Camerarius, Explicatiuncula expositorum versuum, 1554: Unterschied zwischen den Versionen
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Nun zum Eigentlichen: Zunächst geht Camerarius auf die Definition ein. ἀνάλογον werden diejenigen Dinge genannt, die in einer übereinstimmenden Verhältnis angeordnet sind (''consentanea ratione disposita sunt''). Auf Lateinisch kann man sagen, wie Camerarius meint, dass diese Dinge in einem entsprechenden Verhältnis angeordnet sind (''proportione collocari'') oder in einem entsprechenden Verhältnis stehen (''in proportione esse''). Analogie ist eine Gleichheit oder Ähnlichkeit der Verhältnisse (ἀναλόγια ''rationem comparatio seu similitudo''). Das ist, was [[Erwähnte Person::Cicero]] ''proportio'' (entsprechendes Verhältnis / Proportion) nennt. Den Terminus ''ratio'' bezeichnen die Geometer mit λόγος ([[Beeinflusser::Euklid]], ''Elementa'', 5, Definition 3). Das Verhältnis zweier Verhältnisse untereinander nennen sie σχέσις (Verhalten), was gleichbedeutend ist mit ''habitus'' oder ''repectus'' (B3r-B3v). <br> | Nun zum Eigentlichen: Zunächst geht Camerarius auf die Definition ein. ἀνάλογον werden diejenigen Dinge genannt, die in einer übereinstimmenden Verhältnis angeordnet sind (''consentanea ratione disposita sunt''). Auf Lateinisch kann man sagen, wie Camerarius meint, dass diese Dinge in einem entsprechenden Verhältnis angeordnet sind (''proportione collocari'') oder in einem entsprechenden Verhältnis stehen (''in proportione esse''). Analogie ist eine Gleichheit oder Ähnlichkeit der Verhältnisse (ἀναλόγια ''rationem comparatio seu similitudo''). Das ist, was [[Erwähnte Person::Cicero]] ''proportio'' (entsprechendes Verhältnis / Proportion) nennt. Den Terminus ''ratio'' bezeichnen die Geometer mit λόγος ([[Beeinflusser::Euklid]], ''Elementa'', 5, Definition 3). Das Verhältnis zweier Verhältnisse untereinander nennen sie σχέσις (Verhalten), was gleichbedeutend ist mit ''habitus'' oder ''repectus'' (B3r-B3v). <br> | ||
Es folgt die Erklärung über die Notwendigkeit von vier Gliedern (B3v). Dies ist dann der Fall, wenn eine Trennung (''seorsim et distincte'' / διηρημένως) vorliegt (a-b/c-d). Daneben gibt es bei einem Zusammenfall zweier Glieder in der Mitte auch die Möglichkeit der Dreigliedrigkeit (a-b/b-c): Wenn die vier Glieder so angesetzt werden, dass das mittlere zweimal genommen wird, geschieht es, dass die Analogie fortgesetzt wird und an nur drei Elementen festgestellt werden kann, obwohl die Beobachtung trotzdem nicht weniger als vier Elemente erfasst, da in der Zusammenstellung das Mittlere zweimal genommen wird. Hierzu führt Camerarius wieder die griechische Begrifflichkeit (aus der ''Nikomachischen Ethik'' des [[Beeinflusser::Aristoteles]]) an: In dem besprochenen Fall liegt eine "zusammenhängende Analogie" vor und auch das, was "Mitte" genannt wird (''Et haec est'' ἀναλογία συνεχής ''et quae'' μεσότης ''dicitur''). Da nun auf diese Weise Verhältnisse nach ihrer Ähnlichkeit (''similitudo''), geschieht es, dass jene Mitte auch durch den Begriff der Gleichheit bezeichnet wird (''aequalitas'' 7 ἰσότης). Denn mögen die Elemente in ihrer Größe nochso unterschiedlich sein, entsteht dennoch eine Gleichheit in ihrem Verhältnis (''respectu'') (zueniander, wie in 1 2 4. Es sei ein "Zweifachverhätnis" (''Dupla ratio''). das eine Vergleichbarkeit dieser in ihrer Größe verschiedenen Elemente herstellt (1x2=2; 2x2=4).