Camerarius an Carinus, 01.01.1535

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
Wechseln zu: Navigation, Suche



Chronologisch vorhergehende Briefe
Briefe mit demselben Datum
Chronologisch folgende Briefe
 Briefdatum
Camerarius an Carinus, 15XX6 Juli 1524 JL
 Briefdatum
Camerarius an Carinus, 01.01.15351 Januar 1535 JL

kein passender Brief gefunden

Werksigle OCEp 1402
Zitation Camerarius an Carinus, 01.01.1535, bearbeitet von Jochen Schultheiß (25.08.2022), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1402
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Aristides, Πρεσβευτικός, 1535
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 3-12
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Ludwig Carinus
Datum 1535/01/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung am Ende des Briefes.
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort o.O.
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Incredibili me voluptate affecit adventus nuper tuus Carine
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Aristides, Πρεσβευτικός, 1535
Kurzbeschreibung Widmungsbrief an Ludwig Carinus, der als Vorwort zu der folgenden Edition, Paraphrase und Übersetzung griechischer Texte aus dem Bereich der Rhetorik dient. Camerarius informiert über die Hintergründe der Edition, bewertet seine Paraphrasierungsleistung und reflektiert seine Maßstäbe guten Paraphrasierens und Übersetzens.
Anlass
Register Widmungsbrief; Rhetorik; Paraphrase (Prosa); Bildungsdiskurs; Übersetzungstheorie
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand korrigiert
Notizen VG, 25.8.22: der erwähnte Limburg könnte Erasmus Schenk von Limpurg (nachmaliger Bischof von Straßburg) sein: Wie Carinus studierte er in Straßburg bei Johannes Sturm. Mit 27 Jahren kann man ihn auch als jung bezeichnen.
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von Benutzer:US; Benutzer:VG
Datumsstempel 25.08.2022
Werksigle OCEp 1402
Zitation Camerarius an Carinus, 01.01.1535, bearbeitet von Jochen Schultheiß (25.08.2022), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1402
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Aristides, Πρεσβευτικός, 1535
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 3-12
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Ludwig Carinus
Datum 1535/01/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung am Ende des Briefes.
Sprache Latein
Entstehungsort o.O.
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Incredibili me voluptate affecit adventus nuper tuus Carine
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Aristides, Πρεσβευτικός, 1535
Kurzbeschreibung Widmungsbrief an Ludwig Carinus, der als Vorwort zu der folgenden Edition, Paraphrase und Übersetzung griechischer Texte aus dem Bereich der Rhetorik dient. Camerarius informiert über die Hintergründe der Edition, bewertet seine Paraphrasierungsleistung und reflektiert seine Maßstäbe guten Paraphrasierens und Übersetzens.
Register Widmungsbrief; Rhetorik; Paraphrase (Prosa); Bildungsdiskurs; Übersetzungstheorie
Datumsstempel 25.08.2022


