Camerarius an Unbekannt, 15XX g: Unterschied zwischen den Versionen
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Die gemeinsame Freundschaft erlaube C. sowohl die Freiheit zu reden als auch die Möglichkeit, N.s Hilfe mit Rat und Tat in Anspruch zu nehmen. | Die gemeinsame Freundschaft erlaube C. sowohl die Freiheit zu reden als auch die Möglichkeit, N.s Hilfe mit Rat und Tat in Anspruch zu nehmen. Wie dieser sich erinnern könne, habe C. daher vorgestern vom Recht der freien Rede Gebrauch gemacht, nun möchte er Folgendes hinzufügen. C. hoffe, dass er nicht zu harsch gesprochen habe. C.‘ Meinung sei einfach, aber wahr und richtig; viele hätten sie schon bei gefälligen Unterhaltungen gehört: | ||
Es sei kein Wunder, dass vergeblich die Ursachen dieses verderblichen Krieges wieder und wieder diskutiert oder seine Veranlasser angeklagt würden; aber alle sollten lieber jede Hilfeleistung erbringen, damit ein Heilmittel für dieses Übel gefunden werde. Denn wenn ein Feuer ausgebrochen sei, eile man ja auch eher zum Löschen, als Zeit durch das Suchen der Schuldigen zu verschwenden. Wenn sich also die Fürsten im Geiste zusammenschlössen und wenn die Höfe nur auf den Staat Rücksicht nähmen, dann könnte vielleicht Abhilfe geschaffen werden. Aber das sei nur ein Wunsch. Was bleibe, sei das Bewusstsein des Zorns Gottes und seiner Strafe für unsere Vergehen. Das beste wäre es, diese Übel nicht durch eigene Ungeduld und Widerspenstigkeit zu verschlimmern, sondern sich der göttlichen Allmacht demütig zu unterwerfen. Aber das sei genug der Rede. | Es sei kein Wunder, dass vergeblich die Ursachen dieses verderblichen Krieges wieder und wieder diskutiert oder seine Veranlasser angeklagt würden; aber alle sollten lieber jede Hilfeleistung erbringen, damit ein Heilmittel für dieses Übel gefunden werde. Denn wenn ein Feuer ausgebrochen sei, eile man ja auch eher zum Löschen, als Zeit durch das Suchen der Schuldigen zu verschwenden. Wenn sich also die Fürsten im Geiste zusammenschlössen und wenn die Höfe nur auf den Staat Rücksicht nähmen, dann könnte vielleicht Abhilfe geschaffen werden. Aber das sei nur ein Wunsch. Was bleibe, sei das Bewusstsein des Zorns Gottes und seiner Strafe für unsere Vergehen. Das beste wäre es, diese Übel nicht durch eigene Ungeduld und Widerspenstigkeit zu verschlimmern, sondern sich der göttlichen Allmacht demütig zu unterwerfen. Aber das sei genug der Rede. | ||
Was aber solle C. über jenen | Was aber solle C. über jenen auserlesenen [[Unbekannt| jungen Mann (M.)]] schreiben, über den C., als sie damals gemeinsam in der Schule herumgingen, erzählte. Er leugne nicht nur hartnäckig, jemals im Haus des gemeinsamen Freundes (F.: [[Wolfgang Meurer]]?) in dessen Abwesenheit gewesen zu sein, sondern sogar, auch nur in die Nähe gekommen zu sein. C. frage sich nun, was er tun solle. Er wolle die Angelegenheit so regeln, dass F. davon nicht wie üblich sehr erregt werde, wie es seine Art sei. Überhaupt habe er geplant, ihn in Gewahrsam zu nehmen, aber M.s Rede habe ihn (C.) so besänftigt, dass er ihn freigelassen und ihm befohlen habe, bei Anordnung sich wieder bei ihm einzufinden. C. schicke N. in diesen schwierigen und ernsten Zeiten einige Albernheiten und Possen; dennoch sorge sich auch C. um den Freund, der ja auch N. sehr lieb sei. Beim nächsten Treffen sollten sie etwas dazu beschließen – und es sei notwendig, dass dies schnellstmöglich geschehe. Bitte um Verzeihung für die Länge des Briefes, die C. nicht beabsichtigt hätte. | ||
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=== Anmerkungen zur Datierung === | === Anmerkungen zur Datierung === | ||
* C. schreibt hier als Inhaber eines Amtes, das ihn zur Inhaftierung eines Studenten befähigt. Er ist also Rektor. Gleichzeitig tobt ein Krieg. C.' zweites Leipziger Rektorat im Sommersemester 1546 war das einzige in Kriegszeiten. | * C. schreibt hier als Inhaber eines Amtes, das ihn zur Inhaftierung eines Studenten befähigt. Er ist also Rektor. Gleichzeitig tobt ein Krieg. C.' zweites Leipziger Rektorat im Sommersemester 1546 war das einzige in Kriegszeiten. | ||
* Der Brief entstand, nachdem C. den Beginn des Krieges wahrgenommen hatte, und vor dem Ende seines Rektorats, also zwischen Ende Juni und dem 16.10.1546. (Hinweis von Torsten Woitkowitz) |
Version vom 1. Juni 2023, 12:18 Uhr
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|
Werksigle | OCEp 1276 |
