Camerarius an Stadtrat (Zwickau), 01.09.1550

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Camerarius an Stadtrat (Zwickau), 01.09.15501 September 1550 JL

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Werksigle OCEp 1513
Zitation Camerarius an Stadtrat (Zwickau), 01.09.1550, bearbeitet von Jochen Schultheiß (22.03.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1513
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Libellus scolasticus (Druck), 1551
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 3-10
Zweitdruck in Camerarius, Libellus scolasticus (Druck), 1555
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck S. 3-10
Sonstige Editionen Bauch 1885, S. 531-532, Nr. XXII (Auszug)
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Stadtrat (Zwickau)
Datum 1550/09/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung des Briefes: Cal. Septembr. Anno salutiferi partus Christi M.D.L.
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort O.O.
Zielort Zwickau
Gedicht? nein
Incipit Non tam meo quam alieno iudicio
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Libellus scolasticus (Druck), 1551
Kurzbeschreibung In dem Widmungsbrief an den Stadtrat von Zwickau, dem er seine Schulausgabe zu verschiedenen griechischen Dichtern zueignet, verteidigt Camerarius den Wert der Bildung. Sodann legt er eine Rechtfertigung über den didaktischen Wert der ausgewählten Autoren dar.
Anlass
Register Bildungsdiskurs; Elementarunterricht; Hermeneutik; Textkritik; Briefe/Parallelüberlieferung
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand validiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von Benutzer:US
Datumsstempel 22.03.2024
Werksigle OCEp 1513
Zitation Camerarius an Stadtrat (Zwickau), 01.09.1550, bearbeitet von Jochen Schultheiß (22.03.2024), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1513
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Libellus scolasticus (Druck), 1551
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck S. 3-10
Zweitdruck in Camerarius, Libellus scolasticus (Druck), 1555
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck S. 3-10
Sonstige Editionen Bauch 1885, S. 531-532, Nr. XXII (Auszug)
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Stadtrat (Zwickau)
Datum 1550/09/01
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung des Briefes: Cal. Septembr. Anno salutiferi partus Christi M.D.L.
Sprache Latein
Entstehungsort O.O.
Zielort Zwickau
Gedicht? nein
Incipit Non tam meo quam alieno iudicio
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Libellus scolasticus (Druck), 1551
Kurzbeschreibung In dem Widmungsbrief an den Stadtrat von Zwickau, dem er seine Schulausgabe zu verschiedenen griechischen Dichtern zueignet, verteidigt Camerarius den Wert der Bildung. Sodann legt er eine Rechtfertigung über den didaktischen Wert der ausgewählten Autoren dar.
Register Bildungsdiskurs; Elementarunterricht; Hermeneutik; Textkritik; Briefe/Parallelüberlieferung
Datumsstempel 22.03.2024


