Benutzer: HIWI/Drafts: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
Wechseln zu: Navigation, Suche
Zeile 51: Zeile 51:


Beide Gedichte schließen mit dem an Hygieia gerichteten Wunsch, dem Dichter gewogen zu sein. Der orphische Dichter bittet die Göttin, sie möge unter die Eingeweihten (μυστιπόλοι) kommen und die Krankheiten von ihnen abwehren.<ref>Vgl. Orph. h. 68, V. 12-13.</ref>  
Beide Gedichte schließen mit dem an Hygieia gerichteten Wunsch, dem Dichter gewogen zu sein. Der orphische Dichter bittet die Göttin, sie möge unter die Eingeweihten (μυστιπόλοι) kommen und die Krankheiten von ihnen abwehren.<ref>Vgl. Orph. h. 68, V. 12-13.</ref>  
Camerarius fordert Hygieia auf, sie möge von Gott gesandt (ἐκθεόθεν) an seiner Seite stehen, bis seine Lebenskraft ihr Ende finde, eine Bitte, im Kontext eines Bandes an Gewicht gewinnt, der anlässlich Johann Stigels Tod entstand. Bis dahin wünscht sich Camerarius, noch vielen anderen Menschen nützen zu können, wie der Ausdruck ἄλλους / ὠφελέουσα an den Tonstellen der zwei letzten Verse deutlich macht.<ref>[Ἐ]μοὶ δὲ σὺ δῖ' ὑγίεια / ἐκθεόθεν τ' εἴης παραμείνασ' εἰσόκεν ἄλλους / ὠφελέουσα λάχοι τέλος ἡμετέρου βίου ὁρμή ([[Erwähntes Werk::Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562]], Bl. B4v, V. 31-33).</ref>
Camerarius fordert Hygieia auf, sie möge von Gott gesandt (ἐκθεόθεν) an seiner Seite stehen, bis seine Lebenskraft ihr Ende finde. Bis dahin wünscht er sich, noch vielen anderen Menschen nützen zu können, wie der Ausdruck ἄλλους / ὠφελέουσα an den Tonstellen der zwei letzten Verse deutlich macht.<ref>[Ἐ]μοὶ δὲ σὺ δῖ' ὑγίεια / ἐκθεόθεν τ' εἴης παραμείνασ' εἰσόκεν ἄλλους / ὠφελέουσα λάχοι τέλος ἡμετέρου βίου ὁρμή ([[Erwähntes Werk::Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562]], Bl. B4v, V. 31-33).</ref><br>
So endet Camerarius' Gedicht mit einer nachdenklichen Note: Im Kontext eines Bandes, der anlässlich Johann Stigels Tod entstand, reflektiert Camerarius seine eigene Sterblichkeit, sicherlich auch vor dem Hintergrund seiner Gesundheit, die bereits seit den 50er Jahren durch ein schweres Nierenleiden stark beeinträchtigt wurde (→ '''[[#Der Krankheitsverlauf|Der Krankheitsverlauf]]'''). Dass sein nahender Tod Camerarius zunehmend beschäftigte, gab er auch selbst gegenüber anderen zu, wie [[Erwähnte Person::Andreas Freyhub]]s [[Erwähntes Werk::Freyhub, Oratio in funere Camerarii (Werk), 1574|Grabrede für Camerarius]] bezeugt.<ref>''[D]icere illum memini: Si vera et consentanea sint, quae de aegritudine, et omnibus perturbationibus a natura hominis removendis, a Stoicis disputentur et asserantur, omnino se fateri, quod in sapientum numero collocari non possit. Non obscure enim se, et varie affici, atque etiam saepe graviter perturbari, significabat, cum ob praesentia, tum impendentia pericula et incommoda, et propius accedentem mortem'' ([[Erwähntes Werk::Freyhub, Oratio in funere Camerarii (Druck), 1574]], Bl. C3r/v).</ref>
Im Zentrum steht für ihn aber auch hier stets, mit seinem Leben anderen zu nützen.


