Hessus an Camerarius, nach Juli 1527
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||||||||
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Werksigle | OCEp 0019 |
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Zitation | Hessus an Camerarius, nach Juli 1527, bearbeitet von Manuel Huth und Vinzenz Gottlieb (22.09.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0019 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. E5r-E6v |
Zweitdruck in | |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Helius Eobanus Hessus |
Empfänger | Joachim Camerarius I. |
Datum | |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | o.D. (ermitteltes Datum s. Anm.) |
Unscharfes Datum Beginn | 1527/07/20 |
Unscharfes Datum Ende | 1533 |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Nürnberg |
Zielort | Nürnberg |
Gedicht? | nein |
Incipit | Non tam aperte noveram istam fabulam |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Polemik (literarisch) |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | korrigiert |
Notizen | [[Notizen::VG, 17.4.23: Der angesprochene Homerkritiker (Faber, Schmied, aber auch Koch) ist wohl Opsopoeus. Die Art, wie Hessus (und wohl auch C.) gegen diesen wettern, scheint ungewöhnlich heftig.
Aus einigen Formulierungen ergibt sich, dass beide am selben Ort leben. Die Bezeichnung C.' als βατραχοφόντης könnte auf eine Beschäftigung mit der Batrachomyomachie deuten; allerdings hat C. sie erst nach H. Tod ediert. Der Freund aus Verden ist auch nicht identifiziert: wohl gibt es in OCEp 0067 und OCEp 0105 auch Menschen aus dieser Stadt; aber noch habe ich niemanden gefunden, der in Frage kommt.]] |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:VG |
Gegengelesen von | |
Datumsstempel | 22.09.2023 |
Werksigle | OCEp 0019 |
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Zitation | Hessus an Camerarius, nach Juli 1527, bearbeitet von Manuel Huth und Vinzenz Gottlieb (22.09.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0019 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. E5r-E6v |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Helius Eobanus Hessus |
Empfänger | Joachim Camerarius I. |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | o.D. (ermitteltes Datum s. Anm.) |
Unscharfes Datum Beginn | 1527/07/20 |
Unscharfes Datum Ende | 1533 |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | Nürnberg |
Zielort | Nürnberg |
Gedicht? | nein |
Incipit | Non tam aperte noveram istam fabulam |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Polemik (literarisch) |
Datumsstempel | 22.09.2023 |
Entstehungs- und Zielort erschlossen
Regest
Hessus habe noch nicht die ganze Geschichte gekannt, deren Geheimnisse Camerarius ihm erst gestern berichtet hatte. Er bewundere dabei sehr Philipp (Melanchthons) Rechtschaffenheit, Treue, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit sowie seine mit gebildeter Offenheit gepaarte Redlichkeit. Ebensosehr verwünsche Hessus die Schlechtheit, Treulosigkeit und das Wüten jenes Thraso (s. Anm.). Er fange an, diesen frechen Mann zu hassen, der, je sanfter man ihn behandle, nur umso übermütiger und dreister werde. Hoffentlich sei es Hessus möglich (nicht so sehr um seiner selbst willen, als für Camerarius und Philipp (Melanchthon)) offen mit diesem Ungeheuer zu streiten, dann werde es nämlich in der Tat einen Herkules finden, der dem Grad seines Wütens entspreche. Hessus schreibe das nicht so sehr, weil er es selbst gern wolle, sondern weil es ihm weh tue, dass dieser Mann mit seiner boshaften Dreistigkeit ungestraft davonkomme. Und während sie schwiegen, könne der Mann gleichsam die Früchte seiner Meinung ernten, er könne jeden Beliebigen aus dem Kreis um Hessus, Camerarius und Philipp (Melanchthon) sozusagen mit einem Schlag niederstrecken. Gleichwohl, wie Hessus erfahre, habe Camerarius überhaupt nicht geschwiegen und es gewagt, diesen „Zyklopen“ herauszufordern. Aber was sollten sie tun? Freilich gebe Camerarius einen weisen Ratschlag und Hessus sollte ihn befolgen, auch wenn er Beleidigungen kaum ertragen könne. Auch sollte er in einer freien und friedlichen Stadt keinen Unfrieden schaffen. Aber dieser Mann werde wieder zubeißen und sie (unsicher:) mit seinen krummen Nägeln beschlagen. Wozu also sollten sie schweigen?
