung hat die Lektüre eines Widmungsbriefes für den zeitgenössischen Leser? (Und: Was hat der zeitgen. Leser von der Lektüre einer fremden Briefsammlung?)
== Für Cloud ==
* '''Literaturliste'''
* '''Für die gesamte Sektion''': Vorwort der Ausgabe von 1595; S. 180 ff. der Elementa Rhetoricae
* '''Briefe und Sammlungen''': Scans von Dall'ASta, US und Huber-Rebenich, Enenkel 2015?
* '''Widmungsbriefe''': Scans von Schottenloher, Toepfer, Enenkels 2011


== Beispiele (Handout) ==
== Beispiele (Handout) ==

Version vom 18. Februar 2018, 00:53 Uhr

Lieber Ulrich. Vor meine zusätzlichen Angaben und Hinweise habe ich jeweils ein Leerzeichen gesetzt. So erscheinen sie in grauen Kästen.
Gerade noch offen: Zitate aus Töpfer, Enenkel 2015 und Lutheraufsatz nachtragen; Einleitung schreiben; Ausformulieren der einzelnen Punkte; Auswahl der hochzuladenden Materialien etc.
Habe noch einige Beispiele eingefügt und einzelnes präzisiert; nichts grundsätzlich geändert. --US (Diskussion) 23:51, 20. Jan. 2018 (CET)

Einleitung (15')

1. Forschungsstand Briefsammlungen: Huber-Rebenich, Dall'Asta, US - Schwerpunkt Textredaktion, daneben etwas zu Motivation ("Erfurt"; H-R), außerdem Werkcharakter (US)

1.1 Zentrale Aspekte nicht behandelt: Korrespondentenauswahl; Gliederungsprinzipien der Briefbände; Editionskriterien der Söhne

2. Erschließungsstand Datenbank Briefe: Zahlen, Fakten, Struktur

3. Ziel der Sektion und der beiden Teile:

3.1. Vertieftes Verständnis der Briefe

3.1.1 als Einzeltexte: Gattung Brief bei Camerarius; Datierungsfragen; Parallelüberlieferung und Redaktion

NB: Datierungsfragen kommen im weiteren Verlauf dieses Dokuments nicht mehr vor! --US (Diskussion) 23:50, 20. Jan. 2018 (CET)

3.1.2 als Sammlungen: Selbstdarstellung (u.a. durch Korrespondentenauswahl); Gliederungsprinzipien der Briefbände; Editionskriterien der Söhne

NB: Gliederungsprinzipien kommen im weiteren Verlauf dieses Dokuments nicht mehr vor!

3.2 Widmungsbriefe: Gattungsfragen, Widmungspraxis, Topik, Quellenwert

Briefe und Briefsammlungen (45')

Hauptfrage Briefe: (15`)

  • Ein Brief ist im 16. Jh. ein nach bestimmten Regeln verfaßtes literarisches Kunstwerk. Nach welchen? (Gattungsverständnis des Camerarius etc.)
    • Enenkel 2011, S. 6 f.: These: Brief als rhetorisches Medium
    • Enenkel 2011, S. 8-10: These: Öffentlicher Charakter von Briefen (I. im Hinblick auf Veröffentlichung verfasst II. Übergang von privatem und öffentlichem Bereich in früher Neuzeit)
  • Ausklammerung von naturkundlichen und philosophischen Themen (Camerarius, Elementa rhetoricae, 1541, S. 197 ("naturkdl. Briefe sind libri") und Vorwort der Camerarius, Epistolae familiares, 1595, Bl. (:)6v-7v (Kapitel de materia)
    • zum Teil sogar gekürzt, vgl. Camerarius an Rantzau, 11.05.1572 mit Huth 2017, S. 257-259.
    • Geht vielleicht auf Erasmus, Epistolae ad diversos, 4 zurück - vgl. Enenkel 2011, S. 12
    • Zeitgenössische wissenschaftliche Briefsammlungen kürzen tendentiell eher andersherum: privates entfällt (Scholz-Briefe)

In dieser Sektion können nicht besprochen werden:

