Camerarius, Prooemium interpretationis et explicationis commemoratorum libellorum, 1572
Opus Camerarii | |
---|---|
Werksigle | |
Zitation | Prooemium interpretationis et explicationis commemoratorum libellorum, bearbeitet von Jochen Schultheiß (17.07.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I. |
Status | Verfasser |
Sprache | Latein |
Werktitel | Prooemium interpretationis et explicationis commemoratorum libellorum |
Kurzbeschreibung | |
Erstnachweis | 1572 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datierung ungesichert (siehe Erstdruck). |
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) | |
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) | |
Schlagworte / Register | Prooemium; Philosophie; Ethik; Staatsverfassung; Bildungsdiskurs; Werkgenese; Übersetzungstheorie; Stilkritik |
Paratext zu | |
Paratext? | ja |
Paratext zu | Plutarch, Libellus de virtute morali, 1572 |
Überliefert in | |
Druck | Plutarch, Libellus de virtute morali, 1572 |
Erstdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | |
Volltext | http://texte.camerarius.de/ |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk | |
Bearbeitungsstand | |
Überprüft | am Original überprüft |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Bearbeitungsdatum | 17.07.2019 |
Opus Camerarii | |
---|---|
Werksigle | |
Zitation | Prooemium interpretationis et explicationis commemoratorum libellorum, bearbeitet von Jochen Schultheiß (17.07.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I.
|
Sprache | Latein |
Werktitel | Prooemium interpretationis et explicationis commemoratorum libellorum |
Kurzbeschreibung | |
Erstnachweis | 1572 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datierung ungesichert (siehe Erstdruck).
|
Schlagworte / Register | Prooemium; Philosophie; Ethik; Staatsverfassung; Bildungsdiskurs; Werkgenese; Übersetzungstheorie; Stilkritik |
Paratext zu | |
Paratext? | ja |
Paratext zu | Plutarch, Libellus de virtute morali, 1572 |
Überliefert in | |
Druck | Plutarch, Libellus de virtute morali, 1572 |
Volltext | http://texte.camerarius.de/ |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Bearbeitungsdatum | 17.07.2019 |
Widmung und Entstehungskontext
Das Proömium zu der Übersetzung und Kommentierung von moralischen Schriften des Plutarch ist an Hans Jakob Truchseß zu Waldburg adressiert.
Aufbau und Inhalt
Da sich im irdischen Leben überall die Schlechtigkeit des Menschen und Fähigkeit zum Bösen zeigt, an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten jedoch auch die Tugendhaftigkeit herausragt, hat die Weisen beinahe zu allen Zeiten die Frage beschäftigt, woher diese gute Eigenschaft komme und ob zu ihrer Erwirkung irgendein bedeutsamer Beitrag von der Bildung geleistet werden könne (A2r). Hierzu hat jeder eine andere Meinung vertreten. In der menschlichen Gesellschaft ist es immer am sichersten, sich in den Dingen, die zu ihrem Schutz und ihre Mehrung eingerichtet werden soll, an das zu halten, worüber allgemeiner Konsens herrscht (A2r/v). Diese Sicherheiten ins Schwanken zu bringen, bedeutet, bedeutet vielfachen Irrtümern Zutritt zu gewähren, durch die der Staat heftig erschüttert, wenn nicht sogar zum Fall gebracht werden kann (A2v). Eine solcher Konsens (consensio) muss ganz und gar für eine Naturgesetz (lex naturae) gehalten werden. Hierzu gehört es, durch Unterweisung und Ermahnung die Menschen klüger, besser und umgänglicher zu machen. Denn in Hinblick auf die persönlichen Fähigkeiten in der Weisheit und in den Künsten zweifelt niemand, dass es zu ihrer Aktivierung Lehrer brauche. Lächerlich ist es, Epikur oder Heraklit anzupreisen. Beide haben behauptet, dass sie ohne äußeres Zutun zu Weisen geworden seien. Man weiß jedoch, dass die an Tugend und Weisheit herausragenden Menschen sowohl von irgendwelchen Personen erzogen und auf ehrenvolle Taten vorbereitet wurden als auch besonders Umgang mit den bedeutendsten Männern ihrer Zeit vertrauten Umgang pflegten (A2v-A3r). Camerarius führt Beispiele aus der Literatur an und geht dabei u.a. auf die Darstellung des Herkules bei Theokrit ein (A3r). Hieraus zieht Camerarius den sicheren Schluss, dass es eine Tugend und Weisheit gelehrt werden kann (esse doctrinam virtutis atque sapientiae). An den Orten und in den Zeiten, in denen eine solche Schule errichtet wird, kann man, wenn auch noch die förderliche Wirkung Gottes hinzukomme, eine solche Unterweisung für vielversprechend halten (A3r/v).
