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Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Medizin (CamLex)

Zur Medizin in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts

Ärzte, Handwerkschirurgen und Laienheiler

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Theorie und Praxis der akademischen Medizin

Galen und Hippokrates - Die theoretischen Grundlagen

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Das praktische Verständnis - Krankheit als Fremdkörper

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Therapie und Behandlung

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Iatromathematik und Diätetik

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Herausforderungen für die akademische Medizin

Pest, Schweiß und "Franzosenkrankheit" - Praktische Herausforderungen

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Der griechische Galen - Philologische Herausforderungen

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Das Verhältnis zu Galen - Konzeptuelle Herausforderungen

Neue Texte, neue Länder, neue Ideen

Insgesamt blieb die Medizin auch zu Beginn des 16. Jahrhunderts äußerlich insofern eine mittelalterliche, als die Überlegenheit des antiken Wissens weiterhin anerkannt blieb.[1] Allerdings erforderten besonders drei neue Entwicklungen eine grundlegende Beschäftigung mit den antiken Lehren. Diese waren zum einen die große Menge bisher unbekannter Texte, die zum Beginn des 16. Jahrhunderts auf den Markt kamen. Zweitens führte die Erkundung neuer Länder und Kontinente sowie zunehmend intensivere Erforschung der Natur, in der Fremde ebenso wie in der Heimat, zu neuen Erkenntnissen, die sich mit der etablierten Lehre nicht mehr vereinbaren ließen. Schließlich gab es auch in der Medizin selbst neu aufkommende Ansätze der Wissensgewinnung, die mehr auf Empirie als auf überlieferte Autoritäten setzten. Alles zusammen führte dazu, dass die akademischen Mediziner des 16. Jahrhunderts ihr Verhältnis zu Galens Lehre neu bewerten mussten; teilweise entwickelten sie sie auch weiter oder verwarfen sie vollständig.

Neubewertung

Wie bereits angesprochen stand mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts eine Fülle neuen griechischen Textmaterials zur Verfügung. Dieses galt es zunächst zu edieren, zu übersetzen und sich über die verwendete Terminologie klar zu werden sowie ihre Authentizität zu bestimmen. Dennoch blieben selbst innerhalb von Galens Werk selbst zahlreiche Widersprüche bestehen, die sich nicht durch philologische Methoden auflösen ließen.[2] Auch völlig neue Erkenntnisse ergaben sich aus den bisher unbekannten Texte, nicht zuletzt über Galens eigene Arbeitsmethode. Jahrhunderte lang hatte man ihn als reinen Dogmatiker gesehen und seine Lehre als logisch auf Aristoteles aufbauend unangefochten vertreten. Nun zeigte sich jedoch, dass Galen selbst viel praktisch arbeitete, experimentierte und beobachtete und auch seine Schüler dazu aufforderte. Und er war bereit, seine keineswegs dogmatische Lehre zu überarbeiten und frühere Ansichten zu verwerfen, wenn neue Indizien dies erforderten.[3] Die Folge war, dass Galens Autorität durch die schiere Menge an Texten zwar zunächst gefestigt wurde, dass man zugleich aber Kompromisse eingehen musste, um Widersprüche in seiner Lehre zu klären und neue Krankheiten und Informationen über die Welt darin einzupassen.[4] Bisweilen war eine komplette Neubewertung etablierter Lehren notwendig.

Ein bedeutendes Beispiel für eine Debatte, die sich letztlich am Wortlaut des griechischen Texts entzündete, ist die um den Aderlass.[5] Dieser war über das gesamte Mittelalter hinweg auf Basis lateinischer Galenübersetzungen so praktiziert worden, dass man das Blut möglichst weit entfernt von der erkrankten Stelle abließ (Revulsion). Das Ziel war dabei, die kranke Stelle zu entlasten, indem man schadhafte Materie mobilisierte und von ihr wegleitete.[6] Der Pariser Arzt Pierre Brissot kam nun 1514 zu dem Schluss, dass dies den Lehren von Galen und Hippokrates widersprach, die den Aderlass derivativ praktiziert hätten: Dabei wird das Blut auf der von der Krankheit betroffenen Seite des Körpers entnommen, um die verdorbenen Stoffe direkt auszuleiten. Dies empfahl Brissot nach eigenen Experimenten besonders im Fall der Lungenentzündung. Er eröffnete damit eine Debatte, die die Welt der Medizin über ein halbes Jahrhundert hinweg spaltete und teilweise zu offiziellen Verboten dieser oder jener Aderlassmethode führte.
Einer von Brissots wichtigsten Unterstützern war der deutsche Arzt Leonhart Fuchs, der seine Meinung in einer polemischen Schrift gegen den Löwener Arzt Jeremias Brachelius vertrat. Das Werk wurde 1538 und dann 1540 gleich zweimal jeweils zusammen mit zwei weiteren von Fuchs verfassten Polemiken gedruckt; Camerarius gab allen drei Ausgaben ein Werbegedicht bei, in dem er sich dezidiert auf Fuchs' Seite stellt (↓ Epigramme für medizinische Abhandlungen und Disputationen Dritter).
Ein zweiter Streitpunkt, der ab den 1520er Jahren aufbrach, war die Frage nach der Haltung zur Astrologie.[7] Giovanni Manardi, vielleicht inspiriert von seinem Lehrer Niccolò Leoniceno äußerte sich erstmals in einem undatierten Brief kritisch zur Astrologie, der 1521 publiziert wurde:[8] Hippokrates und Galen seien beide skeptisch gegenüber der Astrologie gewesen. Galen habe zwar in "De diebus decretoriis" einige Kenntnis der Astrologie bewiesen, widerlege diese damit aber erst recht, da er die Bewegung des Mondes anders verstehe, als man sie zu Manardis Zeit auffasse: Somit sei entweder die gegenwärtige Astrologie zu verwerfen, wenn Galen mit seiner Interpretation recht habe, oder aber Galens gesamte Schrift, wenn die aktuelle Auffassung korrekt und damit Galens Folgerungen aus der seinen falsch seien. Manardi folgert, dass die Astrologie für die Medizin letzlich irrelevant sei.[9]
Auch wenn Manardi einige Unterstützer fand, kam er doch nur schwer gegen die etablierte Tradition an. Astrologische Vorstellungen waren im gemeinen Volk weit verbreitet und viele Ärzte waren erfahrene Astrologen. Nicht zuletzt waren es auch die Gelehrten der Wittenberger Universität, allen voran Melanchthon selbst, die sich zur Astrologie bekannten.[10] Vielleicht ist in diesem Kontext die Widmung von Camerarius' Schrift "Norica" an den italienischen Astrologen Luca Gaurico als Bekenntnis zu sehen, durch die Melanchthon diesem zeigen wollte, dass es auch in Deutschland Anhänger der Astrologie gab (→ Astrologie).

Die akademische Medizin existierte nicht in einem Vakuum; auch neue Entwicklungen in Bereichen, die auf den ersten Blick nichts mit der Medizin zu tun hatten, konnten für diese zur Herausforderung werden. Das 16. Jahrhundert war eine Zeit der Entdeckungen. Während spanische Conquistadoren immer tiefer in das neu entdeckte Amerika und russische Händler immer weiter nach Sibirien vordrangen, berichteten Missionare, Naturforscher und Händler von ihren Reisen nach Afrika und Indien.[11] Durch den Buchdruck fanden Reiseberichte ein immer größeres Publikum. Viele Ärzte ließen auch selbst in fernen Regionen nieder, um in der Neuen Welt oder Indien die medizinische Versorgung zu garantieren.[12] Die so gewonnen Erkenntnisse stellten das überlieferte Weltbild auf den Kopf: Zonen im höchsten Norden und in Äquatornähe sollten nach Aristoteles unbewohnt sein; tatsächlich stellte sich heraus, dass hier sehr wohl Menschen lebten.[13] Ebenso gab es hier eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren, die sich nicht in überlieferte Kategorien einordnen ließen.[14] Mit neuen Ländern kamen auch neue, unbekannte Krankheiten, ebenso aber auch neue Heilmittel. Aus Ostindien kam ab 1530 die Chinawurzel, die regelmäßig gegen die Syphilis angewandt wurde.[15] Guajak-Holz, das einzige Heilmittel aus der Neuen Welt, das weithin Verwendung fand, wurde spätestens ab 1508 importiert und war eine Standardtherapie gegen dieselbe Krankheit, prominent im Fall Ulrich von Huttens.[16] Camerarius nutze es 1542 erfolgreich gegen ein langwieriges Geschwür (↓ Malum pedis inveteratum - Ein hartnäckiges Geschwür).
Es waren jedoch nicht nur ferne Länder, in denen man mit neuen Erkenntnissen zu rechnen hatte. Schon lange war bekannt, dass die Zuordnung vieler in der antiken Literatur beschriebener Pflanzen und Naturstoffe problematisch war; viele Heilmittel zeigten völlig andere Wirkungen, als in den klassichen Werken beschrieben waren. Zunehmend wurde offensichtlich, dass dies nicht nur ein Problem der Zuordnung und Bestimmung war, sondern ein systemischer Defekt: Das klassische pharmakologische Werk, "De materia medica" des Dioskurides, beschäftigte sich naturgemäß vor allem mit den Heilmitteln, die in Dioskurides' eigener Umgebung, im südöstlichen Mittelmeerraum zu finden waren, sowie mit exotischeren Substanzen aus Indien; für die ebenfalls weithin rezipierten arabischen Autoren galt dasselbe. So genügte es für mittel- und nordeuropäische Mediziner schon, sich mit der einheimischen Natur und Pflanzenwelt vertrauter zu machen, um zunehmend die Mängel und Grenzen der klassischen medizinischen Werke zu erkennen.[17]

Weiterentwicklung

Auch in der Medizin selbst begann man, neue Wege der Erkenntnis zu beschreiten und so das in Galens Schriften überlieferte Wissen zu überprüfen und zu erweitern, besonders in der Anatomie. Zwar handelt es sich bei dem oft zitierten Sektionsverbot der Kirche, die den mittelalterlichen Ärzten so jegliche Möglichkeit zur Autopsie des menschlichen Körpers genommen habe, um einen weit verbreiteten Mythos, der sich durch keinerlei kirchliche Beschlüsse bestätigen lässt;[18] allerdings war das Thema in der Bevölkerung sehr wohl ein Stück weit tabuisiert:[19] Auch Joachim Camerarius wollte nicht, dass sein Körper nach seinem Tod auf die Todesursache untersucht würde (↓ Nierensteine - eine Familienkrankheit). Hinzu kam die praktische Schwierigkeit, überhaupt an geeignete Körper zu kommen.[20]
Lange Zeit hatte sich das Studium der Anatomie außerdem darauf beschränkt, geeignetes Anschauungsmaterial für Vorlesungen zu stellen. Wie Vivian Nutton feststellt, bedeutete Galens Werk bei all seiner Bedeutung so beinahe das Ende der Anatomie: Warum sollten die mittelalterlichen Ärzte selbst Körper aufschneiden und darin nach neuen Erkenntnissen suchen, wenn der Begründer der Medizin dies schon selbst getan und seine Ergebnisse ausführlich und systematisch niedergeschrieben hatte?[21] Anatomische Vorlesungen liefen entsprechend typischerweise so ab, dass ein lector, typischerweise der Medizinprofessor, aus einem anatomischen Lehrwerk vorlas und dieses erläuterte, während ein dissector, meist ein Handwerkschirurg, das einen Leichnam öffnete und das vom Lektor angesprochene am offenen Körper demonstrierte. Teilweise wurden die Aufgaben des Lektors noch einmal aufgeteilt: Ein iunior las dann den Text, während der Professor diesen erläuterte.[22]