1. Sonderfall: Brief als Werk: Camerarius, De invocatione sanctorum (gr., Werk), 1545 Im zugehörigen Widmungsbrief wird der Brief als opella bezeichnet, außerdem ist der Druck nach dem Brief benannt. Warum? Nähe zu Flugschriften? Teil einer thematischen Briefsammlung?) 
2. Topoi (hier nicht gezielt ansprechen, sondern in der Widmungsbriefsektion!)
* Tabellarius instat/raptim -> Briefe sind trotzdem ausstilisiert
* Freundschaftstopik
* Zeitenklage
* Korrespondenzbeginn Camerarius an Erasmus, 30.09.1524, Bedrott an Camerarius, 14.09.1536, Bording an Camerarius, 01.02.1554
3. Vermutlich aus Zeit-und thematischen Gründen können wir die Frage nach dem Wesen von Briefgedichten vermutlich nicht ansprechen. Beispiele wären: Camerarius an Hier. Wolf, 15XX b (Wolf solle Ulrich Fugger in Camerarius' Namen danken) Camerarius an Hier. Wolf, (vor dem 10.03.1553) (Briefgedicht und Hodoeporicon), Camerarius an Stiebar, 13.08.1530 (hat Datum)
4. Ebenfalls ausgeklammert würden griech. Briefe
5. Geheime politische Korrespondenz: Verwendung von Geheimtinte

Hauptfragen Briefsammlungen: (30`)

1. Wie konzipiere ich als Editor um 1600 eine Briefsammlung (Vorentscheidung: eigene oder fremde Briefe?; zufällige (Postverlust) und intentionale Faktoren beachten!)

  • Welche Faktoren bestimmen die Auswahl der Briefpartner?
  • Wer wird gedruckt? Wer nicht? --> Vorreden Söhne: keine lebenden Briefpartner; allzu Privates getilgt
  • Gedruckt wird i. d. R. nur eine Hälfte, da der Schreiber zählt
    • für JCI seine Partner (s. aber OCEp 0338, Bl. S 5rv: hier steht, daß JC eigentlich durchaus zum Druck eigener Briefe bereit war!)--US (Diskussion) 22:52, 20. Jan. 2018 (CET)
    • für die Söhne JCI selbst. Das führt dazu, dass die Söhne Erläuterungen in die Briefe einbauten, vgl. Camerarius an Sambucus, 19.02.1574
    • Gedruckt wird nur, was zurückkommt. Manchmal kommen, wenn überhaupt, nur Abschriften zurück: http://www.aerztebriefe.de/id/00009563.

* Ausblick: Kriterien des Enkels Ludwig C. -> Languet-Ausgabe; Parallelfall: die von Friedr. Spanheim auf Drängen des Ludwig C. hg. Briefe von Bongars an JCII, 1647: http://www.aerztebriefe.de/id/00001920, mit starken inhaltlichen Redaktionen in politicis)

2. Welches Bild entwirft Camerarius a) von sich selbst und b) von seinen Briefpartnern (insbesondere von Melanchthon und Carlowitz)? -> Was ist also das Ziel dieses Editionsprozesses aus damaliger Sicht: Biographie/memoria? Autobiographie? Biographieersatz?

  • Äußerungen in den Vorworten der Söhne: memoria
  • Äußerungen in den Vorworten JCIs: Art Quellenbeilage zur Hessusvita (1553 ff); zugl. Rekonstr. der Erfurter Zeit = Autobio / BiogrErsatz für "kleinere" Gestalten wie Niger

3. Was ist das Ergebnis aus heutiger Sicht: "Eine Briefsammlung ist ein Egodokument (Selbststilisierung im sozialen Umfeld)" vs. "Eine Briefsammlung ist eine Quelle"

  • Enenkel 2011, S. 15: "Die Annahme, dass uns Gelehrtenbriefe, namentlich neulateinische Gelehrtenbriefe einen direkten Zugang zu historischen Wirklichkeiten liefern würden, erscheint mir fragwürdig."
  • Probleme bei Verwendung als Quelle: Textredaktionen (durch Autor), Textredaktionen (durch Hg.; auch irreführend, z.B. OCEp 0331 (Art Binnenproöm) -> 1159 (aus Kontext gerissen und sprachlich verunklärt)

Widmungsbriefe (45')

Input (10')

  • Verweis auf Quellentexte in der Cloud
  • Forschungsstand Widmungsbriefe (Schottenloher, Toepfer, Enenkel 2015)
  • Ganz kurz zum Paratextbegriff

Hauptfragen Widmungsbriefe (35'):

