Camerarius an Anton von Ortenburg, 09.09.1571: Unterschied zwischen den Versionen
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Den gelehrten Brief, den Ortenburg aus [[Erwähnter Ort::Prag]] gesendet habe, | Den gelehrten Brief, den Ortenburg aus [[Erwähnter Ort::Prag]] gesendet habe, sei von Camerarius freudig in Empfang genommen worden. Damals sei er sehr krank gewesen, so dass er nicht habe zurückschreiben können (A2r). Hinzu sei gekommen, dass Ortenburg sich im Gefolge des Kaiser befände und er deshalb nicht die Möglichkeit habe, an einem festen Ort zu verweilen. Camerarius meine, er sei Ortenburg für dessen Hochachtung ihm gegenüber eine Erkenntlichkeit schuldig (A2r/v). Camerarius sei alle Leistungen, die er in seinem Leben hervorgebracht habe, durchgegangen, um ein herausragendes Werk bieten zu können, das dem Empfänger angemessen wäre (A2v). Die schwierige Suche habe eine Antwort verzögert. Camerarius habe lange Zeit nichts Passendes finden können. Sein Sohn [[Unterstützer::Ludwig Camerarius|Ludwig]], den auch Ortenburg kenne, sei jedoch dabei gewesen, die Blätter zu Camerarius' gelehrten Schriften (''chartas mearum scholasticarum operarum'') durchzugehen. Dieser halte sich gerade bei seinem Vater auf und halte dies für seine Aufgabe. Er glaube, unter es sei einiges unter diese Blätter geraten, was besser bewahrt werden und zugrunde gehen sollte. Ludwig brachte ihm dann eine Übersetzung der Schrift des [[Erwähnte Person::Xenophon]] über das Leben und die Erziehung des Perserkönigs Cyrus zur Durchsicht (A2v-A3r). Diese habe Camerarius vor vielen Jahren verfertigt, als er diese Bücher kommentierte (A3r, Anm. 1). Zudem legte der Sohn ihm den dazugehörigen Kommentar vor. Ludwig habe den Vater dazu ermuntert, dass er, solange es die Gesundheit erlaube, alles durchsehen und korrigieren solle, so dass es veröffentlicht werden könne. Camerarius sei diese Gelegenheit sehr willkommen gewesen und er habe an diese kleinen Werke Hand angelegt in der Meinung, dass sie Ortenburgs nicht unwürdig seien und dass hierin enthalten sei, was dieser erwarte: denn alles, was für einen Staatsmann zu wissen nützlich sei, werde in diesen Büchern gezeigt oder wenigstens angedeutet. Freilich passten nicht alle Lehren zu allen Zeiten und zu allen menschlichen Lebensumständen. Aber dennoch gebe es etwas Allgemeingültiges, was eine vielfältige Umsetzung erlaube und was von den Interessierten auf ihre Gegenwart übertragen lasse. Was von Natur aus wahr sei, unterliege nicht dem menschlichen Willen. Diejenigen, die dies erkannt hätten und auch über Hässliches und Schädliches richtig urteilten, hätten die Griechen "besonnen" (φρόνιμοι) genannt (A3r/v). Diese hätten auch den überzeitlichen Wert der Tugend verfochten. Diese hätten sie auf Personen und Handlungen übertragen. Camerarius wisse, dass Beispiele nicht gänzlich die Feinheit von Worten zu erläutern vermögen. Camerarius wisse jedoch, dass die Gelehrsamkeit Ortenburgs solche Beispiele leicht aufzunehmen vermag. Scipio Africanus habe als politischer Entscheidungsträger unter den sich ihm bietenden Wirkungsbedingungen sicherlich nicht dieselbe Handlungsposition innegehabt wie [[Erwähnte Person::Kyros (II.)|Cyrus]]. Dennoch sei er durch dessen Vorbild angeregt worden. Hätte Scipio aber nicht die Nützlichkeit dieses Modells erkannt, hätte er nicht solche Mühe in die Lektüre der Erzählungen Xenophons über Cyrus gesteckt. Auch Cicero habe diese Bücher verschlungen, die spätere Entwicklung des Staates habe seine Handlungsmöglichkeiten jedoch begrenzt. Ortenburg werde jedoch aufgrund seines Charakters diese Schriften als nicht zu verachtende Hilfsmittel zum Ruhm auffassen und mit Genuss lesen (A3v-A4r). Er werde es verstehen, wie die Bienen das Nützliche herauszulesen (A4r). Was der aufmerksame Leser dabei aufnehme, seien nicht nur Äußerungen, die in Einklang mit seinen Gedanken und mit seiner Lage stehen, sondern auch taten, die sich je nach Situation jedes einzelnen zur Nachahmung anbieten. Camerarius kenne keine besseren Lehren für die Lebensführung als diese aus der Feder des Xenophon. Was sich auf das wahre, himmlische Glück beziehe der Christen beziehe, zeige eine andere Schule und die Lehren anderer Bücher auf (A4r/v).<br> | ||
