Camerarius an Griespek von Griespach, 15.07.1556
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||
kein passender Brief gefunden |
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Werksigle | OCEp 1452 |
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Zitation | Camerarius an Griespek von Griespach, 15.07.1556, bearbeitet von Jochen Schultheiß und Alexander Hubert (29.06.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1452 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Xenophon, Hippocomicus, 1556 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. AA1v-AA7v |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Florian Griespek von Griespach |
Datum | 1556/07/15 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Datierung am Ende des Briefes: Id(ibus) Quint(ilis) MDLVI (15.07.1556) |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Anni sunt ferme XVII |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Xenophon, Hippocomicus, 1556 |
Kurzbeschreibung | In dem Widmungsbrief informiert Camerarius zunächst über die Druckgenese des Neudrucks seiner und Xenophons hippologischer Schriften. Den größten Teil des Briefes nimmt jedoch ein Nachruf auf Daniel Stiebar ein, dessen Biographie Camerarius ausführlich behandelt. |
Anlass | |
Register | Widmungsbrief; Nachruf; Biographie; Reichstag 1541 (Regensburg); Numismatik |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | validiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS; Benutzer:HIWI |
Gegengelesen von | Benutzer:US; Benutzer:VG |
Datumsstempel | 29.06.2023 |
Werksigle | OCEp 1452 |
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Zitation | Camerarius an Griespek von Griespach, 15.07.1556, bearbeitet von Jochen Schultheiß und Alexander Hubert (29.06.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1452 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Xenophon, Hippocomicus, 1556 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. AA1v-AA7v |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Florian Griespek von Griespach |
Datum | 1556/07/15 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Datierung am Ende des Briefes: Id(ibus) Quint(ilis) MDLVI (15.07.1556) |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Anni sunt ferme XVII |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Xenophon, Hippocomicus, 1556 |
Kurzbeschreibung | In dem Widmungsbrief informiert Camerarius zunächst über die Druckgenese des Neudrucks seiner und Xenophons hippologischer Schriften. Den größten Teil des Briefes nimmt jedoch ein Nachruf auf Daniel Stiebar ein, dessen Biographie Camerarius ausführlich behandelt. |
Register | Widmungsbrief; Nachruf; Biographie; Reichstag 1541 (Regensburg); Numismatik |
Datumsstempel | 29.06.2023 |
Regest
Es sei nun etwa 17 Jahre her, als Camerarius nach einer langen und beschwerlichen Reise und einem unerfreulichen Ereignis aufgrund des (dadurch erzwungenen) Aufenthalts zu Hause begonnen habe, eine Schrift über das Reitwesen zu verfassen und die Übersetzung eines griechischen Werkes ins Lateinische anzufertigen, die dann herausgegeben und an Georg von Loxan gesandt worden seien (s. Anm. 1). Dieser sei ja ein Freund des Adressaten. Loxan habe sich über den Kenntnisreichtum und die sprachliche Form des von Camerarius verfassten Werkes lobend geäußert (AA1v). Camerarius habe sich mit Georg von Loxan in der Gegenwart des Florian Griespek von Griespach unterhalten, als Kaiser Karl eine Versammlung an der Donau abhielt (s. Anm. 2).
Danach habe sich Camerarius nicht mehr darum gekümmert, was andere über diese Schrift dachten. Auch das Gelächter einiger, die sich über die Behandlung eines solchen Themas lustig machten, habe ihn nicht berührt (AA2r). Camerarius beruft sich auf ein altes Sprichwort, wonach auch unter einem schmutzigen Mantel Weisheit verborgen liegen könne.
Die Verteidigung der von ihm gewählten Thematik verknüpft Camerarius mit einer grundsätzlichen Reflexion über die Intentionen seines Schreibens: Auf die eben beschriebene Weise werde gewöhnlich durch die Möglichkeiten und Kenntnissen der besten Künste und durch die Bemühungen kunstfertiger und begabter Personen bisweilen ein Beitrag zur "Nutzung von Erfahrung" (ad experientiae usum), was in allem das Beste sei, geleistet. So habe Xenophon (als Autor) den Sokrates auch in Werkstätten geführt und ihn mit den Herstellern von Erzeugnissen, die er selbst zu verfertigen nie gelernt hatte, disputieren lassen. Auch wenn wir behaupteten, selbst einige Übung zu haben, könnten wir vielleicht durch die Gewohnheiten der gegenwärtigen Zeit oder durch unsere Lebensform widerlegt werden. Wen aber gäbe es, der nicht anderen sehr vieles beibringe, was ihm selbst jedoch abgehe? So viel zur Verteidigung (defensio) der eigenen Person, nun zur Sache.