<br> | Es folgt die Erklärung über die Notwendigkeit von vier Gliedern (B3v). Dies ist dann der Fall, wenn eine Trennung (''seorsim et distincte'' / διηρημένως) vorliegt (a-b/c-d). Daneben gibt es bei einem Zusammenfall zweier Glieder in der Mitte auch die Möglichkeit der Dreigliedrigkeit (a-b/b-c): Wenn die vier Glieder so angesetzt werden, dass das mittlere zweimal genommen wird, geschieht es, dass die Analogie fortgesetzt wird und an nur drei Elementen festgestellt werden kann, obwohl die Beobachtung trotzdem nicht weniger als vier Elemente erfasst, da in der Zusammenstellung das Mittlere zweimal genommen wird. Hierzu führt Camerarius wieder die griechische Begrifflichkeit (aus der ''Nikomachischen Ethik'' des [[Beeinflusser::Aristoteles]]) an: In dem besprochenen Fall liegt eine "zusammenhängende Analogie" vor und auch das, was "Mitte" genannt wird (''Et haec est'' ἀναλογία συνεχής ''et quae'' μεσότης ''dicitur''). Da nun auf diese Weise Verhältnisse nach ihrer Ähnlichkeit (''similitudo''), geschieht es, dass jene Mitte auch durch den Begriff der Gleichheit bezeichnet wird (''aequalitas'' 7 ἰσότης). Denn mögen die Elemente in ihrer Größe nochso unterschiedlich sein, entsteht dennoch eine Gleichheit in ihrem Verhältnis (''respectu'') (zueniander, wie in 1 2 4. Es sei ein "Zweifachverhätnis" (''Dupla ratio''). das eine Vergleichbarkeit dieser in ihrer Größe verschiedenen Elemente herstellt (1x2=2; 2x2=4).<br> | ||
Es folgt die Unterscheidung zwischen den drei Formen der Analogie (B4r): die arithemische ist gekennzeichnet durch "Differenzen von gleicher Größe" (''eadem magnitudine intervalla'') , wie 1, 2, 3; die geometrische durch "identische Verhältnisse" (''eaedem rationes''), wie 1, 2, 4; die harmonische durch die "Vergleichbarkeit der Abstände und der Extrempunkte" (''intervalli et extremorum similitudo''), wie 3, 4, | Es folgt die Unterscheidung zwischen den drei Formen der Analogie (B4r): die arithemische ist gekennzeichnet durch "Differenzen von gleicher Größe" (''eadem magnitudine intervalla'') , wie 1, 2, 3; die geometrische durch "identische Verhältnisse" (''eaedem rationes''), wie 1, 2, 4; die harmonische durch die "Vergleichbarkeit der Abstände und der Extrempunkte" (''intervalli et extremorum similitudo''), wie 3, 4, 6. Zwischen zwei Zahlen das arithmetische Mittel zu finden, ist einfach.: werden beide zusammengerechnet und halbiert, dann ist der Mittelwert schon gefunden. | ||
===Anmerkungen=== | ===Anmerkungen=== |
Version vom 2. Juli 2018, 08:51 Uhr
Opus Camerarii | |
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Werksigle | |
Zitation | Explicatiuncula expositorum versuum, bearbeitet von Jochen Schultheiß (02.07.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I. |
Status | Kommentator |
Kommentierter Autor | Joachim Camerarius I. |
Sprache | Latein |
Werktitel | Explicatiuncula expositorum versuum |
Kurzbeschreibung | Erklärungen zum Lehrgedicht Versus senarii de analogiis. |
Erstnachweis | 1554 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datierung nach Erstdruck |
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) | 1554/12/13 |
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) | 1554/12/31 |
Schlagworte / Register | Analogie; Geometrie; Mathematik; Philosophie; Kommentar; Griechisch (aktiver Gebrauch) |
Paratext zu | |
Paratext? | nein |
Paratext zu | |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Versus senarii de analogiis, 1554 |
Erstdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | |
Volltext | http://texte.camerarius.de/ |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk | |
Bearbeitungsstand | |
Überprüft | noch nicht am Original überprüft |
Bearbeitungsstand | unkorrigiert |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:JS |
Gegengelesen von | |
Bearbeitungsdatum | 2.07.2018 |
Opus Camerarii | |
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Werksigle | |
Zitation | Explicatiuncula expositorum versuum, bearbeitet von Jochen Schultheiß (02.07.2018), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/ |
Name | Joachim Camerarius I.
