Camerarius, In libellum gnomologicum prooemium: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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Da jedoch alle Dinge auf Erden, die irgendeinen Nutzen haben, auch eine Form des Missbrauchs kennen und dieser gewöhnlich umso schlimmer ist, je besser eine Sache ist, kann man nicht abstreiten, dass man zurecht vorbringt, dass allen lobenswerten und guten Dingen der Makel der Schlechtigkeit und Schändlichkeit anhaftet und dass das Gute selbst zum Schlechten degeneriert. Die Schlechtigkeit der verdorbenen Gemüter pflegt jedoch so weit zu gehen, dass sie auch dem Richtigen und Ehrenhaften nachstellen und es verleumden und die Böswilligkeit versucht dinge zu verunglimpfen, die es verdienen, empfohlen zu werden. Zwar gibt es Personen, die auch in einer schlechten Form der Rhetorik ihre Beredsamkeit zeigen. Aber das wirklich Lobenswerte bei dieser Sache ragt von sich aus hervor. Dies wird auch trefflich von anderen gezeigt, und über diese Schriften gibt es auch Kommentierungen von Camerarius (2/3; Anm 1). <br>
Da jedoch alle Dinge auf Erden, die irgendeinen Nutzen haben, auch eine Form des Missbrauchs kennen und dieser gewöhnlich umso schlimmer ist, je besser eine Sache ist, kann man nicht abstreiten, dass man zurecht vorbringt, dass allen lobenswerten und guten Dingen der Makel der Schlechtigkeit und Schändlichkeit anhaftet und dass das Gute selbst zum Schlechten degeneriert. Die Schlechtigkeit der verdorbenen Gemüter pflegt jedoch so weit zu gehen, dass sie auch dem Richtigen und Ehrenhaften nachstellen und es verleumden und die Böswilligkeit versucht dinge zu verunglimpfen, die es verdienen, empfohlen zu werden. Zwar gibt es Personen, die auch in einer schlechten Form der Rhetorik ihre Beredsamkeit zeigen. Aber das wirklich Lobenswerte bei dieser Sache ragt von sich aus hervor. Dies wird auch trefflich von anderen gezeigt, und über diese Schriften gibt es auch Kommentierungen von Camerarius (2/3; Anm 1). <br>
Camerarius habe beschlossen, die griechischen Quellen mit lateinischen Übersetzungen zu versehen (3). Sprache ist eine Voraussetzung für die Vermittlung von Dingen und Handlungen. Beim Übersetzen ist Camerarius in den Sinn gekommen, dass es einem Leser scheinen könnte, er habe so übersetzt, dass man ins Zweifeln geraten könne, ob im Griechischen des Thukydides oder im Lateinischen des Camerarius mehr Dunkelheit (''caligo'') und Holprigkeit (''salebrae'') liege (4). Da Camerarius wisse, dass sein Sprachstil von einigen kritisiert werde, da er zu wenig durchsichtig und klar und auch nicht leicht verständlich sei, habe er es für angemessen erachtet, hierüber nun einiges zu schreiben, auch wenn er sich schon andernorts hiermit auseinandergesetzt habe. Er wolle nun im Folgenden darlegen, wodurch die Qualität der Rede bewahrt und wodurch sie verdorben werde (4/5). Im Zentrum jeder Rede stünden die Dinge (''res'') und die Worte (''verba''). Es folgen Überlegungen über den guten Sprachstil (5). Im Blickpunkt steht hierbei die Klarheit (6). In diesem Kontext lobt Camerarius auch die textkritischen Leistungen des [[Erwähnte Person::Adrien Turnèbe|Adrianus Turnebus]] für die Komödie (Anm. 2).<br>
Camerarius habe beschlossen, die griechischen Quellen mit lateinischen Übersetzungen zu versehen (3). Sprache ist eine Voraussetzung für die Vermittlung von Dingen und Handlungen. Beim Übersetzen ist Camerarius in den Sinn gekommen, dass es einem Leser scheinen könnte, er habe so übersetzt, dass man ins Zweifeln geraten könne, ob im Griechischen des Thukydides oder im Lateinischen des Camerarius mehr Dunkelheit (''caligo'') und Holprigkeit (''salebrae'') liege (4). Da Camerarius wisse, dass sein Sprachstil von einigen kritisiert werde, da er zu wenig durchsichtig und klar und auch nicht leicht verständlich sei, habe er es für angemessen erachtet, hierüber nun einiges zu schreiben, auch wenn er sich schon andernorts hiermit auseinandergesetzt habe. Er wolle nun im Folgenden darlegen, wodurch die Qualität der Rede bewahrt und wodurch sie verdorben werde (4/5). Im Zentrum jeder Rede stünden die Dinge (''res'') und die Worte (''verba''). Es folgen Überlegungen über den guten Sprachstil (5). Im Blickpunkt steht hierbei die Klarheit (6). In diesem Kontext lobt Camerarius auch die textkritischen Leistungen des [[Erwähnte Person::Adrien Turnèbe|Adrianus Turnebus]] für die Komödie (Anm. 2).<br>
Den besten und reinsten Stil habe die lateinische Sprache zur Zeit [[Erwähnte Person::Cicero]]s erreicht (7-8). Deshalb müsse man auch anhand seiner Schriften den Sprachgebrauch pflegen, mehren und schmücken. Die Beredsamkeit bilde Figuren (''figurae'') und Sentenzen (''sententiae'') aus.  
Den besten und reinsten Stil habe die lateinische Sprache zur Zeit [[Erwähnte Person::Cicero]]s erreicht (7-8). Deshalb müsse man auch anhand seiner Schriften den Sprachgebrauch pflegen, mehren und schmücken. Die Beredsamkeit bilde Figuren (''figurae'', φράσεις) und Sentenzen (''sententiae'', περίοδοι) aus (8-9). Camerarius setzt sich gegen diejenigen zur Wehr, die es für überflüssig hielten, hierauf seine Aufmerksamkeit zu lenken (9-10). Hierbei prangert Camerarius auch einen gegenwärtig herrschenden Barbarismus an.<br>
Bei seinen folgenden Überlegungen zur Übersetzungstheorie (''interpretandi ratio'') stütze sich Camerarius ebenfalls auf frühere und ausführlichere Darlegungen (11, Anm. 3) 
=== Anmerkungen ===
=== Anmerkungen ===
*Anm. 1: Camerarius hat zahlreiche Kommentierungen zu rhetorischen Werken oder unter aus rhetorischem Blickwinkel verfasst. Ob er hier an bei bestimmtes denkt, ist nicht zu klären.
*Anm. 1: Camerarius hat zahlreiche Kommentierungen zu rhetorischen Werken oder unter aus rhetorischem Blickwinkel verfasst. Ob er hier an bei bestimmtes denkt, ist nicht zu klären.
*Anm. 2: Vermutlich bezieht sich Camerarius hier auf die [[Erwähntes Werk::Turnèbe, Adversaria, 1564|"Adversaria"]], das monumentale Werk Turnèbes zur Textkritik der lateinischen Literatur.
*Anm. 2: Vermutlich bezieht sich Camerarius hier auf die [[Erwähntes Werk::Turnèbe, Adversaria, 1564|"Adversaria"]], das monumentale Werk Turnèbes zur Textkritik der lateinischen Literatur.
*Anm. 3: Auch hier liegt eine Vielzahl von Werken vor, auf die Camerarius verweisen könnte ([[Übersetzungstheorie]]

