Camerarius an Albrecht (Preußen), 22.08.1541: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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"Die Widmung beginnt mit einem fast seitenlangen Lob auf den Fürsten, das mit der Frage schliesst, welche Tugend ohne Menschlichkeit und Sanftmut bestehe. Nicht in einer Betonung des Abstands zum Volk liege der Adel.<br />
"Die Widmung beginnt mit einem fast seitenlangen Lob auf den Fürsten, das mit der Frage schliesst, welche Tugend ohne Menschlichkeit und Sanftmut bestehe. Nicht in einer Betonung des Abstands zum Volk liege der Adel.<br />
Dieser Lobrede lässt Camerarius eine noch umfangreichere rhetorisch-schwülstige Klage über den Tod des [[Erwähnte Person::Simon Grynäus]] folgen, der - anders als [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam|Erasmus]] und andere in der Folge aufgeführte Humanisten - zu früh gestorben sei, und ein Lob seiner Kenntnisse auf allen Gebieten, die er bescheiden verborgen gehalten habe. Alle irgendwie Begabten habe er zum Schreiben und Publizieren, antike Texte zu kommentieren und zu übersetzen ermuntert. Er selber habe für die Wissenschaften alles versucht, Reisen bis übers Meer unternommen (England 1531), nicht für Gewinn oder Ruhm, sondern zum Nutzen der Andern. Immer hilfsbereit, habe er sich über die Erfolge Anderer gefreut, nie Neid gekannt. Doch er habe nur vom Leben zu berichten, keine Lobrede zu halten, nur die Grösse des Verlustes zeigen wollen. Standhaft im Glauben, habe er zuletzt auch die Qualen der Krankheit tapfer ertragen. Wie viel besser würde aber Grynäus all dies schreiben, wenn es ihm, wie vorgesehen, gestattet gewesen wäre, dieses Buch mit ''seinem'' Vorwort herauszugeben.<br />
Dieser Lobrede lässt Camerarius eine noch umfangreichere rhetorisch-schwülstige Klage über den Tod des [[Erwähnte Person::Simon Grynäus]] folgen, der - anders als [[Erwähnte Person::Erasmus von Rotterdam|Erasmus]] und andere in der Folge aufgeführte Humanisten - zu früh gestorben sei, und ein Lob seiner Kenntnisse auf allen Gebieten, die er bescheiden verborgen gehalten habe. Alle irgendwie Begabten habe er zum Schreiben und Publizieren, antike Texte zu kommentieren und zu übersetzen ermuntert. Er selber habe für die Wissenschaften alles versucht, Reisen bis übers Meer unternommen (England 1531), nicht für Gewinn oder Ruhm, sondern zum Nutzen der Andern. Immer hilfsbereit, habe er sich über die Erfolge Anderer gefreut, nie Neid gekannt. Doch er habe nur vom Leben zu berichten, keine Lobrede zu halten, nur die Grösse des Verlustes zeigen wollen. Standhaft im Glauben, habe er zuletzt auch die Qualen der Krankheit tapfer ertragen. Wie viel besser würde aber Grynäus all dies schreiben, wenn es ihm, wie vorgesehen, gestattet gewesen wäre, dieses Buch mit ''seinem'' Vorwort herauszugeben.<br />
Nur wenig, einiges zur Naturlehre, nichts zu Dialektik, Rhetorik, Ethik und Politik sei von Theophrast erhalten geblieben. Cicero habe noch ein Werk "Callisthenes" und eine Schrift über die Tugend gekannt, eine über Geschichte und Ursprung der Pflanzen, weitere Diogenes Laertius. Doch auch die hier vorliegenden Reste seien bisher an zwei Orten in Italien aus Mangel an einigermassen korrekten Handschriften nur recht fehlerhaft erschienen, und sogar diese finde man kaum (die Aristoteles-Gesamtausgabe von 1495-98 mit einigen kleinern Schriften des Theophrast fand sich immerhin damals und findet sich noch heute in Basel aus Amerbach-Besitz, der Sammeldruck von Aristoteles' naturphilosophischen Schriften ebenfalls mit Theophrastwerken von 1527 nicht). [[Erwähnte Person::Johannes Oporin]] habe mit Mühe und Sorgfalt, was er vermocht habe, an Vorlagen zusammengebracht und eine Ausgabe hervorgebracht, die an vielen Stellen besser sei. Darin habe er nichts leichtfertig geändert, gestrichen, jede ältere Lesart wie seine Zweifel notiert, um nicht in den Verdacht zu kommen, den Autor irgendwie verderbt zu haben. Ausserdem sei einiges hinzugekommen, was bisher nicht gedruckt worden sei.
Nur wenig, einiges zur Naturlehre, nichts zu Dialektik, Rhetorik, Ethik und Politik sei von Theophrast erhalten geblieben. Cicero habe noch ein Werk "Callisthenes" und eine Schrift über die Tugend gekannt, eine über Geschichte und Ursprung der Pflanzen, weitere Diogenes Laertius. Doch auch die hier vorliegenden Reste seien bisher an zwei Orten in Italien aus Mangel an einigermassen korrekten Handschriften nur recht fehlerhaft erschienen, und sogar diese finde man kaum (die Aristoteles-Gesamtausgabe von 1495-98 mit einigen kleinern Schriften des Theophrast fand sich immerhin damals und findet sich noch heute in Basel aus Amerbach-Besitz, der Sammeldruck von Aristoteles' naturphilosophischen Schriften ebenfalls mit Theophrastwerken von 1527 nicht). [[Erwähnte Person::Johann Oporinus]] habe mit Mühe und Sorgfalt, was er vermocht habe, an Vorlagen zusammengebracht und eine Ausgabe hervorgebracht, die an vielen Stellen besser sei. Darin habe er nichts leichtfertig geändert, gestrichen, jede ältere Lesart wie seine Zweifel notiert, um nicht in den Verdacht zu kommen, den Autor irgendwie verderbt zu haben. Ausserdem sei einiges hinzugekommen, was bisher nicht gedruckt worden sei.

