Camerarius, Thyrsis, 1568 (1527/28): Unterschied zwischen den Versionen
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Die Ecloge stellt einen Dialog zwischen den beiden Hirten Menalcas und Thyrsis dar. Die Anspielungen des Gedichtes auf die Zeitgeschichte sind frappant. Die Hirten klagen in drastischer Ausdrucksweise über ihre schlechten Lebensbedingungen als Untertanen. Ihr leben ist von Unfreiheit geprägt, sowohl in Hinblick auf ihren rechtlichen Status (v. 6-8) als auch auf die Meinungsäußerung (v. 9-12). Menalcas vertritt die Haltung, dass die Bauern eine gerechte Strafe für ihren Aufstand gegen die Obrigkeit abbüßen müssen, wenn sie nun die zerstörten Burgen wieder aufbauen müssten (v. 13-18). Thyrsis versucht die Bauern zu entschuldigen, unter viele von radikalen Kräften (''partis vis'') mitgerissen worden seien. Auch auf der Seite der Herren habe es Opportunismus gegeben. Gerade diese sollten nun gegenüber ihren Untertanen Gnade walten lassen, wenn sie sich derselben Untaten schuldig gemacht haben (v. 19-29). Daraufhin weist Menalcas an Beispielen auf die Folgen des Kriges für einzelne Personen hin: Illus leide an der der Besatzung, Thestylis an der Gefangenahme ihres unschuldigen Mannes. Auch Moeris wird trotz verdienstvollen Einsatzes abgestraft (v. 30-35). Thyrsis stellt in seinem folgenden Dialogpart den Einsatz des Moeris als Friedensvermittler zwischen den Kriegsparteien dar. Er habe sich sogar zu den Truppen der Aufständischen an die [[Erwähnter Ort::Regnitz]] begeben (v. 36-40). Auch Illus muss in dem Versprechen, dass sein Hab und Gut unversehrt bleibe getäuscht sehen (v. 41-42). Menalcas schließt die Ekloge mit einer moralischen Stellungnahme, die von Reisgnation gekennzeichnet ist: Dank für Verdienste, Versprechen, und Treue halten nur so lange an wie die Furcht.<br /> | Die Ecloge stellt einen Dialog zwischen den beiden Hirten Menalcas und Thyrsis dar. Die Namen der Hirten sind in der Bukolik gängig. Die Anspielungen des Gedichtes auf die Zeitgeschichte sind frappant. Die Hirten klagen in drastischer Ausdrucksweise über ihre schlechten Lebensbedingungen als Untertanen. Ihr leben ist von Unfreiheit geprägt, sowohl in Hinblick auf ihren rechtlichen Status (v. 6-8) als auch auf die Meinungsäußerung (v. 9-12). Menalcas vertritt die Haltung, dass die Bauern eine gerechte Strafe für ihren Aufstand gegen die Obrigkeit abbüßen müssen, wenn sie nun die zerstörten Burgen wieder aufbauen müssten (v. 13-18). Thyrsis versucht die Bauern zu entschuldigen, unter viele von radikalen Kräften (''partis vis'') mitgerissen worden seien. Auch auf der Seite der Herren habe es Opportunismus gegeben. Gerade diese sollten nun gegenüber ihren Untertanen Gnade walten lassen, wenn sie sich derselben Untaten schuldig gemacht haben (v. 19-29). Daraufhin weist Menalcas an Beispielen auf die Folgen des Kriges für einzelne Personen hin: Illus leide an der der Besatzung, Thestylis an der Gefangenahme ihres unschuldigen Mannes. Auch Moeris wird trotz verdienstvollen Einsatzes abgestraft (v. 30-35). Thyrsis stellt in seinem folgenden Dialogpart den Einsatz des Moeris als Friedensvermittler zwischen den Kriegsparteien dar. Er habe sich sogar zu den Truppen der Aufständischen an die [[Erwähnter Ort::Regnitz]] begeben (v. 36-40). Auch Illus muss in dem Versprechen, dass sein Hab und Gut unversehrt bleibe getäuscht sehen (v. 41-42). Menalcas schließt die Ekloge mit einer moralischen Stellungnahme, die von Reisgnation gekennzeichnet ist: Dank für Verdienste, Versprechen, und Treue halten nur so lange an wie die Furcht.<br /> | ||
Die Ecloge ist insofern allegorisch, als nicht die konkreten Ereignisse genannt werden, sondern lediglich auf sie angespielt wird. Die bukolische Welt ist aber in dem Punkt mit der realen verbunden, als es sich mit den Hirten die Bauern bereits im eigentlichen Sinne thematisiert sind (vgl. [[Mundt 2004]], XXXIV). | Die Ecloge ist insofern allegorisch, als nicht die konkreten Ereignisse genannt werden, sondern lediglich auf sie angespielt wird. Die bukolische Welt ist aber in dem Punkt mit der realen verbunden, als es sich mit den Hirten die Bauern bereits im eigentlichen Sinne thematisiert sind (vgl. [[Mundt 2004]], XXXIV). | ||