('''Alexander Hubert''')
('''Alexander Hubert''')

Version vom 19. Juni 2023, 12:22 Uhr

Benutzer:HIWI/Notes

Medizin (CamLex)

Allgemeines: Medizin in der 1. Hälfte des 16. Jh.s

Medizinische Thematik in den Werken des Camerarius

In Orpheus' Fußstapfen - Camerarius' Lob der Gesundheit (AH)

Wie in allen Wissensgebieten, so beweist Camerarius auch in der Medizin seine Kenntnis selbst der entlegeneren Gebiete der antiken Literatur. Ein Beispiel dafür ist sein in 33 griechischen Hexamentern gehaltenes Lob auf die personifizierte Gesundheit (Hygieia), das 1562 zusammen mit anderen Gedichten des Camerarius in einem Druck zu Ehren Johann Stigels erschien.[1] Das Gedicht rezipiert nicht nur inhaltlich, sondern auch in Struktur und Wortwahl explizit den Hymnos an Hyieia (Hygeia) aus den Orphischen Hymnen, erweitert diesen aber um einen ganzen Abschnitt.[2] Die editio princeps der Orphischen Hymnen hatte Andreas Johannes Laskaris bereits im Jahr 1500 besorgt.[3]

Beide Gedichte beginnen mit einem Anruf an Hyg(i)eia, die jeweils mit dem ersten Wort des ersten Verses als ἱμερόεσσ'(α), also "Verlangen, Sehnsucht erregend" adressiert wird. Camerarius macht hier also dem gebildeten Leser bereits mit dem ersten Wort seines Hymnos klar, auf welches Vorbild er sich bezieht. Auf die Anrufung der Göttin mit verschiedenen Epitheta folgt jeweils eine Art Aretalogie, die die Beigabe dieser Epitheta begründet.
Der eigentliche Anruf umfasst dabei in der antiken Version zwei Verse;[4] Camerarius dehnt sie auf siebeneinhalb Verse aus.[5] Dabei greift er nicht nur das Epitheton ἱμερόεσσα auf. Wörtlich zitiert er auch die Anrede als φερόλβιε ("Wohlstand bringend")[6] und ἀιεθαλής[7]. Außerdem greift Camerarius verschiedene Gedanken aus der orphischen Aretalogie heraus und formuliert sie als Epitheta; darunter findet sich die Vorstellung, dass Hygieia Krankheiten zerstört,[8] dass Hygieia dem Hades als Gott des Todes verhasst ist, alle anderen sie jedoch herbeisehnen[9] und dass Gesundheit viel erbeten bzw. die Göttin Hygieia oft angebetet wird.[10] Auch die Vorstellung, dass Hygieia Ruhe und Erholung gönnt, findet sich in beiden Gedichten.[11] Der orphische Dichter bittet die Göttin außerdem ganz am Ende des Gedichts, das Unheil (ἀνία) von ihm abzuwenden; in Camerarius' Gedicht ist sie daher bereits bekannt als "Stopperin des Unheils" (παύστειρα ἀνιῶν).[12] Das Wort ἠπιόχειρος ("mit heilender, schmerzstillender Hand"), das Camerarius außerdem verwendet, ist als Epitheton für die Gesundheit/Hygieia aus drei anderen orphischen Hymnen bekannt.[13] Für Camerarius ist die Gesundheit Gottes bestes und nützlichstes Geschenk an die Menschen.[14]
Auf den Anruf lässt der Dichter des orphischen Hymnos nun eine Aretalogie in acht Versen folgen: Die ersten fünf davon führen als positive Hauptsätze die Leistungen Hygieias auf.[15] Diesen Abschnitt hat Camerarius inhaltlich allerdings bereits verarbeitet, indem der die zentralen Gedanken verkürzt in seinen Anruf aufgenommen hat. In den folgenden drei Versen nennt der Dichter dann, was ohne Hygieias Hilfe nicht möglich wäre: Die Lage der Menschen wäre hilflos und es gäbe weder Reichtum, noch hätte man die Möglichkeit, alt zu werden.[16] Denn, wie der Dichter in einem Nachsatz in Vers 11 erklärt: Hygieia beherrscht und leitet alles (πάντων γὰρ κρατέεις μούνη καὶ πᾶσιν ἀνάσσεις). Camerarius baut auch diesen negativ formulierten Abschnitt im Vergleich zur Vorlage weiter aus:[17] Ohne Hygieia gäbe es keine Freude, keine Kinder, keine Gruppen Heranwachsender (νεολαία); es gäbe die Weisheit der alten Männer ebenso wenig wie die Schönheit der Frauen. Und auch den Reichtum gäbe es nicht; hier greift Camerarius wieder nicht nur die Idee des orphischen Hymnos auf, sondern zitiert neben dem Wort für Reichtum (πλοῦτος) auch das Wort πολυγηθής ("voller Freude"): Bei ihm ist es der Reichtum, der voller Freude ist, beim orphischen Dichter dagegen ist das Haus dank Hygieia πολυγηθής.[18]