Zwar wisse Camerarius, dass Ortenburgs Bildung es ihm erlauben würde, die griechischen Schriften selbst zu lesen (A4v). Dennoch glaube Camerarius, dass dieser auch gerne zu seiner lateinische Übersetzung greifen werde. Zwar gebe es schon seit langer Zeit eine [[Erwähntes Werk::Filelfo, Xenophontis de paedia Cyri regis Persarum, 1468|Übersetzung]] von [[Erwähnte Person::Francesco Filelfo|Filelfo]] (Anm. 2). Diese sei als ein erster Versuch zwar nicht zu verachten, dennoch gewinne man den Eindruck, dass es auch noch eleganter und geschliffener gehe. Camerarius sei, als er seine eigene Übersetzung ein zweites Mal zur Hand nahm, noch die [[Erwähntes Werk::Gabrielli, Xenophontis de Cyri vita et disciplina, 1569|Übertragung des Iulius Gabrielius Eugubinus (Giulio Gabrielli)]] zugetragen worden. Diese werde sowohl den Eigenheiten der lateinischen Sprache als auch der Intention des Autors gerecht. Deshalb habe Camerarius sich nicht nur einmal überlegt, ob man sich durch die Ausgabe seines Werkes das andere wirklich ersparen könne. Er wolle jedoch bei der Absicht, seine Übersetzung herauszugeben, beharren und aus der vergleichenden Betrachtung der beiden, wie bei Werken verschiedener Künstler zu demselben Thema, seinen Genuss ziehen. Verschiedene Dinge könnten von gleicher Qualität sein, aber dennoch auf unterschiedliche Weise erfreuen. Wenn Gabriellis Übersetzung erschienen wäre, bevor Camerarius sein Werk verfertigt hätte, hätte er wohl nicht einen solchen Plan gefasst. Aber nachdem er nun mit Mühe seine Wiedergabe vollendet habe, wolle er ihr nun doch lieber ein bleibendes Dasein geben (E1r).<br> | Zwar wisse Camerarius, dass Ortenburgs Bildung es ihm erlauben würde, die griechischen Schriften selbst zu lesen (A4v). Dennoch glaube Camerarius, dass dieser auch gerne zu seiner lateinische Übersetzung greifen werde. Zwar gebe es schon seit langer Zeit eine [[Erwähntes Werk::Filelfo, Xenophontis de paedia Cyri regis Persarum, 1468|Übersetzung]] von [[Erwähnte Person::Francesco Filelfo|Filelfo]] (Anm. 2). Diese sei als ein erster Versuch zwar nicht zu verachten, dennoch gewinne man den Eindruck, dass es auch noch eleganter und geschliffener gehe. Camerarius sei, als er seine eigene Übersetzung ein zweites Mal zur Hand nahm, noch die [[Erwähntes Werk::Gabrielli, Xenophontis de Cyri vita et disciplina, 1569|Übertragung des Iulius Gabrielius Eugubinus (Giulio Gabrielli)]] zugetragen worden. Diese werde sowohl den Eigenheiten der lateinischen Sprache als auch der Intention des Autors gerecht. Deshalb habe Camerarius sich nicht nur einmal überlegt, ob man sich durch die Ausgabe seines Werkes das andere wirklich ersparen könne. Er wolle jedoch bei der Absicht, seine Übersetzung herauszugeben, beharren und aus der vergleichenden Betrachtung der beiden, wie bei Werken verschiedener Künstler zu demselben Thema, seinen Genuss ziehen. Verschiedene Dinge könnten von gleicher Qualität sein, aber dennoch auf unterschiedliche Weise erfreuen. Wenn Gabriellis Übersetzung erschienen wäre, bevor Camerarius sein Werk verfertigt hätte, hätte er wohl nicht einen solchen Plan gefasst. Aber nachdem er nun mit Mühe seine Wiedergabe vollendet habe, wolle er ihr nun doch lieber ein bleibendes Dasein geben (E1r).<br> | ||