Moeris, der aufgrund der recht spezifischen Zeichnung mit einer historischen Person zu identifizieren ist, kann vermutlich mit Camerarius' Bruder [[Erwähnte Person::Hieronymus Camerarius]] gleichgesetzt werden(vgl. hierzu und im folgenden Mundt 2004, 219-221). Dieser wurde in der Position eines bischöflichen Knazleiverwesers am 11.02.1527 vom Bischof [[Weigand von Redwitz]] aus dem Dienst entlassen und inhaftiert, da auf ihn der Verwurf gefallen war, sich an den Aufständen der Bauern beteiligt zu haben. Auch auf [[Erwähnte Person::Weigand von Redwitz]] wird in der Ekloge angespielt, wenn von der "von der schändlichen Flucht des Herrn" (''deformem dominique fugam'') die Rede ist, womit wohl Ereignisse aus dem April 1525 bezeichnet sind, die Joachim Camerarius auch selbst miterlebt hat. Hierbei verhandelte Hieronymus im Namen des Bischofs mit aufständischen Bürgern.<br /> | Moeris, der aufgrund der recht spezifischen Zeichnung mit einer historischen Person zu identifizieren ist, kann vermutlich mit Camerarius' Bruder [[Erwähnte Person::Hieronymus Camerarius]] gleichgesetzt werden(vgl. hierzu und im folgenden Mundt 2004, 219-221). Dieser wurde in der Position eines bischöflichen Knazleiverwesers am 11.02.1527 vom Bischof [[Weigand von Redwitz]] aus dem Dienst entlassen und inhaftiert, da auf ihn der Verwurf gefallen war, sich an den Aufständen der Bauern beteiligt zu haben. Auch auf [[Erwähnte Person::Weigand von Redwitz]] wird in der Ekloge angespielt, wenn von der "von der schändlichen Flucht des Herrn" (''deformem dominique fugam'') die Rede ist, womit wohl Ereignisse aus dem April 1525 bezeichnet sind, die Joachim Camerarius auch selbst miterlebt hat. Hierbei verhandelte Hieronymus im Namen des Bischofs mit aufständischen Bürgern.<br /> | ||
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Version vom 12. September 2017, 12:59 Uhr
Opus Camerarii | |
---|---|
Werksigle | |
Zitation | Thyrsis, bearbeitet von Jochen Schultheiß (12.09.2017), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I. |
Status | Verfasser |
Sprache | Latein |
Werktitel | Thyrsis |
Kurzbeschreibung | Die Ekloge gibt die Stimmung nach der Niederwerfung des Bauernkrieges aus der Sicht zweier Bauern wieder, die unter den Repressalien der Sieger leiden. |
Erstnachweis | 1528 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Die Ekloge muss im Dezember 1527 oder im Januar oder Anfang Februar 1528 entstanden sein. Dies legen historische Daten, auf die sich Geschehnisse in der allegorisch zu deutenden Ekloge beziehen, nahe (siehe unten die Darlegungen zum Entstehungskontext) |
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) | 1527/12/01 |
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) | 1528/02/10 |
Schlagworte / Register | Bukolik; Deutscher Bauernkrieg (1524-1526); Allegorie; Biographisches (Familie) |
Paratext zu | |
Paratext? | nein |
Paratext zu | |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Eclogae, 1568 |
Erstdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | |
Volltext | http://texte.camerarius.de/ |
Carmen | |
Gedicht? | ja |
Incipit | Thyrsi novella tuae carpunt virgulta capellae |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk | |
Bearbeitungsstand | |
Überprüft | noch nicht am Original überprüft |
Bearbeitungsstand | unkorrigiert |
Notizen | Noch einarbeiten: Schäfer 1978, 138-140; Kunkler 2000, 88-93; Hamm 2001, 265-277 |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Bearbeitungsdatum | 12.09.2017 |
Opus Camerarii | |
---|---|
Werksigle | |
Zitation | Thyrsis, bearbeitet von Jochen Schultheiß (12.09.2017), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I.
