Camerarius an Boner, 01.09.1555

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Camerarius an Boner, 01.09.15551 September 1555 JL

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Werksigle OCEp
Zitation Camerarius an Boner, 01.09.1555, bearbeitet von Alexander Hubert (13.08.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad
Erstdruck in Synesius, De regno ad Arcadium, 1555
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A8r
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Johannes Boner
Datum 1555/09/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Der Widmungsbrief datiert CL. Septemb. (s.a.)
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort Krakau
Gedicht? nein
Incipit Incidi his diebus in lectionem disputationis cuiusdam de regno
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Synesius, De regno ad Arcadium, 1555
Kurzbeschreibung
Anlass
Register Briefe/Widmungsbriefe
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand unkorrigiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:HIWI
Gegengelesen von
Datumsstempel 13.08.2018
Werksigle OCEp
Zitation Camerarius an Boner, 01.09.1555, bearbeitet von Alexander Hubert (13.08.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp
Erstdruck in Synesius, De regno ad Arcadium, 1555
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A8r
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Johannes Boner
Datum 1555/09/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Der Widmungsbrief datiert CL. Septemb. (s.a.)
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort Krakau
Gedicht? nein
Incipit Incidi his diebus in lectionem disputationis cuiusdam de regno
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Synesius, De regno ad Arcadium, 1555
Register Briefe/Widmungsbriefe
Datumsstempel 13.08.2018


Regest

Camerarius habe in diesen Tagen zufällig eine gewisse Rede über das regnum gelesen, deren Autor Synesios gewesen sei, der offenbar ein kluger, gebildeter und beredter Mann gewesen sei. Ihm habe dessen Art zu lehren gut gefallen und zudem schien er einiges durchaus weise darzustellen, sodass Camerarius beschlossen habe, das Werk zu übersetzen, um es dadurch vielen zugänglich machen zu können. Zumal gerade in ihrer Zeit, da doch einige, die von den althergebrachten Tugenden und Lebensweisen abwichen, wie Kranke eine Medizin bräuchten. Und wie an den üblichen Krankheiten zwar einige sterben, andere aber durch die Bemühungen der Ärzte gerettet werden, so brauche der Staat, der an einer Anhäufung von Lastern leide, dringen die ausgezeichneten Vorschriften der Philosophie. Denen folgten zwar nur wenige, aber doch manche. Manch einer von diesen freue sich gar übermäßig über diese Vorschriften, wie jener, der sage, er schätze den Rat eines weisen Mannes mehr als Gold (Μᾶλλον ἐγὼ πινυτοῖο παραίφασιν ἀνέρος εὑρὼν / τέρψομαι, ἤπερ χρυσὸν ἁπάντων κοίρανον ἀνδρῶν, Zitat aus den Lithika des Ps.-Orpheus, V. 92f.).

Als er aber angefangen habe, die Übersetzung zu verfassen, sei ihm ein Brief Georg Joachims in die Hände gefallen, der von Tugend und Weisheit des Johannes Boner kündete und auch von seiner materiellen Unterstützung für Rheticus. So habe er beschlossen, Boner seine Übersetzung zu schicken, um sie unter möglichst vielen gebildeten Männern verbreiten zu können. Diese seien Bonar ja wohl nicht nur bekannt, sondern viele seien sogar Freunde und vertraute.

Jedoch vor der Darbietung der Disputation des Synesios habe er beschlossen, über einige Inhalte mit ihm, Bonar, als eine Art Vorwort zu sprechen, denn er glaube, des Bonar nicht anders als er sich frage, warum gerade in diesen Zeiten des Sittenverfalls wenig oder gar nichts zu dessen Korrektur unternommen werde. Zeichen des nahenden Untergangs könne man überall erkennen. Dies jedoch sei nicht die Schuld derer, die ernsthaft gegen das Unheil ankämpften, sondern liege daran, dass man zu spät zur Medizin gegriffen habe, während die Krankheit bereits zu stark geworden sei (sero medicina paratur, / Cum mala per longas [con]valuere moras, Ov. Rem. 91f.)

Man könne wie in einem Spiegel der Geschichte aus der Vergangenheit heraus Anfang und Fortschritt ebenso wie Untergang aller Dinge beobachten, nützlich seien und Lob unter den Menschen finden. Und dies scheine eine Art Naturgesetz zu sein, dass großen Taten und Menschen nur ein geringes Lob bestimmt sei und die Lehre von der Rede vom Eifer, irgendetwas außergewöhnliches zu tun, übertroffen werde. Deshalb seien zweifelsohne die Menschen mit herausragendem Talent und Wissen besonders zu jenen Zeiten und Orten erschienen, zu denen die wenigsten schriftlichen Aufzeichnungen gab, die großen Anführer und Feldherren seien aber nicht von den Kriegsberichten geformt worden, sondern durch militärisches Training und Erfahrung. An Romulus habe sicher niemand etwas geschrieben darüber, wie ein Staat strukturiert werde, an Caesar und andere dagegen schrieben viele, wobei aber ebendieser Staat damals bereits zu Grunde ging, wie er vorher gerade angefangen hatte, sich zu bilden und zu festigen.

Wer sich damit beschäftige, merke, dass es sich auch mit anderen Dingen so verhalten habe. Wann hätten die Menschen etwa jemals weniger ordentlich und geschliffen gesprochen als zu den Zeiten, da es eine Flut an Grammatikbüchern gegeben habe? Was sei nach Demosthenes und Cicero noch an rhetorischen Schriften erhalten? Dennoch sei bekannt, welche Art von Rhetorik danach existierte.

Ebenso verhalte es sich mit der Architektur, der Malerei und vielen anderen Dingen. Herodot, von dem er eine große Menge halte, sei es, weil sein mittelmäßiger Intellekt doch Geschmack habe oder noch aus Liebe zu seiner früheren Erziehung, Herodot schreibe im Buch Thalia, es gebe viele Dinge, die man mit Worten nicht erklären könne, nur an der Sache selbst. Andere Dinge könnten freilich mit Worten erklärt werden, danach gebe es aber keine rühmenswerte Errungenschaft auf diesem Gebiet mehr. (Natürlich fehle in seiner lateinischen Paraphrase die Eleganz und der Glanz der griechischen Darstellung, die einerseits durch die Wortwahl, andererseits durch die Komposition so süß sei, dass selbst die Muse, deren Name das Buch ziert, es nicht schöner machen könnte.)


(Alexander Hubert)

Anmerkungen

"und auch von seiner materiellen Unterstützung für Rheticus": Dem hatte Boner nämlich gestattet, vor dem Anwesen seiner Familie einen Obelisken für seine trigonometrischen Studien zu errichten.