Diese Grundeinstellung änderte sich jedoch im 16. Jahrhundert: Während zuvor das Zeigen des Erläuterten im Mittelpunkt der Sektion gestanden hatte, verschob sich der Akzent nun in Richtung des Suchens nach Neuem und der Überprüfung des bei Galen Dargestellten.[23] Die Autopsie stand nun im Mittelpunkt der Anatomie.[24] Hier wird oft Andreas Vesalius als die Person genannt, die diese Revolution in Gang gesetzt habe; sein 1543 veröffentlichtes Werk "De humani corporis fabrica" habe als erstes Fehler bei Galen aufgezeigt und bisherige Lehren obsolet gemacht. Dies ist jedoch so nicht ganz korrekt.[25] Tatsächlich war das Interesse an der Anatomie bereits mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts gestiegen; so hatte etwa Alessandro Benedetti schon 1502 die Galenhörigkeit mancher Anatomen kritisiert.[26] Wie weiter oben dargestellt, entstand im 16. Jahrhundert auch zunehmend ein Bewusstsein dafür, dass Galen Fehler gemacht hatte. "Die Kritik an Galen und die Erneuerung der Anatomie lagen zu Vesals Zeit also gewissermaßen in der Luft",[27] oder, wie Vivian Nutton schreibt: "Vesalius was pushing on a door that was already open."[28] Dies entsprach einer allgemeinen Entwicklung, die auch in der Pharmakologie zu beobachten war, in der die Empirie in der Medizin immer mehr an Bedeutung gewann.[29]
Eine Neuerung, die tatsächlich auf Vesal zurückzugehen scheint, ist allerdings, dass er in seinen Vorlesungen sowohl die Rolle des Lektors als auch die des Dissektors übernahm;[30] in gewisser Weise brach Vesal hier das Eis: Während nach der Meinung der mittelalterlichen Ärzte die praktische Tätigkeit des Sezierens ihrem Selbstbild als Buchgelehrte widersprach, war sie nun nicht mehr unter der Würde der studierten physici. Allerdings war auch diese Entwicklung teilweise bereits vor Vesal im Gange.[31] Vesals Praxis sowohl, zu lesen als auch zu sezieren, verbreitete sich im Anschluss weiter; die traditionelle Arbeitsteilung hielt sich jedoch mancherorts noch lange.[32]
Vesals zweite Hauptleistung war es, durch die Arbeit an menschlichen Körpern festzustellen, dass Galens anatomische Erkenntnisse vor allem auf der Sektion von Tieren beruhten. Die griechische Arzt hatte viele der Entdeckungen, die er an Tierkörpern machte, einfach auf den menschlichen Körper übertragen, was teilweise nicht ganz unproblematisch war.[33] Während andere Anatomen bereits vor ihm Fehler in Galens Lehre gefunden hatten, war es Vesal, der als erster darauf hinwies, dass diese systematisch von der fehlerhaften Übertragung vom Tier auf den Menschen herrührten.[34] Eigene Neuentdeckungen machte Vesal dagegen kaum; bei den meisten handelte es sich um Korrekturen bisheriger Lehrwerke.[35]

Vesals "De humani corporis Fabrica" war somit vor allem insofern bedeutend, als das Buch die bis dahin akkurateste und vollständigste Beschreibung des menschlichen Körpers bot; dabei war es weder besonders revolutionär noch fehlerfrei.[36] Die Reaktionen waren insofern gespalten: Während das Buch in Leipzig innerhalb eines Jahres ausverkauft war und die Wittenberger Mediziner und Philipp Melanchthon Vesal als Fortsetzer des Werkes feierten, das Galen begonnen habe und nicht hatte vollenden können,[37] verteidigten andere Galen: Nicht dieser habe falsch gelegen, sondern der heroische römische Körper sei seit der Antike degeneriert.[38] Auch stellte man schnell fest, dass Vesal Galen teilweise missverstanden habe, und wies auf Fehler in Vesals Werk selbst hin: Tatsächlich hatte Vesal trotz seiner Kritik an Galen aus praktischen Gründen selbst weiter viel an Tierkadavern gearbeitet und hatte so ebenso wie Galen manche Entdeckung von dort fälschlicherweise auf den Menschen übertragen. Außerdem wurden Plagiariatsvorwürfe laut, da Vesal ganze Passagen aus Galens Werken unverändert übernommen hatte.[39]

Der Sinn der Anatomie wurde auch im 16. Jahrhundert noch oft hinterfragt. Einige Argumente, die teilweise seit der Antike gegen die anatomische Praxis vorgebracht wurden, zitiert Vivian Nutton:[40] Man könne anatomische Erkenntnisse ebenso gut aus der Sektion von Tieren gewinnen, indem man das Gefundene auf den Menschen übertrage; die Fehleranfälligkeit dieser Methodik zeigte allerdings Andreas Vesalius auf. Ebenso wurde die Meinung geäußert, dass die chirurgische Praxis ausreichende Erkenntnisse liefere und Sektionen Toter keinen Mehrwert darüber hinaus hätten. Außerdem genüge es doch, einmal alles anatomische Wissen zusammenzustellen; wiederholte Sektionen brächten keinen Erkenntnisgewinn. Ohnehin seien grundlegende anatomische Kenntnisse für die studierten Ärzte ausreichend, da sie ja nicht mit mechanischen Wunden zu tun hätten. Nicht zu letzt wurde als häufiges Argument vorgebracht, dass die aus Sektionen gewonnenen Erkenntnisse über den Aufbau des toten Körpers praktisch irrelevant seien, da Krankheiten nach der gängigen universitären Lehre ja durch Ungleichgewichte im lebendigen Körper zustandekamen; diese ließen sich an Verstorbenen jedoch nicht beobachten.[41]
Tatsächlich gibt es außerhalb der Chirurgie kaum Beispiele für klinische Anwendungen der Anatomie.[42] Dennoch fanden anatomische Demonstrationen im 16. Jahrhundert immer größeres Interesse, da die Ärzte ihre Patienten bei der Behandlung beraten mussten und oft auch die Aufsicht über die lokalen Handwerkschirurgen, Starstecher und Steinschneider führten.[43] Außerdem gewann die Anatomie auch im Rahmen der Naturphilosophie und Theologie zunehmend an Bedeutung: Die zeitgenössische Naturphilosophie nahm ebenso wie die Medizin zunehmend von antiken Autoritäten Abstand und setzte auf die empirische Erforschung der Welt. Diese wurde als Gottes Schöpfung gesehen. Die Erforschung der Natur und somit auch des menschlichen Körpers als deren Krönung kam damit der Erforschung von Gottes Willen und Wirken gleich und wurde so geradezu zur "Christenpflicht"[44]. Gerade in dem von Wittenberg beeinflussten Protestantismus wurde die Anatomie so geradezu "zur theologischen Hilfsdisziplin"[45] und die Sektion zum Gottesdienst (↓ Die Medizin an der Universität Wittenberg).

Verwerfung

Einen besonders radikalen Weg schließlich gingen diejenigen Gelehrten, die sich ganz von der galenistischen Medizin abwandten. Der bedeutendste von ihnen war gewiss Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, besser bekannt unter dem Namen Paracelsus. Er war schon zu Lebzeiten eine kontroverse Figur. Sein Vater, von Beruf Arzt, vermittelte ihm umfangreiche Kenntnisse über Mineralogie; vermutlich studierte Paracelsus dann in Wien und vielleicht Ferrara, anschließend führten ihn Reisen angeblich durch ganz Europa, von Spanien bis Moskau und in die Türkei. Anfang 1527 trat er in Basel auf, wo es ihm gelang, den Buchdrucker Johann Froben vor einer Beinamputation zu bewahren. Dies brachte ihm den Respekt der lokalen Humanisten ein; er wurde Stadtarzt und las an der Universität. Zugleich machte er sich zahlreiche Feinde, indem er dieser den Eid verweigerte und sich öffentlich gegen den Medizinunterricht nach Galen und Hippokrates ausprach: Er selbst wolle auf Basis seiner eigenen Erfahrung unterrichten. Am 24. Juni 1527 verbrannte er öffentlich eine Ausgabe von Avicennas "Canon", woraufhin die Universität ein Lehrverbot gegen ihn aussprach. Paracelsus unterrichtete dennoch, und zwar auf Deutsch.[46] Sein Schüler Johann Oporinus äußerte sich später zu Paracelsus' akademischer Unkenntnis, seinem seltsamen Verhalten und seiner heftigen Kritik sowohl am Papst als auch an Luther.[47]
Der Verlust seines Fürsprechers Froben, der im Oktober 1527 starb, und Klagen eines Patienten veranlassten Paracelsus schließlich zur Flucht aus Basel. Im Anschluss zog er als Wanderprediger und Chirurg durch Süddeutschland, Österreich und die Schweiz, bis er 1541 in Salzburg starb.[48]

Trotz seiner ungewöhnlichen religiösen und sozialen Einstellungen, die wohl hauptsächlich für seine Probleme verantwortlich waren, zog Paracelsus immer wieder wohlhabende Patienten an. Immer wieder gelang ihm wohl auch die Heilung von Patienten, die andere Ärzte bereits aufgegeben hatten.[49] Es sind Berichte von solchen Wunderheilungen, die vor allem postum für seinen großen Erfolg sorgten.[50] Hinzu kam die Tatsache, dass Paracelsus auf Deutsch publizierte: Der deutschsprachige Raum wies eine relativ hohe Alphabetisierungsrate auf[51] und erstreckte sich durch Siedler und Kaufleute wesentlich weiter vor allem nach Osteuropa als heute, sodass Paracelsus eine große Reichweite seiner Schriften garantiert war. Außerdem gab es im deutschsprachigen Raum eine lange Tradition medizinischer Laienliteratur; das Publikum war also sowohl interessiert als auch an medizinische Inhalte gewöhnt: "By deliberately choosing to write in German, Paracelsus was not cutting himself off from learned society, but aiming for as wide an audience as possible within a German-speaking world that had long been accustomed to reading printed books by other doctors on similar themes."[52]

Großen Erfolg hatte seine 1536 publizierte "Grosse Wundartzney".[53] Sein Werk ist durchzogen von seinem Verständnis von Mineralogie, Bergbau und Destillation. Anstatt der klassischen vier Säfte oder Primärqualitäten sind es für ihn die Stoffe Salz, Schwefel und Quecksilber mit den Qualitäten fest, brennbar und lebendig, aus denen die Welt besteht. Bei der Behandlung von Krankheiten setzte er nicht auf die Diätetik oder Heilkräuter, sondern auf angeblich schneller wirkende Drogen auf mineralischer Basis; Naturstoffe wirkten außerdem laut seiner Lehre dann am besten, wenn sie durch Destillation auf ihre Quintessenz reduziert wurden.[54]

Paracelsus' medizinische Vorstellungen entsprachen und resultierten teils aus seinen theologischen Anschauungen: Wie für Luther, den er allerdings ebenso kritisierte wie den Papst, folgte für ihn wahres Christentum nicht aus der Teilnahme an den Sakramenten, sondern aus der persönlichen Beziehung zu Gott. Ebenso basierte wahre medizinische Kenntnis nicht auf Autoritäten, sondern auf persönlicher Erfahrung.[55] Für den Patienten ist zur Heilung das Vertrauen auf Christus essentiell: "It is not the patient's trust in the Hippocratic doctor that will bring about healing, the message of the opening section in the Hippocratic Prognostics, but the belief of both doctor and patient in the Christian God. Christian love, not book-learning, must lie at the basis of all healing."[56] Auch Paracelsus betont im Übrigen die Bedeutung der Erkundung der Natur zur Gotteserkenntnis: Reisen sind daher für ihn unerlässlich, um Gottes Schöpfung wahrhaft kennenzulernen und die Natur wirklich zu verstehen.[57]
Dazu kamen neuplatonische und gnostische Ansichten, die Paracelsus leiteten.[58] Für ihn lässt sich der wahre Arzt von Gott leiten, der in der Natur Hinweise hinterlassen hat; diese muss der Arzt nur erkennen. So gab die Form oder Farbe eines Naturproduktes Aufschluss darüber, gegen welche Krankheiten es einzusetzen war.[59] Damit widersprach Paracelsus der galenistischen Standarddoktrin der Allopathie, wonach Gegensätzliches Gegensätzliches heile.