Vorab: Frage nach Erfahrungen der Teilnehmer mit Widmungsbriefen. Dann:

Bei dieser Diskussion sollen die verschiedenen Stadien und Entscheidungsprozesse bei der Abfassung eines Widmungsbriefes simuliert und (an Beispielen) besprochen werden. Stellen Sie sich also vor, sie lebten im 16. Jahrhundert und wollten jemandem ein (schon von Ihnen verfasstes) Werk widmen. Welche literarischen und sozialen Regeln hätten Sie zu beachten? Im Einzelnen ergeben sich die folgenden Fragen:

1.1. Wozu würden Sie den Widmungsbrief verfassen? Zunächst würden Sie sich Gedanken über den Zweck machen der Widmung machen. Was wollen Sie mit ihr erreichen?

  • Selbstdarstellung?
  • finanzielle Vorteile?
  • Vernetzung? (vgl. Enenkel 2015, S. 53: Dedikation als "Zugangsausweis" für die gelehrte Welt)

1.2. Wie würden Sie den Widmungsbrief verfassen? Anschließend würden Sie sich fragen, wie Sie ihr Ziel umsetzen könnten. Dabei sind insbesondere drei Aspekte relevant:

1.2.1. Der soziale Aspekt: Wem würden Sie das Werk widmen?

Von welchen Faktoren wird die Wahl bestimmt (Werkinhalt; Ziele)? Welchen sozialen Rang bekleidet der Dedikationsempfänger? Welche Konsequenzen hat die Wahl des Adressaten für den Widmungsbrief? Sonderfälle: Was, wenn Sie nicht selbst den Adressaten bestimmen können? In welchen Fällen würden Sie den Widmungsbrief nicht selbst verfassen, sondern in Auftrag geben? (Rheticus!)

* Werkinhalt kann Adressatenkreis mitbestimmen; materielle Aspekte; Aufstiegswunsch -> ansteigender Rang der Widmungsempfänger?; Selbstdarstellung über Beziehung zum Adressaten; Sonderfälle: "Fremdbestimmte" und fremde WBre sowie bestellte Geleitschreiben)
* Unterscheidung nach Mäzenen und Nichtmäzenen; Fürsten und Nichtadligen; Abgleich zwischen Liste der Widmungsempfänger und Briefempfänger > wenig Überschneidungen) 
* Stilhöhe und Inhalt kann vom Adressaten abhängen und umgekehrt; zudem Toepfer (Stelle nachtragen): Instrumentalisierung des Widmungsempfängers im Dialog des Autors mit dem Leser

1.2.2. Der formale Aspekt: Wie würden Sie den Widmungsbrief formulieren?

Wie würden Sie den Adressaten und sich selbst über das Verhältnis zu ihm darstellen? Welche stilistischen Regeln würden Sie (abhängig von der Wahl des Adressaten) beachten? Würden Sie sich an Cicero und Erasmus (s. Schottenloher 4-11) orientieren? Welche Topoi würden Sie verwenden? Wozu würden Sie überhaupt Topoi verwenden (evtl. Diskussion der Ansätze von Toepfer, S. 93-96 und Enenkel)?
Zur Topik allgemein 3 verschiedene Ansätze:

* Enenkel 2015, S. 24: Altbekanntes Standardthema, das der Konstruktion von Autorschaft dient; 
* Topos immer an rhetorische Funktion geknöpft;
* Topos als Instrumentarium der eigenen Lebenswelt, welches das Denken geprägt hat (Man hat sich also gleichsam mit dem Denken in Topoi sozialisiert).

Verschiedene Topoi:

* Niedergang der Studien (Erfurt als Paradies) / Übergewicht der Politik gegenüber den artes (auch Generationenerfahrung der Reformationszeit?) / Unordnung der Gegenwart als Schock für den Ordner JC, vgl. Camerarius an Hier. Wolf, (vor dem 10.03.1553)
* Vermittlung exklusiven (griechischen) Wissens (Besitz einer Aldine) / Selbststilisierung als Lehrerender gegenüber Widmungsempfänger Camerarius an Perlach, 12.04.1532 
* Landflucht (Boccaccio;Pirckheimer; JC de theriacis; JC Tusc.)
* Bitte von Freunden, Verlegern, Druckern

1.2.3. Der inhaltliche Aspekt: Was würden Sie in den Widmungsbrief schreiben?

Welche Informationen zur Werkgenese und zum Werkinhalt würden Sie in den Widmungsbrief schreiben?

