Camerarius an Sophianus, 1563 a: Unterschied zwischen den Versionen
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Als im vergangenen Jahr Camerarius' [[Gesprächspartner::Joachim Camerarius II.|Sohn Joachim]] aus Italien zurückgekehrt sei, habe dieser das einmalige Wohlwollen und die Freundlichkeit des Sophianus ihm gegenüber, ebenso seine Gelehrsamkeit in der Weise gelobt, dass Camerarius Sophianus besonders lieb gewonnen habe (Anm. 1). Denn die Liebe, mit der Sophianus seinen Sohn aufgenommen habe, musste Camerarius' Zuneigung, der Ruf seiner Weisheit Camerarius' Bewunderung gewinnen. Der Sohn habe ebenso erzählt, dass Sophianus Camerarius sehr schätze und dass er seine Werke, die nach sorgfältiger Ausarbeitung erschienen sind, hochachte. Es musste Camerarius natürlich großes Vergnügen bereiten, dass er und seine Werke die Gunst dessen besäßen, der seine herausragende Begabung durch das Studium der Wissenschaften und der Künste so sehr nährte, dass sein Namen mit höchstem Lob gefeiert werde. <br> | Als im vergangenen Jahr Camerarius' [[Gesprächspartner::Joachim Camerarius II.|Sohn Joachim]] aus Italien zurückgekehrt sei, habe dieser das einmalige Wohlwollen und die Freundlichkeit des Sophianus ihm gegenüber, ebenso seine Gelehrsamkeit in der Weise gelobt, dass Camerarius Sophianus besonders lieb gewonnen habe (Anm. 1). Denn die Liebe, mit der Sophianus seinen Sohn aufgenommen habe, musste Camerarius' Zuneigung, der Ruf seiner Weisheit Camerarius' Bewunderung gewinnen. Der Sohn habe ebenso erzählt, dass Sophianus Camerarius sehr schätze und dass er seine Werke, die nach sorgfältiger Ausarbeitung erschienen sind, hochachte. Es musste Camerarius natürlich großes Vergnügen bereiten, dass er und seine Werke die Gunst dessen besäßen, der seine herausragende Begabung durch das Studium der Wissenschaften und der Künste so sehr nährte, dass sein Namen mit höchstem Lob gefeiert werde. <br> | ||
Sophianus solle nun sehen, was Camerarius anzugehen und auszuführen gewagt habe. Als Camerarius damit beschäftigt war, aus bestimmten Gründen [[Erwähntes Werk::Archytas, Δέκα λόγοι καθολικοί, 1564|einige Schriften zur Logik]] (''in eo genere litterarum, quod'' λογικὰς πραγματείας ''complectitur'') herauszugeben, da sei es ihm als geboten erschienen, ein [[Erwähntes Werk::Camerarius an Sophianus, 1564|an Sophianus adressiertes Anschreiben]] (''compellatio'') dem Buch, das er anfügte, voranzustellen. Auch wenn dieses Anschreiben eher mit Bemühung als mit Erfolg auf Griechisch verfasst sei, habe Camerarius es für nötig gehalten, diese in derselben Sprache auszuarbeiten, in der auch das Buch verfasst sei. Camerarius wolle auch nicht Sophianus und andere ihm vergleichbare Korrektoren (διορθωταί) mit Ungunst betrachten, wenn er nun mit einem von jungen Jahren an bis jetzt gezeigten außergewöhnlichen Fleiß und mit viel Konzentration nur unter Mühen erreicht habe, dass er den Eindruck haben könne, die Eigenheiten der griechischen Sprache zu verstehen, und dass er, wie es zwei lateinische Dichter ausdrückten, ein wenig radebrechen könne (Anm. 2). Sein Versuch sei in dem angesprochenen Brief enthalten. Über die Qualität müsse Sophianus urteilen.