Camerarius an Heinrich VI. (Plauen), 01.03.1564
Briefe mit demselben Datum | ||||||
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Werksigle | OCEp 1495 |
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Zitation | Camerarius an Heinrich VI. (Plauen), 01.03.1564, bearbeitet von Jochen Schultheiß (15.01.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1495 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Aristoteles, Oeconomica, 1564 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. A2r-A7r: |
Zweitdruck in | Camerarius, Aristotelis Interpretationes, 1581 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 3-7 |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Heinrich VI. (Plauen) |
Datum | 1564/03/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Datierung am Briefende: Cal. Martii (...) MDLXIIII. (01.03.1564) |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Cum ex patria anno superiore ita discessisem |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Aristoteles, Oeconomica, 1564; Camerarius, Aristotelis Interpretationes, 1581 |
Kurzbeschreibung | Aus dem Widmungsbrief zur Ausgabe von Aristoteles' "Oeconomica" geht hervor, dass die Schrift auf eine Vorlesung zurückgeht. Die Eheschließung des Adressaten wird als der passende Anlass zur Dedikation des Werkes über die Haushaltung dargestellt. Camerarius hebt unter Rückgriff auf aristotelisches Gedankengut die große gesellschaftliche Bedeutung von Ehestand und Haushaltung hervor. Hierbei verbindet Camerarius aristotelisches mit christlichem Denken. Camerarius verteidigt die Autorschaft des Aristoteles. Er legt ferner die bei der Übersetzung verfolgten Maximen dar und lobt die Xenophonausgabe des Henri Estienne, die ihm aufgrund ihrer vorzüglichen Textgestalt sehr behilflich gewesen sei. |
Anlass | |
Register | Briefe/Widmungsbriefe; Ehediskurs; Echtheitskritik; Übersetzungstheorie; Textkritik |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | Benutzer:VG |
Datumsstempel | 15.01.2024 |
Werksigle | OCEp 1495 |
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Zitation | Camerarius an Heinrich VI. (Plauen), 01.03.1564, bearbeitet von Jochen Schultheiß (15.01.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1495 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Aristoteles, Oeconomica, 1564 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. A2r-A7r: |
Zweitdruck in | Camerarius, Aristotelis Interpretationes, 1581 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 3-7 |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Heinrich VI. (Plauen) |
Datum | 1564/03/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Datierung am Briefende: Cal. Martii (...) MDLXIIII. (01.03.1564) |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Cum ex patria anno superiore ita discessisem |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Aristoteles, Oeconomica, 1564; Camerarius, Aristotelis Interpretationes, 1581 |
Kurzbeschreibung | Aus dem Widmungsbrief zur Ausgabe von Aristoteles' "Oeconomica" geht hervor, dass die Schrift auf eine Vorlesung zurückgeht. Die Eheschließung des Adressaten wird als der passende Anlass zur Dedikation des Werkes über die Haushaltung dargestellt. Camerarius hebt unter Rückgriff auf aristotelisches Gedankengut die große gesellschaftliche Bedeutung von Ehestand und Haushaltung hervor. Hierbei verbindet Camerarius aristotelisches mit christlichem Denken. Camerarius verteidigt die Autorschaft des Aristoteles. Er legt ferner die bei der Übersetzung verfolgten Maximen dar und lobt die Xenophonausgabe des Henri Estienne, die ihm aufgrund ihrer vorzüglichen Textgestalt sehr behilflich gewesen sei. |
Register | Briefe/Widmungsbriefe; Ehediskurs; Echtheitskritik; Übersetzungstheorie; Textkritik |
Datumsstempel | 15.01.2024 |
Regest
Als Camerarius im Vorjahr seine Heimatstadt (Bamberg) verließ, habe er auf diese mit seinen Augen und mit dem Verstand in der Erwartung zurückgeblickt, sie müsse dasselbe erleiden, was ihm über einen benachbarten Hauptort Frankens zu Gehör gekommen sei (Anm. 1). Seinen Weg habe er unter starker innerer Aufwallung von Schmerz, Furcht und Empörung fortgesetzt. In dieser Angst sei er hierher geeilt, wo er nach dem Willen des ewigen Gottes seine Ausbildung in der Jugend und seinen Alterssitz finden sollte (Leipzig). Nicht habe er, nachdem sich die Kunde von dem Unheil verbreitet hatte, so sehr zu den Seinen zurückkehren wollen, wie er begehrt habe, wieder zu seinen Studien zurückzukehren. Auf diesem Weg sei Camerarius überall die wohlwollende Freundschaft und Unterstützung von Freunden entgegengekommen. Dann habe er dessen Residenz betreten (Anm. 2), nachdem er den Kanzler Heinrichs, Friedrich Trauboth, mit dem er in alter Vertrautheit verbunden sei, getroffen habe. Dieser habe Camerarius' Ankunft angekündigt und ihn so in den Genuss der Gunst Heinrichs von Plauen gebracht, über die sich Camerarius mit lobenden Worten äußert. Heinrich sei über die Darlegungen und Erörterungen des Camerarius erfreut gewesen. Was davor geschehen war und danach geschehen sollte, könne Camerarius nur bedauern (A2v-A3v) (Anm. 3).
