Camerarius an Gremp und Münch, 1544: Unterschied zwischen den Versionen
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In die Gestaltung des Gedichts lässt er Motive aus der griechischen Tradition einfließen. Wichtigstes Modell ist [[Beeinflusser::Theokrit]], Id. 18 (Ἑλένης Ἐπιθαλάμιον) In seiner Form gehört das Epithalamium unter diejenigen, die am Hochzeitsabend dargebracht werden. Im Gegensatz zu vielen Epithalamien der Zeit spielt ständische Präsentation, die auch Biographie und bedeutsame Familienmitglieder und deren Ämter thematisiert, in diesem Gedicht zurück(vgl. Mundt 2004, 269-270).<br /> | In die Gestaltung des Gedichts lässt er Motive aus der griechischen Tradition einfließen. Wichtigstes Modell ist [[Beeinflusser::Theokrit]], Id. 18 (Ἑλένης Ἐπιθαλάμιον) In seiner Form gehört das Epithalamium unter diejenigen, die am Hochzeitsabend dargebracht werden. Im Gegensatz zu vielen Epithalamien der Zeit spielt ständische Präsentation, die auch Biographie und bedeutsame Familienmitglieder und deren Ämter thematisiert, in diesem Gedicht zurück(vgl. Mundt 2004, 269-270).<br /> | ||
Bereits mit dem Musenanruf zu Beginn gibt der Dichter seinen eigenen Ort an: er befindest sich im "Land der Meißener" (χθόνα Μεισῶν). Hiermit ist das albertinische Sachsen gemeint, womit wiederum auf [[Erwähnter Ort::Leipzig]] als Entstehungs- und Absendeort verwiesen ist. Im Anruf an Arethusias macht er deutlich, auf welchem Weg ihn die Muse, also die bukolische Dichtung begleitet habe: Der Weg habe von den "benachbarten [[Erwähnter Ort::Franken]]" (Φραγκών ἄπο πλησιοχώρων), womit er seine Heimatstadt [[Erwähnter Ort::Bamberg]] meinen muss, nach [[Erwähnter Ort::Nürnberg]] (Νώρικας ἐς) geführt. Dann sei es an den [[Erwähnter Ort::Neckar]] (ποτὶ Νεκκαρικὰν ἄρουραν), das heißt nach [[Erwähnter Ort::Tübingen]], schließlich in das Land der Meißener, also nach Leipzig. Das Prooemium gibt das poetologische Programm des Dichters zu erkennen: ἵμερος soll es beschwingen (ἐξανεγείρει). Wenn man von den möglichen Bedeutungsnuancen, die ἵμερος (Sehnsucht, Verlangen, (erotisches) Verlangen / Begehren, Liebreiz, Anmut) haben kann, "Sehnsucht" wählt, so traut man Camerarius sicherlich das treffendste Verständnis des bukolischen Dichtens zu. Diese Sehnsucht soll mit "Freude verbunden" (χαρμοσύνᾳ ξύμμικτος) sein. Der Dichter gedenkt eines "Mithirten" an Neckar und [[Erwähnter Ort::Ammer]], mit dem er in den Gesinnungen harmonierte. Da Hessus sich nie längerfristig in Tübingen aufhielt, muss hiermit ausschließlich die dichterische Beziehung zwischen den beiden beschrieben sein. Daraufhin lobt Camerarius für die glückliche Wahl des Wohnorts [[Erwähnter Ort::Straßburg]]. Hierin ist ein kurzes Städtelob eingefügt: die Stadt zeichne sich durch "Tüchtigkeit" (ἀρετή), "Weisheit" (σοφίη) und "Frömmigkeit" (εὐσεβίη) aus. | Bereits mit dem Musenanruf zu Beginn gibt der Dichter seinen eigenen Ort an: er befindest sich im "Land der Meißener" (χθόνα Μεισῶν). Hiermit ist das albertinische Sachsen gemeint, womit wiederum auf [[Erwähnter Ort::Leipzig]] als Entstehungs- und Absendeort verwiesen ist. Im Anruf an Arethusias macht er deutlich, auf welchem Weg ihn die Muse, also die bukolische Dichtung begleitet habe: Der Weg habe von den "benachbarten [[Erwähnter Ort::Franken]]" (Φραγκών ἄπο πλησιοχώρων), womit er seine Heimatstadt [[Erwähnter Ort::Bamberg]] meinen muss, nach [[Erwähnter Ort::Nürnberg]] (Νώρικας ἐς) geführt. Dann sei es an den [[Erwähnter Ort::Neckar]] (ποτὶ Νεκκαρικὰν ἄρουραν), das heißt nach [[Erwähnter Ort::Tübingen]], schließlich in das Land der Meißener, also nach Leipzig. Das Prooemium gibt das poetologische Programm des Dichters zu erkennen: ἵμερος soll es beschwingen (ἐξανεγείρει). Wenn man von den möglichen Bedeutungsnuancen, die