Camerarius an Carinus, 01.01.1535: Unterschied zwischen den Versionen
JS (Diskussion | Beiträge) Keine Bearbeitungszusammenfassung |
JS (Diskussion | Beiträge) Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 27: | Zeile 27: | ||
Camerarius drückt seine Freude über neulich erfolgte Ankunft des [[Gesprächspartner::Ludwig Carinus]]. Die Freude sei umso größer je weniger erwartet die Begegnung stattgefunden habe (A2r). Camerarius habe sich besonders darüber gefreut von Carinus zu erfahren, dass diesr dem Gefolge des jungen Limburg angehöre, der herausragende Eigenschaften auszeichneten. Camerarius freue es insbesondere, wenn Personen von herausragender gesellschaftlicher Stellung zu Bildung gelangen, da sie über eine besonders große Wirkmacht verfügen und auch die Bestrebungen des Volkes lenken können (A2v). Hierbei käme Camerarius auch wieder die Erinnerung an dessen Verwandten in den Sinn, den Fürsten von [[Erwähnter Ort::Bamberg]] ([[Erwähnte Person::Georg III. Schenk von Limpurg|Georg von Limburg]]). Aus den Klagen aller Stände könne man schließen welches Leben dieser geführt habe (A2v-A3r). Einer solchen Familie und eines solchen Verwandten sei die Gesinnung des Nachfahren würdig. Seine Verwandten hätten sich um Camerarius' Bamberger Heimat höchst verdient gemacht.<br> | Camerarius drückt seine Freude über neulich erfolgte Ankunft des [[Gesprächspartner::Ludwig Carinus]]. Die Freude sei umso größer je weniger erwartet die Begegnung stattgefunden habe (A2r). Camerarius habe sich besonders darüber gefreut von Carinus zu erfahren, dass diesr dem Gefolge des jungen Limburg angehöre, der herausragende Eigenschaften auszeichneten. Camerarius freue es insbesondere, wenn Personen von herausragender gesellschaftlicher Stellung zu Bildung gelangen, da sie über eine besonders große Wirkmacht verfügen und auch die Bestrebungen des Volkes lenken können (A2v). Hierbei käme Camerarius auch wieder die Erinnerung an dessen Verwandten in den Sinn, den Fürsten von [[Erwähnter Ort::Bamberg]] ([[Erwähnte Person::Georg III. Schenk von Limpurg|Georg von Limburg]]). Aus den Klagen aller Stände könne man schließen welches Leben dieser geführt habe (A2v-A3r). Einer solchen Familie und eines solchen Verwandten sei die Gesinnung des Nachfahren würdig. Seine Verwandten hätten sich um Camerarius' Bamberger Heimat höchst verdient gemacht.<br> | ||
Camerarius widme Carinus die vorliegende Sammlung als ein Geschenk für die Freundschaft und Gastlichkeit (A4r). Er würde die Widmung auch dem jungen Limburg zueignen, wenn er nicht für diesen etwas noch Größeres ausarbeiten würde. | Camerarius widme Carinus die vorliegende Sammlung als ein Geschenk für die Freundschaft und Gastlichkeit (A4r). Er würde die Widmung auch dem jungen Limburg zueignen, wenn er nicht für diesen etwas noch Größeres ausarbeiten würde. | ||
Hierauf leitet Camerarius zu einer Stellungnahme in der Frage nach der besten Erziehungsform über. Es gebe keine bessere und richtigere Erziehung (''cultura'') als die über Beispiele und die über die Einübung wahrer Lehrsätze und der antiken Lehre (A4v). Einen besonders hohen Wert misst er dabei den Werken aus den antiken Sophistenschulen bei (A4v-A5r). Er selbst habe die Schriften einst von seinem Freund und Vertrauten [[Unterstützer::Vincentius Opsopoeus]] zugesandt bekommen. Dieser wiederum habe die Schriften aus einer "[[Erwähntes Werk::Sophistenkodex aus dem Besitz des Christoph Beck|sehr alten Handschrift]]" (''e pervetusto codice'') des [[ | Hierauf leitet Camerarius zu einer Stellungnahme in der Frage nach der besten Erziehungsform über. Es gebe keine bessere und richtigere Erziehung (''cultura'') als die über Beispiele und die über die Einübung wahrer Lehrsätze und der antiken Lehre (A4v). Einen besonders hohen Wert misst er dabei den Werken aus den antiken Sophistenschulen bei (A4v-A5r). Er selbst habe die Schriften einst von seinem Freund und Vertrauten [[Unterstützer::Vincentius Opsopoeus]] zugesandt bekommen. Dieser wiederum habe die Schriften aus einer "[[Erwähntes Werk::Sophistenkodex aus dem Besitz des Christoph Beck|sehr alten Handschrift]]" (''e pervetusto codice'') des [[Unterstützer::Christoph Beck|Christoph Pistorius]] (Christoph Beck) abgeschrieben (''descripsisset''). Pistorius wird als Hauptlehrer an einem benachbarten Markgrafenhof vorgestellt (''paedagogus principalis in aula Marchionis vicini civitatis nostrae''). Beiden, Opsopoeus und Beck, fühle sich Camerarius für ihre Textlektüre zu Dank verpflichtet. Camerarius habe Opsopoeus darum gebeten, eine lateinische Übersetzung des Πρεσβευτικόν zu erstellen. Als dieser aber krank wurde und die Druckerei nach der Übersetzung verlangte, habe Camerarius eine eigene eingereicht. <br /> | ||
