Camerarius, Prooemium ad Bolgangum Werterensem, 1551: Unterschied zwischen den Versionen
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Nachdem dargelegt ist, dass die Gelehrsamkeit (''sapientia'', ''doctrina'') der Beredsamkeit (''eloquentia'') bedürfe, weist Camerarius darauf hin, dass die Sprachen aller Gelehrten Latein und Griechisch seien. Was Camerarius über das gesprochene Wort gesagt habe, gelte auch für das geschriebene (Bl. A2v). Ohne Kenntnis in den Sprachen könne man sich nicht nur weniger überzeugend und klar ausdrücken, sondern mit einem unsicheren Ausdruck oder kühnen Neubildungen werden Inhalte auch verdunkelt oder sogar verfälscht. Auch die Unkenntnis des Griechischen kann die Erfassung der richtigen Bedeutung verhindern. Aus sprachlichem Fehlverständnis seien zahlreiche Schäden für die Allgemeinheit hervorgegangen wie Vielgötterei, Tyrannis oder andere moralische Depravationen.<br /> | Nachdem dargelegt ist, dass die Gelehrsamkeit (''sapientia'', ''doctrina'') der Beredsamkeit (''eloquentia'') bedürfe, weist Camerarius darauf hin, dass die Sprachen aller Gelehrten Latein und Griechisch seien. Was Camerarius über das gesprochene Wort gesagt habe, gelte auch für das geschriebene (Bl. A2v). Ohne Kenntnis in den Sprachen könne man sich nicht nur weniger überzeugend und klar ausdrücken, sondern mit einem unsicheren Ausdruck oder kühnen Neubildungen werden Inhalte auch verdunkelt oder sogar verfälscht. Auch die Unkenntnis des Griechischen kann die Erfassung der richtigen Bedeutung verhindern. Aus sprachlichem Fehlverständnis seien zahlreiche Schäden für die Allgemeinheit hervorgegangen wie Vielgötterei, Tyrannis oder andere moralische Depravationen.<br /> | ||
In Weiterführung der Aussage Ciceros, dass jede Meinungsverschiedenheit entweder Dinge (''res'') oder Bezeichnungen (''nomen'') betreffe, unterstreicht Camerarius, dass sowohl die Unklarheit (''ambiguitas'') über Dinge als auch die über Bezeichnungen mit Wörtern ausgeräumt werden können, wenn deren Sinn richtig erfasst werde. Andernfalls sei es nötig eine zweifelhafte Interpretation stets wiederum durch eine Interpretation zu erklären. Diese Problematik sei in den vergangenen Jahren unter anderem von [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam]] erkannt worden. In Weiterführung der Gedanken des Erasmus setzt sich Camerarius mit der Barbarei (''barbaries'') auseinander (Bl. A2v-A3r) und kommt dann wieder zur Bedeutung der Rhetorik zurück.<br /> | In Weiterführung der Aussage Ciceros, dass jede Meinungsverschiedenheit entweder Dinge (''res'') oder Bezeichnungen (''nomen'') betreffe, unterstreicht Camerarius, dass sowohl die Unklarheit (''ambiguitas'') über Dinge als auch die über Bezeichnungen mit Wörtern ausgeräumt werden können, wenn deren Sinn richtig erfasst werde. Andernfalls sei es nötig eine zweifelhafte Interpretation stets wiederum durch eine Interpretation zu erklären. Diese Problematik sei in den vergangenen Jahren unter anderem von [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam]] erkannt worden. In Weiterführung der Gedanken des Erasmus setzt sich Camerarius mit der Barbarei (''barbaries'') auseinander (Bl. A2v-A3r) und kommt dann wieder zur Bedeutung der Rhetorik zurück.<br /> | ||