Wenn aber alles, was für schön, richtig und lobenswert gehalten werden soll, sich auf die Wahrheit der Wissenschaft stützen und sich von der Nichtigkeit der Meinungen fernhalten muss, dann ist es klar, dass die Erziehung in den freien Künsten nicht ohne Unterweisung in den besten Künsten - diese heißt auf Griechisch φιλοσοφία - bestehen kann (A3v). Die Ausbildung des Geistes muss auf eine Vervollkommnung aller intellektuellen Fähigkeiten abzielen. Hierin besteht der Ursprung der wahren Erkenntnis in den menschlichen Angelegenheiten. Da die Menschen sich von Natur aus zu einer Gesellschaft zusammenschließen, muss der Bereich der Philosophie als höchst bedeutsam eingestuft werden, die sich mit der Bewahrung und der Vollendung dieser Gemeinschaft beschäftigt. Dies ist zum einen wichtig, da sich die Unterweisung auf ein zufriedenstellendes (felix) Leben bezieht und weil es offensichtlich ist, wie sehr sich auch dieses zufriedenstellende von dem wahrhaft glücklichen (beata) Leben unterscheidet (A3v-A4r; Anm. 1). Dies ist die Staatskunde (haec est politice: ratio seu scientia civilis, A4r). Diese zeigt die Ursprünge des Rechts und der Gesetze, erklärt aber auch den Ursprung, die Entwicklung und den Zerfall der Moral und zeigt auch deren Gegenteil auf (Gesetzlosigkeit, Unordnung, Verbrechen). Sie beschäftigt sich mit der Festigung und dem Schutz von Staaten, dem Erhalt der häuslichen Gewohnheiten und deren Ausrichtung auf das Allgemeinwohl, mit der Lenkung der Sitten der einzelnen Bürger sowie mit den Verpflichtungen für die Öffentlichkeit. Auch in der Antike stand im Blickpunkt der Philosophie insbesondere das Gemeinwesen. Es sollte ein Zustand erreicht werden, der mit dem göttlichen Willen und der menschlichen Notwendigkeit in Einkalng steht (?; A4r/v).
Camerarius hat in den vergangenen Tagen Plutarchs Büchlein über die moralische Tüchtigkeit wiederholt gelesen (A4v), das unter den Schriften dieses Autors hervorragt, und er hat es als würdig befunden, in einem Traktat für die allgeine Bildung zu übersetzen und zu kommentieren. er hat beschlossen, auch noch einige andere Erörterungen von antiken Autoren hinzuzufügen, die zu diesem Unternehmen passten, so dass eine Gesamtschau (summa) zur moralischen Lehre entstanden ist, so dass man diesen Teil der Philosophie angemessener betrachten und besser verstehen kann. Camerarius hat den Weg der Lehren für richtig befunden, der von bekannten Persönlichkeiten gutgeheißen worden ist. Hierbei handelt es sich um die Schule der Akademie und des Peripatos. Die Bücher des Aristoteles will Camerarius gründlich behandeln, denn kein anderer scheint der wahren Lehre so nahe zu kommen. Auch wenn manches schwieriger verständlich ist, so vermag es eine gelehrte Herangehensweise (doctrina) doch, diese auszuräumen (A5r). Camerarius hat es auch für richtig befunden, den Überlegungen des Sokrates über die Vorzüglichkeit und die Unterweisung der Tugend, über die Aristoteles andere Vorstellungen hatte, bei den philosophischen Fragestellungen einen Platz einzuräumen. Diese werden in zwie Dialogen dargelegt, deren Autorschaft ungewiss ist. (Diogenes) Laertius überleifert jedoch, dass unter den Zuhörern des Socrates eine gewisser Simon gewesen sei, der in seiner Schreibwerkstatt dessen Gespräche aufgeschrieben habe, woraus jene Dialoge, die die "des Schuhmachers" genannt werden, entstanden seien. Hierin behauptet er, dass die Tugend nicht lehrbar sei. Camerarius hat neulich erfahren, dass dieser Dialog existiere und überliefert sei, aber er habe ihn nicht selbst gesehen. Ob der Dialog, der einst von Aldus Manutius herausgegeben wurde und nun von Camerarius ins Lateinische übersetzt wurde, von demselben Simon stammt, vermag Camerarius nicht zu beurteilen.
Bei seiner Übersetzung hat sich Camerarius bemüht, in ihr die Eigentümlichkeit der lateinischen Sprache zu berücksichtigen und dabei zugleich die Aussage des Griechischen richtig wiederzugeben (A5v). Denn dies ist die Aufgabe eines zuverlässigen Übersetzers: in der Übersetzung deutlich zu machen, was der Autor zu wissen und zu verstehen geben wollte. Zu den Werken gibt es auch andere Übersetzungen. Diese scheinen Camerarius von der Qualität zu sein, dass sich niemand von der Mühe einer neuen Übersetzung abschrecken lassen sollte.
Camerarius verteidigt die literarische Qualität (des Plutarchwerkes) gegenüber anderen Auffassungen. Hierüber habe Camerarius an anderer Stelle geschrieben. Die Gnade Gottes hat gerade den Griechen die Fähigkeit gegeben, ihren geistigen Konzepten einen besonders angemessenen sprachlichen Ausdruck zu verleihen (A5v-A6r). Die bedeutendsten Werke geistigen Schaffens finden sich bei den Griechen. Es gab Zeiten, zu denen man dachte, dass die Werke der Griechen von Cicero so gut übersetzt worden seien, dass überhaupt keine Notwendigkeit mehr bestehe, in die griechischen Originale hineinzublicken. Dies ist in der Gegenwart nun anders (A6r/v). Bei seinen Vorstudien, habe er einiges zusammengesammelt, das nach seiner und der Meinung anderer viele Gelehrte wohl gerne kennenlernen und lesen würden. Auch diese hat Camerararius gerne seiner Übersetzung der griechischen Werke hinzugefügt.
Camerarius widmet das Werk Hans Jakob Truchseß von Waldburg.
Anmerkungen
- Anm. 1: Der Sinn ist hier nicht ganz eindeutig. Camerarius will wohl sagen, dass politische Philosophie ein zufriedenstellendes Leben erst ermöglicht, zugleich aber auch aufzeigt, dass sich dieses zufriedenstellende Leben noch nicht mit dem wahrhaft glücklichen gleichzusetzen ist.