Camerarius an Karlowitz, 01.08.1553: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Camerarius wisse um die Bildung des Adressaten und freue sich deshalb umso mehr über dessen Zustimmung zu seinem Werk. Das Urteil eines solchen Mannes müsse der Wahrheit entsprechen und bringe Camerarius selbst Ehre (''honorificum''). Die wie auch immer beschaffene Abschrift der kurzen Rede (''oratiuncula''), die er neulich bei dem erlauchten Begräbnis gehalten habe, sende er ihm auf seinen Wunsch zu. Karlowitz selbst habe den Druck der Rede gewünscht, da so, wie Karlowitz meine, dem Fürsten wahres Lob zukomme. Eine solche Aussage sei Camerarius lieber, als wenn anderes gelobt würde, was gewöhnlich hervorgehoben werde, eigentlich jedoch obligatorisch in dieser Gattung sei: Wortfülle, die Bedeutsamkeit der Inhalte, die Eleganz des Aufbaus oder Ähnliches.<br />
Camerarius wisse um die Bildung des Adressaten und freue sich deshalb umso mehr über dessen Zustimmung zu seinem Werk. Das Urteil eines solchen Mannes müsse der Wahrheit entsprechen und bringe Camerarius selbst Ehre (''honorificum''). Die wie auch immer beschaffene Abschrift der kurzen Rede (''oratiuncula''), die er neulich bei dem erlauchten Begräbnis gehalten habe, sende er ihm auf seinen Wunsch zu. Karlowitz selbst habe den Druck der Rede gewünscht, da so, wie Karlowitz meine, dem Fürsten wahres Lob zukomme. Eine solche Aussage sei Camerarius lieber, als wenn anderes gelobt würde, was gewöhnlich hervorgehoben werde, eigentlich jedoch obligatorisch in dieser Gattung sei: Wortfülle, die Bedeutsamkeit der Inhalte, die Eleganz des Aufbaus oder Ähnliches.<br />
Camerarius habe nie etwas über den Fürsten geschrieben, als er noch lebte, möchte ihn nun aber nach seinem Tod tun durch sein Schreiben rühmen. Hätten nämlich seine Meinungen und Bemühungen zum Erfolg geführt, wäre in Deutschland der Frieden wiederhergestellt worden und auch die Künste und Wissenschaften könnten nun in Ruhe gedeihen. Sein Tod treffe das Reich und jeden Einzelnen persönlich. Dass es Leute gebe, die hierüber anders dächten, solle Camerarius nicht beschäftigen (A2r-A2v). Ihm als einem Lehrenden (''homo scolsaticus'') solle es jedoch zugestanden werden, über das, was ihn gegenwärtig belastet, zu reden. wenn es den Mächtigen offenstehe, nach eigenem Belieben zu reden und zu handeln (hierin seien sie nämlich gemäß der Antigone des Sophokles glücklich, dann muss es auch allen anderen erlaubt zu sein, über ein offensichtliches Unglück betrübt zu sein und ihr Bedauern zu bekunden. Dies sei ein natürliches Bedürfnis und könne weder durch gelehrte Argumentation noch herrscherliches Unrecht unterdrückt werden. Erzwungene Unterdrückung von Trauer habe es unter Tyrannen wie Caligula und Caracalla gegeben.<br />
Camerarius habe nie etwas über den Fürsten geschrieben, als er noch lebte, möchte ihn nun aber nach seinem Tod tun durch sein Schreiben rühmen. Hätten nämlich seine Meinungen und Bemühungen zum Erfolg geführt, wäre in Deutschland der Frieden wiederhergestellt worden und auch die Künste und Wissenschaften könnten nun in Ruhe gedeihen. Sein Tod treffe das Reich und jeden Einzelnen persönlich. Dass es Leute gebe, die hierüber anders dächten, solle Camerarius nicht beschäftigen (A2r-A2v). Ihm als einem Lehrenden (''homo scolsaticus'') solle es jedoch zugestanden werden, über das, was ihn gegenwärtig belastet, zu reden. wenn es den Mächtigen offenstehe, nach eigenem Belieben zu reden und zu handeln (hierin seien sie nämlich gemäß der Antigone des Sophokles glücklich, dann muss es auch allen anderen erlaubt zu sein, über ein offensichtliches Unglück betrübt zu sein und ihr Bedauern zu bekunden. Dies sei ein natürliches Bedürfnis und könne weder durch gelehrte Argumentation noch herrscherliches Unrecht unterdrückt werden. Erzwungene Unterdrückung von Trauer habe es unter Tyrannen wie Caligula und Caracalla gegeben.<br />
Camerarius gehöre nicht zu denjenigen, die politische Ämter bekleideten. Aber auch wenn er für den Krieg unbrauchbar sei, sei er dennoch nützlich für die Stadt, behauptet Camerarius unter Rekurs auf Horaz.
Es folgt eine Rechtfertigung der Beschäftigung mit einem solchen Thema durch einen Gelehrt. Camerarius gehöre nicht zu denjenigen, die politische Ämter bekleideten. Aber auch wenn er für den Krieg unbrauchbar sei, sei er dennoch nützlich für die Stadt, behauptet Camerarius unter Rekurs auf Horaz. Unter Verwendung eines Euripideszitats räumt er ein, dass er zwar nicht sehe, was die Machthaber vollbrächten, aber deren Taten selbst könne er sehr wohl einer Betrachtung unterziehen, wie ein Maler, der abseits stehe. Wie könnte er dies in Anbetracht des Unheils nicht tun?