ἵμερος (Sehnsucht, Verlangen, (erotisches) Verlangen / Begehren, Liebreiz, Anmut) haben kann, "Sehnsucht" wählt, so traut man Camerarius sicherlich das treffendste Verständnis des bukolischen Dichtens zu. Diese Sehnsucht soll mit "Freude verbunden" (χαρμοσύνᾳ ξύμμικτος) sein. Der Dichter gedenkt eines "Mithirten" an Neckar und [[Erwähnter Ort::Ammer]], mit dem er in den Gesinnungen harmonierte. Da Hessus sich nie längerfristig in Tübingen aufhielt, muss hiermit ausschließlich die dichterische Beziehung zwischen den beiden beschrieben sein. Daraufhin lobt Camerarius für die glückliche Wahl des Wohnorts [[Erwähnter Ort::Straßburg]]. Hierin ist ein kurzes Städtelob eingefügt: die Stadt zeichne sich durch "Tüchtigkeit" (ἀρετή), "Weisheit" (σοφίη) und "Frömmigkeit" (εὐσεβίη) aus. Mit dem letzten Aspekt spielt Camerarius auf die Tatsache an, dass Straßburg ein bedeutendes Zentrum der Reformation war (vgl. Mundt 2004, 271) | ||
Als bedeutsame Hochzeitsgäste werden [[Erwähnte Person::Johannes Sturm]] und [[Erwähnte Person::Nikolaus Gerbel]] hervorgehoben. | Als bedeutsame Hochzeitsgäste werden [[Erwähnte Person::Johannes Sturm]] und [[Erwähnte Person::Nikolaus Gerbel]] hervorgehoben.<br /> | ||
Literarische Modelle für einzelne Passagen liefert [[Beeinflusser::Homer]], Ilias und Odyssee. | |||
(Jochen Schultheiß) | (Jochen Schultheiß) |
Version vom 25. Oktober 2017, 13:23 Uhr
kein passender Brief gefunden |
kein passender Brief gefunden |
Werksigle | OCEp |
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Zitation | Camerarius an Gremp und Münch, 1544, bearbeitet von Jochen Schultheiß (25.10.2017), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Eclogae, 1568 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 64-72 |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Ludwig Gremp von Freudenstein;Barbara Münch von Münchenstein |
Datum | 1544 |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | Mutmaßliches Hochzeitsdatum |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Griechisch |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | Straßburg |
Gedicht? | ja |
Incipit | Καί μοι τήνδε φίλη σύσπευδ' Ἀρεθουσιὰς ᾠδὴν |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | Hochzeit |
Register | Bukolik; Epithalamium; Briefgedicht; Poetik; Städtelob |
Handschrift | |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Datumsstempel | 25.10.2017 |
Werksigle | OCEp |
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Zitation | Camerarius an Gremp und Münch, 1544, bearbeitet von Jochen Schultheiß (25.10.2017), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Eclogae, 1568 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 64-72 |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Ludwig Gremp von Freudenstein;Barbara Münch von Münchenstein |
Datum | 1544 |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | Mutmaßliches Hochzeitsdatum |
Sprache | Griechisch |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | Straßburg |
Gedicht? | ja |
Incipit | Καί μοι τήνδε φίλη σύσπευδ' Ἀρεθουσιὰς ᾠδὴν |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Anlass | Hochzeit |
Register | Bukolik; Epithalamium; Briefgedicht; Poetik; Städtelob |
Datumsstempel | 25.10.2017 |
Regest
Das Briefgedicht ist unter dem Titel Ἐπιθαλάμιον in die Eklogensammlung von 1568 aufgenommen. Das Epithalamium ist für die Hochzeit des Ludwig Gremp von Freudenstein entstanden, der als Professor der Rechte Camerarius' Kollege in Tübingen gewesen war, dann ab 1541 aber die Position des Syndikus in der Reichsstadt Straßburg einnahm. Vermutlich im Jahr 1544 heiratete er in Straßburg die Bürgerstochter Barbara Münch von Münchenstein. Camerarius hat das Gedicht wohl infolge einer Einladung zur Freier geschrieben (vgl. Mundt 2004, 267).