(Es folgt ein elegisches Distichon:) Die Vornehmsten der Musenquelle sollten bedenken, wie man solch wilde Scheusale ertragen könne.
Sehe Camerarius, dass dieser Mann Homer noch weitere Wunden zufügen werde? Der arme Homer, dass er auf solch einen schlechten Schmied treffen musste! Wer betrauere nicht das Schicksal dieses besten Dichters. Homer sei einst von den größten Fürsten der Erde aufs Höchste geschätzt worden. Nun habe er ein solches Schicksal erlitten, sei vielmehr derart zum Gespött geworden, dass er von einem rußbedeckten Schmied wie ein gefangener Sklave zu seinem Glutofen verschleppt werde.
(Es folgen zwei Hexameter:) Die Pieriden sollten ihre Quellen hierher fließen lassen und alle Feuer löschen, damit es für Homer keinen Schmied mehr gibt.
Hätte doch Camerarius Hessus’ Charakter oder Hessus die Bildung des Camerarius. Dann würde tatsächlich in der Öffentlichkeit bekannt werden, wie schlimm jener Schmied solch schöne Werke durchlöchre. Aber Camerarius’ ununterbrochene Mäßigung sei grenzenlos. Und wann wird Hessus, unwissend wie er sei, schon das erreichen, was er sich so sehr wünsche. Das liege bei Camerarius. Aber mehr zu dem Schmied im persönlichen Gespräch. Gestern sei Hessus nicht zu Hause gewesen, sonst hätte er an C. geschrieben. Er könne es nicht unterlassen, wenn er schon nicht offen reden könne, wenigstens heimlich gegen jene Dreistigkeit zu schnattern, denn auch Frösche seien geschwätzig, und wenn sie schon quakten, was hindere Hessus (und Camerarius) daran, Zikaden zu sein und ihre zarten Stimmen ertönen zu lassen. Heute komme zu Hessus ihr Freund aus Verden, dem Hessus noch nicht den Brief des Camerarius übergeben habe. Aber er habe dem Freund gestern gesagt, dass er ihm den Brief geben werde. In der Zwischenzeit solle Camerarius Hessus das Lied geben, um das er gebeten habe. Camerarius solle auf jeden Fall darüber nachdenken, was man mit jenem Zyklopen tun solle, auch wenn sich Hessus bewusst sei, dass Camerarius kaum seine gestrige Meinung ändern werde. Hoffentlich aber werde er (zumindest) seine Meinung in Bezug auf jenes mehr als pythagoreische Schweigen ändern. Oh die armen Menschen, die nach dem bloßen Anschein urteilten. Kümmere es Camerarius nicht, dass Homer von einem Zyklopen zerrissen werde, während Camerarius nur dasitze und zusehe, er, der Odysseus der Musen?
Lebewohl. Camerarius solle herbeieilen, wenn er könne, so wie ihr gemeinsamer Freund (Johannes) Draconites.
Es folgen zwei Gedichte, in denen Hessus scherzhaft oder bissig über die oben erwähnten Versuche berichtet, Homer ins Lateinische zu übersetzen:
- Restitutit quondam cupido Pisistratus orbi (Inc.; sechs Distichen)
- Iure Cocus miserum latio perfudit Homerum (Inc.; ein Distichon)
(Manuel Huth)
Anmerkungen
- "das Wüten jenes Thraso": Es handelt sich hier wohl um Vincentius Opsopoeus, denn seine Homer-Übersetzung Opsopoeus, Homeri Iliados libri II, 1527 wird heftig kritisiert. Dies zeigt sich durch häufige Anspielungen auf das Wortfeld Koch/Küche/kochen, vor allem in den Distichen, womit er O.' Namen aufs Korn nimmt. Die beiden gerieten mehrmals heftig über Fragen der dichterischen Qualität aneinander, so bereits in OCEp 0084. Ihrer Freundschaft tat das aber keinen Abbruch.
- Über die erwähnte Übersetzung (datiert auf den 20.7.1527) ergibt sich der Terminus post quem. Es ist nicht eindeutig, wie lange danach der Brief entstand.
Literatur und weiterführende Links
- Krause 1879, Bd. II, S. 19f. und 96 (Identifizierung des Opsopoeus)