Camerarius fügt im Folgenden nun ein genuin eigenes Stück ein, das gut die Hälfte des Gedichts umfasst und den ersten Teil einer Priamel bildet.[19] In diesen Versen, die kein Vorbild im orphischen Hymnos haben, entwirft Camerarius das Bild eines Menschen, der sich nicht um seine Gesundheit kümmert und Leidenschaften lebt, die dem Leben feindlich sind (τέρψεις μισόβιοι[20]), der viel isst und drinkt und viel Schlechtes tut, ständig betrunken ist, ausschweifend, hochmütig, eine Pest für sich selbst[21]. Dem gibt Camerarius noch einige weitere schlechte Eigenschaften bei. Solch ein Mensch aber, so die logische Folgerung aus dem Wesen der Gesundheit als Geschenk Gottes, ist laut Camerarius wahnsinnig und man sollte ihn entweder in Ketten legen[22] oder er soll wie ein Verrückter unter Zwang mit Nieswurz gereinigt werden (ἑλλεβοριζόμενος) und danach aufhören, an sich und andere Hand anzulegen[23]. Camerarius schließt die Priamel, indem er sich von solchen Menschen distanziert (χαιρέτω ὅστις τοῖος).[24].

Beide Gedichte schließen mit dem an Hygieia gerichteten Wunsch, dem Dichter gewogen zu sein. Der orphische Dichter bittet die Göttin, sie möge unter die Eingeweihten (μυστιπόλοι) kommen und die Krankheiten von ihnen abwehren.[25] Camerarius fordert Hygieia auf, sie möge von Gott gesandt (ἐκθεόθεν) an seiner Seite stehen, bis seine Lebenskraft ihr Ende finde. Bis dahin wünscht er sich, noch vielen anderen Menschen nützen zu können, wie der Ausdruck ἄλλους / ὠφελέουσα an den Tonstellen der zwei letzten Verse deutlich macht.[26]
So endet Camerarius' Gedicht mit einer nachdenklichen Note: Im Kontext eines Bandes, der anlässlich Johann Stigels Tod entstand, reflektiert Camerarius seine eigene Sterblichkeit, sicherlich auch vor dem Hintergrund seiner Gesundheit, die bereits seit den 50er Jahren durch ein schweres Nierenleiden stark beeinträchtigt wurde (→ Der Krankheitsverlauf). Dass sein nahender Tod Camerarius zunehmend beschäftigte, gab er auch selbst gegenüber anderen zu, wie Andreas Freyhubs Grabrede für Camerarius bezeugt.[27] Im Zentrum steht für ihn aber auch hier stets, mit seinem Leben anderen zu nützen.

(Alexander Hubert)

Hier Verweis auf Werkseite

===Literatur===
* [[Medizin (CamLex)]]

Diätetik

Iatromathematik (MG)

Badewesen (MG)

fertig und online

Baden in Württemberg

fertig und online

Theriak

Beteiligung an der Galen-Edition

Terminologie

Epigramme für medizinische Abhandlungen und Disputationen Dritter

Medizinisches in den "Decuriae" und der "Appendix problematum" (AH)

Große Bedeutung hat die Medizin für die zwanzig Jahre nach Camerarius' Tod von seinen Söhnen Joachim und Philipp "Decuriae συμμίκτων προβλημάτων" (erschienen 1594) sowie der 1596 gedruckten Appendix dazu. Bei beiden Bänden handelt es sich um recht umfangreiche Sammlungen verschiedener quaestiones, die als Grundlage für Disputationen fungieren konnten. Medizinische Fragestellungen machen dabei einen großen Teil der ersten elf (von 21) Dekaden der "Decuriae" aus und spielen auch in der Appendix eine große Rolle.

(Alexander Hubert)

Camerarius und die praktische Medizin

Medizinkenntnisse des Camerarius

Medizinische Ratschläge des Camerarius

Varii morbi - Camerarius als Patient (AH)

fertig und online

Badbesuche (MG)

fertig und online

"Pest" und Epidemiegeschehen (MG)