Zur selben Zeit (als er den Hippocomicus abfasste) habe er auch regen Kontakt mit Adam Karl gepflegt. Florian Griespeck verbinde mit diesem ja ebenfalls innige Bekanntschaft. Damit das Buch etwas umfangreicher ausfallen würde und der Bemühung des Camerarius um Adam Karl Ausdruck verliehen würde, habe er noch eine Schrift über antike Münzen hinzugefügt. Diese beiden (Karl und von Loxan) seien nun aus dem Leben geschieden und der Staat müsse jetzt ihres Ratschlags und ihrer Hilfe ermangeln. Da Camerarius mit ihnen zu Lebzeiten Umgang pflog, wolle er nun die Erinnerung an sie bewahren (AA2r-AA2v). Deshalb habe er die Werke nicht nur wieder zurechtgemacht, sondern auch noch vermehrt, einerseits durch die Hinzufügung anderer Schriften, andererseits durch die Präsentationsform (expositionis forma, s. Anm. 3). Als sich Camerarius darangemacht habe, sich um den Neudruck zu kümmern, habe er entschlossen, dass auch das erhalten bleiben solle, was er zu diesen Schriften damals verfasst habe (illa quae de his ad ipsos tum scripsissem; s. Anm. 4). So könne Camerarius dem Widmungsempfänger diese Werke sowohl als Umarbeitung (repastinatio) als auch als Neuerscheinung präsentieren.
Camerarius halte Griespek aus dem Grund für einen würdigen neuen Widmungsempfänger, da er ihn einst sehr freundlich empfangen habe, als er nach Aegra (Eger) kam. Dort habe sich der König, dem er diente, zu Beratungen in höchst bedeutsamen und schwierigen Angelegenheiten aufgehalten (s. Anm. 5). Damals habe Camerarius seine heimgesuchte Heimat (Bamberg) verlassen und habe diesen Weg auf sich genommen, um zu Daniel Stiebar zu gelangen. Dessen Begleiter sei Carolus Redbicius gewesen (s. Anm. 6). Hier habe Camerarius gemerkt, dass Griespek Stiebar aufgrund seiner positiven Eigenschaften zu schätzen lernte.
Die Erwähnung Stibars gibt Camerarius Gelegenheit, in einem ausführlichen Nachruf und mit ausgiebigen biographischen Informationen an den unlängst Verstorbenen (Todesdatum: 06. oder 07.08.1555) zu erinnern (AA2v-AA6v). Obwohl Stiebar schon länger von einer Krankheit ergriffen worden sei, sei er erst beträchtlich später daran gestorben. Von Schmerz erfüllt aufgrund der schrecklichen Zustände in seiner fränkischen Heimat habe Stiebar nach Ende der unergiebigen Bundesverhandlungen geschwächt Fulda erreicht und sei dann aufgrund von Unruhen krank nach Würzburg zurückgekehrt. Camerarius verknüpft das Ende Stiebars, der sein Vaterland so geliebt habe (incredibili patriae amore flagrans, AA3v), mit dem Zusammenbruch Deutschlands. Stiebar sei Camerarius von Kindheit an (a primae pueritiae aetate) bekannt gewesen. Nachdem sein Vater, ein verehrter fränkischer Adliger, verstorben sei und eine reichliche Nachkommenschaft hinterlassen habe, beschloss man, dass Daniel eine Ausbildung in den Künsten und Wissenschaften erhalten solle. Deshalb sei er nach Erfurt geschickt worden. Dort habe er bei dem vorzüglichen Georg Petz aus Forchheim Unterricht erhalten. Man schrieb das Jahr 1518, als sich Camerarius dorthin begeben habe, nachdem er in Leipzig Richard Croke gehört habe und Schüler des Georg Helt aus derselben Stadt gewesen sei. Dann sei auch er an die Erfurter Universität gekommen, wo er sich ebenfalls Georg Petz angeschlossen habe. Stiebar sei ihm aufgrund seiner Lernbegierde höchst sympathisch geworden. Beide hätten insbesondere in ihrer Kenntnis des Griechischen weit hervorgeragt. Solcher Fleiß und solche Aufopferung suchten bei der gegenwärtigen Jugend ihresgleichen. Dass er sich dem Kirchenamt zugewandt und sich nicht der Bildung verschrieben habe, habe Stiebar häufig bedauert. Er sei dann nach Italien gegangen, habe Frankreich gesehen, sei durch die Niederlande gezogen. Bei Erasmus habe er sich lange und in vertrautem Verhältnis aufgehalten. In verschleiernden Wendungen äußert Camerarius Kritik an Stiebars Berufsstand (AA4v-AA5r).