<br> | Sophianus solle nun sehen, was Camerarius anzugehen und auszuführen gewagt habe. Als Camerarius damit beschäftigt war, aus bestimmten Gründen [[Erwähntes Werk::Archytas, Δέκα λόγοι καθολικοί, 1564|einige Schriften zur Logik]] (''in eo genere litterarum, quod'' λογικὰς πραγματείας ''complectitur'') herauszugeben, da sei es ihm als geboten erschienen, ein [[Erwähntes Werk::Camerarius an Sophianus, 1564|an Sophianus adressiertes Anschreiben]] (''compellatio'') dem Buch, das er anfügte, voranzustellen. Auch wenn dieses Anschreiben eher mit Bemühung als mit Erfolg auf Griechisch verfasst sei, habe Camerarius es für nötig gehalten, diese in derselben Sprache auszuarbeiten, in der auch das Buch verfasst sei. Camerarius wolle auch nicht Sophianus und andere ihm vergleichbare Korrektoren (διορθωταί) mit Ungunst betrachten, wenn er nun mit einem von jungen Jahren an bis jetzt gezeigten außergewöhnlichen Fleiß und mit viel Konzentration nur unter Mühen erreicht habe, dass er den Eindruck haben könne, die Eigenheiten der griechischen Sprache zu verstehen, und dass er, wie es zwei lateinische Dichter ausdrückten, ein wenig radebrechen könne (Anm. 2). Sein Versuch sei in dem angesprochenen Brief enthalten. Über die Qualität müsse Sophianus urteilen.<br> | ||
Camerarius hoffe, dass auch in Zukunft ein Briefwechsel zwischen den beiden stattfinde und auch Wirren und Kriege diesen nicht behindern sollten. Deshalb habe Camerarius beschlossen, um von Sophianus' Gelehrsamkeit profitieren zu können, ihn darum zu bitten, ob er ihm seine Meinung zu der Stelle aus dem 8. Buch der [[Erwähnte Person::Platon|platonischen]] "Politeia" über die schicksalsbestimmten Wandlungen in den Staaten (''de fatalibus mutationibus rerumpubli(carum)''), die [[Erwähnte Person::Aristoteles]] im 5. Buch seiner "Politika" tadle / kommentiere (? ''notat'') mitteilen könne. Dabei solle er ihm auch die richtige Textgestalt der Passage anzeigen (''scripturam istius loci veram indicans''), denn diese | Camerarius hoffe, dass auch in Zukunft ein Briefwechsel zwischen den beiden stattfinde und auch Wirren und Kriege diesen nicht behindern sollten. Deshalb habe Camerarius beschlossen, um von Sophianus' Gelehrsamkeit profitieren zu können, ihn darum zu bitten, ob er ihm seine Meinung zu der Stelle aus dem 8. Buch der [[Erwähnte Person::Platon|platonischen]] "Politeia" über die schicksalsbestimmten Wandlungen in den Staaten (''de fatalibus mutationibus rerumpubli(carum)''), die [[Erwähnte Person::Aristoteles]] im 5. Buch seiner "Politika" tadle / kommentiere (? ''notat'') mitteilen könne. Dabei solle er ihm auch die richtige Textgestalt der Passage anzeigen (''scripturam istius loci veram indicans''), denn diese sei in den gängigen Drucken korrupt (''in divulgatis libris illa depravata est''), und den Sachverhalt erklären, zu dem eher Hinweise als Aufschlüsse gegeben werden. Welche Kommentierungen auch immer Camerarius hierzu finde, in allen "bleibe das Wasser stehen" (''aqua haeret''), wie man zu sagen pflege, und die Darlegung schreite nicht voran. Wenn ihm Camerarius' Bitte frech erscheine, solle Sophianus Nachsicht walten lassen. Aber für ihn müsste der Sachverhalt von Interesse sein, und Camerarius zweifle nicht, dass er eine Antwort in petto habe.<br> | ||
Camerarius' zweiter Sohn [[Erwähnte Person::Philipp Camerarius|Philipp]] sei neulich nach Italien geschickt worden. Wenn er es zu verdienen scheine, so bittet Camerarius, dann solle Sophianus zulassen, dass Philipp in der Vertrautheit des Umgangs mit ihm seinem Bruder nachfolgen dürfe und dass Sophianus ihm großzügig mit Rat und Tat zur Seite stehen möge, wo immer dies erforderlich sei. Abschiedsgruß. | Camerarius' zweiter Sohn [[Erwähnte Person::Philipp Camerarius|Philipp]] sei neulich nach Italien geschickt worden. Wenn er es zu verdienen scheine, so bittet Camerarius, dann solle Sophianus zulassen, dass Philipp in der Vertrautheit des Umgangs mit ihm seinem Bruder nachfolgen dürfe und dass Sophianus ihm großzügig mit Rat und Tat zur Seite stehen möge, wo immer dies erforderlich sei. Abschiedsgruß. | ||
