Camerarius an Stojus, 11.01.1563: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Regest ===
=== Regest ===
Camerarius habe Stojus' Brief durch [[Erwähnte Person::Nicolaus Maier]] erhalten, den Stojus damit beauftragt hatte.  
Camerarius habe Stojus' Brief durch [[Erwähnte Person::Nicolaus Maier (Pädagoge)]] erhalten, den Stojus damit beauftragt hatte.  


Erhalten habe er auch den Brief seines Herzogs ([[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Albrecht)]] über einen [[Erwähnte Person::Unbekannt|Schüler]] des [[Erwähnte Person::Nicolaus Maier|Nicolaus]]. Aber was Nicolaus anbelange, scheine es ihm wie so oft zu sein, dass die Ausgaben für alles andere größer seien als für die Lehrer. Stojus möge durch Ermahnungen dafür sorgen, dass Nicolaus großzügiger bezahlt werde. Denn seiner Meinung nach sei für den jungen Mann, dessen Lehrer er sei, gut gesorgt, und er brauche auch einen zuverlässigen und beharrlichen Lehrer. Wenn der junge Mann aber sofort Jurist werden wolle, so fürchte Camerarius, dass es ihm ergehe wie anderen, dass er nämlich durch den schönen Schein dieser Disziplin davon abgehalten werde, die guten Künste zu erlernen und so letztlich beides vernachlässige. Darüber könne Stojus, wenn sich zufällig eine Gelegenheit ergebe, auch mit dem [[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Herzog]] sprechen, denn Camerarius habe ihm deswegen nicht schreiben wollen. Die [[Erwähnte Person::Unbekannt|''Creucii'']] (vermutlich [[Erwähnte Person::Melchior von Kreytzen|Melchior]] und [[Erwähnte Person::Georg von Kreytzen|Georg]], vgl. [[OCEp 1217]]) beeilten sich, wie er höre, nach Italien aufzubrechen - oder vielmehr ihren Lehrer dränge es danach. Stojus könne sich sicher an ihr Gespräch über sie erinnern. Camerarius wolle dem [[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Herzog]] behilflich sein und alle mit Rat und Tat dabei unterstützen, die Jugend richtig zu unterweisen. Aber er wisse, welche Zeitumstände und welche Wünsche bei den Menschen vorherrschten.  
Erhalten habe er auch den Brief seines Herzogs ([[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Albrecht)]] über den Schüler ([[Erwähnte Person::Melchior von Diebes]]) des [[Erwähnte Person::Nicolaus Maier|Nicolaus]]. Aber was Nicolaus anbelange, scheine es ihm wie so oft zu sein, dass die Ausgaben für alles andere größer seien als für die Lehrer. Stojus möge durch Ermahnungen dafür sorgen, dass Nicolaus großzügiger bezahlt werde. Denn seiner Meinung nach sei für den jungen Mann, dessen Lehrer er sei, gut gesorgt, und er brauche auch einen zuverlässigen und beharrlichen Lehrer. Wenn der junge Mann aber sofort Jurist werden wolle, so fürchte Camerarius, dass es ihm ergehe wie anderen, dass er nämlich durch den schönen Schein dieser Disziplin davon abgehalten werde, die guten Künste zu erlernen und so letztlich beides vernachlässige. Darüber könne Stojus, wenn sich zufällig eine Gelegenheit ergebe, auch mit dem [[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Herzog]] sprechen, denn Camerarius habe ihm deswegen nicht schreiben wollen.  
 
Die [[Erwähnte Person::Unbekannt|''Creucii'']] (vermutlich [[Erwähnte Person::Melchior von Kreytzen|Melchior]] und [[Erwähnte Person::Georg von Kreytzen|Georg]], vgl. [[OCEp 1217]]) beeilten sich, wie er höre, nach Italien aufzubrechen - oder vielmehr ihren Lehrer dränge es danach. Stojus könne sich sicher an ihr Gespräch über sie erinnern. Camerarius wolle dem [[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Herzog]] behilflich sein und alle mit Rat und Tat dabei unterstützen, die Jugend richtig zu unterweisen. Aber er wisse, welche Zeitumstände und welche Wünsche bei den Menschen vorherrschten.  


