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Regest
Den im letzten Jahr von N. geschriebenen Brief, in dem sich seine Gelehrsamkeit und sein Wohlwollen gegenüber C. widerspiegelten, habe dieser nun zusammen mit dem beigefügten Druck erhalten. Dies sei der erste Brief, den C. dieses Jahr von N. erhalten habe. Er wisse, dass N. mittlerweile zum Reichstag in Augsburg gereist sei, sodass er sich bemüht habe, den Antwortbrief dorthin zustellen zu lassen.
N. habe höflich nach C.' Meinung von jenem Buch mit glänzendem Titel und ausführlichem Bekenntnis gefragt, doch habe C. dem Urteil von N., welches die dreiste Neuartigkeit dieser Schrift missbillige, da sie die Autorität der Antike untergrabe, nichts hinzuzufügen. C. selbst habe bemerkt, dass dieser Kreis von „Revolutionären“ (νεοθεσσάλων) seine Kunst auch zu Ungunsten der Lehren der Antike ausübe. Dies sei jedoch nicht das größte Problem der aktuellen Zeit.
Dass N. das Buch von C. gefallen habe und die darin geäußerten Meinungen N.' Zustimmung finden, bereite C. große Freude. In der Vorrede dazu habe er die Meinungen und Beschlüsse anderer durchaus bedacht, aber denjenigen Dingen, die offensichtlich verstanden wurden, sei weder zu trauen noch zu widersprechen, da sie Ausdruck dreister Eigensinnigkeit und sträflicher Verstocktheit seien. Mehr dazu könne er zwar, aber wolle er nicht sagen. Jeder müsse da sein eigenes Urteil fällen.
Hier (in Leipzig) habe er gewisse, wenn auch kurze, geschichtliche Schriften über Frankreich zu Gesicht bekommen. Außerdem habe ihm einer seiner Söhne, der in Paris studieren soll, einige Schriften geschickt. Zwar sei C. nicht mit allem einverstanden, aber was bedeute das schon? Darüber persönlich mehr, man solle schließlich nicht alles zu Papier bringen, was einem durch den Kopf geht.
Was die Schriften anbelange, habe er noch eine weitere gefunden, deren Titel er gesondert notieren werde. Wenn aber noch Weiteres ediert werde, wünsche er davon zu erfahren. Geschichtswerke lese er nämlich besonders gern.
Neulich habe C. eine Apostelgeschichte fertiggestellt. Einen Auszug davon habe er vorliegendem Brief beigefügt. Auch mit Philipp Melanchthon habe er über die anstehenden Neuerscheinungen aus dessen örtlicher Offizin geschrieben. So habe er den wahren Tatsachen nachgespürt und sie so dargestellt, dass er hoffe, dass sie den Lesern von Nutzen sein werden, damit sie (die Leser), wenn sie an einer Diskussion teilnehmen, nicht unvertraut mit den begonnenen Gesprächen und angemessen über das Zeitgeschehen informiert seien. Zwar werde das nicht allen gefallen, aber nach Theognis (Elegien I,25-26) könne es selbst Zeus nicht allen recht machen.
Doch störe C. schon viel zu lange den mit schwierigen Staatsgeschäften beschäftigten N. und werde nun diesen Brief beenden. Er erbete Gottes Beistand bei den Beratungen, auf dass sie zu einem guten Ende für die Kirche kommen mögen: Dadurch werde auch die Wohlfahrt des Staates gesichert.
Lebewohl.
(Michael Pöschmann)