Paracelsus' nicht-theologische Schriften wurden mehrheitlich erst nach seinem Tod gedruckt. Katalysator war Adam von Bodenstein, Sohn des Reformators Andreas Bodenstein, genannt "Karlstadt", der zusammen mit anderen Paracelsus' Schriften sammelte und nach und nach auch gegen Widerstand drucken ließ. Ab den 1560er Jahren kamen auch lateinische Übersetzungen der Werke auf den Markt.[60] Vor allem unter den Protestanten fand Paracelsus durch seine theologischen Vorstellungen ein breites Publikum; viele andere Leser interessierten vor allem die alchimistischen und magischen Aspekte seiner Lehre. Auf der anderen Seite wurde auch schnell Kritik laut und Paracelsus wurde der Magie, des Arianismus und der Scharlatanerie beschuldigt.[61] Dennoch begann sich seine Lehre spätestens mit den lateinischen Übersetzungen von 1575 einzubürgern und war bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts ebenso wie die Kritik an ihr wohl etabliert.[62]

Michael Stolberg argumentiert allerdings, dass die Schriften von Paracelsisten und Galenisten zwar von gegenseitiger Polemik geprägt waren, der Gegensatz in der Realität jedoch nicht so gravierend gewesen sei. Galenistische Ärzte scheinen sich häufig recht offen für paracelsistische, "chymische" Heilmittel gezeigt zu haben - gerade für solche gegen bisher unheilbare Krankheiten -, auch wenn sie sich weniger für die dahinter stehenden Theorien interessierten.[63] Zugleich war der Bruch der Paracelsisten mit Galens Lehre zwar besonders radikal, entsprach aber, wie dargestellt, im Großen und Ganzen dem Zeitgeist.[64] Auch die Betonung der Quintessenz war nicht komplett neu; Destillationstechniken existieren schon lange, und auch "okkulte" Kräfte von Naturstoffen - also solche Heilkräfte, die nicht durch Kenntnis der Bestandteile vorherzusagen waren, sondern auf unerklärliche Weise aus der gesamten Substanz (tota substantia) hervorgingen - gewannen im 16. Jahrhundert allgemein an Bedeutung.[65] Mineralische und metallische Heilmittel fanden durch Paracelsus' Lehre regelmäßigen Eingang in Krankheitskuren, jedoch waren auch sie schon vorher angewandt worden. Die Kritik der galenistischen Ärzte richtete sich hier weniger gegen die Kuren an sich als gegen übertriebene Hoffnungen, die man in diese setzte.[66]
Die paracelsistischen Ärzte dagegen verwendeten bei der Beratung und Behandlung von Patienten oft dieselbe Terminologie wie die Galenisten und sprachen von "verdorbener gelber Galle", von "Verstopfungen der Galle", einem "Überschuss an Schleim im Körper" oder "Flüssen".[67] Während Laienpatienten für paracelsistische Wunderkuren gewiss offen waren, fiel die Kommunikation neuer medizinischer Theorien deutlich schwerer; insofern war es auch für Anhänger des Paracelsus einfacher, sich gegenüber Patienten der etablierten Erklärungsmodelle und Terminologie zu bedienen.[68]

In Umfeld des Joachim Camerarius war es vor allem der Mathematiker und später auch Mediziner Georg Joachim Rheticus, der sich für die paracelsistische Lehre offen zeigte und auch Schriften des Paracelsus übersetzte.[69] In einem Brief vom 09.11.1558 berichtet er von Wunderheilungen des Paracelsus.[70] In einem Brief an Camerarius' Sohn Joachim vom 01.02.1563 schreibt er, er sehe, dass sich in Deutschland mit Paracelsus' Lehre eine neue medizinische Schule verbreite, und zeigt sich offen, Teile der Lehre zu übernehmen, die mit Vernunft und Erfahrung zusammenpassen (quae cum ratione et experientia consensiunt).[71] Dem Thaddaeus Hagecius schreibt Rheticus am 10.05.1567 gar, dass er an Paracelsus' Schriften Gefallen finde.[72] Und aus einem weiteren Brief an den jüngeren Camerarius vom 29.05.1569 erfahren wir, dass Rheticus Paracelsus 1532 persönlich getroffen hatte; er bezeichnet Paracelsus sort als großen Mann (vir magnus), der hervorragende Schriften produziert habe (praeclara edebat opera), merkt allerdings auch an, dass er keinen Schüler von Paracelsus' Lehre kenne, der auch Schüler des Paracelsus selbst gewesen wäre, wohl ein Hinweis auf Paracelsus' ungewöhnlichen Charakter. Falls Camerarius Paracelsisten kenne, fordert Rheticus ihn auf, für ihn Kontakt herzustellen.[73]
Rheticus' Hinwendung zum Paracelsismus bezeugt und bedauert Andreas Dudith in einem Brief an den älteren Joachim Camerarius vom 15.05.1569.[74] Am 08.02.1570 schreibt Dudith, Rheticus irre weiter als Argonaut mit Paracelsus als Steuermann auf dem Meer umher und weigere sich trotz wiederholten Schiffbruchs, den Ozean und seine Ungeheuer hinter sich zu lassen.[75] Am 6. Juli desselben Jahres berichtet Dudith dem jüngeren Camerarius dasselbe und verweist darauf, dass die Paracelsisten zwar ihre Versprechungen nicht halten könnten, dass die klassischen Ärzte aber ebenso wenig in der Lage seien, Zahn oder Kopfschmerzen oder gar Wassersucht, Epilepsie oder Podagra zu heilen.[76] An Thaddaeus Hagecius schreibt Dudith am 12.04.1573, Rheticus halte sich in Ungarn auf und bewundere Paracelsus.[77]

(Alexander Hubert)

Die Medizin an der Universität Wittenberg

Die Stellung der Medizin bei Philipp Melanchthon

Wie auch die anderen Wissensfelder ist die Medizin an der Universität Wittenberg im Kontext von Philipp Melanchthons Naturphilosophie zu sehen: Die Betrachtung der Natur dient in erster Linie der Gotteserkenntnis (entsprechend auch die → Astrologie und die → Mathematischen Wissenschaften) und ist insofern eine Hinführung zur → Theologie.[78] Dasselbe gilt auch für die Medizin, die den Menschen von Gott gegeben ist, um diesen zu erkennen; dementsprechend ist es nicht nur dumm, sondern zeugt von Gottlosigkeit (impietas), die Medizin geringzuachten.[79] In seiner Rede "De doctrina anatomica" sagt Melanchthon über die Anatomie, diese sei eine Ernährerin vieler Tugenden, von denen die erste und wichtigste die Erkenntnis Gottes sei.[80] Sie diente aber "[n]icht nur der Erkenntnis Gottes, sondern auch ... des Menschen selbst"[81] und war damit "integraler Bestandteil seines anthropologischen Entwurfs"[82]. Entsprechend forderte er gewisse anatomische Kenntnisse nicht nur von Medizinstudenten, sondern von Studenten aller Fakultäten; nicht danach zu streben, sei geradezu eine Schande.[83]

Ansonsten war die akademische Medizin für Melanchthon "in erster Linie eine Buchwissenschaft"[84]. Die Studenten sollten im Rahmen ihres Studiums sowohl die Anatomie als auch die Identifikation und Therapie von Krankheiten in erster Linie aus Büchern lernen.[85] Bereits 1519 betonte er den großen Wert der griechischen Autoren für die zeitgenössische Medizin. In seiner an den Herausgeber Peter Burckhard gerichteten Vorrede zu Hippokrates' "Parva Hippocratis tabula" schreibt Melanchthon, der größte medizinische Autor, Hippokrates, liege verachtet darnieder; wenn er wieder auflebe, bestehe noch Hoffnung für die Medizin.[86] Es war Galen, der für ihn die Grundsteine der Medizin gelegt hatte, auch wenn andere Griechen und Araber die Medizin mit großem Verdienst ausgeübt hätten.[87] Dies war denn auch das Zentrum von Melanchthons Konzept: "Im Vordergrund stand die Wiederentdeckung der antiken medizinischen Schriften, die die mittelalterlichen Übersetzungen und Kommentare als grundlegende Texte der Universitätsmedizin ablösen sollten."[88]
Zugleich legte Melanchthon großen Wert auf die philosophische Grundbildung der Ärzte, die es zur dringend notwendigen Erkenntnis der Ursachen von Krankheiten brauche; wer sie nicht habe, müsse eher Henker denn Arzt genannt werden.[89] Nicht umsonst war auch in Wittenberg ein Studium an der Artistenfakultät notwendige Voraussetzung für das Medizinstudium. Für Bewerber, die keinen Magister Artium nachweisen konnten, wurde die Mindeststudienzeit für den Baccalaureus medicinae von zwei auf drei Jahre erhöht.[90]

Melanchthon war mit seiner hohen Wertschätzung für Galen und der Erwartung, dass die Wiederentdeckung des Hippokrates die Medizin voranbringen würde, ganz auf der Höhe seiner Zeit (s.o.). Zugleich bedeutete dies jedoch nicht nicht, dass er spätere Werke grundsätzlich ablehnte. So empfahl Melanchthon explizit die Lektüre von Avicennas "Canon".[91] In der zweiten überarbeiteten Auflage seiner Schrift "De anima" von 1553 fügte er auch neue Erkenntnisse aus Andreas Vesalius' Schrift "De humani corporis fabrica" hinzu.[92] Dieser, so die Wittenberger Auffassung, hatte mit seiner empirischen Anatomie nur die Arbeit fortgesetzt, die Galen begonnen und nicht hatte vollenden können.[93]

Die Medizinische Fakultät in Wittenberg

An der Wittenberger Universität entwickelte sich die Lehre der Medizin im 16. Jahrhundert in drei Stufen: Die Statuten der Universität von 1508[94] legen ursprünglich zwei medizinische Professuren fest: Eine "niedere" Professur für die theoretische sowie eine "höhere" Professur für praktische Medizin; erstere sollte ein Doktor oder Lizentiat, letztere ein Doktor bekleiden. Die praktische Medizin sollte dabei am Vormittag im Sommer ab sechs, im Winter ab sieben Uhr gelesen werden, die theoretische folgte dann am Nachmittag ab ein Uhr. Auf dem Lehrplan standen Rhazes "Liber nonus ad Almansorem", Auszüge von Avicennas "Canon" sowie Kommentare zu diesen, Hippokrates Aphorismen sowie lateinische Versionen von Galens "Articella" und "De febribus ad Glauconem"; gelesen wurde in einem Zyklus von vier Jahren, dann wiederholten sich die Vorlesungen.[95]
Die Aufteilung in eine Professur für "Praktische Medizin", die sich mit der Lehre von Krankheiten und ihrer Behandlung befasste, und eine für "Theoretische Medizin", die sich mit allgemeinen Fragen um die Medizin und der allgemeinen Körper- und Säftelehre nach Galen befasste, entsprach dem üblichen Normalfall für das 16. Jahrhundert, allerdings war die Gewichtung zu Beginn des Jahrhunderts in der Regel umgekehrt: Die theoretische Professur war die höhere, die praktische die niedere.[96] Erst im Laufe der Zeit kehrte sich die Gewichtung mit dem Aufstief der Empirie langsam um,[97] sodass Wittenberg hier eine spätere Entwicklung bereits früh antizipierte. Üblicherweise stieg der niedere Professor bei Vakanz der höheren Professur in diese auf.[98]
In der Fundationsurkunde des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen von 1536[99] werden dann erstmals drei Professuren eingerichtet. Der erste Professor, der einen Doktortitel haben sollte, sollte "die nutzlichsten bücher hipocratis und galeni" lesen, der zweite Doktor Rhazes und Avicenna; der dritte Professor sollte zumindest Lizentiat sein und anatomische Vorlesungen halten.[100] Auch wenn die zu lesenden Texte nicht genauer benannt sind, ist doch klar der Vorrang der Griechen gegenüber den Arabern zu erkennen.[101]
Einen dritten Schritt bedeuteten schließlich die neuen Statuten der Universität von 1572, die "deutlich die humanistische Grundorientierung der medizinischen Fakultät" zeigten.[102] Die ersten zwei Professoren sollten nun beide Schriften von Hippokrates und Galen, aber auch anderer antiker Ärzte lesen, mit deren Inhalten "die Lehren arabischer Ärzte sorgfältig verglichen werden" sollten. Der dritte Professor hatte unter anderem die Anatomie zu lesen. Ihm wird auch explizit die Korrektur von Galens Schriften nach den neuen Erkenntnissen Vesals und Gabriele Falloppios geboten.[103] Außerdem wird der Universität dort für ihre Sektionen Zugriff auf die Leichen gehängter und enthaupteter garantiert.[104]

Indem er sich auf die in den "Scripta publice proposita" gedruckten Vorlesungsankündigungen der Jahre 1540 bis 1569 stützt, kommt Jürgen Helm zu dem schluss, dass den erhaltenen Quellen zufolge "der medizinische und anatomische Unterricht an der Wittenberger Universität weitgehend mit Melanchthons programmatischen Reden und Texten übereinstimmte".[105] Demnach wurden im entsprechenden Zeitraum vor allem Galen sowie teilweise Rhazes und Avicenna gelesen, bisweilen sogar Melanchthons Schrift "De anima".