Version vom 21. Mai 2019, 10:30 Uhr


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Opus Camerarii
Werksigle
Zitation In libellum gnomologicum ad magnificum dominum Georgium Mehl(ium) a Strolitz (...) Ioach(imi) Camerarii prooemium., bearbeitet von Jochen Schultheiß (21.05.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/
Name Joachim Camerarius I.
Status Verfasser
Sprache Latein
Werktitel In libellum gnomologicum ad magnificum dominum Georgium Mehl(ium) a Strolitz (...) Ioach(imi) Camerarii prooemium.
Kurzbeschreibung
Erstnachweis 1569
Bemerkungen zum Erstnachweis Datierung nach dem Erstdruck
Datum unscharfer Erstnachweis (Beginn)
Datum unscharfer Erstnachweis (Ende)
Schlagworte / Register Rhetorik; Übersetzungstheorie; Stilkritik; Ciceronianismus
Paratext zu
Paratext? ja
Paratext zu Camerarius, Libellus gnomologicus, 1569
Überliefert in
Druck Camerarius, Libellus gnomologicus, 1569
Erstdruck in
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck
Volltext http://texte.camerarius.de/
Carmen
Gedicht? nein
Erwähnungen des Werkes und Einfluss von Fremdwerken
Wird erwähnt in
Folgende Handschriften und gedruckte Fremdwerke beeinflussten/bildeten die Grundlage für dieses Werk
Bearbeitungsstand
Überprüft noch nicht am Original überprüft
Bearbeitungsstand unkorrigiert
Wiedervorlage nein
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von
Bearbeitungsdatum 21.05.2019
Opus Camerarii
Werksigle
Zitation In libellum gnomologicum ad magnificum dominum Georgium Mehl(ium) a Strolitz (...) Ioach(imi) Camerarii prooemium., bearbeitet von Jochen Schultheiß (21.05.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/
Name Joachim Camerarius I.




Sprache Latein
Werktitel In libellum gnomologicum ad magnificum dominum Georgium Mehl(ium) a Strolitz (...) Ioach(imi) Camerarii prooemium.
Kurzbeschreibung
Erstnachweis 1569
Bemerkungen zum Erstnachweis Datierung nach dem Erstdruck


Schlagworte / Register Rhetorik; Übersetzungstheorie; Stilkritik; Ciceronianismus
Paratext zu
Paratext? ja
Paratext zu Camerarius, Libellus gnomologicus, 1569
Überliefert in
Druck Camerarius, Libellus gnomologicus, 1569
Carmen
Gedicht? nein
Bearbeitungsdatum 21.05.2019


Widmung und Entstehungskontext

Das Prooemium ist in Form einer Widmungsbriefes an Georg Mehl von Strelitz verfasst.