Die Notwendigkeit sprachlicher Kommunikation verdeutlicht Camerarius anhand eines Epigramms, in dem zwei Taube, die vor einem nicht weniger schwerhörigen Richter gegeneinander prozessieren. Aus den Äußerungen der drei wird deutlich, dass jeder von einem ganz anderen Sachverhalt ausgeht. Deshalb wende sich Camerarius nun gegen eine Strömung, die eine Beschäftigung mit den beiden alten Sprachen für unnütz halte (Bl. 3Ar). Dabei richte er sich auch gegen solche, die sich zwar unter die Philosophen und Gelehrten zählen wollten, sich letztlich jedoch durch Eitelkeit oder Trägheit auszeichneten. Die wollen sich nicht mehr an den antiken Autoritäten (''ad veterum monumenta'') ausrichten und ihren sprachlichen Ausdruck (''oratio'' | Die Notwendigkeit sprachlicher Kommunikation verdeutlicht Camerarius anhand eines Epigramms, in dem zwei Taube, die vor einem nicht weniger schwerhörigen Richter gegeneinander prozessieren. Aus den Äußerungen der drei wird deutlich, dass jeder von einem ganz anderen Sachverhalt ausgeht. Deshalb wende sich Camerarius nun gegen eine Strömung, die eine Beschäftigung mit den beiden alten Sprachen für unnütz halte (Bl. 3Ar). Dabei richte er sich auch gegen solche, die sich zwar unter die Philosophen und Gelehrten zählen wollten, sich letztlich jedoch durch Eitelkeit oder Trägheit auszeichneten. Die wollen sich nicht mehr an den antiken Autoritäten (''ad veterum monumenta'') ausrichten und ihren sprachlichen Ausdruck (''oratio'') nicht mehr daran "wie an einem Lineal ausrichten". Sie kümmerten sich weder darum, was oder worüber sie redeten, noch ob ihre Aussagen passend oder bedeutungsvoll, noch ob die Wortwahl treffend sei | ||
=== Überlieferung === | === Überlieferung === | ||
=== Forschungsliteratur=== | === Forschungsliteratur=== |
Version vom 25. April 2018, 07:43 Uhr
Opus Camerarii | |
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Werksigle | |
Zitation | Prooemium ad nobilem ordinis equestris in Misnia adulescentem Bolgangum Theoderici f(ilium) Werterensem, bearbeitet von Jochen Schultheiß (25.04.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I. |
Status | Verfasser |
Sprache | Latein |
Werktitel | Prooemium ad nobilem ordinis equestris in Misnia adulescentem Bolgangum Theoderici f(ilium) Werterensem |
Kurzbeschreibung | |
Erstnachweis | 1551 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datum des Erstdruckes |
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) | |
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) | |
Schlagworte / Register | Prooemium; Rhetorik; Bildungsdiskurs; Sprachphilosophie |
Paratext zu | |
Paratext? | ja |
Paratext zu | Camerarius, Διασκευή ὀνομαστική, 1551 |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551 |
Erstdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | |
Volltext | http://texte.camerarius.de/ |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk | |
Bearbeitungsstand | |
Überprüft | noch nicht am Original überprüft |
Bearbeitungsstand | unkorrigiert |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Bearbeitungsdatum | 25.04.2018 |
Opus Camerarii | |
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Werksigle | |
Zitation | Prooemium ad nobilem ordinis equestris in Misnia adulescentem Bolgangum Theoderici f(ilium) Werterensem, bearbeitet von Jochen Schultheiß (25.04.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I.
|
Sprache | Latein |
Werktitel | Prooemium ad nobilem ordinis equestris in Misnia adulescentem Bolgangum Theoderici f(ilium) Werterensem |
Kurzbeschreibung | |
Erstnachweis | 1551 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datum des Erstdruckes
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Schlagworte / Register | Prooemium; Rhetorik; Bildungsdiskurs; Sprachphilosophie |
Paratext zu | |
Paratext? | ja |
Paratext zu | Camerarius, Διασκευή ὀνομαστική, 1551 |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551 |
Volltext | http://texte.camerarius.de/ |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk | |
Bearbeitungsdatum | 25.04.2018 |
Widmung und Entstehungskontext
Das Prooemium ist als Widmungsbrief an Wolfgang von Werthern verfasst.