Gemäß der Charakteristik von Gelegenheitsdichtung kommen bei diesem Epithalamium Anlass und Inhalt des Gedichts zur Deckung. Die Hochzeit ist sowohl Anlass für das Dichten als auch Thema des Gedichtes (zur Definition vgl. Schmitzer, Ulrich, Gelegenheitsdichtung, in: DNP 4, Stuttgart/Weimar 1998, 893-894). Spezifikum dieses Epithalamium scheint es zu sein, der Sprecher jedoch an der Teilnahme des Ereignisses verhindert ist und so die Feierlichkeit als Imagination darstellt. In das Gedicht sind unterschiedliche Traditionen des Hochzeitsgedicht integriert. So greift die Chor der Brautjungfern vor dem Schlafzimmer des Brauτpaares auf die Entstehung des Epithalamium zurück.
Aufbau (nach Mundt 2004, 269)
- 1-33: Promoemium mit Musenanruf an Muse der Bukolik; poetologische Selbstreflexion des Dichters.
- Die Reflexion enthält einen Nachruf auf den nicht namentlich erwähnten "Mithirten" Helius Eobanus Hessus.
- 34-50: Darstellung der Hochzeitsgesellschaft
- 50-84: Bekenntnis zum Dichten
- 84-98: Anrede des Bräutigams
- 115-130: Anrede der Braut
- 131-167: Heimführung der Braut
- 144-150: Epithalamium der Freudninnen der Braut vor dem Brautgemach
- 151-167: Erwiderung durch den Begleiter des Bräutigams
- 171-189: Schluss
In die Gestaltung des Gedichts lässt er Motive aus der griechischen Tradition einfließen. Wichtigstes Modell ist Theokrit, Id. 18 (Ἑλένης Ἐπιθαλάμιον) In seiner Form gehört das Epithalamium unter diejenigen, die am Hochzeitsabend dargebracht werden. Im Gegensatz zu vielen Epithalamien der Zeit spielt ständische Präsentation, die auch Biographie und bedeutsame Familienmitglieder und deren Ämter thematisiert, in diesem Gedicht zurück(vgl. Mundt 2004, 269-270).
Bereits mit dem Musenanruf zu Beginn gibt der Dichter seinen eigenen Ort an: er befindest sich im "Land der Meißener" (χθόνα Μεισῶν). Hiermit ist das albertinische Sachsen gemeint, womit wiederum auf Leipzig als Entstehungs- und Absendeort verwiesen ist. Im Anruf an Arethusias macht er deutlich, auf welchem Weg ihn die Muse, also die bukolische Dichtung begleitet habe: Der Weg habe von den "benachbarten Franken" (Φραγκών ἄπο πλησιοχώρων), womit er seine Heimatstadt Bamberg meinen muss, nach Nürnberg (Νώρικας ἐς) geführt. Dann sei es an den Neckar (ποτὶ Νεκκαρικὰν ἄρουραν), das heißt nach Tübingen, schließlich in das Land der Meißener, also nach Leipzig. Das Prooemium gibt das poetologische Programm des Dichters zu erkennen: ἵμερος soll es beschwingen (ἐξανεγείρει). Wenn man von den möglichen Bedeutungsnuancen, die ἵμερος (Sehnsucht, Verlangen, (erotisches) Verlangen / Begehren, Liebreiz, Anmut) haben kann, "Sehnsucht" wählt, so traut man Camerarius sicherlich das treffendste Verständnis des bukolischen Dichtens zu. Diese Sehnsucht soll mit "Freude verbunden" (χαρμοσύνᾳ ξύμμικτος) sein. Der Dichter gedenkt eines "Mithirten" an Neckar und Ammer, mit dem er in den Gesinnungen harmonierte. Da Hessus sich nie längerfristig in Tübingen aufhielt, muss hiermit ausschließlich die dichterische Beziehung zwischen den beiden beschrieben sein. Daraufhin lobt Camerarius für die glückliche Wahl des Wohnorts Straßburg. Hierin ist ein kurzes Städtelob eingefügt: die Stadt zeichne sich durch "Tüchtigkeit" (ἀρετή), "Weisheit" (σοφίη) und "Frömmigkeit" (εὐσεβίη) aus. Mit dem letzten Aspekt spielt Camerarius auf die Tatsache an, dass Straßburg ein bedeutendes Zentrum der Reformation war (vgl. Mundt 2004, 271)
Als bedeutsame Hochzeitsgäste werden Johannes Sturm und Nikolaus Gerbel hervorgehoben.
Literarische Modelle für einzelne Passagen liefert Homer, Ilias und Odyssee.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
Absende- und Zielort aus den biographischen Daten der Personen erschlossen.