Camerarius an Loxan, 18.03.1539: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Brief beginnt mit einem zunächst auch Lateinisch paraphrasierten, dann auf Griechisch angeführten Zitat aus [[Erwähnte Person::Theokrit]], in dem ein Fischer die Meinung äußert, jede Hündin träume im Schlaf von Brot, er selbst hingegen von Fischen (Theoc. 21, 44-45). Hiermit stützt Camerarius die im Folgenden vorgebrachte Ansicht, dass Menschen von den Dingen träumen, die sie am meisten beschäftigen. Auch ihn haben Pferde stets interessiert. Infolge einer Erkrankung, die er sich bei einem Ausritt zugezogen hat, | Der Brief beginnt mit einem zunächst auch Lateinisch paraphrasierten, dann auf Griechisch angeführten Zitat aus [[Erwähnte Person::Theokrit]], in dem ein Fischer die Meinung äußert, jede Hündin träume im Schlaf von Brot, er selbst hingegen von Fischen (Theoc. 21, 44-45). Hiermit stützt Camerarius die im Folgenden vorgebrachte Ansicht, dass Menschen von den Dingen träumen, die sie am meisten beschäftigen. Auch ihn haben Pferde stets interessiert. Infolge einer Erkrankung, die er sich bei einem Ausritt zugezogen hat, habe er sich mit Freunden über allerlei geistreiche Themen, auch über die Reitkunst, unterhalten und dann das Werk über das Reiten des Xenophon erneut gelesen und übersetzt. Bei seiner Kommentierung habe er auch begonnen, selbst etwas über den Umgang mit Pferden zu schreiben (''ipsi commentatione nostra aliquid de equorum tractatione componere cepimus'').<br /> | ||
Es folgt eine Darlegung über die Rolle der Pferde und der Reiterei in der griechischen Literatur und Geschichte. Diese ist verbunden mit allgemeineren Reflexionen. Die Reiterei diene nicht nur dem Staat, vielmehr seien die Reiter/Ritter auch die besseren Menschen, die größere Tüchtigkeit und stärkeres Beharren bei den alten Sitten zeigten.<br /> | Es folgt eine Darlegung über die Rolle der Pferde und der Reiterei in der griechischen Literatur und Geschichte. Diese ist verbunden mit allgemeineren Reflexionen. Die Reiterei diene nicht nur dem Staat, vielmehr seien die Reiter/Ritter auch die besseren Menschen, die größere Tüchtigkeit und stärkeres Beharren bei den alten Sitten zeigten.<br /> | ||
Daraufhin geht Camerarius auf den Widmungsempfänger der beiden in dem Druck vereinten Werke zur Reitkunst, Georg von Loxan ein. | Daraufhin geht Camerarius auf den Widmungsempfänger der beiden in dem Druck vereinten Werke zur Reitkunst, Georg von Loxan, ein. Diesen hätten die beiden Juristen [[Gesprächspartner::Johann Ludwig Brassicanus]] und [[Gesprächspartner::Bartholomäus Amantius]] in Camerarius' Gegenwart gelobt.<br /> | ||
In einem weiteren Schritt legt Camerarius Hauptlinien seiner Darstellung und die Grundsätze seiner Übersetzung (''de conversione'') dar: Auf die Übersetzung habe er große Mühe verwandt (''me sedulo in illa laborasse''). Sie zu erstellen war keine einfache Aufgabe (''non enim certe fuit facilis res''). Er habe versucht, den Sprachstil der "Einfachheit und feinen Reinheit" des Autors zumindest anzupassen, da diese im Lateinischen nicht gänzlich erreicht werden könne (''orationem autem studuimus attemperare ad autoris simplicitatem, et subtilem puritatem, quam in lingua Latina assequi possit nemo''). Dem griechischen Autor sei es gelungen, durch eine "prägnante", "komprimierte", "straffe" Sprache auch "größere", | In einem weiteren Schritt legt Camerarius Hauptlinien seiner Darstellung und die Grundsätze seiner Übersetzung (''de conversione'') dar: Auf die Übersetzung habe er große Mühe verwandt (''me sedulo in illa laborasse''). Sie zu erstellen war keine einfache Aufgabe (''non enim certe fuit facilis res''). Er habe versucht, den Sprachstil der "Einfachheit und feinen Reinheit" des Autors zumindest anzupassen, da diese im Lateinischen nicht gänzlich erreicht werden könne (''orationem autem studuimus attemperare ad autoris simplicitatem, et subtilem puritatem, quam in lingua Latina assequi possit nemo''). Dem griechischen Autor sei es gelungen, durch eine "prägnante", "komprimierte", "straffe" Sprache auch "größere", also bedeutsamere, erhabene Dinge darzustellen (''nihil argutius neque pressius neque castigatius dici potuisset, quam ab hoc omnia dicuntur, etiam de rebus interdum grandioribus''). Dieser feine Stil, den auch [[Erwähnte Person::Xenophon]] pflege, werde im Griechischen ἰσχνόν ("dünn", "fein") genannt. Dies sei der "attische" Stil, der sich durch seine "Reinheit" (''puritas'') auszeichne. Bei Xenophon finde sich ebenso eine große Transparenz (''perspicuitas''). Alles sei deutlich (''nihil non evidens''), explizit (''expressum'') und klar (''dilucidum''). | ||