(Alexander Hubert)

Die Medizin an der Universität Leipzig

Auch an der Universität in Leipzig war ein Studium an der Artistenfakultät Voraussetzung für das Medizinstudium.[106] Bereits seit 1438 bestanden eine "höhere" Professur für "Therapie", also wie in Wittenberg für praktische Medizin, und eine "niedere" Professur für "Pathologie", also Krankheitslehre oder theoretische Medizin. Die höhere Professur war bis 1796 automatisch mit dem Dekanat verbunden.[107] Gelesen wurden in der theoretischen Medizin der erste Teil von Avicennas "Canon", Galens "Ars parva" sowie Hippokrates' Aphorismen; in der praktischen Medizin Rhazes (wahrscheinlich "Liber ad Almansorem", "Liber continens" und "Liber de variolis et morbillis") sowie die Bücher IV und V von Avicennas "Canon" (Fieber- und Heilmittellehre).[108] Für die Doktorpromotion ging man gerade in der frühen Zeit der Universität meist ins Ausland, in der Regel nach Italien.[109] Eine Evaluation des Herzogs Georg bemängelte 1502 die schlechte medizinische Ausbildung in Leipzig.[110]
1531 wurde eine Professur für Physiologie eingerichtet und allen drei Professuren dasselbe Gehalt zugeordnet; der neue Professor wurde zudem speziell als Ratgeber für Syphiliskranke in den Hospitälern abgestellt.[111] Eine vierte Professur für Chirurgie wurde schließlich 1542 durch Herzog Moritz von Sachsen eingerichtet.[112] Die dafür angedachten Mittel wurden aber zunächst anderweitig verwendet, darunter für die Anstellung des zunächst dritten Mathematikprofessors Johann Hommel;[113] zu dieser Umwidmung kam es auf Anregung von Joachim Camerarius (→ Mathematische Wissenschaften). Erst als Kurfürst August insistierte, wurde die Stelle 1554 mit Gregor Schett besetzt.[114]

Auch ansonsten wurde die Medizin in Leipzig zwar wohl gefördert, jedoch wurden die entsprechenden Maßnahmen nur langsam umgesetzt: Ein hortus medicus wurde 1542 durch Moritz von Sachsen bewilligt, doch erst 1576 gegründet.[115] Außerdem ordnete Moritz 1543 mit den neuen Statuten der Universität jährliche Sektionen an;[116] deren Durchführung konnte zunächst jedem beliebigen Fakultätsmitglied aufgetragen werden, mit der Zeit übernahm sie jedoch regelmäßig der Professor für Chirurgie.[117] Allerdings fehlte zunächst ein passender Raum, bis 1555 im Gebäude der Artistenfakultät zufällig ein Raum frei wurde; "relativ rasch verlagerten sich die ... Sektionen jedoch in ein Nebengelaß des Paulinerkreuzgangs"[118]. Tatsächlich fanden sie aber offenbar so selten statt, dass Herzog August 1580 die Fakultät zu ihrer regelmäßigen Durchführung ermahnen musste.[119]

(Alexander Hubert)

Camerarius und die Medizin

Joachim Camerarius stand zu zahlreichen Medizinern in persönlichem Kontakt. Mit großem Abstand am meisten erhaltene Briefe umfasst die Korrespondenz mit dem Breslauer Arzt Johannes Crato: Die Ärztebriefdatenbank[120] listet nicht weniger als 456 Briefe Cratos an Camerarius und 121 Briefe von Camerarius an Crato auf. Doch auch aus Korrespondenzen mit anderen Ärzten sind zahlreiche Briefe erhalten. Die Mediziner Leonhart Fuchs, Wolfgang Fuhrmann, Hieronymus Herold und Sebald Hauenreuter gehörten mit respektive 28, 33, 17 und 55 erhaltenen Briefen ebenso zu Camerarius' Korrespondenzpartnern wie sein ehemaliger Kommilitone Antonius Niger, die Leipziger Ärzte und Professoren Wolfgang Meurer und Andreas Ellinger sowie die Wittenberger Jakob Milich und Caspar Peucer; im Süden reichte sein Netzwerk bis hinunter nach Wien zu Johannes Sambucus, im Norden hielt er zu den Preußen Johann Placotomus und Matthias Stojus[121] mehr oder weniger regelmäßigen Kontakt.
Außerdem war Camerarius auch persönlich medizinisch höchst interessiert. Dies war sicherlich mit biographisch begründet, war doch seine Lebensgeschichte immer wieder von langwierigen und schweren Krankheiten geprägt (↓ Varii morbi - Camerarius als Patient). Ebenso stand Camerarius Familie, Freunden und Bekannten gerne mit Rat und Tat bei Seite, wenn deren Gesundheit es erforderte (↓ Medizinkenntnisse und medizinische Ratschläge an Dritte). Eine im 16. Jahrhundert weit verbreitete Behandlungsmethode war der Besuch von Thermalbädern; Camerarius setzte eine Weile auf Badbesuche, als ihn ein langwieriges Geschwür am Bein plagte. Es verwundert daher nicht, wenn das Thema Badekultur auch in Camerarius' Werk vertreten ist (↓ Badbesuche). Nicht zuletzt waren die Pest und andere Epidemien zu Camerarius' Zeit allgegenwärtig und prägten das alltägliche Leben ebenso wie das literarische Schaffen (↓ "Pest" und Epidemiegeschehen).

Es ist daher keineswegs erstaunlich, dass medizinische Themen, in der Regel in Rückbezug auf antike Formen und Inhalte, in Camerarius' gesamtem Werk reichlich vertreten sind. Er verarbeitet sie poetisch in Lobhymnen auf die Gesundheit (↓ In Orpheus' Fußstapfen - Camerarius' Lob der Gesundheit), in diätetischen Lehrgedichten (↓ Diätetik) und in Werbegedichten für medizinische Schriften (↓ Epigramme für medizinische Abhandlungen und Disputationen Dritter). Außerdem beschäftigt sich der astrologisch interessierte Camerarius natürlich mit iatromathematischen Themen (↓ Iatromathematik).
An der Gesamtedition der Schriften Galens, die 1538 in Basel unternommen wurde, um eine Alternative zu dem höchst fehlerhaften Text der Aldine von 1525/26 zu bieten, ist er ebenfalls beteiligt (↓ Beteiligung an der Galen-Edition). Als die Pest in Nürnberg wütet, veröffentlicht er hochaktuell eine Sammlung antiker Theriakrezepte (↓ Theriak) und versucht so, seine Expertise in den antiken, besonders griechischen Schriften einzubringen. Philologie und Medizin verbindet Camerarius, als er umfangreiche terminologische Materialsammlungen anlegt und teilweise veröffentlicht, in denen er die antike medizinische Terminologie aufarbeitet (↓ Terminologie). Schließlich fanden medizinische ebenso wie diverse andere Themen Eingang in seine großen Sammlungen gemischter quaestiones (↓ Medizinisches in den "Decuriae" und der "Appendix problematum").

Camerarius bleibt dabei stets seinem Spezialgebiet, der antiken Literatur treu; neue medizinische Erkenntnisse sind von ihm nicht zu erwarten, seine Herangehensweise ist stets eine philologische. Im Privaten zeigt er sich jedoch Neuem gegenüber durchaus aufgeschlossen, wenn Altes versagt: So ist es das aus der Neuen Welt importierte Guajak-Holz, das ihn letztlich von seinem Geschwür heilt (↓ Malum pedis inveteratum - Ein hartnäckiges Geschwür).
Auch hindert ihn seine philologischer Herangehensweise nicht daran, geradezu wissenschaftsphilosophische Überlegungen anzustellen: In dem an Johannes Magenbuch gerichteten Vorwort seiner Theriak-Schrift von 1533 kritisiert er die zeitgenössischen Ärzte, deren Therapien bei aller Naturkenntnis doch meist erfolglos blieben, selbst wenn die Patienten ihre Ratschläge genau befolgten.[122] Dieser Gedanke findet im Übrigen auch in einem griechischen Spottepigramm auf die modernen Ärzte nach hellenistischem Vorbild Ausdruck.[123] Die Schuld sieht er dabei bei den Ärzten: Diese konzentrierten sich zu stark auf die überlieferte medizinische Literatur und darauf, antike Medikamentenrezepte anzupassen, und vernachlässigten dabei ihre eigentlichen Aufgaben wie die Kontrolle vor allem ausländischer Medikamente, die sie den Apothekern überließen. Die Apotheker aber, und hier zeigt sich wieder Camerarius' humanistische Besonnenheit auf die Antike, seien wie alle Erscheinungen der Moderne verdorben, sodass sich bei ihnen häufig gepanschte oder minderwertige Heilmittel fänden. Ebenso seien die medizinischen Rezepte, die durch die Vermittlung der Araber überliefert worden seien, durch deren Einfluss notwendigerweise verfälscht.[124] Die Araber treten hier also wie auch in der Astrologie als Verunreiniger der reinen antiken Lehre auf (→ Astrologie).
Somit seien einerseits viele antike Heilmittel in der Moderne unbekannt, andererseits seien viele Herstellungsprozesse wie die Destillation neue Entwicklungen, die in der antiken Literatur keine Rolle spielten.[125] Diejenigen modernen Ärzte, die sich durch erfolgreiche Kuren einen Namen gemacht hätten, hätten sich, so Camerarius, selbst zunächst pharmakologisch gebildet und dann auf ihre eigenen, so gewonnenen Kenntnisse anstatt auf die der Apotheker vertraut.[126] Die Kenntnis der Wirkweise von Kompositdrogen sei keine Sache von Lektüre, Talent oder Bildung, sondern bedürfe der persönlichen, langjährigen Erfahrung, die vielen Ärzten fehle. Galen selbst berichte von vielen Medikamenten, deren Wirkung er auf langen Reisen kennengelernt habe.[127] Daher bewundere Camerarius die antiken Ärzte, die aufgrund ihrer großen Erfahrung in der Lage gewesen seien, durch theoretische Überlegungen Rezepturen für praktisch wirksame Komposita zu generieren, eine Leistung, die er mit der Erschaffung des Menschen durch Gott aus den einzelnen Bestandteilen der Natur vergleicht.[128] Der Arzt habe bei der Herstellung von Kompositdrogen daher mit mathematischer Exaktheit vorzugehen und stehts das Prinzip der ἀναλογία zu beachten; diese ermögliche die korrekte Mischung der Primärqualitäten. Die übereilte und daher schlampige Herstellung von Komposita sei daher unbedingt zu tadeln. Dagegen sei es kein Wunder, dass man in der Antike diejenigen, denen der Herstellungsprozess glückte, für Götter oder Kinder von Göttern hielt.[129]

(Alexander Hubert)

Medizinisches in Werken und Briefen des Camerarius

In Orpheus' Fußstapfen - Camerarius' Lob der Gesundheit (AH)

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Diätetik (MG)

Iatromathematik (MG)

Badewesen (MG)

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Baden in Württemberg

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Theriak (MG)

Beteiligung an der Galen-Edition (MG)

Terminologie (AH)

Die Terminologie ist eines der Gebiete, die den Philologen Camerarius besonders faszinierten (→ Philologie). Programmatisch äußert sich Camerarius dazu in seinem Glossar zum Thema "Pferd": Nichts sei so nützlich zur Erkenntnis der Welt (rerum ullarum cognitio) wie das Wissen um die genaue Bedeutung der Wörter und eine gewisse Sprachgewandtheit (nominum primum explorata significatio, deinde proprii sermonis peritia).[130] An anderer Stelle schreibt er, es gebe keinen "Henkel", also kein anderes Mittel, mit dem sich eine Aussage oder eine Vorstellung so genau fassen lasse wie mit der Sprache; wer diese nicht beherrsche, dem müsse auch alles andere entgleiten.[131]
Diese Einstellung findet in der Entstehung mehrerer Glossare zu naturkundlichen (→ Naturkunde) und theologischen Themen (→ Theologie) Ausdruck; auch in seinen mathematischen Werken legt Camerarius stets großen Wert auf terminologische Genauigkeit (→ Mathematische Wissenschaften). Es verwundert daher kaum, dass Camerarius sich auch und gerade in der Medizin für die korrekte Terminologie interessierte. Hier konnte er seine philologische Kompetenz in die medizinischen Debatten seiner Zeit einbringen: Diese sich beschäftigten immerhin in großen Teilen auch ganz grundlegend mit dem Verständnis der galenischen Texte und Galens Sprachgebrauch, um so die "wahre Bedeutung" der antiken Texte wiederherzustellen.