Würden Sie zusätzlich noch ein Proöm verfassen oder hat der Widmungsbrief bereits dessen Funktion übernommen (vgl. Toepfer, S. 88-93; Enenkel 2011, S. 6-8; Roper 2010)? Wie sieht es mit einem zusätzlichen Brief an den Leser aus? Was unterscheidet Widmungsbrief, Brief an den Leser und Proöm?

  • Widmungsbrief und Proöm lassen sich nicht immer klar unterscheiden, Beispiel: Camerarius an Valentin Sturtz, 15.05.1548: cum hac quasi praefatione nostra
  • Proöm und Brief an den Leser lassen sich nicht immer klar unterscheiden, Beispiel: Roper 286 "the preface which is a kind of letter to the reader"

Ist die Form eines Proöms abhängig von der Gattung des dazugehörigen Werkes? Kann man in manchen Fällen einfach kein Proöm voranstellen - wie bei Werkausgaben?

Briefe an Leser und Widmungsgedichte tendenziell inhaltsarm und kurz? Beispiel für Widmungsgedicht an Leser: Gillis, Lectori, 1539 (Kaufempfehlung) - Aber: Camerarius, Ioachimus Camerarius ad lectorem, 1538 ist ein Gegenbeispiel, denn Camerarius äußert sich dort zu editorischen Prinzipien

2. Wie werden Widmungsbriefe rezipiert?

2.1 Heute: Widmungsbriefe als Quelle für Konstellationen und Werkgenese

Inwiefern eignen sich Widmungsbriefe als Quellen für die Analyse von Konstellationen und die Werkgenese? Mit welchen Schwierigkeiten hat der moderne Bearbeiter zu kämpfen?

2.2. Damals

Weniger klar ist die zeitgenössische Rezeption: Welche Bedeutung hat die Lektüre eines Widmungsbriefes für den zeitgenössischen Leser? (Und: Was hat der zeitgen. Leser von der Lektüre einer fremden Briefsammlung?)

Beispiele (Handout)

Generell: Sollen die Handouts auch auf die Cloud? - Kann ich machen, aber vielleicht nicht gleich zusammen mit den Scans, sondern ca. 10-14 Tage vor dem WSh?--US (Diskussion) 23:24, 20. Jan. 2018 (CET)
* Evtl. Literaturliste?
* Das interessante Zitat, das du mir gestern gezeigt hast (Widmungsbrief über Widmungsbriefe > http://www.aerztebriefe.de/id/00007332).

Vorschlag mit ausformulierten Leitfragen für die Cloud (noch nicht ganz ausgereift)

Vorbemerkung

Mit der Problematik der Editionskriterien der Briefsammlungen des Camerarius beschäftigte sich bereits 2001 Gerlinde Huber-Rebenich, indem sie Widmungsvorreden zu den Briefausgaben des Camerarius analysierte. Auf sie beziehen sich Matthias Dall’Asta und Ulrich Schlegelmilch in Aufsätzen aus dem Jahr 2017, wenn sie anhand eines Vergleiches gedruckter Briefe mit den überlieferten handschriftlichen Originalen aufzeigen, inwieweit Camerarius in einzelne Schreiben eingriff und sie für den Druck überarbeitete. Doch auch wenn diese Aufsätze wertvolle Beiträge zum Verständnis der Briefausgaben liefern, so konnten doch bisher einige Aspekte nicht berücksichtigt werden, da sie eine grundlegende Erschließung des gesamten Briefwechsels voraussetzen. Hierzu gehören die Kriterien für die Auswahl der Korrespondenten, die Gliederungsprinzipien der einzelnen Briefbände und die Editionskriterien der Söhne. Im ersten Teil der Sektion Epistolae Camerarii sollen diese Punkte thematisiert und über sie ein vertieftes Verständnis der Epistolae familiares des Camerarius in zweierlei Hinsicht erreicht werden:

1. Briefe als Einzeltexte (s. Abschnitt „Hauptfragen Briefe“)
2. Briefe als Sammlungen (s. Abschnitt „Hauptfragen: Briefsammlungen“)