(Jochen Schultheiß) | (Jochen Schultheiß) | ||
=== Prosopographisches === | === Prosopographisches === | ||
Der Widmungsempfänger ist der aus Schlesien stammende Ritter und Prokanzler des Königs Georg von Loxan (vgl. [[Woitkowitz 2003]], 117. Anm. 3; ihm folgend [[Sannicandro 2017]], 190).<br /> | Der Widmungsempfänger ist der aus Schlesien stammende Ritter und Prokanzler des Königs, Georg von Loxan (vgl. [[Woitkowitz 2003]], 117. Anm. 3; ihm folgend [[Sannicandro 2017]], 190).<br /> | ||
Es wurde der interessante Vorschlag vorgebracht, den Krankheitsfall, der Camerarius den Anlass zu der Beschäftigung mit der Reitkunst gegeben hat, mit dem Sturz von einem Pferd zu identifizieren, den Camerarius in seinem Hodoiporikon [[Camerarius an die Wittenberger Freunde, 29.11.1538]] über eine Reise nach Wittenberg beschreibt (vgl. [[Sannicandro 2017]], 190 mit Fußnote 19). Erhärten lässt sich diese Konkretisierung aus den Angaben des vorliegenden Briefes jedoch nicht. | Es wurde der interessante Vorschlag vorgebracht, den Krankheitsfall, der Camerarius den Anlass zu der Beschäftigung mit der Reitkunst gegeben hat, mit dem Sturz von einem Pferd zu identifizieren, den Camerarius in seinem Hodoiporikon ([[Camerarius an die Wittenberger Freunde, 29.11.1538]]) über eine Reise nach Wittenberg beschreibt (vgl. [[Sannicandro 2017]], 190 mit Fußnote 19). Erhärten lässt sich diese Konkretisierung aus den Angaben des vorliegenden Briefes jedoch nicht. | ||
===Forschungsliteratur=== | ===Forschungsliteratur=== | ||
*[[Sannicandro 2017]], 191-192. | *[[Sannicandro 2017]], 191-192. |
Version vom 1. Dezember 2019, 19:51 Uhr
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||
kein passender Brief gefunden |
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Werksigle | OCEp |
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Zitation | Camerarius an Loxan, 18.03.1539, bearbeitet von Jochen Schultheiß (01.12.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De tractandis equis, 1539 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. A1v-A4v |
Zweitdruck in | Xenophon, Hippocomicus, 1556 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | Bl. A1r-A4v |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Georg von Loxan |
Datum | 1539/03/18 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Jahresangabe nach der Datierung des Druckes; Datumsangabe nach der Datierung des Briefes: XV Cal. April. |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Verissime dixit ille apud Theocritum |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Camerarius, De tractandis equis, 1539 |
Kurzbeschreibung | Der Widmungsbrief erläutert zunächst die Motivation des Camerarius zur Beschäftigung mit dem Thema. Daraufhin folgen Reflexionen über die Bedeutung der Pferdezucht in der Antike. Schließlich setzt sich Camerarius mit Xenophons Stil auseinander. |
Anlass | |
Register | Übersetzungstheorie; Biographisches (Krankheit); Biographisches (Reise); Hippologie; Widmungsbrief; Stilkritik; Briefe/Parallelüberlieferung; Tiere |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | validiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | Benutzer:US |
Datumsstempel | 1.12.2019 |
Werksigle | OCEp |
---|---|
Zitation | Camerarius an Loxan, 18.03.1539, bearbeitet von Jochen Schultheiß (01.12.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De tractandis equis, 1539 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. A1v-A4v |
Zweitdruck in | Xenophon, Hippocomicus, 1556 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | Bl. A1r-A4v |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Georg von Loxan |
