Camerarius an Sodalität (Wittenberg), 01.10.1524: Unterschied zwischen den Versionen
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Diesen Gruß schicke Camerarius, solange es noch möglich sei, an die Sodalität, die er ja auf Gottes Befehl verlassen müsse. Denn sie sollten nicht glauben, dass er freiwillig gehe. So möge Gott ihn vor Unheil schützen und [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon|Melanchthons]] Laren mögen ihm die Chance zur Rückkehr geben (denn er wolle nicht unbescheiden darum bitten, bleiben zu dürfen), sodass er zumindest seine alten Freunde persönlich umarmen und verabschieden könne, wenn er schon seinen alten Sitz verlasse.<br> | Diesen Gruß schicke Camerarius, solange es noch möglich sei, an die Sodalität, die er ja auf Gottes Befehl verlassen müsse. Denn sie sollten nicht glauben, dass er freiwillig gehe. So möge Gott ihn vor Unheil schützen und [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon|Melanchthons]] Laren mögen ihm die Chance zur Rückkehr geben (denn er wolle nicht unbescheiden darum bitten, bleiben zu dürfen), sodass er zumindest seine alten Freunde persönlich umarmen und verabschieden könne, wenn er schon seinen alten Sitz verlasse.<br> | ||
Er bezeuge ihre gemeinsamen Studien, und so solle ihre gut begonnene gegenseitige Wertschätzung bitte nicht enden; sie selbst hätten die Tränen auf seinen Wangen beim Abschied gesehen. Selbst Main und Rhein fragen sich nach dem Grund seiner Trauer. Der Tod [[Erwähnte Person::Martha Wetzel|seiner Mutter]] vielleicht? Doch nein, es ist die Sehnsucht. [[Erwähnte Person::Johannes Camerarius I.|Vater]] und Schwester bedauerten ebenso, dass er sie zurücklasse, und trotz des Vaters Trostversuche bleibe seinem Herzen keine Freude. <br> | Er bezeuge ihre gemeinsamen Studien, und so solle ihre gut begonnene gegenseitige Wertschätzung bitte nicht enden; sie selbst hätten die Tränen auf seinen Wangen beim Abschied gesehen. Selbst Main und Rhein fragen sich nach dem Grund seiner Trauer. Der Tod [[Erwähnte Person::Martha Wetzel|seiner Mutter]] vielleicht? Doch nein, es ist die Sehnsucht. [[Erwähnte Person::Johannes Camerarius I.|Vater]] und Schwester bedauerten ebenso, dass er sie zurücklasse, und trotz des Vaters Trostversuche bleibe seinem Herzen keine Freude. <br> | ||
Verweigere ihm ein zorniger Gott die Gesellschaft der Wittenberger und verbanne ihn in die alte Heimat? Glücklich sei er, wenn deren Sorge und Sehnsucht seiner entsprächen. Wenn sein Gesicht in seiner Abwesenheit bei ihnen präsent bleibe, seien die Übel, die ihm begegneten und die er verschweige, damit sie sich keine Sorgen machten, leichter zu ertragen. Es helfe ihm, die Namen seiner abwesenden Kollegen | Verweigere ihm ein zorniger Gott die Gesellschaft der Wittenberger und verbanne ihn in die alte Heimat? Glücklich sei er, wenn deren Sorge und Sehnsucht seiner eigenen entsprächen. Wenn sein Gesicht in seiner Abwesenheit bei ihnen präsent bleibe, seien die Übel, die ihm begegneten und die er verschweige, damit sie sich keine Sorgen machten, leichter zu ertragen. Es helfe ihm, die Namen seiner abwesenden Kollegen auszusprechen, wie ein Verliebter den Namen seines Mädchens. Hierbei denke er, der einst in [[Erwähnter Ort::Leipzig]] gelebt habe, an [[Erwähnte Person::Sebald Münsterer|Sebald]] (Münsterer: ''Sebaldum, / Munsteria genitum Noride & urbe, domo.''), an [[Erwähnte Person::Caspar Cruciger|Caspar]], an [[Erwähnte Person::Franz Burchart|Franciscus]] und [[Erwähnte Person::Johannes Silberborner|Janus]], seine beiden Begleiter auf der Reise zu Erasmus, und an [[Erwähnte Person::Matthäus von Wallenrode|Wallenrode]] (''Ballorhodus''), dessen ''virtus'' ebenso groß wie sein edler Name sei. Ebenso erinnere er sich voller Wehmut an [[Erwähnte Person::Kilian Goldstein|Kilian (Goldstein?)]], an den [[Erwähnte Person::Unbekannt|''Francus eques'']] sowie an die Muse des [[Erwähnte Person::Unbekannt|Pachnolithus]] (Wilhelm Reiffenstein?). [[Erwähnte Person::Valentin Sifridi|Capella]] solle zusehen, dass es nicht scheine, als lehne er Camerarius ab, indem er mit seinen Briefen zu lange warte. [[Erwähnte Person::Unbekannt|Syrus]] (unbekannt), [[Erwähnte Person::Georg Maior|Maior]] und [[Erwähnte Person::Unbekannt|Spicerus]] (unbekannt, viell. Martin Spitzer aus Gächingen, immatr. Wittenb. 