Anmerkungen

  1. Vgl. Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4r/v.
  2. Vgl. Orph. h., 68 (Text nach TLG):
    Ἱμερόεσσ', ἐρατή, πολυθάλμιε, παμβασίλεια,
    κλῦθι, μάκαιρ' Ὑγίεια, φερόλβιε, μῆτερ ἁπάντων·
    ἐκ σέο γὰρ νοῦσοι μὲν ἀποφθινύθουσι βροτοῖσι,
    πᾶς δὲ δόμος θάλλει πολυγηθὴς εἵνεκα σεῖο,
    καὶ τέχναι βρίθουσι· ποθεῖ δέ σε κόσμος, ἄνασσα,
    μοῦνος δὲ στυγέει σ' Ἀίδης ψυχοφθόρος αἰεί,
    ἀιθαλής, εὐκταιοτάτη, θνητῶν ἀνάπαυμα·
    σοῦ γὰρ ἄτερ πάντ' ἐστὶν ἀνωφελῆ ἀνθρώποισιν·
    οὔτε γὰρ ὀλβοδότης πλοῦτος γλυκερὸς θαλίηισιν,
    οὔτε γέρων πολύμοχθος ἄτερ σέο γίγνεται ἀνήρ·
    πάντων γὰρ κρατέεις μούνη καὶ πᾶσιν ἀνάσσεις.
    ἀλλά, θεά, μόλε μυστιπόλοις ἐπιτάρροθος αἰεὶ
    ῥυομένη νούσων χαλεπῶν κακόποτμον ἀνίην.
  3. Vgl. das Exemplar der BSB München, Sign. 4 Inc.c.a. 1799.
  4. Vgl. Orph. h. 68, V. 1-2.
  5. Vgl. Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4r, V. 1-8a.
  6. V. 5 bei Camerarius, vgl. Orph. h. 68, V. 2.
  7. V. 5 bei Camerarius, vgl. ἀιθαλής in Orph. h. 68, V. 7.
  8. Vgl. νοσοφθόρε in V. 1 bei Camerarius; in Orph. h. 68, V. 3 dagegen ausführlicher: ἐκ σέο γὰρ νοῦσοι μὲν ἀποφθινύθουσι βροτοῖσι.
  9. Bei Camerarius V. 2-3: [ᾌ]δεω / ἔχθρὰ ἑνός, κατὰ κόσμον ἅπασ' ἄλλοισι ποθείνη; dagegen Orph. h. 68, V. 5-6: ποθεῖ δέ σε κόσμος, ἄνασσα, / μοῦνος δὲ στυγέει σ' Ἀίδης ψυχοφθόρος αἰεί.
  10. V. 4 bei Camerarius (πολύευκτε) korrespondiert mit εὐκταιοτάτη in Orph. h. 68, V. 7.
  11. V. 4 bei Camerarius: ἄμπαυμα βροτῶν. Analog in Orph. h. 68, V. 7: θνητῶν ἀνάπαυμα.
  12. Vgl. V. 6 bei Camerarius und Orph. h. 68, V. 13.
  13. Vgl. Orph. h., 23, V. 8 (an Nereus), 29, V. 18 (an den Schlaf) und 84, V. 8 (für Hestia).
  14. [Ἐ]κθεόθεν θνητοῖς κεχαρισμένη ἐνθάδ' ἀρίστη / ὠφελίμη τε μάλιστα δόσις (Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4r, V. 7-8).
  15. Vgl. Orph. h. 68, V. 3-7.
  16. Vgl. Orph. h. 68, V. 8-10.
  17. Vgl. V. 8b-14.
  18. Vgl. Orph. h. 68, V. 4.
  19. Vgl. Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4r/v, V. 15-30.
  20. Vgl. V. 16.
  21. [Λ]οιμὸς ἑαυτῷ / αὐτὸς ἐών (Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4v, V. 22-23).
  22. [Δ]εσμοῖσιν ἐνὶ πλείοσι πιέζειν (Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4v, V. 26).
  23. Vgl. Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4v, V. 26-30.
  24. Vgl. Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4v, V. 31.
  25. Vgl. Orph. h. 68, V. 12-13.
  26. [Ἐ]μοὶ δὲ σὺ δῖ' ὑγίεια / ἐκθεόθεν τ' εἴης παραμείνασ' εἰσόκεν ἄλλους / ὠφελέουσα λάχοι τέλος ἡμετέρου βίου ὁρμή (Camerarius, Ecloga de morte Iohannis Stigeli, 1562, Bl. B4v, V. 31-33).
  27. [D]icere illum memini: Si vera et consentanea sint, quae de aegritudine, et omnibus perturbationibus a natura hominis removendis, a Stoicis disputentur et asserantur, omnino se fateri, quod in sapientum numero collocari non possit. Non obscure enim se, et varie affici, atque etiam saepe graviter perturbari, significabat, cum ob praesentia, tum impendentia pericula et incommoda, et propius accedentem mortem (Freyhub, Oratio in funere Camerarii (Druck), 1574, Bl. C3r/v).

Dies ist die Benutzerseite von Alexander Hubert.