|
Kommentierter Autor | Joachim Camerarius I.
|
Sprache | Latein |
Werktitel | Explicatiuncula expositorum versuum |
Kurzbeschreibung | Erklärungen zum Lehrgedicht Versus senarii de analogiis. |
Erstnachweis | 1554 |
Bemerkungen zum Erstnachweis | Datierung nach Erstdruck |
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) | 1554/12/13 |
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) | 1554/12/31 |
Schlagworte / Register | Analogie; Geometrie; Mathematik; Philosophie; Kommentar; Griechisch (aktiver Gebrauch) |
Paratext zu | |
Paratext? | nein |
Überliefert in | |
Druck | Camerarius, Versus senarii de analogiis, 1554 |
Volltext | http://texte.camerarius.de/ |
Carmen | |
Gedicht? | nein |
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken | |
Wird erwähnt in | |
Bearbeitungsdatum | 2.07.2018 |
Widmung und Entstehungskontext
Die Explicatiuncula erläutern das im Druck vorausgehende Lehrgedicht Versus senarii de analogiis, das Wolfgang Meurer gewidmet ist.
Aufbau und Inhalt
Camerarius scheine es geboten, zur Erleichterung des Verständnis einige Hinweise zu den zuvor dargebotenen Sachverhalten anzufügen (B3r). Zunächst legt Camerarius die Gründe für die Verwendung der griechischen Sprache in seinem Lehrgedicht dar. Die besagten Inhalte in lateinischer Sprache darzulegen sei möglich noch nötig. Die Behandlung dieser Themen sei eine spezifische Eigenheit der Griechen. Ferner lasse sich feststellen, dass die Kühnheit und Fehlerhaftigkeit von Übersetzungen die Wissenschaft in Mitleidenschaft zögen. Diejenigen, denen eine sichere Erkenntnis am Herzen liege, sollen lieber dazu geführt werden, die Eigenheiten der griechischen Sprache wahrzunehmen, als dass sie auf den unsicheren Weg der Übersetzungen geführten werden sollten. Hierüber jedoch ein andermal.
Nun zum Eigentlichen: Zunächst geht Camerarius auf die Definition ein. ἀνάλογον werden diejenigen Dinge genannt, die in einer übereinstimmenden Verhältnis angeordnet sind (consentanea ratione disposita sunt). Auf Lateinisch kann man sagen, wie Camerarius meint, dass diese Dinge in einem entsprechenden Verhältnis angeordnet sind (proportione collocari) oder in einem entsprechenden Verhältnis stehen (in proportione esse). Analogie ist eine Gleichheit oder Ähnlichkeit der Verhältnisse (ἀναλόγια rationem comparatio seu similitudo). Das ist, was Cicero proportio (entsprechendes Verhältnis / Proportion) nennt. Den Terminus ratio bezeichnen die Geometer mit λόγος (Euklid, Elementa, 5, Definition 3). Das Verhältnis zweier Verhältnisse untereinander nennen sie σχέσις (Verhalten), was gleichbedeutend ist mit habitus oder repectus (B3r-B3v).