Nach seiner Rückkehr nach Leipzig habe sich Camerarius wieder seinen Studien hingegeben. Er habe nämlich damals seinen Hörern die Schrift des Aristoteles erklärt, die den Titel "Über den Schutz des Vermögens / der Haushaltung" (De tuenda re familiari) beziehungsweise "Über die Verwaltung und Lenkung des Hauses" (De admimistratione gubernationeque domestica) (A3v) trage. Zu dieser Zeit sei die Kunde an ihn herangekommen, dass Heinrich bald die Tochter des Franz von Lüneburg, (Katharina von Braunschweig-Lüneburg-Gifhorn), heiraten werde (Anm. 4). Camerarius erinnert den Adressaten daran, worauf das Versprechen einer Ehe abziele (A3v-A4r): Ein bereits gesicherter, ererbter Hausstand - was nach Kyros bei Xenophon die beste Grundlage darstelle - werde durch die höchst angenehme Gemeinschaft aller Güter und der gesamten Lebensführung gemehrt. Durch diese (Güter- und Lebensgemeinschaft) werde laut Homer auch die liebenswerte Aufgabe der Ehe vereint (contraheretur negotium coniugii amabile & amoenum?). So würde ein legitimes und rechtmäßiges Verhältnis geschaffen, das nicht nur dazu diene, das Geschlecht fortzupflanzen und für den Staat Bürger nachwachsen zu lassen, sondern das auch in der wechselseitigen Liebe unter gemeinsamer Nutzung des gesamten Vermögens bestehe. Dadurch sollten Vereinigungen von Menschen miteinander geschaffen werden, die durch Gesetze verknüpft sind und auf Recht gegründet sind. Diese (Vereinigungen) würden Staaten (civitates) genannt. Zu deren Gründung strebten die Menschen von Natur aus. Dadurch würden diejenigen, die vor diesen zurückschreckten oder ihnen sogar mit Hass und Waffen nachstellten und Schaden zufügten, zu Verbrechern und Treulosen gegenüber ihrer Art, insbesondere aber gegenüber dem ewigen Gott, der etwas Derartiges geschaffen hat und ein solches Leben auf der Erde führen wollte. Camerarius bete zu Gott, dass dieser höchst ehrenvolle Beschluss (der Eheleute) zu einem glücklichen Ziel führen möge. Die sei nicht irgendeine gewöhnliche und unbedeutsame Vereinigung, sondern von Gott eingerichtet und durch göttlichen Segen gestärkt. Wenn aber schon einige Bedeutung der sterblichen Stimme eines Menschen, der den Segen spricht, zugesprochen werde, was sollten fromme und kirchliche Leute (dann erst) über die himmlische und unsterbliche (Stimme) Gottes denken? Hierzu jedoch nicht mehr.
Als Camerarius einmal eine Disputation über das Eheleben (disputationem quandam de vita maritali) begonnen habe und angefangen habe, die Fragen hierüber in beide Richtungen (in utramque partem scribenddo, Anm. 5) zu erörtern, habe er sich bemüht, dass er das abgeschlossene Werk schließlich an Heinrich schicken könnte.