Camerarius widmet die Übersetzung Ortenburg. Einige von den Übersetzungen seien schon zu einem früheren Zeitpunkt veröffentlich worden. Diese wollte Camerarius für eine zweite Auflage der "Kyrupädie" anfügen. ebenso habe er eine Wiedergabe des Büchleins über die Steuern von demselben Autor hinzugegeben. Diese habe er erst vor kurzem erstellt. So erhalte die Sammlung ein größeres Gewicht.<br> | Camerarius widmet die Übersetzung Ortenburg. Einige von den Übersetzungen seien schon zu einem früheren Zeitpunkt veröffentlich worden. Diese wollte Camerarius für eine zweite Auflage der "Kyrupädie" anfügen. ebenso habe er eine Wiedergabe des Büchleins über die Steuern von demselben Autor hinzugegeben. Diese habe er erst vor kurzem erstellt. So erhalte die Sammlung ein größeres Gewicht.<br> | ||
Version vom 31. Juli 2019, 14:20 Uhr
| Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||
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| Werksigle | OCEp |
|---|---|
| Zitation | Camerarius an Anton von Ortenburg, 09.09.1571, bearbeitet von Jochen Schultheiß (31.07.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
| Besitzende Institution | |
| Signatur, Blatt/Seite | |
| Ausreifungsgrad | Druck |
| Erstdruck in | Xenophon, De Cyri regis Persarum vita atque disciplina, 1572 |
| Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. A2r-E2r |
| Zweitdruck in | |
| Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
| Sonstige Editionen | |
| Wird erwähnt in | |
| Fremdbrief? | nein |
| Absender | Joachim Camerarius I. |
| Empfänger | Anton von Ortenburg |
| Datum | 1571/09/09 |
| Datum gesichert? | ja |
| Bemerkungen zum Datum | Datierung am Ende des Briefes: D(ie) IX. M(ensis), anno Christi Iesu, 1571. |
| Unscharfes Datum Beginn | |
| Unscharfes Datum Ende | |
| Sprache | Latein |
| Entstehungsort | Leipzig |
| Zielort | o.O. |
| Gedicht? | nein |
| Incipit | Litteras generosae clementiae tuae scriptae Pragae |
| Link zur Handschrift | |
| Regest vorhanden? | ja |
| Paratext ? | ja |
| Paratext zu | Xenophon, De Cyri regis Persarum vita atque disciplina, 1572 |
| Kurzbeschreibung | Aus dem Widmungsbrief wird die Kooperation zwischen dem alternden Camerarius und seinem Sohn Ludwig erkennbar. Ludwig sichtet die Manuskripte seines Vaters auf noch noch Unpubliziertes und ermuntert diesen, solche Schriften noch zu veröffentlichen. |
| Anlass | |
| Register | Briefe/Widmungsbriefe; Übersetzungstheorie |
| Handschrift | unbekannt |
| Bearbeitungsstand | korrigiert |
| Notizen | |
| Wiedervorlage | ja |
| Bearbeiter | Benutzer:JS |
| Gegengelesen von | |
| Datumsstempel | 31.07.2019 |
| Werksigle | OCEp |
|---|---|
| Zitation | Camerarius an Anton von Ortenburg, 09.09.1571, bearbeitet von Jochen Schultheiß (31.07.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
| Ausreifungsgrad | Druck |
| Erstdruck in | Xenophon, De Cyri regis Persarum vita atque disciplina, 1572 |
| Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. A2r-E2r |
| Fremdbrief? | nein |
| Absender | Joachim Camerarius I. |
| Empfänger | Anton von Ortenburg |
| Datum | 1571/09/09 |
| Datum gesichert? | ja |
| Bemerkungen zum Datum | Datierung am Ende des Briefes: D(ie) IX. M(ensis), anno Christi Iesu, 1571. |
| Sprache | Latein |
| Entstehungsort | Leipzig |
| Zielort | o.O. |
| Gedicht? | nein |
| Incipit | Litteras generosae clementiae tuae scriptae Pragae |
| Regest vorhanden? | ja |
| Paratext ? | ja |
| Paratext zu | Xenophon, De Cyri regis Persarum vita atque disciplina, 1572 |
| Kurzbeschreibung | Aus dem Widmungsbrief wird die Kooperation zwischen dem alternden Camerarius und seinem Sohn Ludwig erkennbar. Ludwig sichtet die Manuskripte seines Vaters auf noch noch Unpubliziertes und ermuntert diesen, solche Schriften noch zu veröffentlichen. |
| Register | Briefe/Widmungsbriefe; Übersetzungstheorie |
| Datumsstempel | 31.07.2019 |
Regest