Version vom 13. Mai 2019, 14:17 Uhr
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kein passender Brief gefunden |
Werksigle | OCEp 0880 |
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Zitation | Camerarius an Sophianus, 1563 a, bearbeitet von Manuel Huth, Ulrich Schlegelmilch und Jochen Schultheiß (13.05.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0880 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1583 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 528-529 |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | Schelhorn 1740, S. 42-43 (Auszüge) |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Michael Sophianus |
Datum | 1564/01/01 |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Filius meus Ioachimus reversus anno superiore ex Italia |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Italien; Briefe/Empfehlungsschreiben; Briefe/Wissenschaftlicher Austausch; Griechisch (aktiver Gebrauch) |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:US; Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Datumsstempel | 13.05.2019 |
Werksigle | OCEp 0880 |
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Zitation | Camerarius an Sophianus, 1563 a, bearbeitet von Manuel Huth, Ulrich Schlegelmilch und Jochen Schultheiß (13.05.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0880 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1583 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 528-529 |
Sonstige Editionen | Schelhorn 1740, S. 42-43 (Auszüge) |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Michael Sophianus |
Datum | 1564/01/01 |
Datum gesichert? | nein |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Leipzig |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Filius meus Ioachimus reversus anno superiore ex Italia |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Italien; Briefe/Empfehlungsschreiben; Briefe/Wissenschaftlicher Austausch; Griechisch (aktiver Gebrauch) |
Datumsstempel | 13.05.2019 |
Regest
Der Brief, in dem Camerarius seine Freude über Sophianus' Wertschätzung gegenüber seinen Werken zum Ausdruck bringt, ist ein wichtiges Zeugnis für die Wahrnehmung des deutschen Humanisten in Italien. Camerarius schreibt, dass er einem Buch, das die Logik betreffe. den Ausdruck seines Wohlwollens gegenüber Sophianus vorausgeschickt habe. Daraufhin formuliert Camerarius eine Frage zur platonischen und zur aristotelischen Verfassungstheorie und zur problematischen Textgestalt. Im Schlussteil des Briefes spricht Camerarius eine Empfehlung für seinen Sohn Philipp aus.
Als im vergangenen Jahr Camerarius' Sohn Joachim aus Italien zurückgekehrt sei, habe dieser das einmalige Wohlwollen und die Freundlichkeit des Sophianus ihm gegenüber, ebenso seine Gelehrsamkeit in der Weise gelobt, dass Camerarius Sophianus besonders lieb gewonnen habe (Anm. 1). Denn die Liebe, mit der Sophianus seinen Sohn aufgenommen habe, musste Camerarius' Zuneigung, der Ruf seiner Weisheit Camerarius' Bewunderung gewinnen. Der Sohn habe ebenso erzählt, dass Sophianus Camerarius sehr schätze und dass er seine Werke, die nach sorgfältiger Ausarbeitung erschienen sind, hochachte. Es musste Camerarius natürlich großes Vergnügen bereiten, dass er und seine Werke die Gunst dessen besäßen, der seine herausragende Begabung durch das Studium der Wissenschaften und der Künste so sehr nährte, dass sein Namen mit höchstem Lob gefeiert werde.
