Camerarius an Lindemann, 14.10.1549: Unterschied zwischen den Versionen
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Lindemanns Brief und seine Übersetzung des [[Erwähnte Person::Theognis von Megara|Theognis]] habe Camerarius erhalten; letztere sei ihm sehr willkommen. Daran aber, dass Lindemann ihn nun zum Beurteiler (''Aristarchus'') seines Werkes erhebe, erkenne Camerarius seine Wertschätzung für ihn. Die Handschriften seien sehr korrupt, das habe auch Camerarius bei der Beschäftigung mit Theognis vor einigen Jahren festgestellt. Daher habe er damals einige Magister hier den Text ihren Schülern erklären lassen, von denen einer, der inzwischen Arzt sei, eine nicht schlecht geratene lateinische Übersetzung begonnen habe. Diese Bemühungen habe er aber wegen eines Studienortswechsels nicht weiter verfolgen können.<br> | |||
Auch [[Erwähnte Person::Helius Eobanus Hessus]] habe einmal eine Übersetzung des Theognis begonnen, sie dann nach seiner Trennung von Camerarius aber abgebrochen. Ansonsten sei ihm niemand außer Lindemann bekannt, der dieses Unterfangen zu Ende geführt habe. Deshalb werde Camerarius Lindemanns Schrift lesen und nicht nur zu den markierten Stellen seine Meinung abgeben.<br> | |||
Die von Lindemann mitgesandte Klage über den Schmerz der Wunde, die ihm von einem schlechten Menschen beigebracht worden sei, brauche Camerarius nicht zu beurteilen, doch habe er stets deutlich gemacht, dass ihm der Verlauf der ganzen Geschichte missfalle. Es kämen allerdings solche Zeiten näher, von denen man in alten Schriften lese und dabei die Menschen jener Zeiten bedauere; nur dass es nun sie selbst treffe. Bisher habe Camerarius sich aber noch heraushalten können und auf die Seite keiner Partei stellen müssen (s. Anm.), worüber er sehr froh sei. Alle Bürgerkriege seien furchtbar, besonders aber die, wo Verwandte gegeneinander stünden. Er werde unterdessen solange wie möglich die Arbeit machen, die er gelernt habe; andere müssten sehen, was sie zu tun oder zu sagen hätten, er aber empfehle, die Studien zu pflegen und den Krieg denen zu überlassen, denen dieser immer ein Freund sei (s. Anm.).<br> | |||
Camerarius schreibe Lindemann dies in der Gewissheit, dass der es nicht falsch verstehe und missbillige. Er bedauere selbst, dass er Lindemann neulich nicht besucht habe, als er in der Gegend gewesen sei (s. Anm.). Er sei damals so beschäftigt gewesen mit der Person, die er unbedingt habe treffen wollen, habe mancherlei mit [[Erwähnte Person::Justus Menius|(Justus) Menius]] besprochen und sei so in Gedanken gewesen, dass er zwar körperlich anwesend, geistig jedoch dennoch abwesend gewesen sei. Lindemann werde ihm verzeihen. Diesen Brief habe Camerarius eigentlich dem Überbringer von Lindemanns Brief mitgeben wollen, habe aber die Gelegenheit verpasst, da er am Tag von dessen Abreise nicht da gewesen sei. | |||
(Alexander Hubert/Ulrich Schlegelmilch) | |||
===Anmerkungen=== | |||
* Der von Camerarius eingangs erwähnte (Leipziger) Theognis-Übersetzer ist nicht zu ermitteln; ebenso scheint Lindemanns Version nicht publiziert worden zu sein. Weiteres zum Thema siehe im Brief vom [[Erwähntes Werk::Camerarius an Lindemann, 03.01.1550]]. | |||
* "den Krieg denen zu überlassen, denen dieser immer ein Freund sei": Wahrscheinlich eine Adaption von [[Homer]], Ilias 4,82 bzw. [[Hesiod]], Opera et dies 161: πόλεμός τε κακὸς καὶ φύλοπις αἰνὴ. | |||
* "als er in der Gegend gewesen sei": C. war im Juli und August 1549 in [[Nürnberg]] und [[Bamberg]] (vgl. [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=5587 MBW Regesten Nr. 5587] und [https://melanchthon.hadw-bw.de/regest.html?reg_nr=5607 5607]). | |||
* "Bisher habe Camerarius sich aber noch heraushalten können und auf die Seite keiner Partei stellen müssen": Das ist wohl eine Anspielung auf die Vorbereitungen zur Belagerung Magdeburgs durch Kurfürst [[Moritz (Sachsen)]]. | |||
===Zur Datierung=== | |||