Das früheste medizinterminologische Werk des Camerarius ist ein kurzes Glossar mit dem Titel "Partium humani corporis nomina", das er seiner 1532 gedruckten lateinischen Übersetzung von Albrecht Dürers "Vier Büchern von menschlicher Proportion" beigibt. Es zeugt von Camerarius' gewissenhafter Übersetzungsarbeit, dass er, wo der Autor des Werkes sich bewusst um exakte Bezeichnungen bemüht und teilweise neue Ausdrücke geprägt habe und wo kein antikes Vorbild vorhanden war,[132] besonders auf die Transparenz seiner Entscheidungen als Übersetzer achtet. So listet Camerarius also auf knapp über einer Seite die lateinischen Begriffe für Körperteile auf, die er verwendet hat, sowie ihre Entsprechungen in Dürers deutschem Original.[133] Dabei geht es ebenso um eher triviale Begriffe wie "Frons. Die stiern" und "Nasus. Die nase" wie auch um ausgefallenere Bezeichnungen wie "Occiput et occipitium. Hinden der kopff ob dem genigk" oder "Mons pedis sive convexus pes. Des fues ritz". Die Aufzählung folgt dabei dem Aufbau des menschlichen Körpers von oben nach unten.

Bei aller Bedeutung für Camerarius' Leistung als Übersetzer handelt es sich bei dem Glossar, das Dürers Werk beigegeben ist, doch um ein sehr kleines Werk. In seinen späteren Lebensjahren brachte Camerarius allerdings ein weiteres Glossar zum Druck, dieses von gewaltigem Umfang: Das knapp 500 Spalten (auf ca. 250 Seiten) umfassende Werk, das, wieder in der Richtung von oben nach unten geordnet, lateinische und griechische Bezeichnungen für die menschlichen Körperteile enthält, wurde 1551 unter dem Titel "Διασκευὴ ὀνομαστική partium corporis humani" gedruckt; Thomas Baier bezeichnete es in seiner Analyse von Camerarius' Bildungsprogramm als ein "besonderes Herzensanliegen" des Camerarius, ja "[w]omöglich ... seine Leipziger 'Lebensaufgabe'".[134]
Auf jeden Fall hatte Camerarius die Arbeit an dem Werk schon vor Aufnahme seiner Tätigkeit in Leipzig begonnen und auch eine Veröffentlichung vorgesehen: Die letzte bedruckte Seite des Bandes enthält einen Abdruck des Privilegs, das König Ferdinand Camerarius ausgestellt hatte; es ist auf den 26.11.1538 datiert und führt zahlreiche Werke des Camerarius namentlich auf, deren Nachdruck verboten wird, darunter auch explizit die "Διασκευὴ ὀνομαστική".[135] Mithin scheint Camerarius den Druck dieses Werks bereits mindestens seit 1538 geplant zu haben. Auch ein Brief des Simon Grynäus, der dem Druck beigegeben ist, in dem Grynäus Camerarius zur Abfassung des Glossars ermutigt,[136] und Camerarius' Widmungsbrief an Wolfgang von Werthern, in dem er erwähnt, dass Grynäus ihn in seinem Vorhaben immer bestärkt habe,[137] deuten auf den frühen Beginn der Arbeit hin, da Grynäus bereits 1541 an der Pest starb.
Tatsächlich scheint es sich bei der "Διασκευὴ ὀνομαστική" um ein Ergebnis von Camerarius' persönlicher Exzerpierarbeit zu handeln: Wie Camerarius im Widmungsbrief schreibt, habe er sich, immer auf der Suche nach dem korrekten Gebrauch lateinischer und griechischer Termini, bei der Lektüre antiker Autoren die Gebrauchsweise einzelner Wörter notiert; als seine Freunde dies erfahren hätten, hätten sie ihm zur Veröffentlichung geraten.[138] Obwohl seine Notizen Camerarius' Meinung nach einer gründlichen Überarbeitung bedurften, habe er nach stetiger Aufforderung durch seine Freunde das folgende Material über den menschlichen Körper ausgewählt (coepi decerpere); dieses habe er einst auf eine Bitte des Georg Sturtz hin zusammenzustellen begonnen, als sie einen besseren Ersatz für Martius Galeottus' Werk "De homine" gesucht hätten.[139] Da Camerarius aber trotz allem aufgrund seiner Gesundheit sowie zahlreicher Pflichten die Zeit für eine eigenständige Gliederung des Gegenstands nach οὐσία / natura, δύναμις / potestas, ἐνέργεια / effectio und χρεῖα / actio (den aristotelischen Kategorien Wesen, Vermögen, Verwirklichung (Aktualität) und Nutzen[140]) fehlte, sei er in der Anordnung dem Iulius Pollux gefolgt,[141] wie er es später auch bei seinem Glossar zum Thema "Pferd" tat (→ Naturkunde). Er strebe dabei keine Vollständigkeit an,[142] hoffe aber, dass sein kleines und bescheidenes Werk den um beide Sprachen Bemühten dennoch großen Nutzen bringen werde. Andere könnten hierauf aufbauen und ein umfangreicheres Werk schaffen.[143]

Die 1551 erschienene "Διασκευὴ ὀνομαστική partium corporis humani" trägt als Untertitel "Τὰ ἔξω, id est, partes exteriores" und behandelt entsprechend nur die äußeren Körperteile. Offenbar plante Camerarius ein dazu komplementäres Glossar der inneren Körperteile, wie Georg Summer notiert. Diese führt unter Camerarius' unvollendeten Werken als erstes "Commentarii de partium internarum humani corporis nominibus tam Graecis quam Latinis" auf.[144] Bei dem zweiten Werk in der Liste handelt es sich ebenfalls um ein Glossar medizinischen Inhalts, nämlich eines, das die Namen von Krankheiten aufführen sollte ("De nominibus morborum").[145] Beide Werke konnte Camerarius offenbar zu Lebzeiten nicht mehr vollenden und auch seine Söhne ließen sie nicht mehr drucken. Allerdings waren sie ebenso wie zwei weitere bei Summer aufgeführte unveröffentlichte Glossare in dem königlichen Privileg von 1538 für Camerarius bereits enthalten[146] und demnach vermutlich parallel zur "Διασκευὴ ὀνομαστική" entstanden; das Material, das darin hätte enthalten sein sollen, stammte aus derselben Stoffsammlung, aus der auch die "Διασκευὴ ὀνομαστική" hervorging.

Camerarius' bestehendes Interesse für Medizin und medizinische Terminologie zeigt auch ein Brief, den er 1554 als Begleitgedicht für Nikolaus Selneckers Lehrgedicht "De partibus corporis humani" verfasste. Darin lobt er Selneckers Werk, das er trotz zahlreicher Pflichten sofort gelesen habe, sowohl auf fachlicher als auch auf dichterischer Ebene und vergleicht Selnecker selbst mit seinem alten Freund Helius Eobanus Hessus.[147]

(Alexander Hubert)

Epigramme für medizinische Abhandlungen und Disputationen Dritter (AH)

Nicht nur für Nikolaus Selneckers Lehrgedicht "De partibus corporis humani" verfasste Camerarius ein Werbegedicht (s.o.). Ähnliche Werbegedichte des Camerarius existieren zu drei Werken des Leonhart Fuchs: Fuchs' 1538 gesammelt neu aufgelegten drei Apologien gegen Gulielmus Puteanus, Sebastianus Montuus und Jeremias Thriverus Brachelius (s.o.), die 1540 einmal unter demselben Titel und einmal mit leicht veränderter Anordnung neu aufgelegt wurden, gibt Camerarius ein Werbegedicht bei, in dem er sich ganz deutlich auf Fuchs' Seite stellt: Die drei hätten lieber schweigen sollen, denn nun werde Fuchs' Verteidigung sie erdolchen wie die Spitzmaus, die sich dem alten Sprichwort nach durch ihr eigenes Pfeifen verrate. Dennoch hätten die drei insofern alles richtig gemacht, als nun Fuchs die Gelegenheit habe, seine Schrift zu veröffentlichen, mit der er nicht nur für sich selbst, sondern auch um die Ehre der antiken Ärzte kämpfe.[148]
Ein Begleitgedicht stellte Camerarius auch Fuchs' 1539 gedrucktem Kompendium über die Behandlung verschiedener Krankheiten zur Seite. In der ganzen antiken Literatur, so Camerarius, finde man kein Werk, das diesem ebenbürtig sei. Fuchs lehre hier die "wahre Heilkunst" (vera ratio medendi), sodass der Benutzer hier nicht nur theoretisches, sondern auch praktisches Wissen mitnehmen könne.[149]
Ein drittes Werbegedicht gab Camerarius Leonhart Fuchs' Hippokrates-Ausgabe bei. Hier lobt er Fuchs, der der Welt den fähigen Arzt Hippokrates wiederbringe, dessen Schriften schon beinahe verloren gewesen seien und der so vielen Patienten das Leben zurückgegeben habe.[150]

Weitere Werbegedichte schrieb Camerarius für medizinische Disputationen. Der Leipziger Medizinprofessor Wolfgang Meurer stellte 1549 eine Disputation "De catarrhis", bei der Philipp Bech als Respondent auftrat. Der Druck wird von drei griechischen Werbegedichten eingeleitet, von denen das auf dem Titelblatt mit Sicherheit, die beiden auf der folgenden Seite wahrscheinlich von Camerarius sind.[151] Das erste Gedicht stellt eine einfacherere Version des Modells dar, von dem Camerarius auch in seinem nur handschriftlich überlieferten Werbegedicht für Kopernikus' "De revolutionibus" Gebrauch macht:[152] In einem fingierten Dialog fragt eine nicht benannte Person, ein "Unwissender", den ebenfalls nicht weiter benannten "Wissenden", um was für ein Buch es sich handle (Τίς λόγος οὗτος;). Auf die Antwort, dass es um "Flüsse" (im medizinischen Sinn, s.o.) gehe,[153] fragt der "Unwissende" weiter, was für ein Mensch denn der "Vater dieses Werks" (πατὴρ τοῦδε λόγοιο) Wolfgang Meurer sei. Der "Wissende" lobt darauf hin Meurer als fähigen Arzt und Freund der Musen.[154]
Das zweite wie auch das dritte Gedicht auf der folgenden Seite sprechen das Thema des Bandes an, die "Flüsse" (ῥεύματα), die die Menschen belästigen. Der Leser möge Meurers Mühe schätzen, der dieses Thema zur Untersuchung gestellt habe.[155]

Camerarius verfasste Werbegedichte für noch zwei weitere Disputationen Meurers: In einer 1555 gedruckten Disputation mit dem Titel "De vera corroborandi ratione capita" und Sebastian Scheib als Respondent behandelt Meurer Kraft und Stärkung des menschlichen Körpers. Camerarius wirbt in drei griechischen Distichen auf dem Titelblatt: Zwar habe einst jemand (gemeint ist Oppian) gesagt, Kraft ohne Verstand sei wertlos,[156] allerdings sei der Verstand eines Menschen ohne Kraft ebenso ohne Nutzen; Meurer habe sowohl Kraft als auch Verstand bewiesen. Im letzten Distichon verzichtet der Sprecher bereitwillig auf Ehre (τιμή) und Wohlstand (ὄλβος), solange er bei Kräften sei (εὔρωστος)[157] und ihn der Verstand (γνώμη) nicht verlasse.
Schließlich erschien 1562 eine von Meurer gestellte Disputation "De recta medendi ratione", für die Camerarius ebenfalls ein Geleitgedicht schrieb: Jemand habe einmal gesagt, das Wichtigste im menschlichen Leben sei die Gesundheit, das zweitwichtigste aber ohne Betrug erhaltener Reichtum.[158] Die Heilkunst könne als einzige der Künste beides verschaffen. Asklepios habe diese die Menschen gelehrt, Hippokrates habe sie ausgearbeitet, Galen habe beide noch übertroffen. Meurer wird als der nächste in der Reihe gefeiert, der Galens Methode folgend das, was dieser in vielen Büchern ausgeführt habe, in einer kleinen Schrift vereine.[159]

Auch für Johannes Hoffmanns Disputation über den Wein von 1558 schrieb Camerarius ein griechisches Werbegedicht. Hoffmann wird darin mit Homer verglichen, der, indem er den Wein lobte,[160] selbst Ruhm gefunden habe und nun den ersten Rang im Musenchor innehabe.[161] Welches Lob verdiene nun also Hoffmann, der ein ganzes Buch über den Wein geschrieben habe? Ein solches sei überdies für einen Franken wie Hoffmann nur passend.
Zu einer Disputation über das Erysipel (Wundrose), die Andreas Ellinger 1560 stellte (Respondent war der Leipziger Apotheker Moritz Steinmetz), hatte Camerarius persönlichen Bezug, da er selbst seit spätestens 1558 häufiger darunter gelitten hatte (s.u.). Entsprechend gibt Camerarius dem Druck ein ausführliches griechisches Werbegedicht in 34 Hendekasyllaben bei, in dem er die Symptome der Krankheit beschreibt. Ellinger wird Galen gleichgestellt.[162] Schließlich wird es sich auch bei Camerarius' Beitrag zu Simon Schreibes "Disputatio ordinaria de causis famis animalis", den der VD16-Katalog verzeichnet, um ein Werbegedicht handeln. Die Überprüfung dieser These steht mangels Verfügbarkeit des Bandes jedoch noch aus.