Version vom 13. Juni 2017, 12:08 Uhr



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kein passender Brief gefunden

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Werksigle OCEp
Zitation Camerarius an Albrecht (Preußen), 22.08.1541, bearbeitet von Jochen Schultheiß und Marion Gindhart (13.06.2017), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Theophrast, Ἅπαντα, 1541
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A4v
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Albrecht von Brandenburg-Ansbach
Datum 1541/08/22
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung des Widmungsbriefes
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Tübingen
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Etsi mihi dubium non erat, quin tibi
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Theophrast, Ἅπαντα, 1541
Kurzbeschreibung
Anlass
Register
Handschrift
Bearbeitungsstand korrigiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS; Benutzer:MG
Gegengelesen von
Datumsstempel 13.06.2017
Werksigle OCEp
Zitation Camerarius an Albrecht (Preußen), 22.08.1541, bearbeitet von Jochen Schultheiß und Marion Gindhart (13.06.2017), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Theophrast, Ἅπαντα, 1541
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A4v
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Albrecht von Brandenburg-Ansbach
Datum 1541/08/22
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung des Widmungsbriefes
Sprache Latein
Entstehungsort Tübingen
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Etsi mihi dubium non erat, quin tibi
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Theophrast, Ἅπαντα, 1541
Datumsstempel 13.06.2017


Regest

Der folgende Text ist entnommen aus GG 138:
"Die Widmung beginnt mit einem fast seitenlangen Lob auf den Fürsten, das mit der Frage schliesst, welche Tugend ohne Menschlichkeit und Sanftmut bestehe. Nicht in einer Betonung des Abstands zum Volk liege der Adel.
Dieser Lobrede lässt Camerarius eine noch umfangreichere rhetorisch-schwülstige Klage über den Tod des Simon Grynäus folgen, der - anders als Erasmus und andere in der Folge aufgeführte Humanisten - zu früh gestorben sei, und ein Lob seiner Kenntnisse auf allen Gebieten, die er bescheiden verborgen gehalten habe. Alle irgendwie Begabten habe er zum Schreiben und Publizieren, antike Texte zu kommentieren und zu übersetzen ermuntert. Er selber habe für die Wissenschaften alles versucht, Reisen bis übers Meer unternommen (England 1531), nicht für Gewinn oder Ruhm, sondern zum Nutzen der Andern. Immer hilfsbereit, habe er sich über die Erfolge Anderer gefreut, nie Neid gekannt. Doch er habe nur vom Leben zu berichten, keine Lobrede zu halten, nur die Grösse des Verlustes zeigen wollen. Standhaft im Glauben, habe er zuletzt auch die Qualen der Krankheit tapfer ertragen. Wie viel besser würde aber Grynäus all dies schreiben, wenn es ihm, wie vorgesehen, gestattet gewesen wäre, dieses Buch mit seinem Vorwort herauszugeben.
Nur wenig, einiges zur Naturlehre, nichts zu Dialektik, Rhetorik, Ethik und Politik sei von Theophrast erhalten geblieben. Cicero habe noch ein Werk "Callisthenes" und eine Schrift über die Tugend gekannt, eine über Geschichte und Ursprung der Pflanzen, weitere Diogenes Laertius. Doch auch die hier vorliegenden Reste seien bisher an zwei Orten in Italien aus Mangel an einigermassen korrekten Handschriften nur recht fehlerhaft erschienen, und sogar diese finde man kaum (die Aristoteles-Gesamtausgabe von 1495-98 mit einigen kleinern Schriften des Theophrast fand sich immerhin damals und findet sich noch heute in Basel aus Amerbach-Besitz, der Sammeldruck von Aristoteles' naturphilosophischen Schriften ebenfalls mit Theophrastwerken von 1527 nicht). Johann Oporinus habe mit Mühe und Sorgfalt, was er vermocht habe, an Vorlagen zusammengebracht und eine Ausgabe hervorgebracht, die an vielen Stellen besser sei. Darin habe er nichts leichtfertig geändert, gestrichen, jede ältere Lesart wie seine Zweifel notiert, um nicht in den Verdacht zu kommen, den Autor irgendwie verderbt zu haben. Ausserdem sei einiges hinzugekommen, was bisher nicht gedruckt worden sei.