Zur verwendeten Literatur: Sie finden die Aufsätze von Gerlinde Huber-Rebenich, Karl A. Enenkel, Matthias Dall’Asta und Ulrich Schlegelmilch in der Cloud. Wir haben ebenfalls die Widmungsvorrede der Epistolae familiares des Jahres 1595 hochgeladen. Die Söhne des Camerarius haben dort einige Aspekte des Gattungsverständnisses ihres Vaters zusammengefasst (die Vorrede stützt sich ihrerseits auf die Elementa Rhetoricae, S. 180 ff. und ein nicht publiziertes Werk Περὶ ἐπιστολῶν). Ferner sind ein Aufsatz Enenkels aus dem Jahre 2011 und ein Beitrag von Lyndal Roper (2010) relevant, in denen der öffentliche Charakter von Briefen thematisiert wird.

Zum Ablauf der Sektion "Briefe und Briefsammlungen"

Einleitung (Vortrag Manuel Huth, 15 Minuten)

1. Zum Forschungsstand
2. Zum Erschließungsstand der Datenbank
3. Ziel der Sektion und Hinführung zum Thema

Hauptfragen: Briefe (Diskussion; 15 Minuten)

Hauptfrage: Ein Brief ist im 16. Jahrhundert ein nach bestimmten Regeln verfaßtes literarisches Kunstwerk. Nach welchen?

Weitere mögliche Fragen:

  • Inwiefern ist ein Brief ein rhetorisches Medium? (vgl. Enenkel 2011, S. 6 f.)
  • Inwiefern hat er öffentlichen Charakter? (Enenkel 2011, S. 8-10; Roper 2010)
  • Was versteht Camerarius unter der Gattung „Brief“? (vgl. die Vorrede der Epistolae familiares, 1595)

Hauptfragen: Briefsammlungen (Diskussion; 30 Minuten)

1. Wie konzipiere ich als Editor um 1600 eine Briefsammlung? Bei der Diskussion sollen zufällige (Postverlust) und intentionale Faktoren beachtet werden.

Das Folgende fakultativ:
Verwandte Fragen:
* Welche Faktoren bestimmen die Auswahl der Briefpartner? * Welches Bild entwirft Camerarius a) von sich selbst und b) von seinen Briefpartnern (insbesondere Melanchthon und Carlowitz)?

2. Was ist das Ziel dieses Editionsprozesses aus damaliger Sicht? Ein Ersatz für Autobiographie oder eine Biographie? Wahrung der memoria?

3. Was ist das Ergebnis aus heutiger Sicht? „Eine Briefsammlung ist ein Egodokument“ vs „Eine Briefsammlung ist eine Quelle“.
Vgl. hierzu Enenkel 2011, S. 15: „Die Annahme, dass uns Gelehrtenbriefe, namentlich neulateinische Gelehrtenbriefe einen direkten Zugang zur historischen Wirklichkeit liefern würden, erscheint mir fragwürdig.“

Widmungsbriefe

1953 widmete Karl Schottenloher den Widmungsbriefen eine Studie, in der er diese „als selbstständige literarische Erscheinung des 16. Jahrhunderts mit eigenen Lebensgesetzen“ bezeichnete (Schottenloher 1953, S. 1). 2007 stellte Regina Toepfer im Rahmen einer Arbeit über die Rezeption des Basilius Magnus fest, dass trotz dieser Erkenntnis Schottenlohers bisher gar keine systematische Erarbeitung der Gattungscharakteristika stattgefunden hatte und weiterführende Untersuchungen ein Desiderat darstellten (Toepfer 2007, S. 83). Dies scheint nach wie vor der Fall zu sein, denn auch wenn K. A. Enenkel den Widmungsbriefen eine umfassende Studie widmete, untersuchte er sie doch fast ausschließlich unter einem Aspekt, nämlich inwiefern sie dem Verfasser dazu dienten, seine Autorschaft zu konstruieren, d.h. sich zu legitimeren (Enenkel 2015). In dieser Sektion sollen daher, ausgehend von den drei genannten Autoren, Eigenheiten und Gattungsmerkmale von Widmungsbriefen diskutiert werden.