Justus Menius trat 1546 in Gotha die Nachfolge von Friedrich Myconius an; Lindemann verließ nach längeren Querelen, auf die der Brief Bezug zu nehmen scheint, Schulpforta (wohl 1547), heiratete 1548 Myconius' Tochter in Gotha und wurde dort 1549 Konrektor. Das Jahr ergibt sich zweifelsfrei aus dem handschriftlichen Brieftext, dessen klarstes Datierungsindiz von den Herausgebern des Drucks fortgelassen wurde: Zu seinem Schwiegersohn bemerkt C.: ''Esrom. noster te amanter resalutat qui proficisci iam ad Cycneos cogitat ut in illorum oppido ludum administret.'' Rüdinger wurde im September 1549 durch Melanchthon nach Zwickau empfohlen: [https://melanchthon.hadw-bw.de/regesten.html MBW], Regest Nr. 5625. |
Aktuelle Version vom 10. Juni 2024, 10:07 Uhr
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||
kein passender Brief gefunden |
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Werksigle | OCEp 0599 |
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Zitation | Camerarius an Lindemann, 14.10.1549, bearbeitet von Ulrich Schlegelmilch, Alexander Hubert und Vinzenz Gottlieb (10.06.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0599 |
Besitzende Institution | Weimar, ThHStA |
Signatur, Blatt/Seite | Nachlaß Karl Wilhelm Schumacher Nr. 77, Bl. 19-20 |
Ausreifungsgrad | Original |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1583 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 188-190 |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Cyriacus Lindemann |
Datum | 1549/10/14 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | prid. Id. Oct.; Jahr ermittelt, s. Anmerkungen
im Druck o.D. |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | Gotha |
Gedicht? | nein |
Incipit | Litteras tuas accepi et una Theognidem a te in Latinos versus translatum |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Briefe/Parallelüberlieferung; Übersetzung; Briefe/Wissenschaftlicher Austausch; Belagerung Magdeburgs (1550-1551) |
Handschrift | gesehen |
Bearbeitungsstand | validiert |
Notizen | Digi +
im Druck ohne Zielort |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:US; Benutzer:HIWI; Benutzer:VG |
Gegengelesen von | Benutzer:US |
Datumsstempel | 10.06.2024 |
Werksigle | OCEp 0599 |
---|---|
Zitation | Camerarius an Lindemann, 14.10.1549, bearbeitet von Ulrich Schlegelmilch, Alexander Hubert und Vinzenz Gottlieb (10.06.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0599 |
Besitzende Institution | Weimar, ThHStA |
Signatur, Blatt/Seite | Nachlaß Karl Wilhelm Schumacher Nr. 77, Bl. 19-20 |
Ausreifungsgrad | Original |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1583 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 188-190 |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Cyriacus Lindemann |
Datum | 1549/10/14 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | prid. Id. Oct.; Jahr ermittelt, s. Anmerkungen
im Druck o.D. |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | Gotha |
Gedicht? | nein |
Incipit | Litteras tuas accepi et una Theognidem a te in Latinos versus translatum |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Briefe/Parallelüberlieferung; Übersetzung; Briefe/Wissenschaftlicher Austausch; Belagerung Magdeburgs (1550-1551) |
Datumsstempel | 10.06.2024 |
Entstehungsort mutmaßlich
Regest
Lindemanns Brief und seine Übersetzung des Theognis habe Camerarius erhalten; letztere sei ihm sehr willkommen. Daran aber, dass Lindemann ihn nun zum Beurteiler (Aristarchus) seines Werkes erhebe, erkenne Camerarius seine Wertschätzung für ihn. Die Handschriften seien sehr korrupt, das habe auch Camerarius bei der Beschäftigung mit Theognis vor einigen Jahren festgestellt. Daher habe er damals einige Magister hier den Text ihren Schülern erklären lassen, von denen einer, der inzwischen Arzt sei, eine nicht schlecht geratene lateinische Übersetzung begonnen habe. Diese Bemühungen habe er aber wegen eines Studienortswechsels nicht weiter verfolgen können.