Den gelehrten Brief, den Ortenburg aus Prag gesendet habe, sei von Camerarius freudig in Empfang genommen worden. Damals sei er sehr krank gewesen, so dass er nicht habe zurückschreiben können (A2r). Hinzu sei gekommen, dass Ortenburg sich im Gefolge des Kaiser befände und er deshalb nicht die Möglichkeit habe, an einem festen Ort zu verweilen. Camerarius meine, er sei Ortenburg für dessen Hochachtung ihm gegenüber eine Erkenntlichkeit schuldig (A2r/v). Camerarius sei alle Leistungen, die er in seinem Leben hervorgebracht habe, durchgegangen, um ein herausragendes Werk bieten zu können, das dem Empfänger angemessen wäre (A2v). Die schwierige Suche habe eine Antwort verzögert. Camerarius habe lange Zeit nichts Passendes finden können. Sein Sohn Ludwig, den auch Ortenburg kenne, sei jedoch dabei gewesen, die Blätter zu Camerarius' gelehrten Schriften (chartas mearum scholasticarum operarum) durchzugehen. Dieser halte sich gerade bei seinem Vater auf und halte dies für seine Aufgabe. Er glaube, unter es sei einiges unter diese Blätter geraten, was besser bewahrt werden und zugrunde gehen sollte. Ludwig brachte ihm dann eine Übersetzung der Schrift des Xenophon über das Leben und die Erziehung des Perserkönigs Cyrus zur Durchsicht (A2v-A3r). Diese habe Camerarius vor vielen Jahren verfertigt, als er diese Bücher kommentierte (A3r, Anm. 1). Zudem legte der Sohn ihm den dazugehörigen Kommentar vor. Ludwig habe den Vater dazu ermuntert, dass er, solange es die Gesundheit erlaube, alles durchsehen und korrigieren solle, so dass es veröffentlicht werden könne. Camerarius sei diese Gelegenheit sehr willkommen gewesen und er habe an diese kleinen Werke Hand angelegt in der Meinung, dass sie Ortenburgs nicht unwürdig seien und dass hierin enthalten sei, was dieser erwarte: denn alles, was für einen Staatsmann zu wissen nützlich sei, werde in diesen Büchern gezeigt oder wenigstens angedeutet. Freilich passten nicht alle Lehren zu allen Zeiten und zu allen menschlichen Lebensumständen. Aber dennoch gebe es etwas Allgemeingültiges, was eine vielfältige Umsetzung erlaube und was von den Interessierten auf ihre Gegenwart übertragen lasse. Was von Natur aus wahr sei, unterliege nicht dem menschlichen Willen. Diejenigen, die dies erkannt hätten und auch über Hässliches und Schädliches richtig urteilten, hätten die Griechen "besonnen" (φρόνιμοι) genannt (A3r/v). Diese hätten auch den überzeitlichen Wert der Tugend verfochten. Diese hätten sie auf Personen und Handlungen übertragen. Camerarius wisse, dass Beispiele nicht gänzlich die Feinheit von Worten zu erläutern vermögen. Camerarius wisse jedoch, dass die Gelehrsamkeit Ortenburgs solche Beispiele leicht aufzunehmen vermag. Scipio Africanus habe als politischer Entscheidungsträger unter den sich ihm bietenden Wirkungsbedingungen sicherlich nicht dieselbe Handlungsposition innegehabt wie Cyrus. Dennoch sei er durch dessen Vorbild angeregt worden. Hätte Scipio aber nicht die Nützlichkeit dieses Modells erkannt, hätte er nicht solche Mühe in die Lektüre der Erzählungen Xenophons über Cyrus gesteckt. Auch Cicero habe diese Bücher verschlungen, die spätere Entwicklung des Staates habe seine Handlungsmöglichkeiten jedoch begrenzt. Ortenburg werde jedoch aufgrund seines Charakters diese Schriften als nicht zu verachtende Hilfsmittel zum Ruhm auffassen und mit Genuss lesen (A3v-A4r). Er werde es verstehen, wie die Bienen das Nützliche herauszulesen (A4r). Was der aufmerksame Leser dabei aufnehme, seien nicht nur Äußerungen, die in Einklang mit seinen Gedanken und mit seiner Lage stehen, sondern auch taten, die sich je nach Situation jedes einzelnen zur Nachahmung anbieten. Camerarius kenne keine besseren Lehren für die Lebensführung als diese aus der Feder des Xenophon. Was sich auf das wahre, himmlische Glück beziehe der Christen beziehe, zeige eine andere Schule und die Lehren anderer Bücher auf (A4r/v).