Regest

Camerarius nähert sich dem Thema der Bildung aus einer autobiographischen Perspektive, indem er ihren Wert am eigenen Bildungsgang erläutert: Zunächst habe er Unterricht bei Privatlehrern genossen, dann die Schule der Heimatstadt besucht, schließlich auswärtige, höhere Lehranstalten, in denen er nun als Lehrender alt werde. Auch jetzt sei er noch vom Wert der Bildung überzeugt. Zwar neige man dazu, das, was man gewohnt sei, gutzuheißen, in der Bildung könne man jedoch auch gerade das, was man kenne, am besten beurteilen. Dabei betont Camerarius die Zweckbestimmung der Bildung: Ihm liege mehr an der "Berücksichtigung der Wahrheit und des göttlichen Willens" (veritatis et voluntatis divinae respectus) als an "persönlichem Genuss" (delectatio quaedam propria). Camerarius lobt die Bildung (eruditio litterarum) als das größte Geschenk Gottes an die Menschheit. Hierüber schienen jedoch einige anders zu denken, weshalb Camerarius sich an vorliegender Stelle, auch wenn er dies schon andernorts öfters getan habe, für die Bildung aussprechen wolle.
Camerarius stellt einen ausschließenden Gegensatz zwischen einer völligen Ablehnung und einer klaren Befürwortung der Studien her. In seiner Darlegung betont er verschiedene Aspekte der Bildung: Werde sie vernachlässigt, könne sie auch nicht mehr der menschlichen Gesellschaft von Nutzen sein (societati hominum inutilem). Unter litterae verstehe Camerarius jene Disziplin, die die Kenntnis der lateinischen und der griechischen Sprache vermittele (Graecae Latinaeque scientiam). Camerarius lehnt die Haltung derjenigen Jugendlichen ab, die nur mit der Zielsetzung des Erwerbs von Ansehen und Vermögen nach Unterweisung strebten (quaerentes ad illustrem et opulentam vitam adiumenta prudentiae ac doctrinae, 5). Zwecksetzung aller Bildung müsse stattdessen die Förderung der Frömmigkeit (pietas und religio) sein (6). Die Aufforderung zur Bildung gehe von der Heiligen Schrift aus und ziele ebenso auf das Verständnis der Bibel ab. Paulus stecke einen Normenhorizont ab: Die Gesinnung der Gläubigen solle auf "Wahrheit" (veritas), "Charakterstärke" (gravitas), "Gerechtigkeit" (iustitia), "Keuschheit" (castitas), "Freundlichkeit" (comitas), "anständige Wortwahl" (honestas verborum), "Tugend" (virtus) abzielen. Bildung sei nach Camerarius Voraussetzung für das Schriftverständnis. Camerarius kommt somit zu der Feststellung, dass sie sowohl Gott gefalle als auch der menschlichen Gesellschaft nützlich sei, zugleich aber auch einen Eigenwert (per se laudabilem) besitze.
Camerarius leitet daraufhin zu dem gewidmeten Werk über (7), das sich in seine Editions- und Kommentierungstätigkeit einreihe. Wie der Musiker in der Abhängigkeit des Herstellers der Kithara stehe, so seien auch sowohl die weltlichen als auch die kirchlichen Eliten dem Lehrenden der Wissenschaften (litterae) zu Dank verpflichtet, da sie selbst nur durch die Ausbildung in diesen zu ihrer Stellung gelangt seien.
Camerarius erläutert den didaktischen Wert der von ihm für die Schulausgabe herangezogenen Autoren (8). Seit vielen Jahren liege ihm schon die Lektüre des Theognis am Herzen. Deshalb wolle er diesen in ganz besonderer Weise als Autor für die Schullektüre vorschlagen. Aus diesem Grund habe er sich auch entschlossen, diesen zu kommentieren. Je geeigneter allerdings das Büchlein für den Schulunterricht sei - sei es in Hinblick auf die Sprache (oratio) oder auf die Aussagen (sententiae) -, als desto korrupter habe sich die Textgestalt erwiesen, und zwar nicht nur an der einen oder an der anderen Stelle, sondern durchweg. Bereits Helius Eobanus Hessus habe sich während der gemeinsamen Zeit in Nürnberg an Theognis versucht, von dem Unternehmen dann aber wieder abgelassen (8-9). Camerarius habe Hessus' Enthusiasmus gedämpft. Dennoch habe Camerarius immer wieder Versuche der Textverbesserung unternommen: Immer wieder habe er den Text von Neuem durchgelesen und Verbesserungen vorgenommen. Auch Bekannte habe er immer wieder nach Konjekturvorschlägen gefragt. Erst neulich konnte er durch die Unterstützung des Ungarn Sigismund Gelous bedeutsame Fortschritte erreichen, der in Venedig drei Manuskripte mit markanten Abweichungen in der Textgestalt vom Hauptstrom der Überlieferung erwerben konnte und sie, mit Anmerkungen versehen, Camerarius zugesandt habe. Nun wolle Camerarius, auch wenn er den Text keineswegs vollständig habe wiederherstellen können, ihn dennoch in dem nun erreichten bestmöglichen Zustand zum Druck bringen.
Camerarius wolle dieses Werk nun dem Rat der Stadt Zwickau zum Gebrauch in der städtischen Schule zusenden, die er auch mit Lobesworten bedenkt. Diese müsse er schon deshalb hochschätzen, weil der Rat seinen Schwiegersohn zum Leiter dieser Schule ernannt habe.

(Jochen Schultheiß)

Anmerkungen

  • Mit dem angesprochenen Schwiegersohn ist Esrom Rüdinger gemeint, der mit Camerarius' Tochter Anna verheiratet und Rektor in Zwickau war (vgl. Woitkowitz 2003, S. 199, 231, 347).
  • Die didaktische Ausrichtung des Werkes wird durch einen Brief des Druckers Oporinus an Camerarius, der vom 20. Juni 1551 datiert, bestätigt. Der Basler Drucker äußert dort seine Hoffnung, dass eine Neuauflage des "Theognis" nötig sein werde, insbesondere dann, wenn er einmal in Leipzig und in Wittenberg in die Schulen Einzug gehalten haben werde und man angefangen haben werde, öffentlich daraus vorzulesen (Text, Übersetzung und Anmerkungen zu dem Brief bei Steinmann 1969, S. 130).