Camerarius sei überzeugt gewesen, dass der tugendhafte, weise und gebildete Heinrich große Freude an der Lektüre dieser Schrift gefunden hätte. Wenn es ihm möglich gewesen wäre, zu Ende zu führen, was er wollte, hätte man erkennen können, dass das Werk sorgfältig zusammengestellt und ausgearbeitet war, und es hätte die in den schönen Künsten Eifrigen und Erfahrenen erfreuen können. Aber allzu vieles habe sich diesem Unternehmen widersetzt und hätte es nicht zugelassen, dass das Begonnene zu Ende geführt würde. Camerarius habe die Schrift aber nicht so roh und ungestalt herausgeben und an Heinrich schicken wollen. Camerarius führt noch weiter aus, weshalb es nicht zur Publikation seiner Quaestiones nuptiales gekommen ist (A4v-A5r).
Nachdem Camerarius jedoch beschlossen habe, dass er Heinrich etwas aus seinem Werk zusenden wolle, schicke er nun etwas, was dem gegenwärtige Anlass entspreche (id neque abhorrere praesentibus rebus) und seiner würdig sei (A5r). Es sei gründlich durchgelesen (pellectum ?) und diene sowohl der Unterhaltung (voluptas) als auch dem Nutzen (utilitas). Es handele sich um die Erklärung der Theorien (explcatio rerum prudentum & luculentarum) über die Verwaltung, Lenkung, sorgsame Behandlung und den Schutz des Eigentums und des Haushalts (de administranda, regenda, curanda, tuenda re familiari atque domestica). Dies(en Bereich) benennen die Griechen mit dem einen Begriff οἰκονομική. Die Schriften wurden unter der Autorschaft des Aristoteles verbreitet. Camerarius hege auch keine Zweifel, dass Aristoteles der Autor sei; es sei jedoch offensichtlich, dass die Schrift nicht vollständig und ziemlich fehlerhaft überliefert ist. Wie nämlich die Grundlage einer jeden menschlichen Gesellschaft die rechtmäßige Verbindung von Mann und Frau sei, und sowohl die Notwendigkeit der Fortpflanzung des Menschengeschlechts als auch besonders das Unterpfand der wechselseitigen Zuneigung durch diese gewährleistet werde, so verdienen die Voraussetzungen einer so bedeutsamen Sache (exordium tantae rei atque praeparatio) auch eine gründliche Behandlung. Denn so sei klar, was zu tun sei (?), und die Bedeutsamkeit der Sache solle so ausführlich, wie es angemessen ist, betrachtet werden. Dies (Anm. 6) mache alles in frommer und ehrenhafter Gewohnheit einfach und erfreulich, auch wenn Schicksalsschläge eintreten.
Vorträge zu dem vorliegenden Thema würden in dem Bereich der Politik (in ea parte politices) gehalten, der οἰκονομική genannt werde (A5v). Es seien Unterweisungen erhalten, zu denen Camerarius nun seine Beiträge herausgeben und diese Heinrich widmen wolle. Auch für diese Schriften hege Camerarius die Hoffnung, dass sie für den Widmungsempfänger erfreulich und nützlich sein werden.
Die griechischen Werke habe er sorgsam ins Lateinische übersetzt. Dabei habe er sich bemüht, die Meinung anderer nicht nach eigenem Gutdünken auszulegen, zugleich aber auch die Eigenart der Sprache, die er verwende, beim Übersetzen zu bewahren. Damit aber alles in sich übereinstimme, habe es Camerarius für geboten gehalten, auch die von Leonardo Aretino (Leonardo Bruni) den veröffentlichten Büchern beigegebenen Schriften zu übertragen. Freilich hätte er dies lieber aus griechischen Büchern getan, wenn er sie nur hätte bekommen können. Bei den historischen Beispielen zu der verschrobenen Betriebsamkeit, mit der Geld angefertigt wurde, habe ihm die durch die Unwissenheit und Nachlässigkeit der Schreiber verdorbene Schrift sehr zu schaffen gemacht. Die Beispiele seien aber von der Art, dass die Gegenwart der Vergangenheit in nichts nachzustehen scheine. Nichts verhindere irgendwo, dass auch heute Fremdes einfach und vor aller Augen entfernt werden könne und man Farben finden könne, um offensichtlichen Rechtsbruch zu übertünchen. Manche rechtschaffene Leute werden von Abneigung ergriffen, wenn sie solches lesen, andere wiederum werden sich freuen, wenn sie hier ein Abbild der eigenen Vorhaben und Taten erblicken (A5v-A6r). Hierüber wolle er aber nun nicht diskutieren.
