Astrologie (CamLex): Unterschied zwischen den Versionen

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==Melanchthon, Camerarius und die Astrologie als christliche Wissenschaft==
==Melanchthon, Camerarius und die Astrologie als christliche Wissenschaft==
Melanchthon und Camerarius betrachten eine auf ''causae Physicae et ordinationes Dei'' gegründete Astrologie als "rechtmäßige christliche Wissenschaft"<ref>[[Bauer 1999]], 375.</ref> und stellen sie an die Seite anderer empirischer und logisch-methodologisch fundierter ''artes'' wie der Medizin und deren Prognosen. Sie weisen ihr einen hohen Nutzen und einen hohe Erkenntniswert für die Menschen zu, da sie eine Zukunftsbewältigung durch Vorausschau ermöglicht und auf die Vergegenwärtigung der göttlichen Ordnung der Natur, der göttlichen Allmacht und Providenz zielt. Beide Gelehrte äußern sich wiederholt programmatisch zur Astrologie. Sie machen sich um die Kenntnis der ptolemaischen "Tetrabiblos" (und anderer, jüngerer Astrologica) verdient, dichten selbst zu ephemeren Ereignissen wie Eklipsen und leiten Studierende zu Observation, Auslegung und eigener literarischen Auseinandersetzung an. Sie sammeln und distribuieren Horoskope in ihren Netzwerken, stellen sie selbst und/oder legen sie aus; Camerarius verfasst regelmäßig auch Jahresprognostiken für den privaten Gebrauch. Zur Kometologie leistet er mit seinen beiden, wiederholt gedruckten Prosaschriften einen beachtlichen Beitrag und steht - nicht nur bezüglich der Kometenobservationen - mit astrologisch versierten Mathematikern in Kontakt.
[[Erwähnte Person::Philipp Melanchthon|Melanchthon]] und Camerarius betrachten eine auf ''causae Physicae et ordinationes Dei'' gegründete Astrologie als "rechtmäßige christliche Wissenschaft"<ref>[[Bauer 1999]], 375.</ref> und stellen sie an die Seite anderer empirischer und logisch-methodologisch fundierter ''artes'' wie der Medizin und deren Prognosen. Sie weisen ihr einen hohen Nutzen und einen hohe Erkenntniswert für die Menschen zu, da sie eine Zukunftsbewältigung durch Vorausschau ermöglicht und auf die Vergegenwärtigung der göttlichen Ordnung der Natur, der göttlichen Allmacht und Providenz zielt. Beide Gelehrte äußern sich wiederholt programmatisch zur Astrologie. Sie machen sich um die Kenntnis der ptolemaischen "Tetrabiblos" (und anderer, jüngerer Astrologica) verdient, dichten selbst zu ephemeren Ereignissen wie Eklipsen und leiten Studierende zu Observation, Auslegung und eigener literarischen Auseinandersetzung an. Sie sammeln und distribuieren Horoskope in ihren Netzwerken, stellen sie selbst und/oder legen sie aus; Camerarius verfasst regelmäßig auch Jahresprognostiken für den privaten Gebrauch. Zur Kometologie leistet er mit seinen beiden, wiederholt gedruckten Prosaschriften einen beachtlichen Beitrag und steht - nicht nur bezüglich der Kometenobservationen - mit astrologisch versierten Mathematikern in Kontakt.<br>
Prägend für Melanchthons Interesse an den → '''[[Mathematische Wissenschaften (CamLex)| Mathematischen Wissenschaften]]''' und insb. auch an der Astrologie war sein Studium bei [[Erwähnte Person::Johannes Stöffler]] in [[Erwähnte Körperschaft::Universität (Tübingen)|Tübingen]].<ref>Zu Stöffler und der Astrologie [[Betsch 2008]], 153-157.</ref> Noch weitaus häufiger als bei Camerarius finden sich bei ihm werbende und apologetische Äußerungen zu einer wissenschaftlichen und theologisch fundierten Astrologie, etwa in Reden, in Paratexten (Begleitgedichten, Widmungsbriefen, Vorreden), in Kleindichtungen ebenso wie in umfassenden Lehrwerken, etwa den „Initia doctrinae physicae“ (↓ '''[[#Programmatisches zur Astrologie|Programmatisches zur Astrologie]]'''). In den Briefen (insb. an Camerarius), in anderen Ego-Dokumenten und Zeugnissen Dritter zeichnet sich Melanchthons (durchaus emotionalisierte) Überzeugung von der maßgeblichen Wirkung siderischer Einflüsse ab (↓ '''[[#Melanchthon und die praktische Astrologie (Horoskope)|Melanchthon und die praktische Astrologie (Horoskope)]]''').

Version vom 6. November 2022, 16:43 Uhr


CamLex
Zitation Marion Gindhart, Art. "Astrologie (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Astrologie_(CamLex) (06.11.2022).
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CamLex
Zitation Marion Gindhart, Art. "Astrologie (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Astrologie_(CamLex) (06.11.2022).

Melanchthon, Camerarius und die Astrologie als christliche Wissenschaft

Melanchthon und Camerarius betrachten eine auf causae Physicae et ordinationes Dei gegründete Astrologie als "rechtmäßige christliche Wissenschaft"[1] und stellen sie an die Seite anderer empirischer und logisch-methodologisch fundierter artes wie der Medizin und deren Prognosen. Sie weisen ihr einen hohen Nutzen und einen hohe Erkenntniswert für die Menschen zu, da sie eine Zukunftsbewältigung durch Vorausschau ermöglicht und auf die Vergegenwärtigung der göttlichen Ordnung der Natur, der göttlichen Allmacht und Providenz zielt. Beide Gelehrte äußern sich wiederholt programmatisch zur Astrologie. Sie machen sich um die Kenntnis der ptolemaischen "Tetrabiblos" (und anderer, jüngerer Astrologica) verdient, dichten selbst zu ephemeren Ereignissen wie Eklipsen und leiten Studierende zu Observation, Auslegung und eigener literarischen Auseinandersetzung an. Sie sammeln und distribuieren Horoskope in ihren Netzwerken, stellen sie selbst und/oder legen sie aus; Camerarius verfasst regelmäßig auch Jahresprognostiken für den privaten Gebrauch. Zur Kometologie leistet er mit seinen beiden, wiederholt gedruckten Prosaschriften einen beachtlichen Beitrag und steht - nicht nur bezüglich der Kometenobservationen - mit astrologisch versierten Mathematikern in Kontakt.
Prägend für Melanchthons Interesse an den → Mathematischen Wissenschaften und insb. auch an der Astrologie war sein Studium bei Johannes Stöffler in Tübingen.[2] Noch weitaus häufiger als bei Camerarius finden sich bei ihm werbende und apologetische Äußerungen zu einer wissenschaftlichen und theologisch fundierten Astrologie, etwa in Reden, in Paratexten (Begleitgedichten, Widmungsbriefen, Vorreden), in Kleindichtungen ebenso wie in umfassenden Lehrwerken, etwa den „Initia doctrinae physicae“ (↓ Programmatisches zur Astrologie). In den Briefen (insb. an Camerarius), in anderen Ego-Dokumenten und Zeugnissen Dritter zeichnet sich Melanchthons (durchaus emotionalisierte) Überzeugung von der maßgeblichen Wirkung siderischer Einflüsse ab (↓ Melanchthon und die praktische Astrologie (Horoskope)).

  1. Bauer 1999, 375.
  2. Zu Stöffler und der Astrologie Betsch 2008, 153-157.