Die Edition des ''libellus Homilianus'' (s. Anm.) werde er gerne und eifrig vorantreiben, wenn sich dafür – wie Stojus schreibe – Geld erlangen lasse. Er werde dem Werk eine Anrede an den [[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Fürsten]] voranstellen, wenn Stojus es für richtig halte, und überhaupt alles tun, was Stojus wünsche.  
Die Edition des ''libellus Homilianus'' (s. Anm.) werde er gerne und eifrig vorantreiben, wenn sich dafür – wie Stojus schreibe – Geld erlangen lasse. Er werde dem Werk eine Anrede an den [[Erwähnte Person::Albrecht (Preußen)|Fürsten]] voranstellen, wenn Stojus es für richtig halte, und überhaupt alles tun, was Stojus wünsche.  


Eine edle Sache sei die beständige Sorge um die schönen Disziplinen und auch deren regelmäßige Ausübung, so sehr sie in diesen Tagen auch an Bedeutung verlören und alle Hoffnung auf Besserung fehle. Daß Stojus über seinen [[Erwähnte Person::Unbekannt|''antitechnos'']] (= Rivale; Identität unklar) schweige, passe gut. (Das Folgende ironisch:) Camerarius habe gehört, dass dieser bereits ganz erfolgreich Theologie betreibe. Er gebe also nichts, wohin er noch weiter fortschreiten könnte. Aber die "thrasymacheische" (kampflustige), schlangenartige Art solcher Leute müsse besänftigt, nicht aufgestachelt werden.  
Eine edle Sache sei die beständige Sorge um die schönen Disziplinen und auch deren regelmäßige Ausübung, so sehr sie in diesen Tagen auch an Bedeutung verlören und immer weniger geschätzt würden. Daß Stojus über seinen [[Erwähnte Person::Paul Scaliger|''antitechnos'']] (= Rivale) schweige, passe gut (s. Anm.). (Das Folgende ironisch:) Camerarius habe gehört, dass dieser bereits ganz erfolgreich Theologie betreibe. Er gebe also nichts, wohin er noch weiter fortschreiten könnte. Aber die "thrasymacheische" (kampflustige), schlangenartige Art solcher Leute müsse besänftigt, nicht aufgestachelt werden.  


Stojus' Aufforderung, etwas zum ''Timaeus'' zu schreiben, sei eine derart große Forderung, dass die Aufgabe selbst und Camerarius' Vernunft ihn davon abhielten. Stojus kenne jenes Zitat des Satirikers über das Beschaffen einer Decke (Juvenal 7,66). Denn von Sorgen um das Vermögen werde Camerarius gerade aufgehalten. Jene Überlegungen verlangten aber nicht nur nach einem sehr scharfsinnigen, sondern auch nach einem freien Geist. Diesen Ruhm müsse er also anderen überlassen oder Stojus' allwissenden (Rivalen). Lebewohl.
Stojus' Aufforderung, etwas zum ''Timaeus'' zu schreiben, sei eine derart große Forderung, dass die Aufgabe selbst und Camerarius' Vernunft ihn davon abhielten. Stojus kenne jenes Zitat des Satirikers über das Beschaffen einer Decke (Juvenal 7,66). Denn Camerarius werde gerade von Sorgen um das Vermögen aufgehalten. Jene Überlegungen (= etwa um den ''Timaeus'' zu kommentieren) verlangten aber nicht nur nach einem sehr scharfsinnigen, sondern auch nach einem freien Geist. Diesen Ruhm müsse er also anderen überlassen oder Stojus' allwissendem (Rivalen) (s. Anm.). Lebewohl.