Es folgt eine kurze Angabe über den Inhalt der Schriften, die auch Wertungen zu den Werken enthält. [[Erwähnte Person::Libanios]] habe alle Glanzpunkte der Rhetorik (ληκύθους = das Gelbe vom Ei) aufgewandt, so dass er außer Achill keinem weiteren Redner Platz eingeräumt habe. Bei [[Erwähnte Person::Homer]] sei zwar "alles viel dichter" (''multo sunt omnia apud Homerum pressiora''), trotzdem sei nach Camerarius' Geschmack auch bei Libanios manches "dünn" (''tenuia'') und stehe nicht in Übereinstimmung mit den Charakteren (''a persona dicentis abhorrentia'').<br /> | Es folgt eine kurze Angabe über den Inhalt der Schriften, die auch Wertungen zu den Werken enthält. [[Erwähnte Person::Libanios]] habe alle Glanzpunkte der Rhetorik (ληκύθους = das Gelbe vom Ei) aufgewandt, so dass er außer Achill keinem weiteren Redner Platz eingeräumt habe. Bei [[Erwähnte Person::Homer]] sei zwar "alles viel dichter" (''multo sunt omnia apud Homerum pressiora''), trotzdem sei nach Camerarius' Geschmack auch bei Libanios manches "dünn" (''tenuia'') und stehe nicht in Übereinstimmung mit den Charakteren (''a persona dicentis abhorrentia'').<br /> | ||
Seine παραφράσεις der beiden zugrunde liegenden Homerstellen stuft er als "kindlich stammelnd" ein (''pueriliter balbutientes καὶ ὑποψελλίζοντες''). Ziel sei es gewesen, andere Gelehrte zu vergleichbaren Unternehmungen anzuregen. Über seine Übersetzung zeigt sich Camerarius jedoch zufriedener. Der Sinn der Sätze sei wiedergegeben und zugleich die lateinische Sprachrichtigkeit gewahrt worden: ''ut illae'' (=''sententiae'') ''expressae et huius'' (= ''Latinae linguae'') ''proprietas custodita''.<br /> | Seine παραφράσεις der beiden zugrunde liegenden Homerstellen stuft er als "kindlich stammelnd" ein (''pueriliter balbutientes καὶ ὑποψελλίζοντες''). Ziel sei es gewesen, andere Gelehrte zu vergleichbaren Unternehmungen anzuregen. Über seine Übersetzung zeigt sich Camerarius jedoch zufriedener. Der Sinn der Sätze sei wiedergegeben und zugleich die lateinische Sprachrichtigkeit gewahrt worden: ''ut illae'' (=''sententiae'') ''expressae et huius'' (= ''Latinae linguae'') ''proprietas custodita''.<br /> |
Version vom 28. Juni 2018, 08:30 Uhr
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||
|
|
kein passender Brief gefunden |
Werksigle | |
---|---|
Zitation | Camerarius an Carinus, 01.01.1535, bearbeitet von Jochen Schultheiß (28.06.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Aristides, Πρεσβευτικός, 1535 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 3-12 |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Ludwig Carinus |
Datum | 1535/01/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Datierung am Ende des Briefes. |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Incredibili me voluptate affecit adventus nuper tuus Carine |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Aristides, Πρεσβευτικός, 1535 |
Kurzbeschreibung | Widmungsbrief an den jungen und vielversprechenden Ludwig Carinus, der als Vorwort zu den folgenden Editionen und Übersetzungen dient. Camerarius bewertet seine Paraphrasierungsleistung und reflektiert seine Maßstäbe guten Paraphrasierens und Übersetzens. |
Anlass | |
Register | Widmungsbrief; Rhetorik; Übersetzung; Paraphrase (Prosa); Bildungsdiskurs |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Datumsstempel | 28.06.2018 |
Werksigle | |
---|---|
Zitation | Camerarius an Carinus, 01.01.1535, bearbeitet von Jochen Schultheiß (28.06.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Aristides, Πρεσβευτικός, 1535 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 3-12 |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Ludwig Carinus |