Sophianus solle nun sehen, was Camerarius anzugehen und auszuführen gewagt habe. Als Camerarius damit beschäftigt war, aus bestimmten Gründen einige Schriften zur Logik (in eo genere litterarum, quod λογικὰς πραγματείας complectitur) herauszugeben, da sei es ihm als geboten erschienen, ein an Sophianus adressiertes Anschreiben (compellatio) dem Buch, das er anfügte, voranzustellen. Auch wenn dieses Anschreiben eher mit Bemühung als mit Erfolg auf Griechisch verfasst sei, habe Camerarius es für nötig gehalten, diese in derselben Sprache auszuarbeiten, in der auch das Buch verfasst sei. Camerarius wolle auch nicht Sophianus und andere ihm vergleichbare Korrektoren (διορθωταί) mit Ungunst betrachten, wenn er nun mit einem von jungen Jahren an bis jetzt gezeigten außergewöhnlichen Fleiß und mit viel Konzentration nur unter Mühen erreicht habe, dass er den Eindruck haben könne, die Eigenheiten der griechischen Sprache zu verstehen, und dass er, wie es zwei lateinische Dichter ausdrückten, ein wenig radebrechen könne (Anm. 2). Sein Versuch sei in dem angesprochenen Brief enthalten. Über die Qualität müsse Sophianus urteilen.
Camerarius hoffe, dass auch in Zukunft ein Briefwechsel zwischen den beiden stattfinde und auch Wirren und Kriege diesen nicht behindern sollten. Deshalb habe Camerarius beschlossen, um von Sophianus' Gelehrsamkeit profitieren zu können, ihn darum zu bitten, ob er ihm seine Meinung zu der Stelle aus dem 8. Buch der platonischen "Politeia" über die schicksalsbestimmten Wandlungen in den Staaten (de fatalibus mutationibus rerumpubli(carum)), die Aristoteles im 5. Buch seiner "Politika" tadle / kommentiere (? notat) mitteilen könne. Dabei solle er ihm auch die richtige Textgestalt der Passage anzeigen (scripturam istius loci veram indicans), denn diese sei in den gängigen Drucken korrupt (in divulgatis libris illa depravata est), und den Sachverhalt erklären, zu dem eher Hinweise als Aufschlüsse gegeben werden. Welche Kommentierungen auch immer Camerarius hierzu finde, in allen "bleibe das Wasser stehen" (aqua haeret), wie man zu sagen pflege, und die Darlegung schreite nicht voran. Wenn ihm Camerarius' Bitte frech erscheine, solle Sophianus Nachsicht walten lassen. Aber für ihn müsste der Sachverhalt von Interesse sein, und Camerarius zweifle nicht, dass er eine Antwort in petto habe.
Camerarius' zweiter Sohn Philipp sei neulich nach Italien geschickt worden. Wenn er es zu verdienen scheine, so bittet Camerarius, dann solle Sophianus zulassen, dass Philipp in der Vertrautheit des Umgangs mit ihm seinem Bruder nachfolgen dürfe und dass Sophianus ihm großzügig mit Rat und Tat zur Seite stehen möge, wo immer dies erforderlich sei. Abschiedsgruß.
(Jochen Schultheiß)
Anmerkungen
- Ànm. 1: Für den Beginn des vorliegenden Briefes hat sich Camerarius an dem ebenfalls an Sophianus adressierten, griechischen Widmungsbrief zur Archytasausgabe (erschienen 1564) orientiert. Der Einstieg (Erwähnung der Erzählungen des Sohnes Joachim über Sophianus) und das hieraus sich ergebende Lob auf den Adressaten stellen eine Übersetzung zu der Eingangspassage dieses Briefes dar.
- Anm. 2: balba de nare loqui nach Pers. 1, 55; singultim pauca loqui sciam nach Hor. sat. 1, 6, 56.
Überlieferung
Den Beginn und das Ende des Briefes verwendet Schelhorn 1740 in seiner Biographie zu Philipp Camerarius als historische Quellen und zitiert die für ihn einschlägigen Passagen.