(Anne Kram)
(Anne Kram / Alexander Hubert)


=== Anmerkungen ===
=== Anmerkungen ===
 
* Melchior von Diebes: Für die Identität des Schülers vgl. http://www.aerztebriefe.de/id/00047428, [[Voigt 1841]], 135 sowie [[Erler 1909]], 77 (dort "Diebas").
* "''libellus Homilianus''": Vielleicht meint Camerarius die folgende Edition: [[Erwähntes Werk::Camerarius, Oratio in declaratione magistrorum et al., 1563]]. Diesem Werk wurde allerdings keine Vorrede an Herzog Albrecht von Preußen vorangestellt.
* "''libellus Homilianus''": Gemeint ist eine gnomologische Schrift aus dem Nachlass [[Erwähnte Person::Johann Hommel]]s, wie aus den Briefen [[OCEp 1223|vom 07.10.1569]], [[OCEp 1224|vom 05.10.1571]] und [[OCEp 1225|vom 04.05.1573]] ersichtlich ist (vgl. auch den CamLex-Artikel zu den [[Mathematische Wissenschaften (CamLex)#Hommels wissenschaftliche Betätigung|Mathematischen Wissenschaften]].
* "Daß Stojus über seinen ''antitechnos'' (= Rivale) schweige, passe gut": Paul Skalić und Stojus lieferten sich 1562 einen heftigen Streit in Form mehrer Druckschriften (vgl. https://gateway-bayern.de/VD16+ZV+26912, https://gateway-bayern.de/VD16+ZV+30268, https://gateway-bayern.de/VD16+S+9235).
* "Stojus' allwissendem (Rivalen)": Dies dürfte ebenso wie das obere ("dass dieser bereits ganz erfolgreich Theologie betreibe") auf Skalićs 1559 publiziertes Werk "Encyclopaediae seu orbis disciplinarum tam sacrarum quam prophanarum epistemon" (VD16 S 6616) anspielen.


=== Literatur und weiterführende Links ===  
=== Literatur und weiterführende Links ===  
* http://www.aerztebriefe.de/id/00005214
* http://www.aerztebriefe.de/id/00005214

Aktuelle Version vom 26. August 2024, 18:13 Uhr



Chronologisch vorhergehende Briefe
Briefe mit demselben Datum
Chronologisch folgende Briefe
 Briefdatum
Camerarius an Stojus, 05.07.15625 Juli 1562 JL
Camerarius an Stojus, 23.09.156123 September 1561 JL
Camerarius an Stojus, 17.10.155917 Oktober 1559 JL
 Briefdatum
Camerarius an Stojus, 11.01.156311 Januar 1563 JL
 Briefdatum
Camerarius an Stojus, 30.10.156430 Oktober 1564 JL
Camerarius an Stojus, 1566November 1566 JL
Camerarius an Stojus, 18.11.156618 November 1566 JL
Werksigle OCEp 1218
Zitation Camerarius an Stojus, 11.01.1563, bearbeitet von Manuel Huth, Anne Kram und Alexander Hubert (26.08.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1218
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae familiares, 1595
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 422-423
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Matthias Stojus
Datum 1563/01/11
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum 3. Id. Ianu. anno 63.
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort Königsberg (Preußen)
Gedicht? nein
Incipit Literas tuas reddidit mihi Nicolaus Maierus
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Paratext zu
Kurzbeschreibung
Anlass
Register Werkanfrage; Werkgenese
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand validiert
Notizen Alexander Hubert: Vorausgehender Brief dürfte Briefsammlung Trew - H62/TREWBR STOIUS_MATTHIAS 25 sein; der libellus Homilianus ist dessen Gnomonik, die ab Hommels Tod bis Beginn der 70er im Briefwechsel JC - Stojus immer wieder eine Rolle spielt

- MH: Musste die Signatur verändern, da eckige Klammern das Formular zerschießen

Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:MH; Benutzer:AK; Benutzer:HIWI
Gegengelesen von Benutzer:US
Datumsstempel 26.08.2024
Werksigle OCEp 1218
Zitation Camerarius an Stojus, 11.01.1563, bearbeitet von Manuel Huth, Anne Kram und Alexander Hubert (26.08.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1218
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae familiares, 1595
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 422-423
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Matthias Stojus
Datum 1563/01/11
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum 3. Id. Ianu. anno 63.
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort Königsberg (Preußen)
Gedicht? nein
Incipit Literas tuas reddidit mihi Nicolaus Maierus
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Register Werkanfrage; Werkgenese
Datumsstempel 26.08.2024


Zielort ermittelt.