1509) sollen ihn in guter Erinnerung behalten. Auch [[Erwähnte Person::Johannes Koch|Janus, der Diener]] des großen [[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon|Philipp]] möge wohlleben. Und auch den Justinus, der aus Frankfurt stamme und den Namen des alten herrscherlichen Sammlers der Gesetze trage ([[Erwähnte Person::Justinian Holtzheusser]]), wolle Camerarius ebenso wenig übergehen. Den armen [[Erwähnte Person::Wilhelm Nesen|Nesen]] erreiche sein Brief hingegen nicht mehr (er war am 6.7.1524 verstorben, Anm. d. Bearb.).<br> | ||
Sie und alle anderen, die zu erwähnen allzu langwierig würde, mögen gut und unbeschwert leben und ihn in guter Erinnerung behalten. Eher solle die Welt untergehen, als er sie vergessen werde. | Sie und alle anderen, die zu erwähnen allzu langwierig würde, mögen gut und unbeschwert leben und ihn in guter Erinnerung behalten. Eher solle die Welt untergehen, als er sie vergessen werde. | ||
(Alexander Hubert) | (Alexander Hubert) | ||
=== Anmerkungen zu Datierung und Entstehungsort === | |||
Bei Orts- und Datumsangabe gibt es Unstimmigkeiten: C. reiste erst am 4.10. von Wittenberg nach Bamberg (vgl. [[Forschungsliteratur::Bernstein 2014]], S. 384, [https://melanchthon.hadw-bw.de/regesten.html MBW - Regesten online], Nr. 343.2 und MBW 349.3). Auch [[OCEp 2729]] (30.9.1524) ist in Wittenberg entstanden. Somit ist der Brief entweder am 1.10. in Wittenberg entstanden oder später in Bamberg.<br> | |||
(Hinweis von Torsten Woitkowitz, Leipzig) |
Aktuelle Version vom 29. Juni 2023, 19:26 Uhr
Briefe mit demselben Datum | ||||||
kein passender Brief gefunden |
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Werksigle | OCEp 0126 |
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Zitation | Camerarius an Sodalität (Wittenberg), 01.10.1524, bearbeitet von Manuel Huth, Alexander Hubert und Vinzenz Gottlieb (29.06.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0126 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. T5v-T7v |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Sodalität (Wittenberg) |
Datum | 1524/10/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Anno 1524. Cal. Octob. |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Bamberg |
Zielort | Wittenberg |
Gedicht? | ja |
Incipit | O, mihi dum licuit gratissima turba sodales |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Briefgedicht |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | validiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:HIWI; Benutzer:VG |
Gegengelesen von | Benutzer:VG; Benutzer:US |
Datumsstempel | 29.06.2023 |
Werksigle | OCEp 0126 |
---|---|
Zitation | Camerarius an Sodalität (Wittenberg), 01.10.1524, bearbeitet von Manuel Huth, Alexander Hubert und Vinzenz Gottlieb (29.06.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0126 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. T5v-T7v |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Sodalität (Wittenberg) |
Datum | 1524/10/01 |
Datum gesichert? | ja |
Bemerkungen zum Datum | Anno 1524. Cal. Octob. |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Bamberg |
Zielort | Wittenberg |
Gedicht? | ja |
Incipit | O, mihi dum licuit gratissima turba sodales |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Briefgedicht |
Datumsstempel | 29.06.2023 |
Zielort ermittelt.
