Camerarius an Volland, 1535-1541: Unterschied zwischen den Versionen
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Während Camerarius über die Unsicherheit des menschlichen Schicksals nachdenke, bewahrheite sich für ihn das alte Sprichwort: Am besten sei es, nicht geboren zu werden, am zweitbesten, jung zu sterben. Wenn er an seine Jugendjahre zurückdenke und an seine Fehltritte, dann schmerze es ihn nun, gelebt zu haben, er schäme sich und verspüre Überdruß. Solle er also für seinen Tod beten? Wolle er denn sterben? Er glaube nicht, denn sein Sterbenswunsch lasse bei der Vorstellung seines Todes sofort nach, gleich so wie wenn er sich an einem Schleifstein geschnitten hätte - so wie in der alten Geschichte, in der ein alter Mann, geplagt von seiner Bürde, mit klagender Stimme um den Tod bat. Dieser sei schließlich gekommen und habe ihn gefragt, was er wolle. Erschrocken habe der Alte ihn nur gebeten, ihm seine Last zu erleichtern, indem er sie wegnehme. Und wie das Meer von den Winden gepeitscht werde, so werde auch unsere Seele von den Wellen des Meeres herumgeschleudert. Gebe es denn keinen sicheren Hafen? Der Prophet Jesaja rate, alle irdischen und himmlischen Sorgen Gott zu überlassen. Auch Jesus ermahne sie, sich nur von eigenem Essen zu ernähren und Freuden nur innerhalb rechtmäßiger Betten zu genießen, denn Gott gefalle aufrichtiges Bemühen und Streben. | Während Camerarius über die Unsicherheit des menschlichen Schicksals nachdenke, bewahrheite sich für ihn das alte Sprichwort: Am besten sei es, nicht geboren zu werden, am zweitbesten, jung zu sterben. Wenn er an seine Jugendjahre zurückdenke und an seine Fehltritte, dann schmerze es ihn nun, gelebt zu haben, er schäme sich und verspüre Überdruß. Solle er also für seinen Tod beten? Wolle er denn sterben? Er glaube nicht, denn sein Sterbenswunsch lasse bei der Vorstellung seines Todes sofort nach, gleich so wie wenn er sich an einem Schleifstein geschnitten hätte - so wie in der alten Geschichte, in der ein alter Mann, geplagt von seiner Bürde, mit klagender Stimme um den Tod bat. Dieser sei schließlich gekommen und habe ihn gefragt, was er wolle. Erschrocken habe der Alte ihn nur gebeten, ihm seine Last zu erleichtern, indem er sie wegnehme. Und wie das Meer von den Winden gepeitscht werde, so werde auch unsere Seele von den Wellen des Meeres herumgeschleudert. Gebe es denn keinen sicheren Hafen? Der Prophet Jesaja rate, alle irdischen und himmlischen Sorgen Gott zu überlassen. Auch Jesus ermahne sie, sich nur von eigenem Essen zu ernähren und Freuden nur innerhalb rechtmäßiger Betten zu genießen, denn Gott gefalle aufrichtiges Bemühen und Streben. | ||
Version vom 23. Oktober 2019, 10:28 Uhr
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||
kein passender Brief gefunden |
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Werksigle | OCEp 0160 |
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Zitation | Camerarius an Volland, 1535-1541, bearbeitet von Manuel Huth und Michael Pöschmann (23.10.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0160 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. a8r-b1r |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Caspar Volland |
Datum | |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | mutmaßliches Datum: zwischen 1535 und 1541 (im Druck o.D.); s. Hinweise zur Datierung |
Unscharfes Datum Beginn | 1535 |
Unscharfes Datum Ende | 1541 |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Tübingen |
Zielort | Tübingen |
Gedicht? | ja |
Incipit | Dum mecum instabilis reputo discrimina vitae |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Briefe/Briefgedichte |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | validiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:HIWI4 |
Gegengelesen von | Benutzer:MH |
Datumsstempel | 23.10.2019 |
Werksigle | OCEp 0160 |
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Zitation | Camerarius an Volland, 1535-1541, bearbeitet von Manuel Huth und Michael Pöschmann (23.10.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0160 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. a8r-b1r |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Caspar Volland |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | mutmaßliches Datum: zwischen 1535 und 1541 (im Druck o.D.); s. Hinweise zur Datierung |
Unscharfes Datum Beginn | 1535 |
Unscharfes Datum Ende | 1541 |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Tübingen |
Zielort | Tübingen |
Gedicht? | ja |
Incipit | Dum mecum instabilis reputo discrimina vitae |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Briefe/Briefgedichte |
Datumsstempel | 23.10.2019 |
Entstehungs- und Zielort mutmaßlich.
Hinweise zur Datierung
Vermutlich in der Zeit entstanden, die Volland und Camerarius gemeinsam in Tübingen verbrachten (1535-1541). Darauf deutet auch die Nennung des Tübinger Professors Leonhart Fuchs hin.
Regest
Briefgedicht in Hexametern.
Während Camerarius über die Unsicherheit des menschlichen Schicksals nachdenke, bewahrheite sich für ihn das alte Sprichwort: Am besten sei es, nicht geboren zu werden, am zweitbesten, jung zu sterben. Wenn er an seine Jugendjahre zurückdenke und an seine Fehltritte, dann schmerze es ihn nun, gelebt zu haben, er schäme sich und verspüre Überdruß. Solle er also für seinen Tod beten? Wolle er denn sterben? Er glaube nicht, denn sein Sterbenswunsch lasse bei der Vorstellung seines Todes sofort nach, gleich so wie wenn er sich an einem Schleifstein geschnitten hätte - so wie in der alten Geschichte, in der ein alter Mann, geplagt von seiner Bürde, mit klagender Stimme um den Tod bat. Dieser sei schließlich gekommen und habe ihn gefragt, was er wolle. Erschrocken habe der Alte ihn nur gebeten, ihm seine Last zu erleichtern, indem er sie wegnehme. Und wie das Meer von den Winden gepeitscht werde, so werde auch unsere Seele von den Wellen des Meeres herumgeschleudert. Gebe es denn keinen sicheren Hafen? Der Prophet Jesaja rate, alle irdischen und himmlischen Sorgen Gott zu überlassen. Auch Jesus ermahne sie, sich nur von eigenem Essen zu ernähren und Freuden nur innerhalb rechtmäßiger Betten zu genießen, denn Gott gefalle aufrichtiges Bemühen und Streben.
Volland werde wissen wollen, wozu Camerarius all das schreibe. Er wollte seine innersten Gedankengänge mit ihm teilen und sich durch das Schreiben von der Last der Sorge befreien, indem er sich einem treuen Freund anvertraue. Da jedoch ausgelassene Festtage vor der Tür stünden, könnten sie dies bald persönlich erörtern. Einladung zum Essen. Der Arzt Leonhart (Fuchs) werde auch da sein. Außerdem derjenige (unbekannt), der (von der Stadt Tübingen oder der Universität Tübingen) entlassen werden solle, obwohl man ihn vielleicht besser behalten sollte. Aber Camerarius sei sich diesbezüglich auch nicht sicher.
Freundschaftsbeteuerung.
(Michael Pöschmann / Manuel Huth)