Es folgt die Erklärung über die Notwendigkeit von vier Gliedern (B3v). Dies ist dann der Fall, wenn eine Trennung (seorsim et distincte / διηρημένως) vorliegt (a-b/c-d). Daneben gibt es bei einem Zusammenfall zweier Glieder in der Mitte auch die Möglichkeit der Dreigliedrigkeit (a-b/b-c): Wenn die vier Glieder so angesetzt werden, dass das mittlere zweimal genommen wird, geschieht es, dass die Analogie fortgesetzt wird und an nur drei Elementen festgestellt werden kann, obwohl die Beobachtung trotzdem nicht weniger als vier Elemente erfasst, da in der Zusammenstellung das Mittlere zweimal genommen wird. Hierzu führt Camerarius wieder die griechische Begrifflichkeit (aus der Nikomachischen Ethik des Aristoteles) an: In dem besprochenen Fall liegt eine "zusammenhängende Analogie" vor und auch das, was "Mitte" genannt wird (Et haec est ἀναλογία συνεχής et quae μεσότης dicitur). Da nun auf diese Weise Verhältnisse nach ihrer Ähnlichkeit (similitudo), geschieht es, dass jene Mitte auch durch den Begriff der Gleichheit bezeichnet wird (aequalitas 7 ἰσότης). Denn mögen die Elemente in ihrer Größe nochso unterschiedlich sein, entsteht dennoch eine Gleichheit in ihrem Verhältnis (respectu) (zueniander, wie in 1 2 4. Es sei ein "Zweifachverhätnis" (Dupla ratio). das eine Vergleichbarkeit dieser in ihrer Größe verschiedenen Elemente herstellt (1x2=2; 2x2=4).
Es folgt die Unterscheidung zwischen den drei Formen der Analogie (B4r): die arithemische ist gekennzeichnet durch "Differenzen von gleicher Größe" (eadem magnitudine intervalla) , wie 1, 2, 3; die geometrische durch "identische Verhältnisse" (eaedem rationes), wie 1, 2, 4; die harmonische durch die "Vergleichbarkeit der Abstände und der Extrempunkte" (intervalli et extremorum similitudo), wie 3, 4, 6. Zwischen zwei Zahlen das arithmetische Mittel zu finden, ist einfach.: werden beide zusammengerechnet und halbiert, dann ist der Mittelwert schon gefunden.
Anmerkungen
- Die griechische Terminologie und ihre lateinischen Wiedergaben entsprechen denen aus der Ausgabe und Übersetzung zu Euklids Elementa (Euklid, Elementorum geometricorum libri sex, 1549).
- Die Wiedergabe des lateinischen Begriffes proportio mit "entsprechendes Verhältnis" wurde gewählt nach Duden s.v. Proportion: "Herkunft: lateinisch proportio = das entsprechende Verhältnis". Diese Bestimmung ist treffender als "ähnliches Verhältnis" (Georges 1913), das im Deutschen keine exakte Übereinstimmung der Verhältnisse verlangt. Falsch ist die Übersetzung mit "ausgewogenes Verhältnis" (Bayer/Bayer 2006 zu Cic. Tim. 13), das ein Verhältnis von nur zwei Gliederung ins Auge fasst (a=b oder zumindest a≈b). Wie aber auch Camerarius betont, geht es bei der Analogie stets um den Vergleich von vier oder zumindest drei Gliedern (a-b/c-d oder a-b/b-c).
Überlieferung
Forschungsliteratur
Zur deutschen Wiedergabe der euklidischen Termini:
- Clemens Thaer (Hg.), Euklid. Die Elemente, Buch I-XIII, nach Heibergs Text aus dem Griechischen übersetzt und herausgegeben, 7. Aufl. Darmstadt 1980.
Zur deutschen Wiedergabe der lateinischen Terminologie:
- Karl Bayer / Gertrud Bayer (Hg.), Marcus Tullius Cicero, Timaeus. De universitate - Timaeus. Über das Weltall, Lateinisch-deutsch, herausgegeben und übersetzt, Düsseldorf 2006.