Zwar wisse Camerarius, dass Ortenburgs Bildung es ihm erlauben würde, die griechischen Schriften selbst zu lesen (A4v). Dennoch glaube Camerarius, dass dieser auch gerne zu seiner lateinische Übersetzung greifen werde. Zwar gebe es schon seit langer Zeit eine Übersetzung von Filelfo (Anm. 2). Diese sei als ein erster Versuch zwar nicht zu verachten, dennoch gewinne man den Eindruck, dass es auch noch eleganter und geschliffener gehe. Camerarius sei, als er seine eigene Übersetzung ein zweites Mal zur Hand nahm, noch die Übertragung des Iulius Gabrielius Eugubinus (Giulio Gabrielli) zugetragen worden. Diese werde sowohl den Eigenheiten der lateinischen Sprache als auch der Intention des Autors gerecht. Deshalb habe Camerarius sich nicht nur einmal überlegt, ob man sich durch die Ausgabe seines Werkes das andere wirklich ersparen könne. Er wolle jedoch bei der Absicht, seine Übersetzung herauszugeben, beharren und aus der vergleichenden Betrachtung der beiden, wie bei Werken verschiedener Künstler zu demselben Thema, seinen Genuss ziehen. Verschiedene Dinge könnten von gleicher Qualität sein, aber dennoch auf unterschiedliche Weise erfreuen. Wenn Gabriellis Übersetzung erschienen wäre, bevor Camerarius sein Werk verfertigt hätte, hätte er wohl nicht einen solchen Plan gefasst. Aber nachdem er nun mit Mühe seine Wiedergabe vollendet habe, wolle er ihr nun doch lieber ein bleibendes Dasein geben (E1r).
Camerarius widmet die Übersetzung Ortenburg. Einige von den Übersetzungen seien schon zu einem früheren Zeitpunkt veröffentlich worden. Diese wollte Camerarius für eine zweite Auflage der "Kyrupädie" anfügen. ebenso habe er eine Wiedergabe des Büchleins über die Steuern von demselben Autor hinzugegeben. Diese habe er erst vor kurzem erstellt. So erhalte die Sammlung ein größeres Gewicht.
Camerarius lässt einige Gedanken über seine Übersetzungspraxis folgen (E1v-E2r): Er habe sich darum bemüht, das, was auf Griechisch in treffender Weise formuliert war, nicht in einem Latein wiederzugeben, das unpassend und ohne Aussage wäre (non alieno neque futili Latino). Hierbei haben Wortbedeutungen und Eigenheiten der Sprache bewahrt bleiben müssen. Ebenso sei zu bedenken, dass die Sprache nicht nur gelehrt und schmuckvoll sein solle, sondern auch, dass sie von Lesern und Hörern verstanden werden müsse.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- Anm. 1: Das muss um das Jahr 1567 gewesen sein, wie aus dem Briefwechsel mit Willem Canter hervorgeht.
- Anm. 2: Filelfos 1468 entstandene Übersetzung zur "Kyrupädie" könnte Camerarius etwa aus den bei Nikolaus Brylinger ab 1545 mehrfacht gedruckten Gesamtausgaben zu Xenophon gekannt haben, in die auch seine eigene Übersetzung zu Xenophons Schrift über die Reitkunst ("Περὶ ἱππικῆς") aufgenommen war.