Regest

Camerarius bringt seine Freude über die neulich erfolgte Ankunft des Ludwig Carinus zum Ausdruck. Die Freude sei umso größer, je weniger erwartet die Begegnung stattgefunden habe (A2r). Camerarius entschuldigt sich dafür, dass ihm nicht sofort eingefallen sei, wie der Ankömmling heiße, obwohl ihm sein Name (carinus: Deminutiv von carus="teuer", "geschätzt") doch so sehr anzumerken sei. Camerarius habe sich besonders darüber gefreut, von Carinus zu erfahren, dass er dem Gefolge des jungen Limburg (nicht genau identifiziert; Schenk von Limpurg?) angehöre, der aus einem herausragenden Geschlecht stamme und den vorzügliche Eigenschaften auszeichneten (A2r-A2v). Camerarius freue es insbesondere, wenn Personen von herausragender gesellschaftlicher Stellung zu Bildung gelangen, da sie über eine besonders große Wirkmacht verfügen und auch die Bestrebungen des Volkes lenken können (A2v). In diesem Fall sei dies besonders erfreulich. Hierbei komme Camerarius auch wieder die Erinnerung an dessen Verwandten in den Sinn, den Fürsten von Bamberg, (Georg von Limburg). Aus den Klagen aller Stände bei dessen Tod könne man erschließen, welches Leben dieser geführt habe (A2v-A3r). Einer solchen Familie und eines solchen Verwandten sei die Gesinnung des Nachfahren würdig. Seine Verwandten hätten sich um Camerarius' Bamberger Heimat sowohl in ihrem öffentlichen als auch privaten Wirken höchst verdient gemacht.
Camerarius widme Carinus die vorliegende Sammlung als ein angemessenes Geschenk der gastfreundschaftlichen Aufnahme (A4r). Camerarius könnte ihm auch Gedichte widmen. Dies seien jedoch nur bescheidene Werke, wenngleich er sein Können von Kindheit an mit Erfolg geübt habe. Diese habe er, nachdem er sie vor langer Zeit begonnen und nun vollendet habe, ihm nun als Geschenk für die Freundschaft und Gastfreundschaft zugeschickt. Er würde die Widmung auch dem jungen Limburg zueignen, wenn er nicht für diesen etwas noch Größeres ausarbeitete.
Hierauf leitet Camerarius zu einer Stellungnahme in der Frage nach der besten Erziehungsform über. Es gebe keine bessere und richtigere Pflege innerer Eigenschaften (cultura) als die über Beispiele und die über die Einübung wahrer Lehrsätze und der antiken Lehre (A4v). In diesem Bereich sei auch das vorliegende Werk des Camerarius anzusiedeln. Seine eigene Leistung hierbei schätzt Camerarius als gering ein. Nicht zum Selbstzweck seien die Werke zu betrachten, sondern um der Nachahmung willen (neque tam per se quam imitationis gratia). Einen besonders hohen Wert misst er dabei den Werken zu, weil sie aus den antiken Sophistenschulen (ex antiquis sophistarum scholis) stammten (A4v-A5r). Camerarius meine, dass aus diesen die Gelehrten bei methodischem Zugang großen Nutzen ziehen könnten.
Er selbst habe die Schriften einst von seinem Freund und Vertrauten Vincentius Opsopoeus zugesandt bekommen (A5r). Dieser wiederum habe die Schriften aus einer "sehr alten Handschrift" (e pervetusto codice) des Christoph Pistorius (Christoph Beck) abgeschrieben (descripsisset). Pistorius wird als Hauptlehrer an einem Markgrafenhof in einer benachbarten Stadt vorgestellt (paedagogus principalis in aula Marchionis vicini civitatis nostrae; s. Anm. 2). Beiden, Opsopoeus und Beck, müsse jeder Nutznießer sich für ihre Textlektüre zu Dank verpflichtet fühlen. Camerarius habe Opsopoeus darum gebeten, eine lateinische Übersetzung des "Πρεσβευτικός" zu erstellen. Da dieser aber krank war und der Drucker nach der Übersetzung verlangte, habe Camerarius eine eigene eingereicht. Wenn es aber irgendwie möglich sein sollte, möchte Camerarius erreichen, dass auch die Übersetzung des Opsopoeus zu einem zukünftigen Zeitpunkt eingefügt werde.
Über die Gattung des Werkes wolle Camerarius sich nicht auslassen (A5r-A5v). Dies halte er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für nötig. Stattdessen geht er auf den Inhalt (argumentum) ein. Der "Πρεσβευτικός" des Aristides sei vergleichbar mit der "Rede eines zweiten Sprechers", in der auf die Rede des homerischen Achilles geantwortet werden könnte. Libanios hingegen scheine alles "rhetorische Make-up" (ληκύθους) aufgeboten zu haben. Dabei lasse er Achilles in einer solchen Weise reden, dass keiner späteren Rede Platz gelassen werde. Deshalb sei "alles viel dichter als bei Homer" (multo sunt omnia quam apud Homerum pressiora), trotzdem sei auch nach Camerarius' Geschmack (etiam meo iudicio, s. Anm. 3) bei Libanios manches "dünn" (tenuia) und stehe nicht im Einklang mit dem Charakter des Sprechers (a persona dicentis abhorrentia).
Camerarius habe ferner παραφράσεις der beiden zugrunde liegenden Homerstellen hinzugefügt. Diese nähmen sich jedoch in dem Versuch, die alte Eloquenz wie die Muttersprache anzuwenden als "kindlich stammelnd" aus (pueriliter balbutientes καὶ ὑποψελλίζοντες). Er wolle möglichen Lesern sie weder ans Herz legen noch von ihnen abraten (A5v-A6r). Ziel sei es vielmehr, andere Gelehrte zu vergleichbaren Unternehmungen anzuregen. Dasselbe gelte auch für die Übersetzungen. Über diese habe er eine zu hohe Meinung, als dass er glauben könnte, dass hier nichts Verdienstvolles gemacht werden könne. Er hoffe nämlich, dass es ihm bei dieser Gattung, die sich durch einzigartige Satzstruktur und scharfsinnige Feinheit auszeichne, gelungen sei, die Sätze so ins Lateinische zu übersetzen, dass der Sinn der Sätze wiedergegeben sei und zugleich die lateinische Sprachrichtigkeit gewahrt bleibe: ut illae (= sententiae) expressae et huius (= Latinae linguae) proprietas custodita. Camerarius beendet den Gedankengang mit einer Abbruchformel auf Griechisch: das Ergehen seiner Leistung liege ohnehin in der Hand des Schicksals.
Unter ausgiebiger Anwendung von Ausdrücken der Bescheidenheitstopik fordert Camerarius den Empfänger Carinus auf, ihm eine Gegengabe für seine literarische Leistung zukommen zu lassen.

(Jochen Schultheiß)

Anmerkungen

  • Anm. 1: Um welche Gedichte es sich handelt, die Camerarius Carinus zugesandt habe (A3v-A4r), ist unklar.
  • Anm. 2: Als möglicher Ort der Erziehung des Albrecht Alcibiades ist hier entweder an Ansbach oder an Kulmbach zu denken (Vgl. Voigt, Joannes, Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach. 2 Bde., Berlin 1852, Bd. 1, S. 41-42).
  • Anm. 3: Die Formulierung etiam meo iudicio impliziert, dass es auch noch weitere Personen gibt, mit denen er die Vorbehalte gegenüber Libanios teilt.