Datum | 1539/03/18 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Jahresangabe nach der Datierung des Druckes; Datumsangabe nach der Datierung des Briefes: XV Cal. April. |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Verissime dixit ille apud Theocritum |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | ja |
Paratext zu | Camerarius, De tractandis equis, 1539 |
Kurzbeschreibung | Der Widmungsbrief erläutert zunächst die Motivation des Camerarius zur Beschäftigung mit dem Thema. Daraufhin folgen Reflexionen über die Bedeutung der Pferdezucht in der Antike. Schließlich setzt sich Camerarius mit Xenophons Stil auseinander. |
Register | Übersetzungstheorie; Biographisches (Krankheit); Biographisches (Reise); Hippologie; Widmungsbrief; Stilkritik; Briefe/Parallelüberlieferung; Tiere |
Datumsstempel | 1.12.2019 |
Regest
Der Brief beginnt mit einem zunächst auch Lateinisch paraphrasierten, dann auf Griechisch angeführten Zitat aus Theokrit, in dem ein Fischer die Meinung äußert, jede Hündin träume im Schlaf von Brot, er selbst hingegen von Fischen (Theoc. 21, 44-45). Hiermit stützt Camerarius die im Folgenden vorgebrachte Ansicht, dass Menschen von den Dingen träumen, die sie am meisten beschäftigen. Auch ihn haben Pferde stets interessiert. Infolge einer Erkrankung, die er sich bei einem Ausritt zugezogen hat, habe er sich mit Freunden über allerlei geistreiche Themen, auch über die Reitkunst, unterhalten und dann das Werk über das Reiten des Xenophon erneut gelesen und übersetzt. Bei seiner Kommentierung habe er auch begonnen, selbst etwas über den Umgang mit Pferden zu schreiben (ipsi commentatione nostra aliquid de equorum tractatione componere cepimus).
Es folgt eine Darlegung über die Rolle der Pferde und der Reiterei in der griechischen Literatur und Geschichte. Diese ist verbunden mit allgemeineren Reflexionen. Die Reiterei diene nicht nur dem Staat, vielmehr seien die Reiter/Ritter auch die besseren Menschen, die größere Tüchtigkeit und stärkeres Beharren bei den alten Sitten zeigten.
Daraufhin geht Camerarius auf den Widmungsempfänger der beiden in dem Druck vereinten Werke zur Reitkunst, Georg von Loxan, ein. Diesen hätten die beiden Juristen Johann Ludwig Brassicanus und Bartholomäus Amantius in Camerarius' Gegenwart gelobt.
In einem weiteren Schritt legt Camerarius Hauptlinien seiner Darstellung und die Grundsätze seiner Übersetzung (de conversione) dar: Auf die Übersetzung habe er große Mühe verwandt (me sedulo in illa laborasse). Sie zu erstellen war keine einfache Aufgabe (non enim certe fuit facilis res). Er habe versucht, den Sprachstil der "Einfachheit und feinen Reinheit" des Autors zumindest anzupassen, da diese im Lateinischen nicht gänzlich erreicht werden könne (orationem autem studuimus attemperare ad autoris simplicitatem, et subtilem puritatem, quam in lingua Latina assequi possit nemo). Dem griechischen Autor sei es gelungen, durch eine "prägnante", "komprimierte", "straffe" Sprache auch "größere", also bedeutsamere, erhabene Dinge darzustellen (nihil argutius neque pressius neque castigatius dici potuisset, quam ab hoc omnia dicuntur, etiam de rebus interdum grandioribus). Dieser feine Stil, den auch Xenophon pflege, werde im Griechischen ἰσχνόν ("dünn", "fein") genannt. Dies sei der "attische" Stil, der sich durch seine "Reinheit" (puritas) auszeichne. Bei Xenophon finde sich ebenso eine große Transparenz (perspicuitas). Alles sei deutlich (nihil non evidens), explizit (expressum) und klar (dilucidum).
(Jochen Schultheiß)
Prosopographisches
Der Widmungsempfänger ist der aus Schlesien stammende Ritter und Prokanzler des Königs, Georg von Loxan (vgl. Woitkowitz 2003, 117. Anm. 3; ihm folgend Sannicandro 2017, 190).
Es wurde der interessante Vorschlag vorgebracht, den Krankheitsfall, der Camerarius den Anlass zu der Beschäftigung mit der Reitkunst gegeben hat, mit dem Sturz von einem Pferd zu identifizieren, den Camerarius in seinem Hodoiporikon (Camerarius an die Wittenberger Freunde, 29.11.1538) über eine Reise nach Wittenberg beschreibt (vgl. Sannicandro 2017, 190 mit Fußnote 19). Erhärten lässt sich diese Konkretisierung aus den Angaben des vorliegenden Briefes jedoch nicht.
Forschungsliteratur
- Sannicandro 2017, 191-192.