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Zitation | Camerarius an Unbekannt, 15XX g, bearbeitet von Manuel Huth und Vinzenz Gottlieb (01.06.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1276 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1595 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 522-524 |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | ja |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Unbekannt |
Datum | |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | o.D. |
Unscharfes Datum Beginn | 1546-04-01 |
Unscharfes Datum Ende | 1558-09-30 |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Et loquendi libertatem, et facultatem |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Kriege, Konflikte etc.; Universität (Leipzig) |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | unkorrigiert |
Notizen | [[Notizen::VG (Diskussion) 15:20, 13. Apr. 2023 (CEST) Bei Zarncke 1859 finde ich nichts über besagten Vorfall. Abgleichung mit MBW und anderen Quellen wäre sinnvoll. Klärung der Identität von N., F. und M. steht noch aus.]] |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:VG |
Gegengelesen von | |
Datumsstempel | 1.06.2023 |
Werksigle | OCEp 1276 |
---|---|
Zitation | Camerarius an Unbekannt, 15XX g, bearbeitet von Manuel Huth und Vinzenz Gottlieb (01.06.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1276 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1595 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | S. 522-524 |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | ja |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Unbekannt |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | o.D. |
Unscharfes Datum Beginn | 1546-04-01 |
Unscharfes Datum Ende | 1558-09-30 |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Et loquendi libertatem, et facultatem |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Kriege, Konflikte etc.; Universität (Leipzig) |
Datumsstempel | 1.06.2023 |
Überschrieben mit "Amico cuidam".
Regest
Die gemeinsame Freundschaft erlaube C. sowohl die Freiheit zu reden als auch die Möglichkeit, N.s Hilfe mit Rat und Tat in Anspruch zu nehmen. Wie dieser sich erinnern könne, habe C. daher vorgestern vom Recht der freien Rede Gebrauch gemacht, nun möchte er Folgendes hinzufügen. C. hoffe, dass er nicht zu harsch gesprochen habe. C.‘ Meinung sei einfach, aber wahr und richtig; viele hätten sie schon bei gefälligen Unterhaltungen gehört:
Es sei kein Wunder, dass vergeblich die Ursachen dieses verderblichen Krieges wieder und wieder diskutiert oder seine Veranlasser angeklagt würden; aber alle sollten lieber jede Hilfeleistung erbringen, damit ein Heilmittel für dieses Übel gefunden werde. Denn wenn ein Feuer ausgebrochen sei, eile man ja auch eher zum Löschen, als Zeit durch das Suchen der Schuldigen zu verschwenden. Wenn sich also die Fürsten im Geiste zusammenschlössen und wenn die Höfe nur auf den Staat Rücksicht nähmen, dann könnte vielleicht Abhilfe geschaffen werden. Aber das sei nur ein Wunsch. Was bleibe, sei das Bewusstsein des Zorns Gottes und seiner Strafe für unsere Vergehen. Das beste wäre es, diese Übel nicht durch eigene Ungeduld und Widerspenstigkeit zu verschlimmern, sondern sich der göttlichen Allmacht demütig zu unterwerfen. Aber das sei genug der Rede.
Was aber solle C. über jenen auserlesenen jungen Mann (M.) schreiben, über den C., als sie damals gemeinsam in der Schule herumgingen, erzählte. Er leugne nicht nur hartnäckig, jemals im Haus des gemeinsamen Freundes (F.: Wolfgang Meurer?) in dessen Abwesenheit gewesen zu sein, sondern sogar, auch nur in die Nähe gekommen zu sein. C. frage sich nun, was er tun solle. Er wolle die Angelegenheit so regeln, dass F. davon nicht wie üblich sehr erregt werde, wie es seine Art sei. Überhaupt habe er geplant, ihn in Gewahrsam zu nehmen, aber M.s Rede habe ihn (C.) so besänftigt, dass er ihn freigelassen und ihm befohlen habe, bei Anordnung sich wieder bei ihm einzufinden. C. schicke N. in diesen schwierigen und ernsten Zeiten einige Albernheiten und Possen; dennoch sorge sich auch C. um den Freund, der ja auch N. sehr lieb sei. Beim nächsten Treffen sollten sie etwas dazu beschließen – und es sei notwendig, dass dies schnellstmöglich geschehe. Bitte um Verzeihung für die Länge des Briefes, die C. nicht beabsichtigt hätte.
(Vinzenz Gottlieb)
Anmerkungen zur Datierung
- C. schreibt hier als Inhaber eines Amtes, das ihn zur Inhaftierung eines Studenten befähigt. Er ist also Rektor. Gleichzeitig tobt ein Krieg. C.' zweites Leipziger Rektorat im Sommersemester 1546 war das einzige in Kriegszeiten.
- Der Brief entstand, nachdem C. den Beginn des Krieges wahrgenommen hatte, und vor dem Ende seines Rektorats, also zwischen Ende Juni und dem 16.10.1546. (Hinweis von Torsten Woitkowitz)