Camerarius, Carolus sive Vienna Austriaca, 1536

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
Wechseln zu: Navigation, Suche


Opus Camerarii
Werksigle OC 0184
Zitation Carolus sive Vienna Austriaca, bearbeitet von Jochen Schultheiß (03.02.2020), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OC_0184
Name Joachim Camerarius I.
Status Verfasser
Sprache Latein
Werktitel Carolus sive Vienna Austriaca
Kurzbeschreibung Das Encomium in 182 Hexameterversen auf Kaiser Karl und seine Zurückdrängung der Türken in der Schlacht um Wien (1532) bildet einen Beitrag zum politischen Diskurs über die Lage im Reich. Die Gefahr eines weiteren Vordringens der Türken nach Deutschland geht von der mangelnden Einheit auf der eigenen Seite aus. Kaiser Karl V. erscheint als Hoffnungsträger. Das Gedicht bietet jedoch nicht so sehr Panegyrik als vielmehr die Formulierung einer Erwartungshaltung gegenüber dem Kaiser und den Führungsfiguren im Reich.
Erstnachweis 1536
Bemerkungen zum Erstnachweis Gesichert (Titelblatt); Brief des Camerarius an Stiebar datiert auf XV. Cal. Iunii
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) 1536/05/18
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) 1536/12/31
Schlagworte / Register Panegyrik; Theodizee; Europa; Zeitgeschichtsschreibung; Türkenkriege/Türkengefahr
Paratext zu
Paratext? nein
Paratext zu
Überliefert in
Druck (Althamer), Commentarius captae urbis, 1536; Camerarius, Eclogae, 1568
Erstdruck in
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck
Carmen
Gedicht? ja
geehrte Person Karl V. (HRR)
Incipit O deplorati numquam satis aspera fati
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken
Wird erwähnt in
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk
Bearbeitungsstand
Überprüft am Original überprüft
Bearbeitungsstand korrigiert
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von
Bearbeitungsdatum 3.02.2020
Opus Camerarii
Werksigle OC 0184
Zitation Carolus sive Vienna Austriaca, bearbeitet von Jochen Schultheiß (03.02.2020), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OC_0184
Name Joachim Camerarius I.




Sprache Latein
Werktitel Carolus sive Vienna Austriaca
Kurzbeschreibung Das Encomium in 182 Hexameterversen auf Kaiser Karl und seine Zurückdrängung der Türken in der Schlacht um Wien (1532) bildet einen Beitrag zum politischen Diskurs über die Lage im Reich. Die Gefahr eines weiteren Vordringens der Türken nach Deutschland geht von der mangelnden Einheit auf der eigenen Seite aus. Kaiser Karl V. erscheint als Hoffnungsträger. Das Gedicht bietet jedoch nicht so sehr Panegyrik als vielmehr die Formulierung einer Erwartungshaltung gegenüber dem Kaiser und den Führungsfiguren im Reich.
Erstnachweis 1536
Bemerkungen zum Erstnachweis Gesichert (Titelblatt); Brief des Camerarius an Stiebar datiert auf XV. Cal. Iunii
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn) 1536/05/18
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende) 1536/12/31
Schlagworte / Register Panegyrik; Theodizee; Europa; Zeitgeschichtsschreibung; Türkenkriege/Türkengefahr
Paratext zu
Paratext? nein
Überliefert in
Druck (Althamer), Commentarius captae urbis, 1536; Camerarius, Eclogae, 1568
Carmen
Gedicht? ja
geehrte Person Karl V. (HRR)
Incipit O deplorati numquam satis aspera fati
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken
Wird erwähnt in
Bearbeitungsdatum 3.02.2020


Widmung und Entstehungskontext

Das Gedicht ist nach dem einleitenden Widmungsbrief Daniel Stiebar von Rabeneck gewidmet.