Regest
Briefgedicht in 49 elegischen Distichen.
Diesen Gruß schicke Camerarius, solange es noch möglich sei, an die Sodalität, die er ja auf Gottes Befehl verlassen müsse. Denn sie sollten nicht glauben, dass er freiwillig gehe. So möge Gott ihn vor Unheil schützen und Melanchthons Laren mögen ihm die Chance zur Rückkehr geben (denn er wolle nicht unbescheiden darum bitten, bleiben zu dürfen), sodass er zumindest seine alten Freunde persönlich umarmen und verabschieden könne, wenn er schon seinen alten Sitz verlasse.
Er bezeuge ihre gemeinsamen Studien, und so solle ihre gut begonnene gegenseitige Wertschätzung bitte nicht enden; sie selbst hätten die Tränen auf seinen Wangen beim Abschied gesehen. Selbst Main und Rhein fragen sich nach dem Grund seiner Trauer. Der Tod seiner Mutter vielleicht? Doch nein, es ist die Sehnsucht. Vater und Schwester bedauerten ebenso, dass er sie zurücklasse, und trotz des Vaters Trostversuche bleibe seinem Herzen keine Freude.
Verweigere ihm ein zorniger Gott die Gesellschaft der Wittenberger und verbanne ihn in die alte Heimat? Glücklich sei er, wenn deren Sorge und Sehnsucht seiner eigenen entsprächen. Wenn sein Gesicht in seiner Abwesenheit bei ihnen präsent bleibe, seien die Übel, die ihm begegneten und die er verschweige, damit sie sich keine Sorgen machten, leichter zu ertragen. Es helfe ihm, die Namen seiner abwesenden Kollegen auszusprechen, wie ein Verliebter den Namen seines Mädchens. Hierbei denke er, der einst in Leipzig gelebt habe, an Sebald (Münsterer: Sebaldum, / Munsteria genitum Noride & urbe, domo.), an Caspar, an Franciscus und Janus, seine beiden Begleiter auf der Reise zu Erasmus, und an Wallenrode (Ballorhodus), dessen virtus ebenso groß wie sein edler Name sei. Ebenso erinnere er sich voller Wehmut an Kilian (Goldstein?), an den Francus eques sowie an die Muse des Pachnolithus (Wilhelm Reiffenstein?). Capella solle zusehen, dass es nicht scheine, als lehne er Camerarius ab, indem er mit seinen Briefen zu lange warte. Syrus (unbekannt), Maior und Spicerus (unbekannt, viell. Martin Spitzer aus Gächingen, immatr. Wittenb. 1509) sollen ihn in guter Erinnerung behalten. Auch Janus, der Diener des großen Philipp möge wohlleben. Und auch den Justinus, der aus Frankfurt stamme und den Namen des alten herrscherlichen Sammlers der Gesetze trage (Justinian Holtzheusser), wolle Camerarius ebenso wenig übergehen. Den armen Nesen erreiche sein Brief hingegen nicht mehr (er war am 6.7.1524 verstorben, Anm. d. Bearb.).
Sie und alle anderen, die zu erwähnen allzu langwierig würde, mögen gut und unbeschwert leben und ihn in guter Erinnerung behalten. Eher solle die Welt untergehen, als er sie vergessen werde.
(Alexander Hubert)
Anmerkungen zu Datierung und Entstehungsort
Bei Orts- und Datumsangabe gibt es Unstimmigkeiten: C. reiste erst am 4.10. von Wittenberg nach Bamberg (vgl. Bernstein 2014, S. 384, MBW - Regesten online, Nr. 343.2 und MBW 349.3). Auch OCEp 2729 (30.9.1524) ist in Wittenberg entstanden. Somit ist der Brief entweder am 1.10. in Wittenberg entstanden oder später in Bamberg.
(Hinweis von Torsten Woitkowitz, Leipzig)