(Alexander Hubert)

Medizinisches in den "Decuriae" und der "Appendix problematum" (AH)

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Camerarius und die praktische Medizin

Medizinkenntnisse und Medizinische Ratschläge an Dritte (AH)

Joachim Camerarius war kein studierter Arzt; doch wie Michael Stolberg feststellt, waren grundlegende medizinische Kenntnisse im 16. Jahrhundert in der Bevölkerung weit verbreitet, sei es durch die Lektüre teils volkssprachiger Schriften durch die gebildete Oberschicht, sei es durch mündlichen Erfahrungsaustausch.[163] Dies gilt ganz besonders für Camerarius, dem zum persönlichen Austausch ein ganzes Netzwerk medizinisch gebildeter Gelehrter und studierter Ärzte zur Verfügung stand (↑ Camerarius und die Medizin). Nach Zeugnis des an Johannes Magenbuch gerichteten Vorworts zu Camerarius' 1533 gedruckten Theriakschrift führte der naturkundlich interessierte Camerarius häufig mit Freunden und Bekannten Gespräche über medizinische Themen, etwa über die Frage, warum die zeitgenössische Medizin so geringe Heilungserfolge verbuchen konnte oder über Theriakrezepte, die er in antiken Werken fand.[164] Diese Form des theoretischen Austausches fand allerdings offenbar vor allem in persönlicher Form statt und lässt sich daher nur über Selbstaussagen von Camerarius nachvollziehen. In Camerarius' Briefwechsel spielen wissenschaftlich-medizinische Themen aus brieftheoretischen Gründen[165] kaum eine Rolle, wie etwa die Korrespondenz mit dem Arzt Leonhart Fuchs zeigt.[166]
Camerarius' eigene Patientengeschichte mag ihm einen Anreiz gegeben haben, sich mit medizinischen Themen zu beschäftigen (vgl. den Abschnitt ↓ Varii morbi - Camerarius als Patient, besonders ↓ Krankheit als Impulsgeber).

Auch bei der Lektüre musste Camerarius sich, anders als viele seiner Zeitgenossen, nicht auf volkssprachige Werke beschränken, sondern konnte auf die antiken Klassiker zurückgreifen. So zeugen von seiner medizinischen Bildung nicht nur die zahlreichen Zitate aus Hippokrates und Galen, die sein ganzes Werk durchziehen. Nach Zeugnis seines Sohnes Joachim begann Camerarius spätestens 1538, angeregt durch sein langwieriges Fußleiden (s.u.) mit der intensiveren Lektüre antiker medizinischer Werke, darunter Galen.[167] Eine besondere Auszeichnung für Camerarius' Kenntnis von Galens Werk ist es auch, dass Philipp Melanchthon ihn ob seiner Expertise bereits 1533 und 1534 um die Zusendung passender Galen-Stellen, vor allem zum Thema Säftelehre und Temperament, für sein 1540 gedrucktes Werk "De anima" bat.[168]
Im Umgang mit seinen eigenen Krankheiten zeigt sich Camerarius - notgedrungen - ebenfalls als medizinisch gebildet, wenn er etwa Andreas Ellingers Disputation zum Erysipel rezipiert (s.u.) oder sein Nierenleiden als chronisch erkennt (s.u.).

Schließlich äußern sich Camerarius' medizinische Kenntnisse immer wieder im Rahmen des mündlichen oder brieflichen Erfahrungsaustausches in praktischen medizinischen Ratschlägen für Freunde und Bekannte. Denn die Rolle von Familie und Freunden in Krankheitsfällen beschränkte sich in der Frühen Neuzeit nicht allein auf moralische Unterstützung, vielmehr nahmen sie an Diagnose und Behandlung lebhaft teil, "äußerten ihre eigenen Vermutungen über die Natur der Krankheit[,] ... empfahlen besonders begabte Heilkundige oder als wirksam bewährte Heilmittel oder neue Diagnoseverfahren"[169]. Besonders letztere waren auch oft Gegenstand der Korrespondenz.[170]

Als sein enger Freund Daniel Stiebar von Rabeneck 1534 schwer erkrankt, augenscheinlich an einer Fieberkrankheit, zeigt sich Camerarius in einem Brief zutiefst betroffen. Er lobt Stiebars Seelenstärke (firmitas animi), von der die mitgesandte Schrift Stiebars zeuge und die auch Stiebars Gesundheit förderlich sei. Neben dem nur allzu zeitgemäßen Rat, sich von der Krankheit nicht zur Verzweiflung bringen zu lassen und auf Gott zu vertrauen,[171] gibt Camerarius konkrete medizinische Ratschläge: Das Schwitzen solle Stiebar vergehen lassen und nicht aktiv herbeiführen, wie man es gemeinhin tue. Auch diätetische Ratschläge gibt er seinem Freund. Außerdem sendet Camerarius Säfte und confectiones, also Kompositdrogen, die er nach Anweisung eines Arztes habe anfertigen lassen, mit Empfehlung: Falls Stiebar durstig sei, solle er ein wenig von den mitgeschickten Säften in Wasser lösen und trinken; im Anschluss könne er, wenn und sooft er wolle, die erste confectio zu sich nehmen und am Abend von der zweiten.
Schließlich fordert Camerarius Stiebar auf, er möge doch, wenn es ihm ein wenig besser gehe, zu ihm (nach Nürnberg) kommen, um sich dort ganz auszukurieren.[172] Es ist dies ein ganz besonderes Zeichen der engen Freundschaft beider Männer, das üblicherweise Blutsverwandten zu Teil wurde, bei denen der Grad der pathischen Betroffenheit, also der Sorge und Niedergeschlagenheit angesichts der Krankheit eines anderen, höher war:[173] "Wenn es die beengten Wohn- und Familienverhältnisse erlaubten, ging die Betroffenheit häufig sogar soweit, dass auch entfernt lebenden Verwandten ein Krankenquartier im Haus in Aussicht gestellt wurde."[174]

Von einem weiteren Fieberfall in der Familie Stiebar zeugt Camerarius' Brief vom 03.06.1547 an Daniel Stiebar: Hier ist es ein namentlich nicht genannter Bruder Stiebars, dessen Krankheit Camerarius als ein Dreitagefieber identifiziert.[175] Wieder spricht Camerarius mit einem Arzt und veranlasst diesen, Stiebars Bruder Medikamente zu schicken.[176]
Den Arzt Cornelius Sittard empfiehlt Camerarius Stiebar in einem Brief vom 29.01.1548 und rät Stiebar, Sittard zu Stiebars krankem Freund zu schicken; obwohl Sittard sich skeptisch gezeigt hatte, dass er selbst mehr wisse als andere Ärzte, zeigt sich Camerarius überzeugt, dass gerade in der Medizin der Erfolg nicht nur Glücks (fortuna) und des richtigen Zeitpunkts (tempus), sondern auch der richtigen ausführenden Person (homo) bedürfe.

Zwei nicht datierte Fälle, in denen Camerarius sich "pathisch betroffen" zeigt, betreffen Matthäus von Wallenrode und sein Umfeld. Von dessen Freundschaft zu Camerarius zeugt ein Brief Philipp Melanchthons vom 09.04.1544: Darin fordert dieser Wallenrode auf, seiner Freundschaft zu Camerarius entsprechend diesen von einigen Reitern nach Würzburg geleiten zu lassen, da Camerarius sonst große Gefahr drohe.[177]
Nun schreibt Camerarius in einem nur auf den 7. Oktober (ohne Jahr) datierten Brief an Wallenrode, er habe von dessen Krankheit gehört. Obwohl er nichts genaueres darüber habe in Erfahrung bringen können, habe er aus dem Bekannten auf Ischias geschlossen. Hätte man ihm nicht mitgeteilt, dass Wallenrode in einem Bad sei (freilich ohne dieses näher zu benennen), wäre Camerarius sofort aufgebrochen, um für Wallenrode zu sorgen.[178] Was uns heute übertrieben scheint, war zu Camerarius Zeiten durchaus üblich: "Schenkt man den Berichten der Ärzte Glauben, dann waren die Kranken zu Hause oft von Menschen umringt, von der eigenen Familie, aber auch von Freunden und Bekannten. ... Den Laien ... waren Krankenbesuche offenbar Pflicht und Bedürfnis zugleich."[179]
In einem zweiten Brief ohne Jahr, in dem Camerarius auch seine langjährige Bekanntschaft mit Wallenrode anspricht, geht es um die Krankheit von Wallenrodes Frau, bezüglich derer Camerarius sich zutiefst betroffen zeigt (non potui non, sicut par erat, graviter perturbari). Mit dem Brief schickt Camerarius drei Medikamente, "die man für wirksam und gut hält" (quae efficacia et bona perhibentur); mit dem zweiten und dritten habe Camerarius schon selbst gute Erfahrungen gemacht.[180]

Hier darf eine Anekdote nicht fehlen, die Georg Andreas Will in seinem Nürnbergischen Gelehrtenlexikon zu Camerarius' Freund in Nürnberg Michael Roting bringt: Demnach habe Camerarius Roting "zur Zeit der Bauernaufruhr", also vermutlich 1525, im letzten Moment vor der Amputation eines entzündeten Schenkels bewahrt und ihm jede Hilfe versprochen. Schließlich habe Camerarius Roting unter Anwendung von Guajak sogar geheilt.[181] Will bringt leider keine Quellen für seine Anekdote an, weshalb sie sich bis auf Weiteres kaum bestätigen lässt. Das Krankheitsbild erinnert offensichtlich an das offene Geschwür am linken Bein, das Camerarius zwischen 1529 und 1542 über ein Jahrzehnt hinweg plagte (s.u.). Auch hier brachte Guajak die Heilung. Man sollte meinen, dass Camerarius schneller zu diesem Mittel gegriffen hätte, wenn er mit Rotings Fall bereits zuvor solch positive Erfahrungen in seinem Bekanntenkreis gemacht hätte. Andererseits galt die Guajakkur als äußerst intensiv und auch dem Vorbild Ulrichs von Hutten, das er ungeachtet Wills Anekdote auf jeden Fall hatte, folgte Camerarius nicht sofort.

Ebenso wurden innerhalb von Camerarius' eigener Familie medizinische Ratschläge und Medikamente weitergegeben, wie ein handschriftlich überlieferter Brief von Camerarius' Schwiegersohn Esrom Rüdinger vom 05.04.1558 belegt:[182] Darin berichtet dieser Camerarius von der Krankheit von dessen Tocher Anna. Weiterhin schreibt er, sie habe heute Camerarius' Panacea genommen, nämlich Tabletten mit Aloe. In der Folge wolle man Caspar Peucers Ratschläge befolgen.