Auch Helius Eobanus Hessus habe einmal eine Übersetzung des Theognis begonnen, sie dann nach seiner Trennung von Camerarius aber abgebrochen. Ansonsten sei ihm niemand außer Lindemann bekannt, der dieses Unterfangen zu Ende geführt habe. Deshalb werde Camerarius Lindemanns Schrift lesen und nicht nur zu den markierten Stellen seine Meinung abgeben.
Die von Lindemann mitgesandte Klage über den Schmerz der Wunde, die ihm von einem schlechten Menschen beigebracht worden sei, brauche Camerarius nicht zu beurteilen, doch habe er stets deutlich gemacht, dass ihm der Verlauf der ganzen Geschichte missfalle. Es kämen allerdings solche Zeiten näher, von denen man in alten Schriften lese und dabei die Menschen jener Zeiten bedauere; nur dass es nun sie selbst treffe. Bisher habe Camerarius sich aber noch heraushalten können und auf die Seite keiner Partei stellen müssen (s. Anm.), worüber er sehr froh sei. Alle Bürgerkriege seien furchtbar, besonders aber die, wo Verwandte gegeneinander stünden. Er werde unterdessen solange wie möglich die Arbeit machen, die er gelernt habe; andere müssten sehen, was sie zu tun oder zu sagen hätten, er aber empfehle, die Studien zu pflegen und den Krieg denen zu überlassen, denen dieser immer ein Freund sei (s. Anm.).
Camerarius schreibe Lindemann dies in der Gewissheit, dass der es nicht falsch verstehe und missbillige. Er bedauere selbst, dass er Lindemann neulich nicht besucht habe, als er in der Gegend gewesen sei (s. Anm.). Er sei damals so beschäftigt gewesen mit der Person, die er unbedingt habe treffen wollen, habe mancherlei mit (Justus) Menius besprochen und sei so in Gedanken gewesen, dass er zwar körperlich anwesend, geistig jedoch dennoch abwesend gewesen sei. Lindemann werde ihm verzeihen. Diesen Brief habe Camerarius eigentlich dem Überbringer von Lindemanns Brief mitgeben wollen, habe aber die Gelegenheit verpasst, da er am Tag von dessen Abreise nicht da gewesen sei.
(Alexander Hubert/Ulrich Schlegelmilch)
Anmerkungen
- Der von Camerarius eingangs erwähnte (Leipziger) Theognis-Übersetzer ist nicht zu ermitteln; ebenso scheint Lindemanns Version nicht publiziert worden zu sein. Weiteres zum Thema siehe im Brief vom Camerarius an Lindemann, 03.01.1550.
- "den Krieg denen zu überlassen, denen dieser immer ein Freund sei": Wahrscheinlich eine Adaption von Homer, Ilias 4,82 bzw. Hesiod, Opera et dies 161: πόλεμός τε κακὸς καὶ φύλοπις αἰνὴ.
- "als er in der Gegend gewesen sei": C. war im Juli und August 1549 in Nürnberg und Bamberg (vgl. MBW Regesten Nr. 5587 und 5607).
- "Bisher habe Camerarius sich aber noch heraushalten können und auf die Seite keiner Partei stellen müssen": Das ist wohl eine Anspielung auf die Vorbereitungen zur Belagerung Magdeburgs durch Kurfürst Moritz (Sachsen).
Zur Datierung
Justus Menius trat 1546 in Gotha die Nachfolge von Friedrich Myconius an; Lindemann verließ nach längeren Querelen, auf die der Brief Bezug zu nehmen scheint, Schulpforta (wohl 1547), heiratete 1548 Myconius' Tochter in Gotha und wurde dort 1549 Konrektor. Das Jahr ergibt sich zweifelsfrei aus dem handschriftlichen Brieftext, dessen klarstes Datierungsindiz von den Herausgebern des Drucks fortgelassen wurde: Zu seinem Schwiegersohn bemerkt C.: Esrom. noster te amanter resalutat qui proficisci iam ad Cycneos cogitat ut in illorum oppido ludum administret. Rüdinger wurde im September 1549 durch Melanchthon nach Zwickau empfohlen: MBW, Regest Nr. 5625.