Datum | 1535/01/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Datierung am Ende des Briefes. |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Incredibili me voluptate affecit adventus nuper tuus Carine |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Aristides, Πρεσβευτικός, 1535 |
Kurzbeschreibung | Widmungsbrief an den jungen und vielversprechenden Ludwig Carinus, der als Vorwort zu den folgenden Editionen und Übersetzungen dient. Camerarius bewertet seine Paraphrasierungsleistung und reflektiert seine Maßstäbe guten Paraphrasierens und Übersetzens. |
Register | Widmungsbrief; Rhetorik; Übersetzung; Paraphrase (Prosa); Bildungsdiskurs |
Datumsstempel | 28.06.2018 |
Regest
Camerarius drückt seine Freude über neulich erfolgte Ankunft des Ludwig Carinus. Die Freude sei umso größer je weniger erwartet die Begegnung stattgefunden habe (A2r). Camerarius habe sich besonders darüber gefreut von Carinus zu erfahren, dass diesr dem Gefolge des jungen Limburg angehöre, der herausragende Eigenschaften auszeichneten. Camerarius freue es insbesondere, wenn Personen von herausragender gesellschaftlicher Stellung zu Bildung gelangen, da sie über eine besonders große Wirkmacht verfügen und auch die Bestrebungen des Volkes lenken können (A2v). Hierbei käme Camerarius auch wieder die Erinnerung an dessen Verwandten in den Sinn, den Fürsten von Bamberg (Georg von Limburg). Aus den Klagen aller Stände könne man schließen welches Leben dieser geführt habe (A2v-A3r). Einer solchen Familie und eines solchen Verwandten sei die Gesinnung des Nachfahren würdig. Seine Verwandten hätten sich um Camerarius' Bamberger Heimat höchst verdient gemacht.
Camerarius widme Carinus die vorliegende Sammlung als ein Geschenk für die Freundschaft und Gastlichkeit (A4r). Er würde die Widmung auch dem jungen Limburg zueignen, wenn er nicht für diesen etwas noch Größeres ausarbeiten würde.
Hierauf leitet Camerarius zu einer Stellungnahme in der Frage nach der besten Erziehungsform über. Es gebe keine bessere und richtigere Erziehung (cultura) als die über Beispiele und die über die Einübung wahrer Lehrsätze und der antiken Lehre (A4v). Einen besonders hohen Wert misst er dabei den Werken aus den antiken Sophistenschulen bei (A4v-A5r). Er selbst habe die Schriften einst von seinem Freund und Vertrauten Vincentius Opsopoeus zugesandt bekommen. Dieser wiederum habe die Schriften aus einer "sehr alten Handschrift" (e pervetusto codice) des Christoph Pistorius (Christoph Beck) abgeschrieben (descripsisset). Pistorius wird als Hauptlehrer an einem benachbarten Markgrafenhof vorgestellt (paedagogus principalis in aula Marchionis vicini civitatis nostrae). Beiden, Opsopoeus und Beck, fühle sich Camerarius für ihre Textlektüre zu Dank verpflichtet. Camerarius habe Opsopoeus darum gebeten, eine lateinische Übersetzung des Πρεσβευτικόν zu erstellen. Als dieser aber krank wurde und die Druckerei nach der Übersetzung verlangte, habe Camerarius eine eigene eingereicht.
Es folgt eine kurze Angabe über den Inhalt der Schriften, die auch Wertungen zu den Werken enthält. Libanios habe alle Glanzpunkte der Rhetorik (ληκύθους = das Gelbe vom Ei) aufgewandt, so dass er außer Achill keinem weiteren Redner Platz eingeräumt habe. Bei Homer sei zwar "alles viel dichter" (multo sunt omnia apud Homerum pressiora), trotzdem sei nach Camerarius' Geschmack auch bei Libanios manches "dünn" (tenuia) und stehe nicht in Übereinstimmung mit den Charakteren (a persona dicentis abhorrentia).
Seine παραφράσεις der beiden zugrunde liegenden Homerstellen stuft er als "kindlich stammelnd" ein (pueriliter balbutientes καὶ ὑποψελλίζοντες). Ziel sei es gewesen, andere Gelehrte zu vergleichbaren Unternehmungen anzuregen. Über seine Übersetzung zeigt sich Camerarius jedoch zufriedener. Der Sinn der Sätze sei wiedergegeben und zugleich die lateinische Sprachrichtigkeit gewahrt worden: ut illae (=sententiae) expressae et huius (= Latinae linguae) proprietas custodita.
Unter Rekurs auf Bescheidenheitstopik fordert Camerarius den Empfänger auf, ihm als Gegengabe ebenso literarische Erzeugnisse zukommen zu lassen.
(Jochen Schultheiß)