Aufbau und Inhalt

Alle Ding, die dem Schutz und der Pflege des menschlichen Lebens dienen, kennen zweierlei Form des Gebrauchs (A2r). Der eine ist der gewöhnliche und notwendige, wie es etwa bei der Ernährung des Körpers der Fall ist. Der andere ist erlesen und einmalig. Hierzu gehört auch das Handwerk der Küche. Dieses bewirkt, dass die Nahrung nahrhaft, geeignet, bekömmlich und gesund ist. Dasselbe kann man auch über die Sprache sagen (oratio). Diese ist für die Lebensführung notwendig. Denn, das, was im Geist gedacht wurde, wird in Worten ausgedrückt und wechselseitig kommuniziert. Es bedarf jedoch der Fähigkeit zu guten und eloquenten Rede (1/2). Da diese die nützlichen und bedeutungsvollen Sätz der Weisheit erklärt, wird sie zum Nutzen wie auch für die ehrende Tugend gebraucht.
Da jedoch alle Dinge auf Erden, die irgendeinen Nutzen haben, auch eine Form des Missbrauchs kennen und dieser gewöhnlich umso schlimmer ist, je besser eine Sache ist, kann man nicht abstreiten, dass man zurecht vorbringt, dass allen lobenswerten und guten Dingen der Makel der Schlechtigkeit und Schändlichkeit anhaftet und dass das Gute selbst zum Schlechten degeneriert. Die Schlechtigkeit der verdorbenen Gemüter pflegt jedoch so weit zu gehen, dass sie auch dem Richtigen und Ehrenhaften nachstellen und es verleumden und die Böswilligkeit versucht dinge zu verunglimpfen, die es verdienen, empfohlen zu werden. Zwar gibt es Personen, die auch in einer schlechten Form der Rhetorik ihre Beredsamkeit zeigen. Aber das wirklich Lobenswerte bei dieser Sache ragt von sich aus hervor. Dies wird auch trefflich von anderen gezeigt, und über diese Schriften gibt es auch Kommentierungen von Camerarius (2/3; Anm 1).
Camerarius habe beschlossen, die griechischen Quellen mit lateinischen Übersetzungen zu versehen (3). Sprache ist eine Voraussetzung für die Vermittlung von Dingen und Handlungen. Beim Übersetzen ist Camerarius in den Sinn gekommen, dass es einem Leser scheinen könnte, er habe so übersetzt, dass man ins Zweifeln geraten könne, ob im Griechischen des Thukydides oder im Lateinischen des Camerarius mehr Dunkelheit (caligo) und Holprigkeit (salebrae) liege (4). Da Camerarius wisse, dass sein Sprachstil von einigen kritisiert werde, da er zu wenig durchsichtig und klar und auch nicht leicht verständlich sei, habe er es für angemessen erachtet, hierüber nun einiges zu schreiben, auch wenn er sich schon andernorts hiermit auseinandergesetzt habe. Er wolle nun im Folgenden darlegen, wodurch die Qualität der Rede bewahrt und wodurch sie verdorben werde (4/5). Im Zentrum jeder Rede stünden die Dinge (res) und die Worte (verba). Es folgen Überlegungen über den guten Sprachstil (5). Im Blickpunkt steht hierbei die Klarheit (6). In diesem Kontext lobt Camerarius auch die textkritischen Leistungen des Adrianus Turnebus für die Komödie (Anm. 2).
Den besten und reinsten Stil habe die lateinische Sprache zur Zeit Ciceros erreicht (7-8). Deshalb müsse man auch anhand seiner Schriften den Sprachgebrauch pflegen, mehren und schmücken. Die Beredsamkeit bilde Figuren (figurae, φράσεις) und Sentenzen (sententiae, περίοδοι) aus (8-9). Camerarius setzt sich gegen diejenigen zur Wehr, die es für überflüssig hielten, hierauf seine Aufmerksamkeit zu lenken (9-10). Hierbei prangert Camerarius auch einen gegenwärtig herrschenden Barbarismus an.
Bei seinen folgenden Überlegungen zur Übersetzungstheorie (interpretandi ratio) stütze sich Camerarius ebenfalls auf frühere und ausführlichere Darlegungen (11, Anm. 3)

Anmerkungen

  • Anm. 1: Camerarius hat zahlreiche Kommentierungen zu rhetorischen Werken oder unter aus rhetorischem Blickwinkel verfasst. Ob er hier an bei bestimmtes denkt, ist nicht zu klären.
  • Anm. 2: Vermutlich bezieht sich Camerarius hier auf die "Adversaria", das monumentale Werk Turnèbes zur Textkritik der lateinischen Literatur.
  • Anm. 3: Auch hier liegt eine Vielzahl von Werken vor, auf die Camerarius verweisen könnte (Übersetzungstheorie