Aufbau und Inhalt
Unter Bezugnahme auf eine Aussage des Perikles bei Thukydides betont Camerarius eingangs die Einheit von kluger Überlegung und Beredsamkeit und betont Notwendigkeit der Rhetorik für den Staatsmann und den Weisen. Der zugleich gelehrte und beredte Mann verdiene im Staat höchstes Ansehen. Er sei derjenige, "deuten könne, was dem Gemeinwohl zuträglich sei" (interpres commodorum publicorum, et utilitatis communis explicator, Bl A2r). Camerarius gestehe durchaus ein, dass es historische Beispiel für Staatsmänner gebe, die zwar über großen Sachverstand verfügten, denen es jedoch an Redefähigkeit mangelte. Für den gegenteiligen Fall, dass jemand zwar in überragender Weise beredt, zugleich jedoch töricht und unerfahren sei, lasse sich jedoch kein Beispiel anführen; er sei überhaupt undenkbar. Deshalb müsse die erste Sorge der Weisheit (sapientia) und Erkenntnis (cognitio) diesen. Durch diese würde der Verstand mit "wahren Gütern" (propriis et veris bonis atque divitiis) erfüllt. Hierzu müsse jedoch noch die Fähigkeit (vis ac potestas) treten, diese verborgenen Güter (recondita) nach außen zu vermitteln (proferantur et communicarentur cum aliis). Die Einsicht in die Bedeutsamkeit der Rede habe dazu geführt, dass die nach Ruhm und Tugend Strebenden sich mehr auf den Erwerb dieser Fähigkeit als um den der Erkenntnis bemüht haben. Das gelte sowohl für die, die auf öffentliche Ämter, als auch für die, die auf das otium bedacht seien.
Nachdem dargelegt ist, dass die Gelehrsamkeit (sapientia, doctrina) der Beredsamkeit (eloquentia) bedürfe, weist Camerarius darauf hin, dass die Sprachen aller Gelehrten Latein und Griechisch seien. Was Camerarius über das gesprochene Wort gesagt habe, gelte auch für das geschriebene (Bl. A2v). Ohne Kenntnis in den Sprachen könne man sich nicht nur weniger überzeugend und klar ausdrücken, sondern mit einem unsicheren Ausdruck oder kühnen Neubildungen werden Inhalte auch verdunkelt oder sogar verfälscht. Auch die Unkenntnis des Griechischen kann die Erfassung der richtigen Bedeutung verhindern. Aus sprachlichem Fehlverständnis seien zahlreiche Schäden für die Allgemeinheit hervorgegangen wie Vielgötterei, Tyrannis oder andere moralische Depravationen.
In Weiterführung der Aussage Ciceros, dass jede Meinungsverschiedenheit entweder Dinge (res) oder Bezeichnungen (nomen) betreffe, unterstreicht Camerarius, dass sowohl die Unklarheit (ambiguitas) über Dinge als auch die über Bezeichnungen mit Wörtern ausgeräumt werden können, wenn deren Sinn richtig erfasst werde. Andernfalls sei es nötig eine zweifelhafte Interpretation stets wiederum durch eine Interpretation zu erklären. Diese Problematik sei in den vergangenen Jahren unter anderem von Erasmus von Rotterdam erkannt worden. In Weiterführung der Gedanken des Erasmus setzt sich Camerarius mit der Barbarei (barbaries) auseinander (Bl. A2v-A3r) und kommt dann wieder zur Bedeutung der Rhetorik zurück.
Die Notwendigkeit sprachlicher Kommunikation verdeutlicht Camerarius anhand eines Epigramms, in dem zwei Taube, die vor einem nicht weniger schwerhörigen Richter gegeneinander prozessieren. Aus den Äußerungen der drei wird deutlich, dass jeder von einem ganz anderen Sachverhalt ausgeht. Deshalb wende sich Camerarius nun gegen eine Strömung, die eine Beschäftigung mit den beiden alten Sprachen für unnütz halte (Bl. 3Ar). Dabei richte er sich auch gegen solche, die sich zwar unter die Philosophen und Gelehrten zählen wollten, sich letztlich jedoch durch Eitelkeit oder Trägheit auszeichneten. Die wollen sich nicht mehr an den antiken Autoritäten (ad veterum monumenta) ausrichten und ihren sprachlichen Ausdruck (oratio) nicht mehr daran "wie an einem Lineal ausrichten". Sie kümmerten sich weder darum, was oder worüber sie redeten, noch ob ihre Aussagen passend oder bedeutungsvoll, noch ob die Wortwahl treffend sei