(Jochen Schultheiß)
(Jochen Schultheiß)
===Forschungsliteratur===
===Forschungsliteratur===
*[[Woitkowitz 2003]], 275-284 (Einleitung, Text, Übersetzung, Kommentar).
*[[Woitkowitz 2003]], 275-284 (Einleitung, Text, Übersetzung, Kommentar).

Version vom 4. Juni 2018, 11:10 Uhr



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Werksigle OCEp
Zitation Camerarius an Karlowitz, 01.08.1553, bearbeitet von Jochen Schultheiß (04.06.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Oratio habita ad funus principis Mauricii, 1553
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A4r
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Christoph von Karlowitz
Datum 1553/08/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Der Brief datiert auf Cal. VIL (=Sextilis); Das Jahr ist aus dem Druckdatum erschlossen.
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort O.O.
Gedicht? nein
Incipit Quo certius scio te peritum esse
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Oratio habita ad funus principis Mauricii, 1553
Kurzbeschreibung
Anlass
Register Widmungsbrief
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand unkorrigiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von
Datumsstempel 4.06.2018
Werksigle OCEp
Zitation Camerarius an Karlowitz, 01.08.1553, bearbeitet von Jochen Schultheiß (04.06.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Oratio habita ad funus principis Mauricii, 1553
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A4r
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Christoph von Karlowitz
Datum 1553/08/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Der Brief datiert auf Cal. VIL (=Sextilis); Das Jahr ist aus dem Druckdatum erschlossen.
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort O.O.
Gedicht? nein
Incipit Quo certius scio te peritum esse
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Oratio habita ad funus principis Mauricii, 1553
Register Widmungsbrief
Datumsstempel 4.06.2018


Regest

Camerarius wisse um die Bildung des Adressaten und freue sich deshalb umso mehr über dessen Zustimmung zu seinem Werk. Das Urteil eines solchen Mannes müsse der Wahrheit entsprechen und bringe Camerarius selbst Ehre (honorificum). Die wie auch immer beschaffene Abschrift der kurzen Rede (oratiuncula), die er neulich bei dem erlauchten Begräbnis gehalten habe, sende er ihm auf seinen Wunsch zu. Karlowitz selbst habe den Druck der Rede gewünscht, da so, wie Karlowitz meine, dem Fürsten wahres Lob zukomme. Eine solche Aussage sei Camerarius lieber, als wenn anderes gelobt würde, was gewöhnlich hervorgehoben werde, eigentlich jedoch obligatorisch in dieser Gattung sei: Wortfülle, die Bedeutsamkeit der Inhalte, die Eleganz des Aufbaus oder Ähnliches.
Camerarius habe nie etwas über den Fürsten geschrieben, als er noch lebte, möchte ihn nun aber nach seinem Tod tun durch sein Schreiben rühmen. Hätten nämlich seine Meinungen und Bemühungen zum Erfolg geführt, wäre in Deutschland der Frieden wiederhergestellt worden und auch die Künste und Wissenschaften könnten nun in Ruhe gedeihen. Sein Tod treffe das Reich und jeden Einzelnen persönlich. Dass es Leute gebe, die hierüber anders dächten, solle Camerarius nicht beschäftigen (A2r-A2v). Ihm als einem Lehrenden (homo scolsaticus) solle es jedoch zugestanden werden, über das, was ihn gegenwärtig belastet, zu reden. wenn es den Mächtigen offenstehe, nach eigenem Belieben zu reden und zu handeln (hierin seien sie nämlich gemäß der Antigone des Sophokles glücklich, dann muss es auch allen anderen erlaubt zu sein, über ein offensichtliches Unglück betrübt zu sein und ihr Bedauern zu bekunden. Dies sei ein natürliches Bedürfnis und könne weder durch gelehrte Argumentation noch herrscherliches Unrecht unterdrückt werden. Erzwungene Unterdrückung von Trauer habe es unter Tyrannen wie Caligula und Caracalla gegeben.
Es folgt eine Rechtfertigung der Beschäftigung mit einem solchen Thema durch einen Gelehrt. Camerarius gehöre nicht zu denjenigen, die politische Ämter bekleideten. Aber auch wenn er für den Krieg unbrauchbar sei, sei er dennoch nützlich für die Stadt, behauptet Camerarius unter Rekurs auf Horaz. Unter Verwendung eines Euripideszitats räumt er ein, dass er zwar nicht sehe, was die Machthaber vollbrächten, aber deren Taten selbst könne er sehr wohl einer Betrachtung unterziehen, wie ein Maler, der abseits stehe. Wie könnte er dies in Anbetracht des Unheils nicht tun?

(Jochen Schultheiß)

Forschungsliteratur