Es folgt eine Charakteristik Stiebars, die ihn als einen tugendhaften Menschen zeichnet, die in ausgiebige Lobpreisungen auf den Verstorbenen übergeht. Seinen Tod habe er in Gelassenheit und Frömmigkeit hingenommen (AA5r-AA6v; s. Anm. 7). Am Ende spricht Camerarius wieder den Adressaten an, der ja Stiebar ebenfalls sehr geschätzt habe. Wie im Nachruf auf Stiebar zeigt Camerarius auch in den an Griespek gerichteten Worten seine höchste Besorgnis über den Zustand des Vaterlandes.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- 1: Camerarius geht hier auf den Entstehungskontext der Erstausgabe des Hippocomicus von 1539 ein, von dem er in seinem Widmungsbrief an Georg von Loxan berichtet. Weiteres zum Entstehungskontext und zu Georg von Loxan vgl. Woitkowitz 2003, S. 116f. Anm. 1 u. 3.
- 2: Hier ist der Regensburger Reichstag von 1541 gemeint, den Camerarius nach Zeugnis von Philipp Melanchthons Brief an Veit Dietrich vom 17. Juli 1541 besucht hat (vgl. MBW - Regesten online, Nr. 2761 Anm.); hier war auch der Kaiser Karl V. anwesend (vgl. MBW - Regesten online, Nr. 2664). Angesichts des zeitlichen Abstands scheint der Regensburger Reichstag von 1546, der auf Prorogation durch Kaiser Karl V. stattfand, weniger wahrscheinlich. Zu Florian Griespek von Griespach vgl. auch Woitkowitz 2003, S. 341 und PKMS 6, S. 1186.
- 3: Das Verständnis von expositionis forma ist schwierig: expositio heißt eigentlich "Erklärung". Wie aber soll man "(äußere) Gestalt/Form der Auslegung" verstehen? Deshalb ist hier wohl eher die Präsentationsform gemeint.
- 4: Hiermit muss Camerarius die wiederabgedruckten Paratexte, in diesem Fall die ursprünglichen Widmungsbriefe, meinen.
- 5: Der König, in dessen Diensten Griespek stand, war Ferdinand I. Da dieser 1547 in Eger weilte, ist es naheliegend, dass mit Aegra diese Stadt gemeint ist. Zum Treffen von Camerarius mit Stibar bei den königlichen Bundesverhandlungen gegen Markgraf Albrecht Alkibiades in Eger vgl. Woitkowitz 2003, S. 268 Anm. 1. Zum Abschied des Bundestags von Eger am 6. Mai 1553 vgl. PKMS 6, Nr. 532.
- 6: Die Formulierung comitante Carolo Redbicio gibt Probleme auf: Zum einen ist die Identität der Person zu klären. Die lateinische Namensversion lässt eigentlich nur auf eine Person namens "Karl von Redwitz" schließen. Zum anderen erhellt aus dem Ablativus absolutus nicht, um wessen Begleiter es sich hier handelt. Da es sich um eine Familie handelt, die mit Weigand von Redwitz einen Bamberger Bischof gestellt hat, liegt es näher, ihn im Umfeld Stiebars anzusiedeln. Eine Beziehung zwischen ihm und Stiebar stellt Camerarius in der den Ablativus absolutus erläuternden Apposition her: altero nobilitatis Francicae lumine. Zu Karl von Redwitz vgl. MBW - Regesten online, Nr. 6380.3, PKMS 5, S. 943 und PKMS 6, S. 846.
- 7: Die Darstellung seiner Frömmigkeit und Gelassenheit im Sterben entspricht dem frühneuzeitlichen Ars-moriendi-Ideal.