|
Sprache | Latein |
Werktitel | Thyrsis |
Kurzbeschreibung | Die Ekloge gibt die Stimmung nach der Niederwerfung des Bauernkrieges aus der Sicht zweier Bauern wieder, die unter den Repressalien der Sieger leiden. |
Erstnachweis | 1528 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Die Ekloge muss im Dezember 1527 oder im Januar oder Anfang Februar 1528 entstanden sein. Dies legen historische Daten, auf die sich Geschehnisse in der allegorisch zu deutenden Ekloge beziehen, nahe (siehe unten die Darlegungen zum Entstehungskontext) |
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) | 1527/12/01 |
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) | 1528/02/10 |
Schlagworte / Register | Bukolik; Deutscher Bauernkrieg (1524-1526); Allegorie; Biographisches (Familie) |
Paratext zu | |
Paratext? | nein |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Eclogae, 1568 |
Carmen | |
Gedicht? | ja |
Incipit | Thyrsi novella tuae carpunt virgulta capellae |
Bearbeitungsdatum | 12.09.2017 |
Widmung und Entstehungskontext
Als Entstehungszeitpunkt konnte von Mundt 2004, 218-221 der Jahreswechsel zwischen 1527 und 1528 bestimmt werden. Diese Datierung beruht zum einen auf der plausiblen Identifizierung der Figur Moeris mit Hieronymus Camerarius (hierzu unten mehr). Moeris sei seit fast 12 Monaten in Gefangenschaft (v. 33). Legt man nun die Inhaftierung des Hieronymus am 11.02.1527 zugrunde, so ergibt sich eine Datierung des Gedichts auf die Monate am Übergang zwischen 1527 und 1528. Die Erwähnung der Regnitz legt als Ort des Geschehens die Gegend um Bamberg nahe.
Eine Veröffentlichung der Ekloge vor 1568 kann nicht festgestellt werden. Im Kontext der Eclogen-Ausgabe von 1568 ist das Gedicht Anton von Ortenburg gewidmet.
Aufbau und Inhalt
Die Ecloge stellt einen Dialog zwischen den beiden Hirten Menalcas und Thyrsis dar. Die Namen der Hirten sind in der Bukolik gängig. Die Anspielungen des Gedichtes auf die Zeitgeschichte sind frappant. Die Hirten klagen in drastischer Ausdrucksweise über ihre schlechten Lebensbedingungen als Untertanen. Ihr leben ist von Unfreiheit geprägt, sowohl in Hinblick auf ihren rechtlichen Status (v. 6-8) als auch auf die Meinungsäußerung (v. 9-12). Menalcas vertritt die Haltung, dass die Bauern eine gerechte Strafe für ihren Aufstand gegen die Obrigkeit abbüßen müssen, wenn sie nun die zerstörten Burgen wieder aufbauen müssten (v. 13-18). Thyrsis versucht die Bauern zu entschuldigen, unter viele von radikalen Kräften (partis vis) mitgerissen worden seien. Auch auf der Seite der Herren habe es Opportunismus gegeben. Gerade diese sollten nun gegenüber ihren Untertanen Gnade walten lassen, wenn sie sich derselben Untaten schuldig gemacht haben (v. 19-29). Daraufhin weist Menalcas an Beispielen auf die Folgen des Kriges für einzelne Personen hin: Illus leide an der der Besatzung, Thestylis an der Gefangenahme ihres unschuldigen Mannes. Auch Moeris wird trotz verdienstvollen Einsatzes abgestraft (v. 30-35). Thyrsis stellt in seinem folgenden Dialogpart den Einsatz des Moeris als Friedensvermittler zwischen den Kriegsparteien dar. Er habe sich sogar zu den Truppen der Aufständischen an die Regnitz begeben (v. 36-40). Auch Illus muss in dem Versprechen, dass sein Hab und Gut unversehrt bleibe getäuscht sehen (v. 41-42). Menalcas schließt die Ekloge mit einer moralischen Stellungnahme, die von Reisgnation gekennzeichnet ist: Dank für Verdienste, Versprechen, und Treue halten nur so lange an wie die Furcht.
Die Ecloge ist insofern allegorisch, als nicht die konkreten Ereignisse genannt werden, sondern lediglich auf sie angespielt wird. Die bukolische Welt ist aber in dem Punkt mit der realen verbunden, als es sich mit den Hirten die Bauern bereits im eigentlichen Sinne thematisiert sind (vgl. Mundt 2004, XXXIV).
Moeris, der aufgrund der recht spezifischen Zeichnung mit einer historischen Person zu identifizieren ist, kann vermutlich mit Camerarius' Bruder Hieronymus Camerarius gleichgesetzt werden(vgl. hierzu und im folgenden Mundt 2004, 219-221). Dieser wurde in der Position eines bischöflichen Knazleiverwesers am 11.02.1527 vom Bischof Weigand von Redwitz aus dem Dienst entlassen und inhaftiert, da auf ihn der Verwurf gefallen war, sich an den Aufständen der Bauern beteiligt zu haben. Auch auf Weigand von Redwitz wird in der Ekloge angespielt, wenn von der "von der schändlichen Flucht des Herrn" (deformem dominique fugam) die Rede ist, womit wohl Ereignisse aus dem April 1525 bezeichnet sind, die Joachim Camerarius auch selbst miterlebt hat. Hierbei verhandelte Hieronymus im Namen des Bischofs mit aufständischen Bürgern.
Die Gefangennahme wird ebenfalls in der sich ebenfalls auf den Bauernkrieg beziehenden und wohl etwas früher, aber auch im Jahr 1527 entstandenen Ekloge IV (Camerarius, Lycidas, 1527) thematisiert.
Überlieferung
Forschungsliteratur
Mundt 2004, 2-5 (Edition und Übersetzung), 218-223 (Kommentar)