Wie man sieht, stand Camerarius Familie und Freunden stets mit Rat und Tat bei Seite und ließ zuweilen sogar extra Medikamente für kranke Bekannte oder Familienangehörige anrühren oder Besorgungen tätigen: Zur Vermittlung einer Brille durch Camerarius an seinen Freund Helius Eobanus Hessus vgl. den Abschnitt ↓ Fieber, Haut- und Augenleiden. Von der hervorragenden Ausstattung von Camerarius' eigener Hausapotheke zeugt ein Brief Philipp Bechs vom 17.06.1547: Nach der Eroberung Leipzigs durch die kaiserlichen Truppen ist Bech vor Ort und informiert Camerarius über den Zustand von dessen Haus: Camerarius' Bücher, so schreibt er, seien unberührt. Verloren seien allerdings größere Teile von Möbeln und Liegen und insbesondere auch Latwergen, Kompositdrogen, Arzneiwein und -essig sowie Pflanzen- und Blütendestillaten.[183]

Dass studierte Ärzte für die Bemühungen des Laien Camerarius bisweilen aber nicht mehr als ein müdes Lächeln übrig hatten, zeigt eine Anekdote, die Camerarius selbst seinem Freund Hieronymus Wolf in einem Brief vom 15.10.1556 erzählt: Einmal habe er einem Bekannten ein Medikament empfohlen, mit dem Hinweis, vor der Einnahme noch den Rat eines Arztes zu suchen. Dies habe der Bekannte auch getan. Als er dem Arzt das Rezept zeigte und aussagte, es stamme von Camerarius, habe der Medicus gelacht und es zwar nicht verworfen, aber doch kritisiert und gesagt, Camerarius habe das Rezept wohl von irgendeinem griechischen Autor übersetzt.[184]

Varii morbi - Camerarius als Patient (AH)

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Badbesuche (MG)

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"Pest" und Epidemiegeschehen (MG)