Zur Literatur: Sie finden die Beiträge der o.g. Autoren in der Cloud. Die Diskussion soll prinzipiell offen gestaltet werden, aber als Anregung mögen Ihnen die folgenden Vorreden dienen, die wir ebenfalls hochgeladen haben:

Zum Ablauf der Sektion Widmungsbriefe

Einleitung (Vortrag Manuel Huth, 10 Minuten)

Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes und Hinführung zum Thema

Hauptfragen Widmungsbriefe (eigentliche Diskussion; 35 Minuten)

1. Die einzelnen Stadien und Entscheidungsprozesse bei der Abfassung eines Widmungsbriefes
Bei dieser Diskussion sollen die verschiedenen Stadien und Entscheidensprozesse bei der Abfassung eines Widmungsbriefes simuliert und (an Beispielen) besprochen werden. Stellen Sie sich also vor, sie lebten im 16. Jahrhundert und wollten jemandem ein (schon von Ihnen verfasstes) Werk widmen. Welche literarischen und sozialen Regeln hätten Sie zu beachten? Im Einzelnen ergeben sich die folgenden Fragen:

Das Folgende fakultativ: 
Die Diskussion soll offen gestaltet werden, aber als Anregung mögen Ihnen die folgenden Vorreden dienen: * Camerarius an Perlach, 12.04.1532 (Link zur Sektion Astrologie) * Joachim II. und Philipp Camerarius an Moritz von Hessen, 01.12.1595 (Link zur den Briefsammlungen) * Beispiel von Jochen nachtragen

1.1. Wozu würden Sie den Widmungsbrief verfassen?
Zunächst würden Sie sich Gedanken über den Zweck machen der Widmung machen. Was wollen Sie mit ihr erreichen?

  • Selbstdarstellung?
  • finanzielle Vorteile?
  • Vernetzung? (vgl. Enenkel 2015, S. 53: Dedikation als "Zugangsausweis" für die gelehrte Welt)

1.2. Wie würden Sie den Widmungsbrief verfassen?
Anschließend würden Sie sich fragen, wie Sie ihr Ziel umsetzen könnten. Dabei sind insbesondere drei Aspekte relavant:

1.2.1. Der soziale Aspekt: Wem würden Sie das Werk widmen?
Von welchen Faktoren wird die Wahl bestimmt (Werkinhalt; Ziele)? Welchen sozialen Rang bekleidet der Dedikationsempfänger? Welche Konsequenzen hat die Wahl des Adressaten für den Widmungsbrief?
Sonderfälle: Was, wenn Sie nicht selbst den Adressaten bestimmen können? In welchen Fällen würden Sie den Widmungsbrief nicht selbst verfassen, sondern in Auftrag geben?

1.2.2. Der formale Aspekt: Wie würden Sie den Widmungsbrief formulieren?
Wie würden Sie den Adressaten und sich selbst über das Verhältnis zu ihm darstellen? Welche stilistischen Regeln würden Sie (abhängig von der Wahl des Adressaten) beachten? Würden Sie sich an Cicero und Erasmus orientieren? Welche Topoi würden Sie verwenden? Wozu würden Sie überhaupt Topoi verwenden (evtl. Diskussion der Ansätze von Toepfer, S. 93-96 und Enenkel)?

1.2.3. Der inhaltliche Aspekt: Was würden Sie in den Widmungsbrief schreiben?
Welche Informationen zur Werkgenese und zum Werkinhalt würden Sie in den Widmungsbrief schreiben? Würden Sie zusätzlich noch ein Proöm verfassen oder hat der Widmungsbrief bereits dessen Funktion übernommen (vgl. Toepfer, S. 88-93; Enenkel 2011, S. 6-8; Roper 2010)? Wie sieht es mit einem zusätzlichen Brief an den Leser aus? Was unterscheidet Widmungsbrief, Brief an den Leser und Proöm?

2. Wie wurden Widmungsbriefe rezipiert?
Ferner soll die Rezeption des Widmungsbriefes besprochen werden - und zwar in zweierlei Hinsicht:

2.1 Heute: Widmungsbriefe als Quelle für Konstellationen und Werkgenese
Inwiefern eignen sich Widmungsbriefe als Quellen für die Analyse von Konstellationen und die Werkgenese? Mit welchen Schwierigkeiten hat der moderne Bearbeiter zu kämpfen?

2.2. Zeitgenössische Rezeption
Weniger klar ist die zeitgenössische Rezeption: Welche Bedeutung hat die Lektüre eines Widmungsbriefes für den zeitgenössichen Leser?