Damit das Buch umfangreicher würde, habe Camerarius beschlossen, das letzte Buch aus den "Memorabilien / Erinnerungen an Sokrates" des Xenophon anzufügen, das den Titel "Oeconomicus" trage. Als Camerarius einst begonnen habe, dieses ins Lateinische zu übersetzen, habe es ihn einiges an Mühe und Zeit gekostet, und auch in dieser Ausgabe seien an vielen Stellen Korruptelen (mendosa). Dann sei ihm aber eine Handschrift zu Händen gekommen, und er habe durch Vergleichen einiges geschaffen, was die Mühe wert sei. Auch seine Konjekturen hätten einiges hervorgebracht. Neulich aber habe Henricus Stephanus (Henri Estienne) auch Schriften von Xenophon herausgebracht, die nicht nur ansehnlich mit sehr schönen Lettern gedruckt, sondern auch höchst sorgsam und verständig verbessert seien (Anm. 7). Auf das Urteil und die Autorität des Stephanus gebe Camerarius so viel, dass man wohl keine Zweifel mehr daran anbringen sollte. Deshalb habe Camerarius sich bisweilen gewundert und gefreut, als er feststellen konnte, dass seine eigenen Vermutungen mit den Überlegungen der Ausgabe Estiennes übereinstimmten. Camerarius lobt Estienne, der sich so sehr um das Menschengeschlecht verdient gemacht habe, da er die Werke aus der Antike, die Lehren der Tugend und der Weisheit enthielten, in so großer Zahl und in einem so guten Zustand ans Licht bringe.
Der Brief endet mit der Bitte an den Adressaten um wohlwollende Aufnahme der Widmung und mit Glückwünschen.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- Anm. 1: Als Camerarius, der sich Anfang Oktober 1563 mit seinem Sohn Joachim in Bamberg aufhielt, die Nachricht von der am 3. Oktober durch Wilhelm von Grumbach erfolgten Eroberung Würzburgs erhielt, flüchtete er mit seinem Sohn aus Bamberg Richtung Leipzig (vgl. München, BSB, Clm 10376, Nr. 8, Bl. 14r. und OCEp 0727).
- Anm. 2: Tua Aula ist wohl nicht Hof (Saale), das der Vater Heinrichs (Heinrich IV.) als Anführer der sächsischen Truppen 1553 erobert hatte. Hof wurde bereits 1556 wieder abgetreten. Vielmehr bezieht es sich auf Heinrichs Residenz, die sich überwiegend in Schleiz befand. (Vgl. Meißner, Hermann: Die Stadt Gera und das fürstliche Haus Reuß j. L. Eine chronologische Zusammenstellung der in der Geschichte derselben vorgekommenen wichtigsten Ereignisse, Gera 1893, S. 215-218; Hinweis von Torsten Woitkowitz)
- Anm. 3: Aus Camerarius' Äußerungen wird nicht klar, was vorgefallen ist. Es muss sich um einen Vorfall handeln, den Camerarius als Affekthandlung aufzufassen versucht.
- Anm. 4: Die Hochzeit fand am 9. April 1564 statt.
- Anm. 5: Inhalt der Disputation war es also, die Vor- und Nachteile der Ehe zu erörtern. Dies entspricht auch dem bei Summerus angegebenen Titel: Quaestionum nuptialium libri duo, in quibus disputatur an ducenda uxor, vel non ducenda.
- Anm. 6: Worauf sich der relative Satzanschluss (quod) bezieht, ist nicht ganz deutlich. Vermutlich auf den Ehestand.
- Anm 7: Mit correcta denkt Camerarius sicherlich nicht so sehr an die editorische, als vielmehr an die textkritische Korrektur.