Anmerkungen

  1. Vgl. Nutton 2022, 3.
  2. Vgl. Nutton 2022, 223.
  3. Vgl. Nutton 2022, 94, 223.
  4. Vgl. Nutton 2022, 94.
  5. Vgl. für das folgende Nutton 2022, 215f.
  6. Vgl. Stolberg 2022, 192.
  7. Vgl. hierzu Nutton 2022, 216ff.
  8. Vgl. Manardi 1521, Bl. 15r/v.
  9. Vgl. Manardi 1521, Bl. 15v.
  10. Vgl. hierzu Nutton 2022, 217.
  11. Vgl. Nutton 2022, 11.
  12. Vgl. für das folgende Nutton 2022, 12.
  13. Vgl. Nutton 2022, 11.
  14. Vgl. Nutton 2022, 12.
  15. Vgl. Nutton 2022, 14.
  16. Vgl. Hutten 1519.
  17. Vgl. Nutton 2022, 14f.
  18. Ausführlicher hierzu Stolberg 2019, 59f. Tatsächlich ließ die Kirche selbst häufig ihre verstorbenen Würdenträger sezieren, um Mord auszuschließen; auch bei Verdacht auf Heiligkeit wurde teilweise seziert und etwa nach kreuzförmigen Blutgerinnseln auf dem Herzen oder drei Gallensteinen als Symbol der Dreifaltigkeit gesucht. Vielfach fanden solche Sektionen sogar in kirlichen Räumen statt (vg. ebd.). Wo gesetzliche Regelungen anatomische Tätigkeiten einschränkten, befassten sie sich meist eher mit dem sozialen Stand des Dissektors und der Notwendigkeit eines angemessenen Begräbnisses als mit der Tätigkeit des Sezierens an sich (vgl. Nutton 2022, 245).
  19. Vgl. Stolberg 2019, 60 und Nutton 2022, 245.
  20. Vgl. Nutton 2022, 245.
  21. Vgl. Nutton 2022, 247.
  22. Vgl. Stolberg 2019, 61 und Nutton 2022, 248f.
  23. Vgl. Stolberg 2019, 62.
  24. Vgl. Stolberg 2019, 59.
  25. Hierzu ausführlicher Stolberg 2019, 60ff.
  26. Vgl. Stolberg 2019, 62.
  27. Stolberg 2019, 62.
  28. Nutton 2022, 257.
  29. Vgl. Stolberg 2019, 63 und den vorigen Abschnitt.
  30. Vgl. Stolberg 2019, 61.
  31. Vgl. Stolberg 2019, 62.
  32. Vgl. Stolberg 2019, 61.
  33. Ausführlicher hierzu Stolberg 2019, 61.
  34. Vgl. Nutton 2022, 256.
  35. Vgl. Stolberg 2019, 61 und Nutton 2022, 256.
  36. Vgl. Nutton 2022, 255.
  37. Vgl. Nutton 2022, 258.
  38. Vgl. Nutton 2022, 257f.
  39. Vgl. Nutton 2022, 258.
  40. Vgl. Nutton 2022, 245.
  41. Vgl. auch Stolberg 2019, 65.
  42. Vgl. Stolberg 2019, 65.
  43. Vgl. Stolberg 2019, 66.
  44. Stolberg 2019, 66.
  45. Stolberg 2019, 66.
  46. Vgl. Nutton 2022, 279.
  47. Vgl. Nutton 2022, 281.
  48. Vgl. Nutton 2022, 279ff.
  49. Vgl. Nutton 2022, 281.
  50. Vgl. Nutton 2022, 278.
  51. Vgl. Nutton 2022, 278.
  52. Nutton 2022, 282.
  53. Vgl. Nutton 2022, 283 und Stolberg 2022, 363.
  54. Vgl. Nutton 2022, 284.
  55. Vgl. Nutton 2022, 285.
  56. Nutton 2022, 286.
  57. Vgl. Nutton 2022, 286.
  58. Vgl. Nutton 2022, 287.
  59. Vgl. Nutton 2022, 287f. Vivian Nutton nennt das Beispiel von Distelblättern, die wie Nadeln stechen und entsprechend gegen Stichverletzungen einzusetzen seien.
  60. Vgl. ausführlich Nutton 2022, 289ff., Stolberg 2022, 364.
  61. Vgl. Nutton 2022, 290.
  62. Vgl. Nutton 2022, 300.
  63. Vgl. Stolberg 2022, 365, 367.
  64. Vgl. Stolberg 2022, 368.
  65. Vgl. Stolberg 2022, 369f.
  66. Vgl. Stolberg 2022, 370f.
  67. Vgl. Stolberg 2022, 374ff.
  68. Vgl. Stolberg 2022, 377.
  69. Vgl. Burmeister 2015, 51.
  70. Vgl. Kühlmann/Telle 2001, 65 und http://www.aerztebriefe.de/id/00009188. Das Autograph befindet sich in der Briefsammlung Trew: H62/TREWBR RHAETICUS_GEORG_JOACHIM[1.
  71. Vgl. Kühlmann/Telle 2001, 77f. und http://www.aerztebriefe.de/id/00009424. Das Autograph befindet sich in der Briefsammlung Trew: H62/TREWBR RHAETICUS_GEORG_JOACHIM[2.
  72. Vgl. Kühlmann/Telle 2001, 84 und http://www.aerztebriefe.de/id/00009425.
  73. Vgl. Kühlmann/Telle 2001, 89 und http://www.aerztebriefe.de/id/00009426. Das Autograph befindet sich in der Briefsammlung Trew: H62/TREWBR RHAETICUS_GEORG_JOACHIM[3.
  74. Vgl. Szczucki/Szepessy 1995, 103.
  75. Rheticus non desinit argonauta esse, Theophrasto Helvetio gubernatore: naufragus est identidem, nec tamen oceanum et monstra ista Neptunia fugit, donet absorbeatur (Szczucki/Szepessy 1995, 123).
  76. Vgl. Szczucki/Szepessy 1995, 155.
  77. Vgl. Szczucki/Szepessy 1995, 395.
  78. Vgl. Helm 2002, 25.
  79. Stultitiam esse sentimus contemnere reliquas artes, quas humanum ingenium excogitavit. At Medicinam aspernari, non stultitia, sed impietas est. Nam coelestia dona contemnere, aut parum religiose colere, consceleratae mentis Furor et sacrilegium est (CR XI, Sp. 199).
  80. Nutrix est multarum virtutum haec ipsa aspectio aedificii multarum in nobis partium. Et ... prima virtus est, agnitio Dei opificis (CR XI, Sp. 941).
  81. Helm 2002, 26.
  82. Helm 2002, 26.
  83. Vgl. Helm 2002, 27. Vgl. Melanchthon, De anima, 1540, 40.
  84. Helm 2002, 24.
  85. Vgl. Helm 2002, 24.
  86. Unus omnium Hippocrates maxime contemptus iacet, quo authore non habet alium medicina superiorem. Is si revivicescet accisis rebus aliquid adhuc spei, reliquum est (Burckhard, Parva Hippocratis tabula, 1519, Bl. A ii r). Vgl. auch MBW - Regesten online, Nr. 37.
  87. Etsi enim postea Medicinam magna cum laude exercuerunt et Arabes et Graeci nonnulli, tamen fontes esse apud Galenum constat utriusque generis, disputationum artis seu dogmatici generis, et remediorum (CR XI, Sp. 502).
  88. Helm 2002, 20.
  89. [Sc. naturae et causarum cognitio] ita necessaria est in exercenda arte, ut illi, qui non adhibent doctrinam, carnifices, non Medici iudicandi sint (CR XI, Sp. 507). Vgl. auch Helm 2002, 22.
  90. Vgl. Disselhorst 1929, 100.
  91. Vgl. CR XI, Sp. 831f.
  92. Vgl. Helm 2002, 23.
  93. Vgl. Nutton 2022, 259.
  94. Abgedruckt in Muther 1867.
  95. Vgl. Muther 1867, 37f. Vgl. auch Helm 2002, 27f. und Disselhorst 1929, 81.
  96. Vgl. Nutton 2022, 213f. und Stolberg 2022, 37.
  97. Vgl. Stolberg 2022, 37.
  98. Vgl. Nutton 2022, 213f. und Stolberg 2022, 37.
  99. Abgedruckt in Hering 1882 sowie Israël 1913, 104-116 und Friedensburg 1926, 172-183.
  100. "Ferner, Wiewoll unser universitet, anfenglich nit mer dan ainen und nu ain zaitlang zwene doctorn Medicine gehapt die in derselben Facultet ordinarie gelesen, So wollenn wir doch, das bei unns und unsern nachkommen, nu fortmer drei Lectores in derselben Facultet, der zwene, So die ersten Lection haben, doctores, der dritte aber zum wenigsten ain Licentiat sein sollenn, Der Erste unnd Elter Lector doselbst soll, die nutzlichsten bücher hipocratis und galeni, Der annder Rasyn und aviconnam Und der dritte anathomicos libros lesen, Und der Erste Soll anderthalb hundert, der ander hundert unnd dreissig, der dritte achtzig guldenn, zu solde habenn"(Hering 1882, 10). Vgl. Israël 1913, 108, Friedensburg 1917, 181, Friedensburg 1926, 176 und Helm 2002, 28.
  101. Vgl. Helm 2002, 28.
  102. Helm 2002, 28.
  103. Vgl. Friedensburg 1926, 381f. Vgl. auch Helm 2002, 28 und Friedensburg 1917, 278f.
  104. Vgl. Friedensburg 1926, 381f.
  105. Helm 2002, 29.
  106. Vgl. Rudersdorf 2009, 386 sowie Stolberg 2022, 7ff.
  107. Vgl. Riha 2009, 953.
  108. Vgl. Riha 2009, 953f.
  109. Vgl. Riha 2009, 954.
  110. Vgl. Riha 2009, 954.
  111. Vgl. Stübel 1879, Nr. 362, S. 485f.. Vgl. auch Rudersdorf 2009, 385 und Rabl 1909, 2.
  112. Stübel 1879, Nr. 420, S. 547: "Dieweyl auch inn dysenn lanndenn nit kleiner gebrauch ann denn die der wuntertzney recht erfarenn, ordenenn und wollenn wyr, das nhun hinfurder einem chirurgo hundert und dreyssick guldenn sollenn gebenn werdenn." Vgl. Zaunick 1925, 190 und danach Stolberg 2022, 74. Anderslautend 1549 Riha 2009, 956 und danach Rudersdorf 2009, 385.
  113. Vgl. Zaunick 1925, 194ff.
  114. Vgl. Stolberg 2022, 74 und Zaunick 1925, 194.
  115. Vgl. Riha 2009, 956 und Rudersdorf 2009, 385.
  116. Zarncke 1861, 618: Cumque non mediocris fructus per inspectionem humani corporis, quae per sectionem fit (ἀνατομίαν appellant), ad discipulos redeat, itaque placuit constituere, ut singulis annis ad praescriptum medicorum corpus aliquod dissectetur, ita tamen ut partes corporis humani et ἁρμονία eiusdem discipulis accurate ostendatur.
  117. Vgl. Riha 2009, 956.
  118. Vgl. Riha 2009, 956.
  119. Lünig 1724, Sp. 741: "Zu dem soll [der Professor für Chirurgie] auch in einer publica Anatomia, alle Jahr zum wenigsten einmahl, in einem humano corpore, wenn es vorhanden, was er gelesen, demonstriren und weisen, und das erste Jahr figuram und compagem omnium ossium; auf andere Jahr die musculos, cutim, atque una inter secandum intercedentes partes, et intercurrentia vasa, venas, arterias, et nervos; auf das dritte Jahr aber, ventrium trium, hoc est: capitis, thoracis, et abdominis contenta viscera, demonstriren und zeigen" (danach Rabl 1909, 27). Vgl. Riha 2009, 956 und Rudersdorf 2009, 385.
  120. Vgl. https://www.aerztebriefe.de/.
  121. Die Korrespondenz von Camerarius und Stojus untersucht Alexander Hubert ausführlich in seiner am Camerariusprojekt angesiedelten Dissertation.
  122. Vgl. OC 0126, Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a2r/v.
  123. Vgl. OC 0286, Camerarius, Ἐπιγράμματα, 1538, 116.
  124. Vgl. OC 0126, Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a2v-a3r.
  125. Vgl. OC 0126, Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a3r.
  126. Vgl. OC 0126, Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a3v.
  127. Vgl. OC 0126, Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a4r.
  128. Vgl. OC 0126, Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a4v.
  129. Vgl. OC 0126, Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a4v-a5r.
  130. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. G5r.
  131. Nulla autem certe est ansa, qua apprehendi possit vera et certa sententia, et animi conceptio, et cogitationis inventum, nisi orationis: quam qui non comprehendit, huic cetera etiam elabantur necesse est (Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. α4r).
  132. [C]um autor curiosa pene diligentia exquisiverit partium in corpore humano nomina, quo mensurationes certiores essent, quibusdam etiam nova imposuerit, confido fore ut studiosi versionis vel hac in parte difficultatem intelligant. Nam reliqua praetereo quae et ipsa non possint facilia videri fuisse, cum in hoc genere quod imitaremur, antiquorum extaret nihil (Dürer, De symmetria partium in rectis formis humanorum corporum, 1532, Bl. A4v).
  133. Vgl. Dürer, De symmetria partium in rectis formis humanorum corporum, 1532, Bl. A5r/v.
  134. Baier 2017, 78. Vgl. dort auch zur programmatischen Bedeutung des Werks. Vgl. außerdem Kößling 2000 für eine detaillierte Untersuchung.
  135. Vgl. Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. M6r.
  136. Vgl. Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. α4r.
  137. Vgl. Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. β1v.
  138. [D]um versor in scriptis veterum autorum, horumque libros lego, annotavi praecipuorum verborum in his usum: quo comperto, olim ex amicis quidam nostris censuerunt ea quae collegissem, a me edi et publicari oportere (Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. β1v).
  139. Vgl. Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. β1v-2r.
  140. Vgl. Kößling 2000, 65f.
  141. Vgl. Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. β2r.
  142. Vgl. Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. β2r/v.
  143. Et parva tamen ista atque humilia, magna commoda et fructum singularem allatura esse studiosis utriusque linguae, mihi persuasum est. Et potuerunt haec tanquam fundamenta esse, super quibus aliorum observatio et attentio et sagacitas, maiora alia et magis spectabilia extruat ac collocet (Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. β2v).
  144. Vgl. Summerus 1646, Bl. D5r.
  145. Vgl. Summerus 1646, Bl. D5r. Weiterhin erwähnt Summer, dass zu diesem Werk bereits ein ausführlich ausgearbeitetes Vorwort vorliege.
  146. Quod privilegium in praesentia tibi IOACHIMO Camerario Pabergensi ... autoritate ... Imperatoris Romanorum Caroli Quinti, confirmamus: atque edicimus, Ne quis impressor contra sententiam nostram intra tempus praescriptum annorum, nisi te concedente, ullum abs te emendatum compositumve librum quo in genere supra dictum est, nominatim vero ... Nomina Graeca et Latina partium humani corporis, morborum, coniunctionum, agriculturae, per te congesta ... typis describere ausit (Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. M6r; ebenso Linacre, De emendata structura, 1545, Bl. Aa7v-a2r).
  147. Vgl. Selnecker, De partibus corporis humani, 1554, Bl. A1r.
  148. Vgl. Fuchs, Apologiae tres, 1538, Bl. A1r.
  149. Nunc poteris ex his (in quo sunt omnia) plane / Non modo quid sapias discere, sed quid agas (Fuchs, De medendis passionibus ac febribus, 1539, Bl. 1r).
  150. Quique dedit multis sperato funere vitam, / Per te huic extincto nunc prope vita datur (Hippokrates, Epidemiōn liber sextus, 1537, Bl. A1v).
  151. Vgl. Meurer, De catarrhis disputatio, 1549, Bl. A1r/v.
  152. Vgl. OC 1032.
  153. Zum Begriff des fluxus vgl. auch Stolberg 2003, 129ff. und Stolberg 2022, 127f.
  154. Vgl. Meurer, De catarrhis disputatio, 1549, Bl. A1r.
  155. Vgl. Meurer, De catarrhis disputatio, 1549, Bl. A1v.
  156. Opp. hal. V, 95: ἀλκή δ' ἀνεμώλιος ἄφρων. Camerarius schreibt ῥώμη τις μὲν ἔειπεν ὃτ' ἐστ' ἀνεμώλιος ἄφρων (Meurer, De vera corroborandi ratione capita, 1555, Bl. A1r), unter Austausch des Wortes ἀλκή gegen ῥώμη; dies ermöglicht es ihm, den Wortstamm im Folgevers mit ἄρρωστος für "krank, kraft-los (= ohne ῤώμη)" aufzugreifen.
  157. Beachte die dritte Verwendung dieses Wortstocks in Antithese zum vorherigen ἄρρωστος.
  158. Vielleicht nach einem Zitat in Athen. deipn. XV, 50 (dann aber ungenau bzw. inkorrekt zitiert): ὑγιαίνειν μὲν ἄριστον ἀνδρὶ θνητῷ, / δεύτερον δὲ καλὸν φυὰν γενέσθαι, / τὸ τρίτον δὲ πλουτεῖν ἀδόλως.
  159. Vgl. Meurer, De recta medendi ratione, 1562, Bl. A1v.
  160. Hier wird Camerarius ebenso wie Hor. epist. I, 19, V. 6 auf die zahlreichen lobenden Epitheta anspielen, die Homer dem Wein beigibt.
  161. Vgl. Hoffmann, De vino eiusque partibus, 1558, Bl. A1v.
  162. Vgl. Ellinger, De erysipelate seu igne sacro, 1560, Bl. A2r/v.
  163. Vgl. Stolberg 2022, 507. "Even those in the highest circles of society – people who could easily afford the help of a physician – were keen to acquire medical knowledge and sometimes engaged in healing practices of their own" (ebd., 508). Vgl. auch Stolberg 2003, 112. Zum weit verbreiteten medizinischen Allgemeinwissen gehörte etwa das Wissen um die "klimakterischen", also gesundheitlich besonders kritischen Lebensjahre: Camerarius erwartet das als kritisch gesehene 63. Lebensjahr voller Sorge, wie er Lazarus von Schwendi am 16.10.1562 schreibt (vgl. OCEp 0928).
  164. Vgl. Camerarius, De Theriacis, 1533, Bl. a5v.
  165. Natur- und sittenphilosophische Themen haben, wie Camerarius in seinem großen rhetorischen Lehrwerk schreibt, in Briefen keinen Platz. Senecas Briefe an Lucilius seien ebenso wenig Briefe wie Ciceros Werk "De officiis", das ebenfalls einen Adressaten habe. Diese Themen kämen manchmal in kleineren Abschnitten vor, seien aber mit Vorsicht zu behandeln, wenn sie notwendig seien: [I]llae disputationes de natura et moribus, et tota philosophia, non sunt epistolae putandae, quanquam salus praescripta fuerit, sed libri. Nec magis Senecae scripta epistolae possunt videri, quod ad Lucilium missa sint cum praefatione amoris, quam Ciceronis de Officiis liber, similiter ad filium datus: et Plutarchi multa aliquibus inscripta opuscula. Quamvis et haec interdum incidunt, ut epistolis includantur: sed aliena tamen res est a toto genere. itaque caute et prudenter tractabitur, etiam tum, cum necesse fuerit (OC 0387, Camerarius, Elementa rhetoricae, 1541, 197).
  166. Vgl. die entsprechenden Datensätze unter http://www.aerztebriefe.de/.
  167. Vgl. München, BSB, Sgn. Clm 10376, Nr. 8, Bl. 9r. Joachim Camerarius d.J. verortet den Beginn dieser Studien ins Jahr 1539; aufgrund der dort erwähnten, bereits 1538 erschienenen Galenedition ist er jedoch um mindestens ein Jahr früher zu datieren. Immerhin zeugt schon die erwähnte Theriakschrift von 1533 von seiner gründlichen Kenntnis der Schriften Galens (s.o.). Vgl. auch das folgende.
  168. MBW - Regesten online, Nr. 1384 (dat. 07.12.1533): Cum autem in Galeno verseris, quo nos quoque utimur, te rogo, ut nobis impertias, siquos locos invenies, quos arbitrabere nobis profuturos, de temperamentis deque aliis, quae physici magis quam medici quaerunt. Cupimus inserere partes humani corporis. Quas si collegisti, quaeso, ut nobis communices. MBW - Regesten online, Nr. 1400 (dat. 24.01.1534): Galeno valde delector. Tu quoque velim, cum incides in locos venustos περὶ κράσεων aut de humoribus, mihi eos indices. Zu den weiteren Umständen der Entstehung von "De anima" vgl. Helm 1996, 303.
  169. Stolberg 2003, 76. Vgl. auch ebd., 84f.
  170. Vgl. Stolberg 2003, 76.
  171. "Haderte ein Schwerkranker mit seinem Schicksal, so konnte er damals in der Regel nicht auf Verständnis hoffen. Gefordert war nach der christlichen Ethik ein geduldiges Erleiden der Krankheit, die von Gott geschickt war" (Jütte 2013, 186).
  172. Vgl. OCEp 1001, Camerarius, Epistolae familiares, 1595, 137f.
  173. Vgl. Jütte 2013, 183.
  174. Jütte 2013, 184.
  175. Fieber waren in der frühen Neuzeit ein eigenes Krankheitsbild: "A 'fever' was not a symptom but a disease" (Stolberg 2022, 226). Zum Begriff des "Dreitagefiebers" vgl. ebd. 231.
  176. Vgl. OCEp 1043.
  177. Vgl. MBW - Regesten online, Nr. 3510: Nec dubito quin gravissimis caussis moveare, cur Ioachimum Camerarium et vere ames, et omni genere officii iuvandum esse censeas. ... Etsi igitur scio Te tuo iudicio tuaque voluntate omnia tua officia delaturum esse, tamen te oro, ut hac in re et Rempublicam ipsam intueare, et propter eam amanter excipias Ioachimum, et adiunctis aliquot Equitibus Würtzeburgum comiteris. Scis unde sit ei periculum, et quantum et quam iniustum (zitiert nach CR V, 356f Nr. 2910).
  178. Vgl. OCEp 0945.
  179. Stolberg 2003, 76.
  180. Vgl. OCEp 0942.
  181. "Zur Zeit der damaligen Bauern-Aufruhr hat [Roting] sich zu Bamberg eines entzuendeten Schenkels halben eine Zeitlang aufgehalten; und da ihm derselbe hat sollen abgeschnitten werden/ auch schon deswegen gebunden gewesen ist/ kam ohngefaehr Joach[im] Camerarius dazu und sagte: Nicht/ mein Freund/ Michael/ es ist besser zween als einen Schenkel haben/ ich will dir mit Huelf und Rath nach Moeglichkeit beyspringen. Wie er ihn denn auch hernach mit der Kur ligni Guaiaci gluecklich wieder herstellen lassen" (Will 1757, 411).
  182. Vgl. Jonge 1980.
  183. Vgl. http://www.aerztebriefe.de/id/00000192.
  184. Vgl. OCEp 0816 (Edition des Autographs bei Zäh 2013, Nr. 119).

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