Aufbau und Inhalt

Der Sprecher beginnt mit einer Klage über das Schicksal und richtet sich an Gott mit der Frage nach der Theodizee (vv. 1-18). Über das gesamte Gedicht hinweg vertritt er immer wieder den Blickpunkt des gesamten Volkes (nos). Er berichtet vom rasanten Siegeszug der Türken, der zunächst das Gebiet Kleinasiens erfasst (zahlreiche historische Gebiete werden aufgezählt), sich dann über die griechischen Inseln fortsetzt, bis er schließlich nach Europa übergreift (vv. 19-41). Das Voranschreiten der Türken wird über das ganze Gedicht hinweg als Ausdruck von Affekten gedeutet (cupidae mentis vesana libido; furor; rabies). Die Situation in den besetzten Gebieten wird beschrieben (vv. 41-56). Es herrscht Unterdrückung (servitium), und es kommt zu Vergewaltigungen. In Griechenland liegt die Kultur darnieder (vv. 57-84). Von Konstantinopel und Nordgriechenland aus durchzieht der Sturm die Gebiete des Balkans (vv. 85-90). Aber auch die Ausbreitung nach Süden bis nach Arabien und Ägypten wird nachgezeichnet (vv. 91-104). Eine sehr emphatische Bekundung des Mitleids erhält das Heilige Land (Iudaea).
Der Dichter-Sprecher schwenkt in stark subjektiver Erzählhaltung - ihm zittern beim Schreiben die Hände - auf den europäischen Schauplatz zurück und somit zu den Orten, die ihm näherliegen (vv. 105-111). Es folgt Ungarn (Pannonia), das einst glücklich war, sich nun aber im Elend befindet. Schließlich hat sich der Krieg so weit ausgebreitet, dass er vor den Pforten Wiens steht. Die Schlacht um die Stadt wird in düsteren Farben mit schrecklichen Szenen geschildert (vv. 112-125). Besonders die Frauen werden zu Opfern der Gewalt. Auch die Beschießung der Stadt mit Kanonen wird dargestellt. Die Rettung erfolgt durch Kaiser Karl V. (vv. 126-132). Andernfalls wäre es wohl zu einem Durchmarsch nach Norden in weitere Gebiete Deutschlands, bis nach Franken und Schwaben, gekommen. Aber der Einsatz Karls hat dies mithilfe der göttlichen Gnade abwenden können.
Auf die Schilderung der Ereignisse folgt eine moralischen Reflexion des Sprechers (vv. 133-182). Den Grund für den Siegeszug der Feinde macht der Sprecher nicht in deren Stärke aus, sondern im Abfall von der Tüchtigkeit (virtus) auf der eigenen Seite (vv. 133-142). Wie sich einst das jüdische Volk von Gott abwandte, nachdem es vergessen hatte, was es ihm verdankte, und sich somit dem Verbrechen hingab, so haben sich auch die Herrscher und ihre Gefolgschaft vom Weg der Tüchtigkeit ab-, und den Schandtaten zugewandt. Das war es, was die verderbliche Wunde zugefügt hat, und diese hat die Lethargie des Volkes (nostra ignavia) noch weiter begünstigt. Es kam zu einem Verfall der sittlichen Ordnung (vv. 143-150).
Der Sprecher bekundet die Hoffnung, dass sich der Zorn Gottes legt, und dass seine Gunst den Christen (nos) wieder zur Seite steht (vv. 151-157). Diese Gunst sollte die Fürsten dazu bringen, sich in einträchtigem Sinn zusammenzuschließen, den Gemeinsinn vor den Egoismus stellen, Gerechtigkeit und Anständigkeit herrschen lassen, das Verbrechen schwächen und den Frevel bestrafen. Welcher Anführer könnte diese Wünsche besser erfüllen als Karl (vv. 158-166)? Es folgt eine Aufzählung vorbildhafter jüdischer Herrscherfiguren. Diese haben es mit Verstand und Kraft vermocht, die Feinde des Gottesvolkes zu vernichten. Vergleichbar ist die gegenwärtige Situation.
Das Gedicht endet mit dem an Gott gerichteten Wunsch des Sprechers, dass die Hoffnung der Menschen erfüllt werde (vv. 167-182). Dann will er ein Danklied auf Gott und den Kaiser singen. Am Schluss steht die Bitte, Gott möge den Menschen in ihrer Niedergeschlagenheit (Wunden - vulnera, Verderbnis - putentia) Hilfe bringen.
Im Mittelpunkt des Gedichts steht nicht so sehr die Panegyrik auf Karl als vielmehr die Äußerung des Wunsches nach Einheit im Reich unter einem Anführer, der das Gottesvolk gegen den äußeren Feind führt.

Überlieferung und Entstehungszeitraum

Das Gedicht ist eines von drei nicht-bukolischen hexametrischen Gedichten, die Ludwig und Joachim Camerarius in die Eklogen-Ausgabe von 1568 aufnehmen. Vermutlich hat seine hohe literarische Qualität Camerarius dazu bewogen, es in dieser Sammlung mitabzudrucken (vgl. Mundt 2004, S. XXII). Ludwig versieht die beiden Gedichte auf Karl V., die beiden letzten Gedichten der Eklogen-Sammlung, mit der Angabe ihres jeweiligen Entstehungsjahres. Zu dem vorliegenden Gedicht gibt er das Entstehungsjahr 1532 an, was dem Datum der Verteidigung Wiens entspricht. Wie er in seinem Nachwort schreibt (S. 141), solle dies dem Leser ermöglichen, die Gedichte vor dem Hintergrund ihres historischen Entstehungskontexts zu beurteilen. Hierbei gehe es nicht nur darum, die historischen Ereignisse zu erfassen, sondern auch die Wahrnehmungen in der Bevölkerung zur damaligen Zeit (quae hominum spes & formido). Diejenigen, die die Geschehnisse damals miterlebt hätten, könnten diese nachvollziehen, den anderen würden sie durch die Erzählung der historischen Ereignisse vermittelt. Allerdings scheint die Datierung des Gedichtes auf 1532 eine Rückprojektion gemäß den historischen Ereignissen zu sein. Als Entstehungszeitpunkt legt der Briefwechsel das Jahr des Erstdruckes 1536 nahe.

Forschungsliteratur

  • Mundt 2004, S. XXII (Mundt nimmt das Gedicht jedoch nicht in seine Ausgabe auf, wohl aus dem Grund, dass es sich hierbei nicht um eine Elegie handelt).