Regest

Camerarius habe Stojus' Brief durch Nicolaus Maier (Pädagoge) erhalten, den Stojus damit beauftragt hatte.

Erhalten habe er auch den Brief seines Herzogs (Albrecht) über den Schüler (Melchior von Diebes) des Nicolaus. Aber was Nicolaus anbelange, scheine es ihm wie so oft zu sein, dass die Ausgaben für alles andere größer seien als für die Lehrer. Stojus möge durch Ermahnungen dafür sorgen, dass Nicolaus großzügiger bezahlt werde. Denn seiner Meinung nach sei für den jungen Mann, dessen Lehrer er sei, gut gesorgt, und er brauche auch einen zuverlässigen und beharrlichen Lehrer. Wenn der junge Mann aber sofort Jurist werden wolle, so fürchte Camerarius, dass es ihm ergehe wie anderen, dass er nämlich durch den schönen Schein dieser Disziplin davon abgehalten werde, die guten Künste zu erlernen und so letztlich beides vernachlässige. Darüber könne Stojus, wenn sich zufällig eine Gelegenheit ergebe, auch mit dem Herzog sprechen, denn Camerarius habe ihm deswegen nicht schreiben wollen.

Die Creucii (vermutlich Melchior und Georg, vgl. OCEp 1217) beeilten sich, wie er höre, nach Italien aufzubrechen - oder vielmehr ihren Lehrer dränge es danach. Stojus könne sich sicher an ihr Gespräch über sie erinnern. Camerarius wolle dem Herzog behilflich sein und alle mit Rat und Tat dabei unterstützen, die Jugend richtig zu unterweisen. Aber er wisse, welche Zeitumstände und welche Wünsche bei den Menschen vorherrschten.

Die Edition des libellus Homilianus (s. Anm.) werde er gerne und eifrig vorantreiben, wenn sich dafür – wie Stojus schreibe – Geld erlangen lasse. Er werde dem Werk eine Anrede an den Fürsten voranstellen, wenn Stojus es für richtig halte, und überhaupt alles tun, was Stojus wünsche.

Eine edle Sache sei die beständige Sorge um die schönen Disziplinen und auch deren regelmäßige Ausübung, so sehr sie in diesen Tagen auch an Bedeutung verlören und immer weniger geschätzt würden. Daß Stojus über seinen antitechnos (= Rivale) schweige, passe gut (s. Anm.). (Das Folgende ironisch:) Camerarius habe gehört, dass dieser bereits ganz erfolgreich Theologie betreibe. Er gebe also nichts, wohin er noch weiter fortschreiten könnte. Aber die "thrasymacheische" (kampflustige), schlangenartige Art solcher Leute müsse besänftigt, nicht aufgestachelt werden.

Stojus' Aufforderung, etwas zum Timaeus zu schreiben, sei eine derart große Forderung, dass die Aufgabe selbst und Camerarius' Vernunft ihn davon abhielten. Stojus kenne jenes Zitat des Satirikers über das Beschaffen einer Decke (Juvenal 7,66). Denn Camerarius werde gerade von Sorgen um das Vermögen aufgehalten. Jene Überlegungen (= etwa um den Timaeus zu kommentieren) verlangten aber nicht nur nach einem sehr scharfsinnigen, sondern auch nach einem freien Geist. Diesen Ruhm müsse er also anderen überlassen oder Stojus' allwissendem (Rivalen) (s. Anm.). Lebewohl.

(Anne Kram / Alexander Hubert)

Anmerkungen

Literatur und weiterführende Links